Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.08.1926
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1926-08-26
- Erscheinungsdatum
- 26.08.1926
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19260826
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192608264
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19260826
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1926
- Monat1926-08
- Tag1926-08-26
- Monat1926-08
- Jahr1926
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Redaktioneller Teil. Georg Andreas Reimer. Am 27. August sind 150 Jahre vergangen, seit Georg An dreas Reimer geboren wurde. Es ist eine Freude, sich dieses Mannes zu erinnern. Er hatte den Buchhandel in Greifswald erlernt und fing mit geringen Mitteln an, als er 1800 nach seiner Heirat mit der sechzehnjährigen Predigerstochter Wilhclmine Rein hardt in Berlin in der Kochstraße 14 die Hcckcrsche Realschul buchhandlung in Erbpacht übernahm. Noch in demselben Jahre bot ihm ein junger Geistlicher, Schleiermacher, einen Band Pre digten an, und 1801 erschienen auch dessen berühmte »Monologen» tn Reimers Verlag. Mit Mut und Ausdauer überstand der junge Buchhändler die trübe und trübste Zeit, die von 1806—1813. Wie er dann im Laufe der Jahre durch schnellen Entschluß, Hellen Blick und feinen Geschmack den Umfang seines Geschäfts auf eine rasche und großartige Weise erweitert und dadurch unter seinen Standes genossen Ansehen und Ehre gewonnen hat, ein großer einfluß reicher Buchhändler geworden ist, das künden die Namen der Autoren seines Verlages, solche ersten Ranges in Kunst und Wissen schaft: Schleiermacher und de Wette, Fichte und Steffens, Schlegel und Tieck, Novalis, Kleist, Arndt, Fouquä, Schenkcndorf, Jean Paul, Nicbuhr, Humboldt, Ritter, die Gebrüder Grimm, Bockh, Immanuel Becker, Lachmann und viele andre. »Er konnte unbeschreiblich freundlich, gesellig und häuslich heiter und liebenswürdig sein«, rühmte Ernst Moritz Arndt, und de Wette schrieb: »Er kann einen Wohl erheitern und erquicken durch seinen frommen, festen Mut und seine Fülle von Liebe.« Kein Wunder, daß Freundschaft in seinem Hause bald tiefe Wur zeln schlug. Sein innigster Freund war Schleiermacher. Schon am 27. Mai 1802, nach einem Abendbesuch bei Reimers, schrieb dieser: »Eine herzliche Anhänglichkeit hatte ich schon lange an ihm mit Freuden bemerkt; auch ich liebte seinen schönen, reinen Sinn.» Ein andrer lieber Freund war ihm Ernst Moritz Arndt, der, von Napoleon geächtet und verfolgt, im Hause Reimers Schutz gefunden und diesem in seinen »Schriften für und an seine lieben Deutschen« ein unvergänglich Denkmal gesetzt hat. Darin bekennt er: »Hat die Feurigkeit seines Herzens, der Ungestüm seines Mutes ihn zuweilen aus dem Geleise geschnellt, ist er in diesem Ungestüm selbst den Freunden auch wohl mitunter als der Hartnäckige und Eigensinnige erschienen, — die Wurzel selbst dieser Fehler war doch die schönste, sie trieb aus dem Edlen und Wahren.« Hartnäckig und eigensinnig mochte er wohl auch jenen warnenden Freunden erschienen fein, denen er nach der Einnahme Berlins durch die Franzosen 1806 und aus das Gebot hin, daß jedermann die Waffen abzuliefern habe, wie FouquS berichtet, trotzig gesagt haben soll: »Laßt sie suchen bei mir; ich kann ihnen nicht wehren, und wenn sie was finden, laßt sie mich erschießen, wenn sie wollen und können. Ich überliefere mich nicht freiwillig, wehrlos in ihre Gewalt. Die Wehr bedingt den Mann; kein Mann ohne Wehr.