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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.02.1928
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- 1928-02-09
- Erscheinungsdatum
- 09.02.1928
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V 34, 9. Februar 1828, Redaktioneller Teil. An Preisen standen 3000 Mk. zur Verfügung, Die preis würdigen Arbeiten konnten daher sämtlich mit Preisen bedacht werden, die in der Höhe von 5—45 Mk, zur Verteilung ge langten, Im einzelnen wurden gegeben: 52 Preise zu 5 Mk,, 23 Preise zu 7 Mk,, 126 Preise zu 8 Mk,, 81 Preise zu 10 Mk,, 1 Preis zu 15 Mk,, 1 Preis zu 18 Mk,, 9 Preise zu 20 Mk., 1 Preis zu 23 Mk,, 6 Preise zu 25 Mk,, 2 Preise zu 30 Mk,, 7 Preise zu 45 Mk,, gleich 3000 Akk, Die Preise hatten die Form von Gutscheinen, für die beim Ortsbuchhandel beliebige Bücher zu kaufen waren. Den preisgekrönten Wettbewerbern ist also die Möglichkeit gegeben worden, in der Richtung ihrer Neigungen ihre Bücherei um wertvolle Werke zu bereichern. Die Form des Preisausschreibens übte auf die Wettbewerber bezüglich der Auswahl des Buches und des Schriftstellers nicht den geringsten Druck aus. Infolgedessen sind die kindlichen und jugendlichen Buchiutercssen ganz unbeeinflußt zum Ausdruck ge kommen, Trotzdem darf man aus dem Ergebnis keine Schlüsse auf Ablauf und Ziele der literarischen Erziehung ziehen. Das kindliche Interesse haftet erfahrungsgemäß am Nächstliegenden, Zufälligen, ist ungeheuer wechselnd und daher zu einem erheb lichen Teil nichts anderes als das Spiegelbild der literarischen Umwelt der Preisbewerber in Haus, Schule und Freundeskreis. Das seelische Moment aber, die besondere geistige Einstellung der Jugend aus den verschiedenen Entwicklungsstufen, kommt in gleicher Weise mit fast verblüffender Deutlichkeit zum Ausdruck und zeigt in gleich überraschender Art dieselben Erscheinungs formen wie bei anderen Erhebungen über das Lieblingsbuch der Jugend, Im ganzen wurden 940 Buchtitel und 580 Verfasser ge nannt, An der Spitze der Licblingsautoren steht Else Ury mit 9 ihrer literarisch überhaupt nicht eingliederbaren Kinder- erzählungcn. Dabei zeigt sich sofort eine allerdings den Kun digen nicht überraschende Tatsache, daß sämtliche Autorinnen typischer Mädchengeschichten, Else Ury, Berta Clement, Marie von Felseneck, Thekla von Gumpert, Else Hosmann, Henny Koch, Clara Nast, Ennny von Rhoden, Josephine Siebe, Johanna Spyri, Tony Schumacher, Ottilie Wildermuth, ausschließlich zur Jnteressenzone der Mädchen gehören und auch nicht einmal Jnteressensplitter bei den Knaben aufblitzen. Zu dieser aus schließlichen Mädchenlektüre rechnen auch die sentimental-sitt lichen Klejncrzählungen von Chr, v, Schmid und die Märchen- Plaudereien von Sophie Reinheimer, In diesem Zusammen hänge bleibt beachtenswert, daß auch der sonst stark bevorzugte Waldemar Bonsels fast durchweg den Mädchen gehört. Die Buchinteressen der Knaben sind längst nicht so einseitig, wie man es z, B, bei sehr beliebten Abenteuerbüchern erwarten sollte, Coopcr, Sven Hedin, Karl May, Marryat, Friedrich Mader, Sophie Wörishöfser werden zwar in erster Linie von den Knaben bevorzugt, ragen aber doch stark in die Jnteressenzone der Mäd chen hinein. Dasselbe gilt von den geschichtlichen Romanen, Dagegen ist das betont vaterländische Buch nur bei den Knaben zu finden, überhaupt macht sich bei den Knaben auch in der Reifezeit ein sehr starker vaterländischer Zug bemerkbar. Aber auch hier muß man sich vor übereilten Schlüssen hüten, denn wir haben es mit der Jugend der höheren Schulen zu tun. Aus der Volksschule wäre uns ein ganz anderes allgemein-politisches Milieu entgegcngeschlagen. Stark im Vordergründe steht Frey tag, vor allein mit »Soll und Haben«, eine auch sonst beobachtete Erscheinung, Die Ursache scheint mir in der eigentümlichen Verquickung von Abenteuer und Bcrufsethik in diesem Kauf mannsroman zu liegen. Ausfällig wirkt die geringe Vorliebe für das sonst so stark empfohlene Märchen, trotzdem doch schon 7—9jährige, bei denen doch unzweifelhaft noch echter Märchen sinn zu finden ist, sich beteiligt haben, Bechstein und Grimm tauchen nur vereinzelt auf. Das eigentliche Dichtermärchen (Andersen, Bolkmann-Leandcr u, a,) wird überhaupt nicht sicht bar und das exotische Märchen nur vereinzelt. Sollte die Pflege des Märchens in der Schule vielleicht übertrieben werden, sodaß hier eine gewisse Übersättigung erkennbar würde? Betrachtet man die einzelnen Entwicklungsstufen der Jugend und ihre Buchinteressen, so findet man die Ergebnisse neuerer