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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.11.1926
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- 1926-11-06
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- 06.11.1926
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X- 266, 6. November 1926. Redaktioneller Teil. lich wenig vorwärts gekommen. Ebenso wie der einzelne Betrieb heute prüfen muß, ob sein Rahmen in persönlicher und sachlicher Beziehung nicht zu groß ist, um ein rentables Arbeiten zu er möglichen, ebenso muß auch in der Verwaltung festgestellt werden, welche persönlichen und sachlichen Abstriche gemacht werden können, um den Berwaltungsapparat der geschwächten Leistungsfähigkeit des deutschen Wirtschaftskörpers anzupassen. Der Berliner Ober bürgermeister G u st a v B ö ß hat in einer viel beachteten Schrift »Wie Helsen wir uns?« diese Notwendigkeit durchaus anerkannt, wenn er sagt: »Einleuchtend ist, daß angesichts des Sinkens der Produktionserträg« gegenüber der Friedenszeit unsere Wirtschaft nicht eine Belastung tragen kann, die zu ihrer Leistungsfähigkeit außer Verhältnis steht». Wir leiden unter einem Zuviel der Instanzen und einem Zuviel der Ausgaben. Es ist eine alte Weisheit, daß der Wohlsahrtsstaat nicht rentabel arbeitet, weil in ihm eine Unsumme überflüssiger Arbeit geleistet wird. Das Nebeneinanderarbeiten von Reich, Ländern und Gemeinden bedeutet vielfach eine Doppelarbeit schlimmster Art und führt zu einer Verfilzung von Reichs- und Staatsaufgaben und -Instanzen, durch die sich zuletzt kein Mensch mehr durchfindet. Hinzukommt, daß die unteren Instanzen mit einer wahren Papierflut von Ver ordnungen und Dienstanweisungen überschüttet werden, die ein selbständiges Arbeiten unmöglich macht, wobei an di« Produktivi tät der eigentlichen Gefetzgebungsmaschine noch gar nicht gedacht ist, die allein von Reichswegen im letzten Jahre 6 Seilen pro Tag produziert hat. Es wird also ohne energische Strukturverände rungen in der Organisation des gesamten Verwaltungsaufbaus nicht abgehen, wenn man in Zukunft nicht mehr nur von Spar samkeit in der öffentlichen Benvaltung reden, sondern auch nach diesem Grundsatz handeln will. Während aber einerseits das Zuviel an Instanzen in Reich, Ländern und Gemeinden beseitigt werden muß, wird aus der anderen Seite eine Dezentralisation in der Durchführung der Verwaltungsausgaben im Sinne einer größeren Verselbständigung der unteren Instanzen in Form ider Selbstverwaltung notwendig sein, da cs einfach ein Unding ist, ein 60-MilIionen-Volk bis in alle Einzelheiten von einer Zentrale aus regieren zu wollen. Abgesehen hiervon wird man auch den Aufgabenkreis selbst, den sich die Verwaltung bisher gesteckt hat, reduzieren müssen. Der privaten Initiative muß mehr als bisher Raum gegeben werden, was namentlich mit einer Einschrän kung der Staatsbetriebe und der damit verbundenen Thesaurierung öffentlicher Mittel verbunden fein wird. Der Wettbewerb privatwirtschaftlichcr Betriebe in öffent licher Hand, der nicht zum geringsten durch eine übermäßige An spannung des Steuerdrucks in den vergangenen Jahren ver ursacht worden ist, ist das Gegenteil von dem, was man angesichts der heutigen Verhältnisse von einer vernünftigen Staatsgewalt erwarten muß. Allerdings ist, solange noch an leitenden amtlichen Stellen die Auffassung besteht, daß auf -freie Wirtschaft» auch öffentliche Verwaltungen Anspruch haben, mit einer wesentlichen Besserung der Verhältnisse nicht zu rechnen. Erst wenn all« in Betracht kommenden Stellen davon durchdrungen sind, daß es unmoralisch ist, die aus allgemeinen Steuerleistungen aufkommen den Mittel in der Form zu thesaurieren bzw. zu verwenden, daß dem steuerzahlenden Handel und Gewerbe öffentliche Konkurrenz betriebe an die Seite gesetzt werden, wird es möglich sein, den Wirkungsbereich einer wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand, die sich meines Erachtens in natürlichen Monopolbctriebcn erschöpfen sollte, vernünftig abzugrenzen. Allerdings sind an der bedauerlichen Ausdehnung der öffentlichen Wirtschaft die Volks vertretungen in Reich, Ländern und Gemeinden nicht zum ge ringsten Teil mit schuld, weil sie den Kardinalsatz einer gefunden Finanzgebarung »Keine Ausgaben ohne Deckung» unzählige Male verletzt und somit die öffentliche Hand erst auf die schiefe Bahn einer eigenen wirtschaftlichen Betätigung gedrängt haben, um sich die fehlenden Mittel für di« Ausgaben zu beschaffen, für die kurz sichtige Volksvertretungen nicht an eine Deckung gedacht hatten. Zutreffend bemerkt der englische Verleger Benn, dessen treff liches Büchlein mit dem bezeichnenden Titel »Bekenntnisse eines Kapitalisten» von jedem, der im Wirtschaftsleben steht, gelesen werden sollte, bezüglich der Gemeindevertreter: »Eine der merk würdigsten der vielen Seltsamkeiten dieser außergewöhnlichen Zeit ist es, daß 'wir als gute Familienväter, die die Verantwortung für ihr Haus tragen, wohl alle bis zu einem gewissen Grade Sorge tragen, ein wenig zum Wohl unserer Kinder zu ersparen, in dem Augenblick aber, in dem wir unser bestes Kleid anlegen, um uns im Gemeinderat oder in irgendeiner anderen öffentlichen Ver sammlung zu treffen, lebhaft für das Anhäufen von Schulden stimmen, die diese Kinder schließlich zu tragen haben werden». So kann es nicht wundernehmen, daß vor dem Kriege nur ein Achtel des Wertes der deutschen Produktion in Steuern, Abgaben und dergleichen in die öffentliche Hand geflossen ist, während es heute ein volles Drittel ist. Es mutz deshalb immer wieder der Ruf nach Ermäßigung der öffentlichen Abgaben, Steuern und Tarife ertönen. Durch eine Umsrage unter führenden buchhändlerischen Firmen ist festgestellt worden, daß die gesamte Steuerbelastung durch Reich, Länder und Gemeinden heute durchschnittlich etwa zwei Drittel des Reingewinns verschlingt, bei Körperschaften unter Umständen sogar bis zu 80 Prozent. Wir sind uns alle klar darüber, daß angesichts des unglücklichen Kricgs- ausganges und der Reparationsverpflichtungen die steuerliche Be lastung in Deutschland höher als anderswo sein muß. Wir können uns nicht mit dem glücklichen Amerika messen, in welchem zum Beispiel ein verheirateter Angestellter mit einem Kind und 7200 Mark Jahreseinkomnien steuerfrei ist, während er in Deutsch land etwa 400 Mark Steuern zu zahlen hat, oder gar ein ver heirateter Großindustrieller mit 2 Kindern bei einem Einkommen, das sich aus Gewerbeertrag, Dividenden und Staatsanleihen von insgesamt 170 000 Mark zusammensetzt, nur 4750 Mark Steuern zu zahlen hat, während er in Deutschland etwa 58 400 Mark Steuern entrichten müßte, also etwa das Zwölffache. Aber es gibt doch zu denken, wenn man hört, daß die Erhebungsiosten im Jahre 1924/25 in Amerika 1,44 Prozent betragen, während das Reichsfinanzministerium für Deutschland 4,82 Prozent als erträg liche Ziffer bezeichnet. Im Mittelpunkt der deutschen Steuer politik steht augenblicklich die Beschäftigung mit dem bevorstehen den Finanz- und Lastenausgleich zwischen Reich, Län dern und Gemeinden. Der Wirtschaft kommt es allein auf eine erträgliche Ge s am ist euer b ela st ung an, sodaß Einkom men« und Realsteuern verkoppelt werden müssen, namentlich aber die Frage des Zuschlagsrechts zur Einkommensteuer nicht zu einer Erhöhung, sondern nur zu einer Verminderung der jetzigen, auf die Dauer unerträglichen Steuerlast führen darf. Aufgabe der Wirtschaft ist es, di« Finanz- und Steuerhoheit des Reiches gegen partikularistische und egoistische Angriffe der Länder und Gemeinden zu verteidigen, denn jede Zer splitterung bedeutet verstärkte Belastung und erhöhten Ver- wallungsaufwand. Mit dem Ruf nach Ermäßigung der unerträg lichen Steuerlast verbindet sich die Forderung auf Herab setzung der öffentlichen Abgaben sowie der Tarife von Bahn und P o st, die namentlich im Vergleich zu den Gebührensätzen entsprechender ausländischer Verwaltungen viel fach noch als überhöht bezeichnet werden müssen. Während somit Verwaltungsreform und öffentliche Ausgaben- wirtschaft und dadurch bedingte Steuerbelastung aufs engste Zu sammenhängen und dies heute auch allgemein anerkannt wird, verstoßen die Parlamente fortgesetzt weiter gegen das Sparsam keitsprinzip, nicht nur bezüglich ihres bloßen Daseins im bisherigen Umsang, sondern weil sich namentlich die Wirtschafts- und sozialpolitische Gesetzgebung nicht die Zurückhaltung auferlegt, die der heutigen Lage angemessen wäre. Man glaubt vielmehr, die Wirtschaft immer wioder mit neuen Gesetzen und Verordnungen beglücken zu können, die sich im Effekt als wirt- fchaftsseindlich erweisen müssen. Daß eine vernünftige Sozial politik nur im Rahmen des wirtschaftlich Möglichen betrieben werden kann, ist eine Binsenwahrheit. Trotzdem wird das Aus maß der sozialen Lasten nicht verringert, sondern ständig erhöht, wie ein Blick auf di« soziale Gesetzgebung der letzten Zeit lehrt. Wir haben ein neues Gesetz für die Fristen der Kündigung von Angestellten erhalten, das aber den Gewerkschaften noch nicht genügt, denn sie fordern darüber hinaus die Einführung des Be nutzungszwangs der öffentlichen Arbeitsnachweise für Angestellte, einen Einstellungszwang in gewissem Umfang für ältere Ange stellte soivie die Gewährung eines Abkehrgeldes an diese, kurzum
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