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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.11.1926
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- 1926-11-06
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- 06.11.1926
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260, 6. November 1926. Redaktioneller T-ell. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. die Rückkehr zu den schlimmsten Zeiten der Demobilmachungs verordnungen und der Zwangswirtschaft, obwohl sich diese längst als wirtschaftlicher Trugschluß schlimmster Art erwiesen hat. Vor allem aber lehren gerade die Erfahrungen, die man in Österreich gemacht hat, wo durch die sozialpolitische Gesetzgebung diese Dinge größtenteils verwirklicht sind, daß derartige Experimente nicht nur zum Nachteil der Arbeitgeber ausschlagen, sondern auch zu ungunsten derjenigen, zu deren Schutz sie gedacht sind. Ferner hat das Schwerbeschädigtengesetz, nachdem eine Reichsgerichts entscheidung zugunsten der Arbeitgeber ergangen war, eine Ab änderung im Sinne eines verschärften Einstellungszwanges er fahren, und der Bergbau ist durch ein Knappschastsgesctz beglückt worden, das die Lasten der Sozialversicherung für diesen wichtigen Zweig der Urproduktion ins Unerträgliche steigert. Damit nicht genug sind schon wieder andere Gesetzentwürfe in Bereitschaft, die im Lause des Winters die Gesetzgebungsmaschine passieren sollen, zum Beispiel der Entwurf einer Arbeitslosenversicherung, eines Arbeitsgerichtsgesetzes mit unverkennbarer Spitze gegen die ordent liche Gerichtsbarkeit, ferner eines Tarifvertragsgesetzcs und vor allem eines Acbeitsschutzgcsetzes, in welchem die Arbeitszeit im wesentlichen unter Zugrundelegung des schematischen und ver schärften Achtstundenlagprinzips geregelt werden soll, weshalb dieser Entwurs von den Wirtschaftsverbänden einhellig abgelehnl wird. Zum Teil handelt es sich dabei um Gesetzentwürfe, die schon jahrelang in Vorbereitung sind, jedoch bisher mit der Be gründung zurückgchalten wurden, daß angesichts der schlechten Lage eine neue finanzielle Belastung des Staates sowohl wie der Wirtschaft nicht gerechtfertigt werden könnte. Es ist merkwürdig, daß dieser Gesichtspunkt auf die augenblickliche Wirtschaftslage nicht mehr zutreffen soll. Aus wirtschaftspolitischem Gebiet interessiert man sich vor allem für die Kartelle, deren Bekämpfung heute wieder einmal populär geworden ist. Politisch ist man zwar mit einer internationalen Verständigung sehr einverstanden, sobald aber die Wirtschaft dazu übergeht, auch ihrerseits ihren Anteil am Weltmarkt durch internationale Bindungen zu sichern, wird plötzlich die entgegengesetzte Stellung eingenommen, obwohl man sich darüber klar sein sollte, daß gerade die wirtschaftliche Ver flechtung zwischen den einzelnen Staaten die Hauptgrundlage auch für eine politische Verständigung abgibt. Andererseits kann man aber nicht im Inland die Kartelle mit Feuer und Schwert verfolgen, da auf diese Weise die deutsche Wirtschaft den Anschluß an internationale Kartelle nicht findet, weil diese keine Lust ver spüren, sich den Launen des deutschen Gesetzgebers auszusetzen. Der Staat kann unmöglich die jeweils zweckmäßigen Wirtschafts formen unterdrücken, sondern lediglich in vorsichtiger Form kon trollieren, um etwaigen Auswüchsen entgegentreten zu können. Die öffentlichen Gewalten müssen sich immer bewußt bleiben, daß sie die Preisbildung, um diese handelt es sich doch vor allem auch bei der Bekämpfung der Kartelle, und damit die Lebenshaltung des Volkes viel wirksamer dadurch beeinflussen können, daß sie die Vorbedingungen für ein gesundes Wirtschaftsleben schaffen, als daß sie mit rauher und bürokratischer Hand in das feine Gewebe des wirtschaftlichen Organismus eingreifen. Damit ist zugleich das Urteil über jede Art von Zwangswirtschaft gesprochen. Sie ist eine der schlimmsten Hemmungen, die geeignet sind, den Erfolg der direkten und indirekten Bekämpfung der Arbeitslosig keit in Frage zu stellen. Mag es sich dabei um Zwangsmaß nahmen auf dem Gebiete der Preisbildung, insbesondere die Wohnung^wangswirtschaft handeln, oder aber um eine Zwangs wirtschaft, die in Zwangstarifen ihren Ausdruck findet, oder end lich um Zwangsmaßnahmen gegen irgendwelche Organisations- formcn der Wirtschaft, insbesondere Kartelle und Trusts, immer sind es dieselben unzulänglichen und wirtschaftsschädlichen Ein griffe in das Getriebe des Wirtschastsorganismus, deren Mißerfolg vorauszusehen ist. Demgegenüber muß immer wieder die Forde rung erhoben werden, daß nicht nur die aus der Kriegs- und Nachkriegszeit herrührenden Reste der Zwangswirtschaft voll ständig