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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.07.1926
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- 1926-07-24
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- 24.07.1926
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X- l'O, 24. Juli 1926. Redaktioneller Teil. Berliner Bibliophilen-Abende. Am 15. Mai waren die Mitglieder des Berliner Bibliophilen- abends riner Aufforderung des wohlbekannten Bibliophilen, Biblio thekars und Direktors der vorm. König!. Hausbibliothek, Herrn vr. Bogdan Krieger, gefolgt, der sich in überaus freundlicher Weise zur Führung durch die Potsdamer Bibliotheken Friedrichs des Großen erboten hatte. Es handelte sich um drei Büchersammlungen, um die im Neuen Palais, in Sanssouci und im Stadtschloß. In allen hatte Herr vr. Krieger eigens für die Bibliophilen Sammlungen ausge stellt, die die bemerkenswertesten und interessantesten Bücher der Bibliotheken enthielten. So reizvoll es wäre, auf nähere Beschreibung des Dargebotenen einzugehen, so verbietet doch der Raum, dieser Lockung zu folgen. (Leider kann ich hier auch nicht aus eigener Er fahrung über alle drei Nundgänge durch die Bibliotheken berichten, da ich erst später eintreffen konnte, weil ich am gleichen Tage meinem lieben Freunde Arthur Fürst die Grabrede halten mußte. Ich führe dies in Parenthese an, weil sein Tod ein Ereignis ist, das den Buchhändler und speziell das Sortiment nahe berührt; war doch Fürst Verfasser einer Reihe in ihrer Art einziger Bücher, die Brot artikel des Laden-Buchhändlers sind. Sein beklagenswerter Tod ver hinderte die Vollendung seines großen und ausgezeichneten Werkes über die Technik, in deren Popularisierung er der anerkannte Meister war.) Herr vr. Krieger begrüßte die erschienenen Mitglieder des Ber liner Bibliophilen-Abends und ihre Damen in der Bibliothek Fried richs des Großen im Neuen Palais und dankte ihnen für die Freude, die er ihnen dadurch verdanke, daß er Bücherfreunde durch die Büche reien eines der größten Bücherfreunde führen dürfe. Diese den Ber liner Bibliophilen kollegiale Bezeichnung des Großen Königs glaube er auch vor denen rechtfertigen zu können, denen Friedrich als Leser und Bücherfreund noch nicht vertraut sei. Der Vortragende erinnerte an die von dem König im Siebenjährigen Kriege getane Äußerung zu seinem Vorleser d e Catt: »^ujourck'bui j'ai bien 1u et je me 8ens eomme un roi«. Er zitierte dann eine Anzahl von Stellen aus"den Schriften und dem Briefwechsel des Königs zum Beweise für die hohe Wertschätzung, die Friedrich der Große den Wissenschaften im allgemeinen und der Lektüre guter Bücher im besonderen entgegen gebracht hat. Bei dieser Einstellung des Königs geistigen Werten gegenüber sei cs wohl verständlich, daß er in jedem seiner Schlösser von seinen zuverlässigsten und anregendsten »Freunden«, von seinen Büchern, umgeben sein wollte. Jede dieser Büchereien ist ein Spiegel bild seiner geistigen Interessen und seiner literarischen Geschmacks richtung. Auf jede sei das dem B u ff o n scheu Wort »1.6 kt^Ie o'68t I'bomms« nachgebildete »Im bibliotlidque e'e8t l'bomme« anzuwenden. Allerdings nicht auf die Jugendbibliothek des Kronprinzen, die er nicht nach eigener Wahl zusammengebracht hat. Sie wurde, gegen 4000 Bände stark, von Friedrichs Lehrer Duhan als Ganzes er worben und enthielt viele Bücher, die außerhalb der