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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.03.1927
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- 1927-03-16
- Erscheinungsdatum
- 16.03.1927
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X: 83, 16. März 1927. Mitteilungen des Deutschen Verlegervereins. Nr. I. Börsenblatt f. d. Ttschn. Buchhandel. In der Hoffnung, daß diese außerordentliche Hauptversamm lung jedenfalls den Mitgliedern zum Bewußtsein gebracht hat, wie wichtig es ist, daß jeder einzelne seine Stellung zu dieser den Buchhandel auf das tiefste erregenden Frage abgebe, sprach der Vorsitzende den Wunsch aus, daß bei der Hauptversammlung zu Kantate die sämtlichen Mitglieder anwesend sein mögen, um ihre Stimme abzugeben. FritzTh. Cohn. Bedingungslos für 50 Jahre! Nach dem Vortrag, gehalten in der a. o. Hauptversammlung der Vereinigung schönwissenschaftlicher Verleger (2. März 1927) von Karl Rosner. Seit über Jahr und Tag ist die Frage, ob die »Schutzfrist» mit ihrem bisherigen Termin von 30 Jahren für die gegenwärtig ent scheidenden Umstände richtig bemessen und so zu erhalten sei oder ob sie auf 50 Jahre verlängert werden müsse, zur Diskussion ge stellt. Diese Diskussion ist erst spät in Fluß gekommen. Die von ihrem Herold, Herrn vr. b. o. Gustav Kirstein geführte Partei der »30-Kämpfer« hat als erste Kampfansage die bekannte Broschüre »30 oder 50 Jahre?« in vielen Tausenden von Stücken hinaus- geworfcn. Als weitere Aktion hat die Partei der »30-Kämpser« dann Stimmen gesammelt, hat an die Türen der Buchhändler, der Schriftsteller, der Professoren, Beamten und der Herren Stu dienräte geklopft und hat, indem sic auch die Herren Geburtshelfer zuzog, einen stattlichen Aufmarsch von Stimmen gestartet. Das heißt, es haben auf die beschwörenden Kassandrarufe des Kirstein- schen Werbeschrcibens hin — das auch die Unterschrift des Präsiden ten des Reichsgerichtes in Leipzig vr. W. Simons trägt — sound soviel hundert oder tausend Herrschaften, die zum guten Teil nichts von der Sache verstehen oder die dis Sache auch gar nichts angeht, j a gesagt und sich um das Banner des Rufers im Streite, vr. K. c. Gustav Kirstein, geschart. Das alles ging vor sich, ohne daß auf der Seite der sachlich anders Eingestellten irgendeine wesentliche Gegenwirkung versucht worden wäre. Die Herren, die anderer Meinung waren als der Wortführer der »30-Kämpfer«, lasen seine temperamentvollen Zu schriften und warfen sie in den Papierkorb: so kommen eben papierne Stammrollen zur Mobilisierung einerseits und so kom men zunächst schweigsame Gegner gewaltsamer Aktionen anderer seits zustande. Zunächst schweigsame Gegner — denn das ganze Problem schien damals — im Winter 1925/26! — nicht von lebenswichtiger Bedeutung zu sein. Sie sahen als Kernpunkt der Dinge zunächst immer nur die Frage: werden die Erben eines Autors und werden die Originalverleger 30 oder 50 Jahre lang nach dem Tode des Schaffenden die alleinigen legitimen Vertreter des Erbes sein? — und sie fanden sich mit der Idee einer Er haltung der "30 Jahre-Frist trotz innerer Widerstände gegen das Abnorme, das an sich in dieser Kommunisierung liegt, schließlich mehr oder weniger ab, genau so wie ihre Väter und Großväter sich damit abgesunden hatten. Für sie bedeutete also die etwaige Beibehaltung der 30 Jahr-Frist damals nichts anderes als die Fortsetzung einer traditionell gewordenen gesetzlichen Enteignung und Sozialisierung. Die Verleger hatten sich damals zu fragen, ob dieser Zustand, der durch so lange Jahre tragbar gewesen war, auch weiterhin tragbar sei und bleiben werde. Auf Grund der Lage der Vergangenheit glaubten sie in einer Mehrheit die Frage bejahen zu können. Mag hier ein Recht liegen, diesen allzu lange Duldsamen den Vorwurf einer gewissen Kurzsichtigkeit zu machen, ihnen heute zu sagen, daß sie auch damals schon die Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage besser hätten erkennen und sich zur aktiven Gegenwirkung hätten sammeln müssen — jedenfalls bleibt die Tatsache bestehen, daß es noch zu Ostern 1926 sowohl im Deutschen Verlegerverein wie im Buchhändler-Börsen- verein bei den an beiden Stellen geführten Verhandlungen über das Thema »30 oder 50 Jahre?