Untersuchungen durchaus bestätigt. In den Preisarbeitcn klingt 146 das Märchenaltcr, das seinem Denken nach bereits mit dem 7, und 8,, seinem literarischen Interesse nach aber erst mit dem ll,—12. Jahre abschließt, nur schwach an. Außerordentlich scharf ausgeprägt erscheint das Robinson- oder Abenteuer-Alter, das man etwa vom 10,—15, Jahre rechnet. Ganz schroff wird der Beginn der Reisezeit im 15, und 16, Jahre auch in der Lektüre sichtbar. Das beginnende Abenteucralter lehnt das »unwahre» Märchen ab. Eine grenzenlose Phantasie schweift hier in räumliche und zeitliche Weiten, wobei der sich seiner körperlichen Kräfte bewußt werdende Junge Freude an rascher Tal und wildem Abenteuer beweist. Man könnte zweifellos dieses besondere Interesse auch für die Volksmärchcnnovelle» der nachgrimmschen Zeit und vor allem für das exotische Mär chen einsangen, wenn eben, abgesehen von den meist ungeeigne ten Ausgaben von 1001 Nacht, davon Jugendausgaben vor handen wären. Besonders stark ausgeprägt ist das Interesse dcs Abenteueralters für das Heldische, Dieser Zug tritt im vor liegenden Falle, wie schon bemerkt, in Verbindung mit dem Ge schichtlich-Vaterländischen auf. Unverkennbar ist aber auch der Forschersinn dieses Alters, der sich in der Lektüre von Tier büchern, Reiseschriften, Reiseromanen nnd geschichtlichen Ro manen auswirkt. Immer aber wird das Erlebnisbuch und daneben in einzelnen Fällen das Arbeitsbuch bevorzugt, Mau kann also durchaus das für die geistige Entwicklung nicht immer ungefährliche Abenteuexbuch durch das naturwissenschaftlich- technische, das erdkundliche und geschichtliche Erlcbnisbuch wirk sam bekämpfen. Die Mädchen dieses Alters, das bemerkte ich schon, verschließen sich durchaus nicht ganz den besonderen Inter essen der Knaben, neigen aber doch zu einer Buchwelt, die das Ethische und Religiöse, das Persönliche und Familienhaftc zum Ausdruck bringt. Daraus wäre zu schließen, daß die Pflege einer reinen Mädchenlektüre psychologisch nicht gerechtfertigt wer den kann, daß aber mit aller Energie nach dem dichterisch voll wertigen Backsischbuch gestrebt werden muß. Wer es schreibt oder hcrausbringt, erwirbt sich ein Verdienst von unübersehbarer Tragweite, Das Reisealter zeigt die typischen Erscheinungen, die neuerdings von zahlreichen Psychologen geschildert wurden. Ganz plötzlich tauchen hier die eigentlichen literarischen Inter essen auf. Das Buch wird häufig zum beherrschenden Mittel punkt des Denkens und Fuhlens, es offenbart ungeheure Er lebniskraft und wird als geistig-sittlicher Führer erkannt. Das sittliche Interesse, oft sich in leidenschaftlichem und überscharfem Urteil äußernd, steht vor den rein ästhetischen Empfindungen, Gegenüber der Zeit und der Umwelt wird eine scharfkritischc Stellung erkennbar. Der junge Kritiker ist immer geneigt, Welt und Menschen an seinen als absolut empfundenen Idealen zu messen. Zwischen den Geschlechtern setzen sich die typischen Unter schiede in der Lektüre fort, die schon in der Abenteuerzeit hcrvor- traten. Vor allem fehlt bei dem weiblichen Geschlecht der poli tische Blickpunkt, Als Besonderheit verdient erwähnt zu wer den, daß sowohl in der Reifezeit als auch auf früheren Stufen die Versdichtung heute fast keine Rolle spielt. Im Reifealtcr taucht nur Webers »Dreizehnlinden» und Rainer Maria Rilkes »Weise von Liebe und Tod« aus. Hier haben wir es zweifellos mit einer Zeiterscheinung zu tun, die ganz schroff zuerst bei der Jugend, die allen Einflüssen weit offen steht, sichtbar wird. Es ist also offenkundig, daß die Lektüre der Jugend mit großer Klarheit die seelischen Eigenarten der jugendlichen Entwicklungsstufen erkennen läßt. Sind nun von hier aus Ge setze für die literarische Erziehung abzuleiten, d, h, müssen wir schließen, daß das Lieblingsbuch die Jugend geistig und sittlich am meisten fördert und es am sichersten zur großen National literatur hinführt? Beide Möglichkeiten müssen scharf verneint werden. Zur nationalen Literatur kann naturgemäß nur hin- führen, was irgendwelche geistigen Linien mit ihr gemeinsam hat. Bei der Erziehung zum Buch scheidet also das spezifische Jugendbuch, das eine gewollte Abseitsliteratur darstellt, aus. Aber auch bei der Erziehung durch das Buch darf der Er zieher nicht vor den unentwickelten und primitiven Lescrwünschcn kapitulieren. Das Buch ist überlegen gestalteter Geist, gleich gültig ob es Dichtung oder Wissenschaft darstellt, und wenn es im übrigen dem seelischen Gefüge einer Entwicklungsstufe genau
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