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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.07.1926
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- 1926-07-08
- Erscheinungsdatum
- 08.07.1926
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158, 8, Juli 1928, Redaktioneller Teil. Börsenblatts, d. Dtschn. Buchhandel. »Das dumme Siegen« — auch in der Pionier- nnd Kul turarbeit des deutschen Buchhandels kommt's darauf an! Wenigstens muß tapfer gekämpft werden — und nicht zuletzt in der Schulungs arbeit des Jungbuchhandels. Ja, wahrhaftig — es war eine feine und gehaltvolle Freizeit, aus der wir natürlich fiir die Gestaltung dieser Schubungswochcn wieder eine ganze Menge gelernt haben. Aber auch unsere jungen Gehilfen und Gehilfinnen waren dankbar, daß sie wieder eine Lebensbereicherung erfuhren und manches Neue mit auf den Weg zu nehmen vermochten. Germanien s. Sommerakademie Duhnen. Wenn ich jetzt zur Feder greife, um über die Sommerakademie des Buchhändler-Verbandes »Kreis Norden« zu berichten, so hin ich mir bewußt, daß ich unserin guten »Papa Janssen« vorgreife, aber ich glaube, daß die Rückschau eines Teilnehmers für die buchhändlc- rische Gesamtheit ebenso wertvoll und für den Sommerakademie- gcdanken ebenso nützlich ist wie nachher der amtliche Bericht der Leitung. Nachdem das Treffen am 44. Juni bei Abfahrt des Dampfers in Hamburg, der uns nach Cuxhaven bringen sollte, ein wohl ziemlich mißglücktes war, fuhr ich mit gemischten Gefühlen und voller ge spanntester Erwartungen dem Ziele entgegen. Ader noch während der Fahrt fanden sich alle Teilnehmer zusammen, die sich durch irgend welche Zufälle oder göttliche Fügungen auf das gleiche Schiff gerettet hatten. In diesem Zueinanderkommen in kleinen Gruppen ist viel leicht der Grund zu suchen, daß wir uns gleich enger aneinander schlossen, und mit mehr Gemeinschaftsbewußtsein, als das sonst wohl der Fall sein mag, langten wir in Cuxhaven an. Der Weg auf dem Deiche entlang führte uns dann nach Duhnen. Es war unseren Magen eine willkommene Begrüßung, als wir uns bald nach der Ankunft an die gedeckten Tische setzen und uns von den Strapazen der Reise erholen konnten. Der Nachmittag galt der Regelung der geschäftlichen Dinge. Nach dem Abendessen wunderten wir gemeinsam hinaus zum »Hexentanz platz«. Wir sahen der scheidenden Sonne tränenlos nach, und dann quoll unser Seeräuberlied zum Abendhimmel empor. (Wenn ich mich mal in nicht immer einwandfreien und altherge brachten stilgesetzlichen Bahnen bewege, so müssen das die Herren Kol legen gütigst verzeihen. Unser Literaturreferent hat seine Sache so glänzend gemacht, daß die expressionistischen und dadaistischen Formen unverwüstlich in meinem Hirne spuken.) Nachdem wir Volksreigen getanzt und Volkslieder gesungen hatten, kehrten wir in frisch-frei-frohcr Stimmung nach Duhnen zurück, allwo die weißen Betten lockten. Am andern Morgen begann das Leben programmgemäß. Auf dem wasserlosen Meeresgründe der Nordsee konnten wir ein ungewohntes Vergnügen austoben lassen. Nach dem Frühstück begann dann die Arbeit. Herr vr. Peßler, der Direktor des Vaterländischen Mu seums in Hannover, sprach über das Thema »Der niedersäch sische Kulturkreis und seine Weltbedeutung«. Ganz zwanglos, oder soll ich sagen zwangsläufig fanden wir unsere Form -der Arbeitsgemeinschaft. Der Vortragende verstand es außerordentlich fein, seine Worte zu beleben, sodaß schon bald einzelne mit Fragen kamen. Und damit war das Eis gebrochen und der ganze Kreis ein Komplex, in dem jeder nahm und jeder gab. Herr vr. Peßler bestimmte zunächst den Begriff Niedersachsen, da im allgemeinen jeder Einzelne ihn anders auffaßt. »Niedersachsen« läßt 13 verschiedene Deutungen zu. Wir kamen zu einer ziemlich klaren Formulierung von Groß- und Klein-Niedersachsen von mehreren Ausgangspunkten aus: Niodersachsen nach dem Volkstum, als geographische Einheit und als Wirtschaftsgebiet. Das ganze Gebiet wurde uns am Abend durch Lichtbilder noch einmal angenscheinlich gemacht. Ziemlich eingehend ging der Vortragende auf den niedersächsischen Stil ein, da er am besten uns die niedersächsische Eigenart klarmachen kann. Das Mittagessen unterbrach unsere Arbeit. Nach einer kurzen Mittagspause ging es an den Strand. Die Wellen lockten, und so sprangen mir in die Flut. Nachdem wir Kaffee getrunken hatten, streiften wir durch die Gegend und besichtigten einige typische nieder- sächsische Bauernhäuser. Der Donnerstag war dem Thema »Literarische Strömun gen der Gegenwart« gewidmet. Referent war Herr vr. Kracke von der Hamburger Universität. Die Fülle des Gebotenen mieder- zugebcn, ist mir unmöglich. Der einleitende Vortrag war ein Meister stück. Übereinstimmend