« zu keiner nennenswerten Gegen front gegen die »30 Jahr-Kämpfer« kam und daß die Vorstände beider Stellen für die 30 Jahre-Schutzfrist gewissermaßen optierten. Wie lag die Praxis der Vergangenheit? Das Werk des Autors, das bis 30 Jahre nach dem Tode des Schöpfers seinen Erben und dem von dem Schöpfer bestimmten Verlage fruchtbar war, ging nach diesem Termin in den Besitz der Allge meinheit über, es gab keine persönlichen Erben mehr, keinen be vorrechteten Verleger. Der deutsche Idealismus hatte in bezug auf g e i st i g e Werte gesetzgeberisch eine kommunistische Insel in mitten seines aus Schutz des Eigentums gestellten Rechtswerkes geschaffen, er hat das persönlichste Gut enteignet, weil er es als das höchste Gut anerkannte, es unter den damaligen Zeitumstän den nur auf diese Weise der Allgemeinheit fruchtbar machen konnte. Und es gab damals ein Unternehmen, das dank einer für jene vergangene Zeit beispiellosen Volkstümlichkeit zum wunderbar rasch ausbreitend wirkenden Vehikel dieser kommunisierten Werke wurde: Reclams Universal-Bibliothek. Was Reclam für das gei stige Werden von Generationen bedeutet, steht außer Frage, und außer Frage steht damit auch, was die 30jährige Schutzfrist für einen bestimmten Zeitabschnitt Segensreiches gewirkt hat. Sie hat Millionen von bildungshungrigen Menschen in einer Zeit, in der die heute blühenden gemeinnützigen Einrichtungen der Bolksbibliotheken, der öffentlichen Lesehallen, der Arbeiter-Bücherstuben noch nicht dem Namen nach be kannt waren, ein ungeheures Bildungsmaterial, namentlich aus der »klassischen Zeit«, gegen eine geringfügige Hingabe zugeführt. Neben Reclam haben in gleicher Richtung andere angesehene Buch verlage gewirkt, und was sie auf den Markt brachten, schied sich durch gewissenhafte Auswahl, Form und Preislage so scharf von den ursprünglichen Originalausgaben, daß diese unbeschadet weiter existieren konnten und daß die ganze auf den Markt gebrachte Menge dieser dem Bildungsbedarf der materiell beengteren Schich ten dienenden Buchmassen unschwer und unbeschadet der übrigen Produktion des deutschen Ver lagsbuchhandels von dem kaufenden Publikum ausgenom men und verdaut werden konnte. In diesen Dingen ist nach dem Kriege ein grundlegen der Wandel cingetreten. Es sind nicht mehr die »Reclam«, im Bestreben, einer wahrhaft bedürftigen Menge geistiges Gut zu übermitteln, die Nutznießer eines kurzfristigen 30jährigcn Schutzes für das deutsche Buch — es hat sich an ihre Stelle längst eine neue Kategorie von Buchfabriken geschoben, die nur honorarfreie Werke in Massenauflagen in bestechendem Gewände, zu bestechend erscheinenden Preisen auf den Markt werfen, um sich mit dieser Massenproduktion anstelle jener Bücher zu setzen, die, weil sie mit Honoraren beschwert sind, zwangsläufig nur teurer verkauft werden können. Wurde noch zu Ostern 1926 dieser Wandel, der sich seit den Tagen nach der Inflationszeit bemerk bar machte, wenig klar erkannt, so ist er in dem abgelaufenen Jahr mit so erschreckender Unverhülltheit hervorgetreten, daß er nicht nur den gesamten schönwissenschaftlichen Verlag aus das schwerste betroffen, sondern auch die mit dem Wohl und Wehe des schön wissenschaftlichen Verlages auf das engste verbundenen deutschen Autoren zum Proteste aufgerufen hat. Von den deutschen Autoren, bei denen die Erkenntnis der drohenden Gefahr zuerst erwachte, sind dann auch durch Anregung und Schaffung eines »Aktionsausschusses zur Ver längerung der Schutzfrist« die ersten positiven Schritte getan worden, um einen Damm gegen das weitere Anschwellen des Nachdrucker-Materials zu errichten. Wie war der neue, die alte Sachlage völlig verändernde Faktor geworden? Zur Zeit der In flation, als der deutsche Verlag nicht genug Herstellen konnte und die Aufnahmefähigkeit des kaufenden Publikums unbegrenzt zu sein schien, sahen sich Druckereien und Buchbindereien zu außer ordentlicher Erweiterung ihrer Betriebe, zu breitester Anschaffung von Maschinen genötigt. Die vergrößerten Unternehmungen arbeiteten mit letzter Ausnutzung von oft doppelten und dreifachen Schichten Tag und Nacht und standen, als die Stabilisierung der Mark das Scheingebilde der Jnslationsmonate verwelken ließ, vor dem Mangel an Aufträgen. Die leeren Maschinen fraßen unge heure Zinsen, es handelte sich darum, sie um jeden Preis laufen zu lassen. So entstanden neue Verleger; Verleger aber nicht
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