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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.07.1926
- Strukturtyp
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- 1926-07-08
- Erscheinungsdatum
- 08.07.1926
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- Deutsch
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156, 8. Juli 1926. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Werbebriefes über den Roman »Klaus Unruh« gestellt wurde. Hier sollten sie zeigen, ob sie als Verleger für das Buch wirksame Wer bung treiben können oder als Sortimenter das Buch zu verkaufen ver stehen. Und wollt ihr das Ende wissen? Ja nun, — das Ergebnis dieses Preisausschreibens war immerhin befriedigend. Ein frisch junges, Helles Mädel scheint mir die Schützenkönigin gewesen zu sein, die ihre Worte gewandt zu setzen wußte. Aber noch mehr Mut, mehr Zielbewußtheit und größere Durchschlagskraft! In sehr überlegten anregenden Ausführungen ging als Sorti menter Herr W. Schmitz-Gießen, der Leiter der Buchhandlung der Pilgermission, auf die Fragen ein: Wie bediene ich den Kunden, und welche Verantwortung habe ich ihm gegenüber? Er verstand es in seiner ruhigen und klaren Weise, sich ganz bewußt an die Herzen der jungen Buchhändler heranzu arbeiten, wobei er ihnen manchen wertvollen Ratschlag für die Praxis erteilte. Daß er in seinem Lehrgespräch die glückliche Methode ver folgte, von sich, seiner eigenen Lehre und Ausbildungszeit söwie seiner jetzigen praktischen Tätigkeit auf andere zu schließen, war im In teresse der Verlebendigung des Themas in jeder Hinsicht zu begrüben. Vor allem interessiert zu sein für sein Fach und einen gewissen Ehrgeiz in demselben zu haben, gilt cs für den Gehilfen im Sorti ment. Dabei muß er blicherkundig sein, aber auch freundlich und taktvoll-höflich, ehrlich und zurückhaltend. Dem Kunden gegenüber hat man nicht nur eine geschäftliche, sondern auch eine moralische Verant wortung. Der Nundgesprächsfllhrer gab, kurz gesagt, eine treffliche Psychologie des Käufers, des den Buchladen betretenden Publikums und kam auf die sicher richtige Formel heraus, daß der »Blick« für das Individuelle jedes einzelnen Kunden das eigentliche Geheimnis sei.— Also bitte, Freunde, den notwendigen Feldherrnblick! Er eigiret den meisten noch zu wenig, aber bekanntlich trägt jeder Soldat den Marschallstab im Tornister. Die Richtigkeit dieses Satzes lehrt uns die Weltgeschichte zur Genüge. Des Nachmittags bewegten die Schmitzschen Worte noch aufs stärkste die Gemüter. Die Frage nach der Konkurrenz warf ihre flachen Schatten in unser Idyll am Walbeshang. Ja, auch sie ist für den von seinem Gewissen gebundenen Menschen nur in dividuell lösbar. Germanicus, der Theologe, konnte dazu wohl mit Recht den Begriff des Gewissens erläutern und prägte den Satz: Gewissen haben heißt sein eigener Mitwisser sein. Es steht außer Frage, daß bei einer späteren Besprechung Professor Vr. Menz den Kern der Sache traf, wenn er den Buchhandel als einen Kampftrupp mit einem gemeinsam erkannten Ziel ansprach, wo es für den einzelnen wiederum persönliche Gewissensfrage sei, wieweit der eigene Vorteil zum Wohl der Gesamtheit zuvückzutreten habe. So, — und damit bin ich bei dem pädagogisch ebenso wie wirt schaftlich bewährten Führer, unserm lieben Professor Menz an- gclangt. Er hatte die Reife zur sagenumwobenen Burg trotz Über lastung mit anderer Arbeit möglich gemacht, und dafür sei ihm auch an dieser Stelle Dank; Dank aber auch dem Börsenverein für erwiesene Guttat! Er hatte es diesmal nicht leicht — der Herr Professor, denn er muhte gar manches mühsam aus den Freizeitlern herausholen. Aber gesiegt hat er doch! Denn als die Köpfe sich an den harten Kanten wohldurchdachter Weltwirtschaftsprobleme stießen, da Hub er an zu fragen: »Ja, sagt mal, wie tretet ihr denn nun täglich selber mit der Weltwirtschaft in Verbindung?« Und siehe — das Eis war gebrochen, denn von der Abstammung der Seife und der Her kunft der Zahnbürste sowie ihrer einzelnen Teile — bitte, was wissen Sie davon, verehrter Leser? — ging's mit munteren Schritten voran in die großen Gänge des Wirtschaftssystems. Daß wir unserer evangelischen Weltanschauung und unserem prote stantischen Bekenntnis in mancherlei religiösen Morgengesprächen den gebührenden Platz eingeräumt haben, war bei den Tendenzen, welche die Vereinigung Evangelischer Buchhändler verfolgt, nichts als selbstver ständliche Pflicht. Denn da halten wir es immer noch mit Martin Luther, der da sagt: »Gottes Wort ist ein Blümlein, das heißt: Je länger, je lieber«. Hier dienten uns mit ihren tiefgrabenden Aus führungen der allverehrte Gießener Theologe und Führer der christ deutschen Bewegung Professor