beseitigt werden, sondern auch die Gewähr geboten wird, baß eine Wiederholung derartiger Experimente unmöglich ist. Durch die Aufhebung der Preistreibereigesetzgebung ist erfreulicher weise eine weitere Bresche in die Zwangswirtschaft geschlagen wor den. Damit hat ein beschämendes Kapitel deutscher Rechtspflege geendet, »bei der Gesetzgebung und Rechtsprechung für die Zwecke demagogischer Massensuggestion mißbraucht worden sind. Wer die Auswirkungen der Preistreibcveigesetzgebung erlebt hat, wie angesehene Geschäftsleute vor den Strafrichter zitiert und ver urteilt wurden, obwohl sie nach unserer heutigen Kenntnis der Dinge absolut einwandfrei gehandelt hatten und lediglich das Opfer des verbohrten Festhaltens an einer Scheinwährung wur den, kann nur hoffen, daß eine Wiederholung derartiger Dinge in einem Rechtsstaat künftig unter allen Umständen ausgeschlossen ist. Dagegen wird leider der Baumarkt durch die Fortdauer der Zwangswirtschaft noch immer unheilvoll beeinflußt, wobei man allerdings heute unter den Folgen früherer Fehler zu leiden hat. Gerade auf diesem Gebiet wirkt sich die Unzulänglichkeit jeder Art von Zwangswirtschaft am stärksten aus, denn trotz Auf wendung gewaltiger Mittel ist die Wohnungsnot heute kaum wesentlich gebessert, und es kann Wohl niemand bezweifeln, daß die Dinge wesentlich anders liegen würden, wenn nicht die private Initiative systematisch ausgeschaltet worden wäre. Es gibt nun einmal keinen Fortschritt ohne persönliche Ver antwortung und ohne wagemutige Risiko übernahme. Allerdings besteht in gewissen Kreisen des Einzelhandels, die grundsätzlich auf dem Boden der freien Wirt schaft stehen, trotzdem der Wunsch, die Zwangsbewirtschaftung für gewerbliche Räume noch länger aufrecht erhalten zu sehen, weil sie glauben, daß mit der Rückkehr zum Zustande der Mietzins regulierung lediglich durch Angebot und Nachfrage die Beibehal tung ihres Geschäftslokals zu den bisherigen Mietsätzen ernstlich in Frage gestellt ist. Mögen diese Befürchtungen begründet sein oder nicht, auf alle Fälle muß man sich darüber klar sein, daß jede Zwangswirtschaft ein Stück Staatssozialismus ist und man deshalb nicht im gleichen Atemzug für freie Wirtschaft gegen -kalte Sozialisierung- und zugleich die Fortdauer des Mieter schutzes eintreten kann. Es erscheint darum bedenklich, in diesem Punkte wirtschastsseindlichen Kräften Hilfsstellung zu leisten, weil man dabei übersieht, daß auch der kleinste Betrieb in dem Moment in der Lage ist, die sich auf dem freien Markt ergebenden Mieten zu zahlen, wenn er rentabel arbeiten kann, d. h. wenn ihm nicht durch übermäßigen Steuerdruck das Betriebskapital entzogen und nicht durch die Konkurrenz der öffentlichen Hand, durch zentrali sierten Behördeneinkauf und Beamtenhandel die Lebcnsmöglich- keit genommen wird. Diese Erscheinungen aber sind Auswir kungen gerade des Geistes, der die Hauptstütze für die Zwangs wirtschaft auf dem Wohnungsmarkt bildet. Unter diesen größeren Gesichtspunkten betrachtet kann meines Erachtens auch der durch die etwaige Aufhebung der Mieterschutzgesetzgebung unter Um ständen schmerzlich berührte Gewerbetreibende in di« vom Stand punkt der freien Wirtschaft aus allein zu vertretende These mit ein stimmen: »F o rt mit der-Z wang s w i r t s ch a f t!«. Ich habe den Versuch gemacht, in großen Zügen zunächst ein Bild von der gegenwärtigen Wirtschaftslage und dem dadurch be dingten Arbeitsmarkt zu entwerfen, die Ursachen und Wirkungen der Arbeitslosigkeit aufzuzeigen mit dem Ergebnis, daß sie min destens zu einem Teil als Dauererscheinung angesprochen werden muß. Demgegenüber habe ich die Möglichkeiten angcdeutet, die für eine unmittelbare und mittelbare Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zur Verfügung stehen, und dabei das Hauptgewicht auf die Maß nahmen gelegt, die geeignet erscheinen, gesunde Wirtschafts und Arbeitsbedingungen herbeizuführen. Wir sahen, daß der Wege gar viele sind und wir jedenfalls trotz der Schwierigkeit der Lage nicht zu verzweifeln brauchen, sondern im Gegenteil das Bewußtsein haben können, daß namentlich die Um stellung der Wirtschaft auf die veränderte Lage schon wesentliche Fortschritte gemacht hat. Bedenklich stimmen muß dagegen die mangelnde Einstellung der öffentlichen Gewalten auf die Not wendigkeit, die Verwaltung im weitesten Sinne nmzustellen, und zwar nicht nur materiell, sondern vor allem auch g e i st i g. Ge rade dies ist der entscheidende Punkt bei allen Maßnahmen, die getroffen werden. Sind Entschlußfreudigkeit und ein klares Ziel vorhanden, so kann auch einmal in der Wahl der Mittel fehl- 1Z29
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