literarischen Neigungen des jugendlichen Kronprinzen lagen. Diese Bibliothek wurde nach dem Fluchtversuch ihres Besitzers 1730 von Friedrich Wilhelm I. verkauft. Von den weiteren Friderizianischen Büche reien ist die älteste, die Nheinsberger Bibliothek, in ihrem Bestände nicht mehr erhalten, aber theoretisch rekonstruierbar. Die Handhabe dazu bieten Friedrichs Briefwechsel mit T h i c r i o t, seinem lite rarischen Agenten in Paris, die Korrespondenz mit seinen Freunden, in der er vielfach auf seine Studien während der Nheinsberger Zeit zurückkommt, ein Verzeichnis von Büchern, die ihm sein damaliger Flügel-Adjutant von Budden brock besorgen sollte, und schließlich der besondere Einband, der die nach den obigen Indizien als Rheins berger Bücher vor den später erworbenen kennzeichnet. Man darf schließen, daß alle in gleicher Weise gekennzeichneten Bücher eben falls aus der Nheinsberger Bibliothek stammen. Sie ging nach Fertigstellung des Schlosses Sanssouci in die dortige Bibliothek über. Die älteste der Potsdamer Bibliotheken ist die im Stadtschloß, mit etwas über 1000 Bänden, nur halb so groß wie die Bibliotheken in Sanssouci und im Neuen Palais. Außer den genannten besaß der König noch eine Bibliothek in Breslau und zwei kleinere in Char- lottcnburg und im Berliner Schloß, die in ihrer Wesenheit kurz ge kennzeichnet wurden. Weiter sprach der Vortragende über die vom König mährend der Feldzüge gelesenen Bücher, über den Verlust der sämtlichen Bücher des Königs nach der Schlacht bei Soor am 30. September 1745 und die teilweise Ergänzung der neuzubcschaffenden aus der Biichersamm- lung seines in demselben Jahre verstorbenen Freundes Jordan. Da der König Exlibris nicht besaß, unterschied er die verschiedenen Bibliotheken durch auf den Vorderdeckel geprägte Buchstaben, die auf 928 den Standort Bezug hatten. Kurz wurde dann von den Buchhändlern gesprochen, die der König in Berlin zur Beschaffung seiner Bücher heranzog, und von den Buchbindern unter Angabe der Preise, die Friedrich für seine durchweg in rotem Zicgcnlcder gebmrdcnen Bände vor nnd nach dem Siebenjährigen Kriege bezahlte. Zum Schluß streifte der Vortragende die ablehnende Stellung des Königs zur deutschen Literatur und suchte sie verständlich zu machen, nicht ohne Bedauern, daß wir diesen vielseitigen Menschen nicht auch als Mäzen der heimi schen Dichtkunst feiern können. — Im Nothenburg-Zimmer des Schlosses Sanssouci war eine reizende Ausstellung von bibliophilen Kostbarkeiten und sonst bemerkenswerten Büchern aus den Bibliotheken des Königs veranstaltet. Für die Auswahl der Bücher waren folgende Gesichts punkte maßgebend: I. Originalausgaben der Werke Friedrichs des Großen, zum Teil mit Korrekturen und Ergänzungen von des Königs und Voltaires Hand. II. Auf Veranlassung des Königs hcrgestellte Ausgaben römischer Klassiker und französischer Dichtungen. III. Bücher aus den verschiedenen Bibliotheken des Königs mit den sie unter scheidenden Aufdrucken. IV. Im Felde benutzte, stark mitgenommene Bücher, einige davon mit dem Exlibris von Jordan. V. Bibliophile Kostbarkeiten und besondere illustrierte Werke des 18. Jahrhunderts, des Königs Kindersibcl u. a. VI. Bemerkenswerte Einbände der dem König geschenkten Bücher. VII. Architektonische Werke, die dem König zum Teil als Unterlagen für seine Potsdamer Bauten dienten. Die Besichtigung der Bibliothek im Potsdamer Stadtschloß und der