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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.10.1880
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1880-10-11
- Erscheinungsdatum
- 11.10.1880
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- Deutsch
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4196 Nichtamtlicher Theil. 1t? 23K, 1k Oktober. lichen Zeitschriften, wo der Eine dem historischen, der Andere dem phonetischen, der Dritte dem Verdeutlichungs-Prinzip folgt, wäh rend der Vierte ohne alles Prinzip bald so bald anders schreibt. Von selbst kommt keine Ordnung in dieses Chaos. Dazu bedarf es einer gewisse» Autorität, einer so einflußreichen Stellung, wie sie Gottsched, Adelung u. A. hatten. Ob wohl Daniel Sanders der rechte Mann dazu ist? Daß er selbst es sich zutraut, unter liegt keinem Zweifel; hat er doch bereits vor dem Zusammentritt der Berliner Conferenz „Vorschläge zur Feststellung einer ein heitlichen Rechtschreibung für Alldeutschland" verfaßt. Ob aber wirklich Alldeutschland Lust hat, seine Orthographie anzunehmen, ist eine andere Frage. Sanders hat sich auf der orthographische» Conferenz als entschiedener Gegner seihst maßvoller Neuerungen gezeigt, er hängt mit ganzer Leidenschaft an dem Dehnungs-h, selbst da, wo es völlig widersinnig in kurzer Silbe steht, wie bei Wirth, Thurm; er ist ein warmer Verehrer der großen An fangsbuchstaben auch in solchen Fällen, wo der gewöhnliche Schreib gebrauch sich davon entfernt hat, wie in den adverbiellen Redens arten bei weitem, von neuem; besonders bekannt ist seine Vor liebe für den Bindestrich, den er als starrer Anhänger des Ver- deutlichungsprinzipes in übertriebener Weise angewcndet wissen will. Wie die Verhältnisse jetzt liegen, müssen wir sagen, daß weder Sanders noch überhaupt ein einzelner Mann, und wäre er noch so bedeutend und anerkannt von seinen Berussgenossen, gegenwärtig Einfluß genug besitzt, um eine orthographische Einigung herbeizuführen. Hier kann nur die Regierung Hilse schaffen. Und die Regierung hat geradezu die Pflicht, dies zu thun, gegen über der Schule. Sollen etwa die einzelnen Schulen sich selbst helfen? sich selbst über eine Orthographie einigen, die für die be treffende Schule als maßgebend betrachtet wird? Da würde die Ver wirrung erst recht groß werden. Nach den Individualitäten der Recto ren und Lehrer des Deutschen würden die verschiedensten Systeme zur Anwendung gebracht werden, und bei dem Uebergange der Lehrer und Schüler von einer Anstalt aus die andere würden sich die übelsten Folgen Herausstellen. Und in welcher Orthographie sollen denn die Lehrbücher gedruckt werden? Soll dies der Willkür und dem Belieben der Buchdruckereien und Verlagsbuchhandlungen überlassen bleiben? Und kann Sicherheit in der Rechtschreibung erzielt werden, wenn die Schüler in ihren Lehrbüchern eine andere Schreibweise finden, als sie selbst lernen? Unzweifelhaft hat die oberste Schulverwaltung nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, hier regelnd einzugreifen; und zwar jetzt um so mehr, als nicht nur die Buchdruckereien unter Sanders' Führung Miene machen, ihre Schreibweise uns auszuzwingen, sondern auch von anderer Seite her energisch gegen unseren bisherigen Schreib gebrauch Sturm gelaufen wird. Ich meine das Auftreten der radikalen Orthographie-Reformer, welche unter Durchführung des Grundsatzes: „Schreibe wie du sprichst" und „Bezeichne jeden Laut mit dem ihm zukommenden Lautzeichen", eine vollständige Umwälzung unserer Rechtschreibung anstreben, indem sie alle über flüssigen Buchstaben wie q, z, v, pH beseitigen und für die zu sammengesetzten Buchstaben ch, sch neue Zeichen einsühren. Man hat diese Rechtschreibung nach der Schreibung des Wortes Vieh, welches einfach-sinnig Fi geschrieben wird, scherzhaft die Fi- Orthographie genannt. Während dieselbe früher in der Schweiz hauptsächlich zu Hause war, hat sie sich in neuerer Zeit unter Führung des Rector Frikke in Wiesbaden auch in Deutschland weit verbreitet und viele begeisterte Anhänger gefunden, nament lich unter den Stenographen und Bolksschullehrern.