bezeugten alle Teilnehmer, daß ihnen noch niemand eine solche Schau des Expressionismus von einem über- 862 ragenden Standpunkte aus gegeben hätte. Der meisterhafte Vortrag einiger Kapitel aus Fritz von Unruhs »Opfergang« krönte die Arbeit. Der Nachmittag brachte uns bann eine historische Übersicht über die Entwicklung des und zum Expressionismus. Unterbrochen von Essen und Baden und unserm Gang zum »Hexentanzplatz« zog sich diese bis zum Abend hin. Ob wir gearbeitet haben? Das besagt die Tatsache, daß abends um >412 Uhr endlich Schluß gemacht wurde. Des waren wir dann heilfroh, weil reichlich müde. Der Freitag war der Erholung gewidmet. Vorgesehen war ein Ausflug nach der Insel Neuwerk. Wattwagen führten uns in andert- halbstündigcr Fahrt ans Ziel. Da Rühe bei uns streng verpönt war, gab uns Herr Lehrer Oellerich aus Cuxhaven, der Führer des Tages, eine Geschichte des Deichbaues in weitestem Sinne. Hier in Neuwert wurden wir auch vom Regen überrascht. Gut für uns, die wir im Badezeug waren, da wirkte die Himmclsbrause sehr angenehm. Die Rückfahrt am späten Abend durch das stille Watten meer war uns allen ein Erleben, das sehr wohl eine Helgolandfahrt aufwtegen kann. Am Sonnabend sprach zu uns Herr Professor vr. G. Menz über »Die Psychologie des Käufers«. An Hand der Schriften des Grafen Keyserling versuchten wir gemeinsam in das Wesen unserer Zeit einzudringen und von da aus die heutigen Men schen, unsere Bücherkäufer, in Karteikästen zu sortieren. Herr Pro fessor vr. Menz machte es uns durchaus nicht bequem. Seine Fragen waren recht verzwickt, und wir schwitzten tüchtig. So waren wir wieder ganz froh, als Schluß war, und wir brüllten dreimal ein erlöstes »Gott sei Dank!«, als das Auto den »Pauker« von uns trug. (In unsere Sprache übersetzt heißt Gott sei Dank »Neu-Werk«.) Am Sonnabend nachmittag wurde der Schlußstrich unter die Tage gezogen. Nach einem fröhlichen Beisammensein am Sonntagvormittag ging es am Mittag nach Hause. Die Tage in Duhnen haben uns viel gegeben. Der vorbereitende Ausschuß hatte wirklich einen glücklichen Griff in der Auswahl seiner Referenten getan. Die Vorträge griffen alle in wunderbar harmoni scher Weise ineinander und bildeten ein festes Ganzes. Interessant war, daß alle Anwesenden über die schöne Gemeinschaft wie über ein seltenes Wundertier staunten. Duhnen war ein Versuch. Er hat sich bewährt. Nnd er zeigte gleichzeitig allen Beteiligten, daß d i e Form der Sommerakademie der Zukunft sich aus der bodenstämmigen entwickeln wird. Ich kann diese Frage selbst nicht beantworten, da ich noch an keiner Neichs- akademie teilgenommen habe. Aber mehrere Stimmen waren der An sicht, daß gerade in der Beschränkung der Teilnehmer auf ein Gebiet, in diesem Falk den Kreis Norden, ein Fortschritt liegt. Unter diesen Menschen kann sich viel eher Gemeinschaftsgefühl entwickeln als zwischen Nord- und Süddeutschen, wo die Volkscharaktere schon viel leichter zu Reibungen führen. Und Gemeinsamkeitsempfinden ist die erste Vorbedingung, wenn eine Arbeitsgemeinschaft Erfolge haben soll. Auch wir in Duhnen sind zu der Erkenntnis gelangt, wie alle andern schon vor uns, daß 5 Tage eine viel zu kurz bemessene Zeit spann« sind. Nun, im nächsten Jahre werden ja hoffentlich die ge machten Erfahrungen ausgcwertet werden. Wonach man sich die Augen vergebens ausgucken konnte, das waren die Herren Chefs. Außer den Leitern, den Herren Alfred Janssen und Martin Riegel und Herrn Böckmann i. Fa. Aug. Nau- schenplat, ließ sich niemand sehen. Hoffen mir, daß sic all das, was uns die Akademie gab, schon wissen und besitzen, dann ist cs schließlich nicht gar zu schlimm. Zum Schluß möchte ich noch erwähnen, daß der Verlag I. F. Gteinkopf die Versammlung mit einem riesigen Paket überraschte und jeden Teilnehmer durch sein Verlagsmerk »Bote, Moiken Peter Ohm« erfreute. Und Herr Böckmann stiftete uns allen sein »Lexikon für Landratten an der Wasserkante« und eine Elbkarte von Hamburg bis Cuxhaven, nicht zu vergessen »Wellmann, Vogclleben in Niedersachsen« von der Geschäftsstelle des »Kreises Norden«. Ich empfehle den Herren Verlegern diese Beispiele zur Nachahmung. Vieles bleibt noch zu sagen. Gerade jetzt rällt mtr noch eine Un menge ein, das ich vergessen habe, ich gab eigentlich nur ein Gerippe. Nun, ich hoffe, daß all die andern auch was sagen wollen, und mache ihnen gerne Platz, denn die aufmerksamen Leser des Bbl. werden durch eine doppelte Schilderung einer Sache nicht gelangweilt und in Anspruch genommen werden wollen. an dem Werden und der Gestaltung der Sommerakademie Duhnen beigetragen haben, aus dankbarem Herzen ein kräftiges »Neu-Werk« zurufen. Alfred Haß,
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