daranstoßenden vom Großen König bewohnten Räume bildete den Beschluß der Wanderung durch des Königs Geisteswelt. Ein gemütliches Zusammensein im Palast-Hotel in Potsdam bil dete den Abschluß dieser ungemein interessanten und belehrenden Dar bietung, für die kein besserer Veranstalter als Herr vr. Krieger hätte gefunden werden können. Der Dank, den ich ihm in Abwesenheit des leider verhinderten 1. Vorsitzenden, Freiherrn von Biedermann, abstatten konnte, kam aus ehrlichem Herzen. Vierzehn Tage später hatte sich der Bibliophilen-Abend in seinen gewohnten Vereinslokalitäten, im Landwehrkasino, wieder versammelt. Da das Thema »Bemerkungen zur erotischen Literatur (mit Vor lagen)« lautete, so war es nicht zu verwundern, daß sich eine große Zuhörerschaft eingefunden hatte. Der Vortragende, Herr vr. Tuch- mann, konnte (wenngleich nur in aphoristischer Form, anders wäre es ja bei dem riesigen Umfange dieser Literatur nicht möglich) sehr viel des Interessanten Vorbringen, um so mehr, als er in seiner doppelten Eigenschaft als Arzt und Buchhändler dem Thema besonders gewachsen war. Zu allgemeinem Be dauern war sein Vortrag allerdings nur sehr kurz. Aber er war reich an anekdotischem Beiwerk und legte Zeugnis ab von dem ausgedehnten Wissen des Vortragenden auf allen Gebieten der bibliophilen Literatur. Nur Weniges kamt aus der Fülle des Erzählten aufs Geratewohl hier vorgebracht werden. So erwähnte l)r. Tuchmann, als er von Verlegern erotischer Bücher sprach, die Tat sache, daß diese fast sämtlich aus ihrer Spezialität schließlich nur ge ringen wirtschaftlichen Nutzen gezogen haben, wenngleich natürlich Perioden waren, in denen sie sehr gute Geschäfte gemacht haben. Er verwies diesbezüglich besonders auf den Wiener Verleger Stern und den Pariser E i ch e n b e r g. Was die erotischen Schriftsteller an belangt, so stellte er die einleuchtende These auf, daß für einen großen Teil derselben ihre erotischen Bücher nichts anderes bedeutet haben als das, was man eine Sublimierung ihrer Libido benennen könnte. Also eine Art schriftliches Ausleben, das ihnen im Leben selbst versagt geblieben ist. Dies bezieht sich sogar selbst auf den berüchtigten Marquis de Sade, der in Wirklichkeit nicht der Urheber dessen ist, was wir heute Sadismus nennen. Es mag von Interesse sein, daß Nietzsche ganze Seiten des Marquis übernommen hat. Der Vortragende machte dann weiter einen grundsätzlichen Unterschied zwischen solchen Schrift stellern, die berufsmäßig Erotika geschrieben haben, und solchen, die wie z. B. Goethe, gelegentlich als Ausfluß einer Stimmung ein erotisches Gedicht oder eine solche Erzählung verfaßt haben. Er be richtete die hübsche Anekdote über I. C l e l a n d, den Verfasser des bekannten, im übrigen nicht unliterarischen Erotikons »Fanny Hill«, der, von der englischen Behörde zur Rede gestellt, erklärte, er habe das Buch geschrieben, weil er Geld brauchte; und da ihm der eng lische Konsul erklärte, daß er eine Jahresrente von L 100/-/— bekäme, wenn er nicht wieder schreiben würde, so ist Fanny Hill ohne Nachfolger geblieben. Allerdings hatte dieses einzige Buch des Verfassers auch eine enorme Verbreitung erlangt. — vr. Tuchmann erinnerte dann an das Buch des jungen Zille, das er unter dem Pseudonym Wilhelm Pfeiffer in 120 Exemplaren herausge geben hat, und das die besten, allerdings besonders stark erotisch
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