*) Nun bin *) Diese Richtung wird auch durch eine eigene Zeitschrift vertreten, die Ikstorw, AeitZritt cios allgemeinen t'ereine für teeeini'abte iteutse ich zwar fest überzeugt, daß eine derartige Orthographie-Reform / bei uns undurchführbar ist, daß sie als eine bloße Spielerei an- / zusehen ist — zumal die wissenschaftliche Begründung dieser an- / geblich durchaus wissenschaftlichen Schreibweise aus sehr schwachen Füßen steht —, aber es wird doch durch solche Bestrebungen die Unsicherheit und das Schwanken aus orthographischem Gebiete immer größer, und es liegt die Gefahr nahe, daß die Heißsporne dieser Partei, die dem Lehrerstande angehören, ihre Ideen auch in die Schule hineintragen. Wenn nun weder Sanders' conservativc Schreibweise noch die radikale Frikke's unseren Beifall findet, in welchem Sinne soll denn eine Regelung unserer Rechtschreibung erfolgen? Wir müssen uns bei der Beantwortung dieser Frage daran erinnern, daß namentlich in Folge der Anregungen der historischen Schule unter Jacob Grimm unsere Orthographie seit längerer Zeit be müht ist, sich von unnützem Ballast zu befreien. In unserer Jugend schrieben wir Schaas, Maaß, beschceren, Mährchen, ältere Leute unterscheiden jetzt noch seyn von sein und setzen in Juni und Juli ein y*). Wenn dieser an sich sehr erfreulichen Bewegung durch eine amtliche Regelung aus Jahre hinaus Halt geboten wird, so haben wir das Recht zu fordern, daß die aller schlimmsten Mißbräuche unserer Schreibweise, die von Vielen schon längst in ihrem Schreibgebrauche beseitigt sind, nicht wieder amtlich eingeführt werden. Wünschenswerth wäre demnach eine Fixirung des jetzigen Schreibgebrauches mit einer maß vollen Berücksichtigung der Verbesserungen, die durch neuere Schreibweisen bereits in weitere Kreise des Volkes gedrungen sind. Aus diesem vernünftigen und durch die Verhältnisse durch aus gebotenen Standpunkte steht die neue preußisch-bayerische Rechtschreibung, und auch die Art, wie von diesem Standpunkte aus die Regelung vollzogen ist, verdient unseren Beifall. Die Puttkamer'sche Orthographie ist eben nicht, wie so vielfach fälsch lich angenommen wird, von irgend welchen Regierungsbeamten krast hoher obrigkeitlicher Weisheit abgefaßt worden, sondern sie ist das Erzeugniß sorgsältigster, gründlichster Erörterungen von Fachmännern. Man vergegenwärtige sich nur die Geschichte ihrer Entstehung. Die ersten Anfänge weisen auf das Jahr 1872 zurück. Als im Oktober dieses Jahres die Vertreter der höheren Schulanstalten Deutschlands zu einer Conferenz in Dres den zusammentraten, wurde die Nothwendigkeit einer Regelung der Orthographie-Frage von allen Seiten anerkannt, und es wurde beschlossen, behufs Herbeiführung einer Einigung „von kompetenter Seite eine Vorlage sür anderweitige Berathung der Sache entwerfen zu lassen". In Folge dessen wurde derjenige Gelehrte, „der nach dem Ilrtheil der Sachkenner um Klarlegung der Prinzipien unserer Orthographie sich vorzugsweise verdient gemacht hat", der leider inzwischen verstorbene Professor Ru dolf von Raumer in Erlangen, von den deutschen Regierungen beauftragt, einen Entwurf auszuarbeiten. Raumer unterzog sich dieser ehrenvollen Ausgabe mit größter Hingebung. Sein Ent wurf, welcher sich an ein in der Schulpraxis wohlbewährtes Schriftchen, das von Berliner Gymnasial- und Realschullehrern herausgegebene Regelbuch für die deutsche Orthographie, eng an lehnte, wurde sodann auf der Berliner Orthographie-Conferenz im Januar 1876 von Fachmännern gründlich berathen. Doch kam es damals in Folge von Meinungsverschiedenheiten über das Dehnungs-h zu keinem einheitlichen Beschlüsse, und man über- *> Nebenbei sei bemerkt, daß dieses y seine Entstehung den latei nischen Formen Junii, Julii verdankt, Weiche nach alter Art Junij, Julij geschrieben wurden, wobei die Verwechselung mit y nahe lag.
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