Lordier und Pfarrer Wil helm Schreiner - Neumünster, übrigens ein geistvoller und fprachgewaltiger Gegemvartsdichter, der in seiner Auseinandersetzu.ig über eine heilige allgemeine christliche Kirche zuweilen in recht festen Schuhen auftrat, was niemals schaden kann, mrd Syndikus Gaede von der V. E. B. mit verschiedenen scharf geschliffenen Augenblicksbildern aus der Kirchenge schichte sowie Fragen nach der Ewigkeit. Nicht vergessen sei die schöne, stimmungsvolle Paul Gerhardt-Feier im kleinen Dorf kirchlein mit dem getragenen Liede der schlichten Sängerin: »Gib dich zufrieden und sei stille in dem Gotte deines Lebens«. Ach — Ihr meint, wir hätten da oben auf der Burg nur ge büffelt, — kein Gedanke! Tages Arbeit, abends Gäste, saure Wochen, frohe Feste — dieser Spruch des Altmeisters Goethe kam auch bei uns zu gebührender Geltung. Es wurde gewandert in Regen und Sonnenschein; es wurde in unseren abendlichen Unterhaltungsstunden manche Rakete abgeschossen — Buchhändlerwitze, die Geschichte vom Mandarin aus China und die musikalische Familie, wenn Professor Menz sie barstellt. Er »arbeitet« auf solchen Abenden gern auf Grund von Stichworten, die ihm zugerufen werden, und dann wird's lustig! Aber bitte sehr — hier wird nichts verraten oder gar aus der Schule geplaudert. Doch auch manch ernstes Wort der Erinne rung senkte sich da in gottlob immer noch weiche, bildsame Seelen. Ich denke daran, wie ein jeder seinen Lebcnsbericht geben sollte und die Führer bei sich selber den Anfang machten; ich denke aber auch an ?. Schreiners Lesung aus eigenen Dichtungen am knistern den, knackenden Kamin — denn es war kalt und regenschweres Wetter. Oder wenn die klein« Großstädterin mit ihren 18 Jahren ihre Lebens geschichte erzählt, das heißt, wie sie zum Buchhandel gekommen ist: »Geh«, sagt die Mutter, »du mußt jetzt verdienen, mußt was mit einbringen!« Horchen wir einmal tiefer hinein: was liegt nicht alles in solch einer scheinbar belanglosen Aussage! Erzählen könnte ich noch viel, noch seitenlang, aber der Herr Schriftleiter vom Bbl. verhält sich so merkwürdig still ob meiner Langatmigkeit. Ich hör' ja schon auf, nur nicht immer gleich böse werden! Freizeiterfahrungen? Gewiß, mehr als genug, doch davon nur ganz kurz: 1. Ob das Wort »Sommerakademie« die Sache eigentlich im Kern trifft? Ich weiß nicht recht. Soviel ich sehe, schrechj es eher ab; mancher wagt vielleicht gerade deshalb keine An meldung, weil er meint, hier vor so hohe Weisheit gestellt zu werden, daß er mit der ihm zu Gebote stehenden Ausrüstung nicht standzuhalten vermag. Also sagen wir lieber: Frei zeitoder Rü st zeit! 2. Nicht zu hoch hinaus mit der Wissenschaft! 3. Die gegebene Form des Freizeitunterrichts ist das Praktikum, das Lehr-, Wechsel- und Rundgespräch. Die Zahl der Teil nehmer ist auf 26 zu beschränken. Auf Hohensolms waren es wieder viel zu viele! 4. Es ist eine Altersgrenze der Teilnehmer nach unten wie oben festzusetzen und eine gewisse Qualisikation seitens der Chefs vorher über die Teilnehmer einzufordern. 5. Um die Kräfte der anwesende" Referenten besser ausznnutzen, ist zu überlegen, ob nicht der hrgang der Freizeit eine Ober- unü eine Unterstufe enthalten soll. Man könnte also zwei Frei zeiten für Jüngere und Altere nebeneinander abhalten. 6. Ich unterstreiche noch einmal den Gedanken der Arbeits gemeinschaft, wie ihn auch vr. Diederichs-Jena ausspricht. Die Arbeitsgemeinschaft im Geschäft oder unter den Buchhänd lern einer Stadt sollte die weitere Pflege der Freizeit gebildeten übernehmen. Ein tüchtiger Leiter wird sich jeweils finden lassen. 7. Auf den Freizeiten muß der Fragekasten von unseren Jung buchhändlern besser ausgcnutzt werden, denn gerade von den in ihm enthaltenen Fragen aus kann man weiterbauen und auf das Innerste kommen. 8. Auf den Freizeiten sorge man unter allen Umstäuden für eine gute Verpflegung— und freie Zeit! Und was das Schönste war: hier und da sprangen Freundschaften auf, plötzlich, wie ein originaler Gedanke, und in vollem Vertrauen ergab sich die so notwendige Aussprache von Mensch zu Mensch, wo das Tiefste zuoberst gekehrt und das Verhaltene ganz ehrlich auf gedeckt wurde. Es ist immer noch die beste Seelsorge — das Sichaus- sprechen und das Hineinhören in den andern, aber nichts heraus fragen wollen aus ihm. Nur das nicht, denn das tut oft so weh! Der Führer soll es wissen: erst der alte Wein ist milde. Moltke hat einmal jemandem, der sich darüber beschwerte, baß jede der mit den Offizieren vorgenommenen Generalstabsllbungen das gleiche Er gebnis zeitigte, geantwortet: »Jawohl, mein lieber Herr Oberst, es kommt eben immer wieder auf bas dumme Siegen an!« 661
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