« Da war's nur natürlich, wenn ein solcher Mann in seinem Häufe Schillsche Kämpfer verbarg, Geächtete und Verfolgte aufnahm, daß sein Haus ein Sammelplatz wurde für alle, die im stillen für die Wiederbesreiung des Vaterlandes wirk ten, die sich in edlem Wasscnspiel übten. »Ich habe meinen Reimer», sagt Arndt, »während des Winters von 1809 bei diesen fröhlichen Wasfenübungcn zuerst recht er kennen und lieben gelernt», und unter den vielen findet er keine »trefflichere Trefflichkeit» als den vortrefflichen stillen Schützen, und als 1813 der »Aufruf an mein Volk« erging, da verließ der Sechsunddreißigjährige seine Frau, seine fünf Kinder und ein um fangreiches Geschäft, trat freiwillig als Gemeiner in die Reihen der Landwehr, kämpfte bei Großbeeren, Hagelberg und Leipzig, indessen ihm ein Söhnchen, sein Liebling, starb; dennoch schrieb er auf die Trauerkundc der Gattin: »Ich danke dem Höchsten, der mir Kraft schenkt, der Erfüllung meiner höchsten Pflicht treu zu bleiben und nach meinen geringen Kräften zur Erringung der Freiheit und Selbständigkeit unseres geliebten Vaterlandes bei zutragen.» Als Hauptmann kehrte er heim, geschmückt mit dem Ehrenzeichen, nicht mit «dem Eisernen Kreuz, das für ihn, obwohl dreimal vorgeschlagen, vom Könige dreimal ausdrücklich abgelehnt wurde. 1815 kaufte Reimer den stattlichen Sackenschen Palast in der Wilhelmstraßc 73, in welchem außer ihm, den zahlreichen Ange hörigen und dem sehr ausgebreiteten Geschäft der Fürst Putbus mit seiner Dienerschaft, Minister Eichhorn, Schleiermacher mit Familie und Professor Becker wohnten. In diesen vornehmen Räumen übte er eine großartige Gastfreundschaft, an die sich viele lange in Dankbarkeit erinnerten. Es blieb dort aber immer ein stark ausgeprägtes Rcchtsgesühl lebendig, das in beredter Weise zum Ausdruck kam. So erzählt Karl Gerok in seinen »Jugcnd- crinncrungen«: »Auffallend war mir die Unbefangenheit und Derbheit, womit auch vor Fremden über noch lebende renommierte Berliner Persönlichkeiten gesprochen wurde.« Hier glaubte man daher den Sitz eines geheimen deutschen Männcrbundcs gefunden und in dem von Begeisterung für alles Deutsche und Freie glühen den Mann, um den sich gern die feurige und tatenlustige Jugend scharte, den Demagogen erkannt zu haben — man beschuldigte ihn böser Umtriebe gegen König und Vaterland —, und als 1819 Kotzebue von Sand ermordet worden war, da brachen während seiner Abwesenheit die Schergen ins Haus, die Kamptz, Tzschoppe und Grano, warfen zwei Hausgenossen, vr. Jung und vr. Rüdiger, ins Untersuchungsgefängnis und versiegelten die Briefschaften des Hausherrn. Die Gattin tröstete ihn im Briese: »Ich war zu fest überzeugt, daß sie nichts finden könnten, und Eichhorn und Schleiermacher bestärkten mich beide darin, daß ich nicht Ursache hätte, für Dich irgendwie besorgt zu sein», bleibt aber doch besorgt über das Unwetter, das sich über ihm zusammenzog. »Gewiß droht cs Dir so gut wie Schleiermacher.» Es zog vorüber. »Das war Reimer, der Demagog, der an sein Volk und an sein Vaterland, der an Ehre und Freiheit glaubte, der Gut und Blut freudig und fröhlich für sie in die Schanze geschlagen hatte«, — er hat einen reinen Namen hinterlassen. Von seinen Mitbürgern als Ehrenmann anerkannt, wurde er Stadtverordneter, Stadtrat, blieb aber als solcher fern von jedem Prunk, von jeder Eitelkeit, und als es sich nach dem Wunsche Friedrich Wilhelms IV. darum handelte, die Magistratsperfoncn ! mit goldenen Ketten zu schmücken, trat er als Gegner dieses Vor habens mit solcher Entschiedenheit auf, daß erst nach seinem Tode s der Kettenschmuck zur Wahrheit wurde. I0S3
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder