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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.12.1880
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- 1880-12-01
- Erscheinungsdatum
- 01.12.1880
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5166 Nichtamtlicher Theil. 279, I. December. Nichtamtlicher Theil. Das Plagiat. (Fortsetzung aus Nr. 277.) Auszüge der Geisteswerke, welche ohne den Willen des Berechtigten Non Andern gemacht werden, fallen, sobald sie unter dem Namen des Verfassers des Originals erscheinen, unter den theilweisen Nachdruck und sind nicht nur grundsätzlich verboten, sondern können auch von dem Richterspruche getroffen werden. Sie geben sich von vornherein für nichts Anderes aus, als für den abgekürzten Inhalt des umfänglicheren Ori- ginalwerks, dessen Stoff, System und Anordnung sie beibehalten und thunlich wörtlich in sich aufnehmen. Die Gleichstellung eines derartigen Auszugs mit mechanischer Vervielfältigung, be- ziehentlich mit verbotenem theilweisen Nachdruck ist unbestritten und nach allen Seiten gerechtfertigt. Frühere Gesetze hoben die Auszüge besonders als strafbar hervor. Wenn dies von der neueren Gesetzgebung nicht mit Worten geschehen ist, so liegt der Grund darin, daß man den Auszug schon im Verbot des theilweisen Nachdrucks getroffen hatte. (Reichsgesetz vom 11. Juni 1870, Z. 4. Alinea 2.) Daß dies die Absicht der Gesetzge bung gewesen, beweist die ausdrückliche Ausnahme, welche in den internationalen Verträgen Deutschlands mit Belgien, Eng land, Frankreich, Italien und der Schweiz gemacht ist, wodurch die Auszüge unter gewissen Bedingungen und Beschränkungen gestattet sind, nämlich für Zwecke der Kritik, der Literaturge schichte und des Schulgebrauchs, offenbar im Hinblick aus die andere Sprache. Selbst der von dem Urheber bearbeitete Aus zug seines Werkes ist dem Verleger des letzter» gegenüber ein verbotener Nachdruck, wenn er wider des Verlegers Willen ver öffentlicht wird. Wenn Auszüge aber nicht unter dem Namen des Verfassers des Originalwerks erscheinen, so werden sie zum Plagiat, von welchem sie eine der verschiedenen Formen sind, in denen es austritt. Das Charakteristische des Plagiats ist, daß es, weil der Plagiator, ohne eigene geistige Thätigkeit zu entwickeln, das fremde Werk sich zueignet, dem Urheber das Verdienst und die Früchte seiner Arbeit und dem Werke den Namen seines Urhebers raubt. Denn der Plagiator maßt sich nicht nur die Früchte fremden Schweißes an, sondern schmückt sich auch mit fremden Federn. Wenn er geradezu seinen Namen an Stelle des Urhebers setzt, das unveränderte Werk mit neuem Titel versieht, dann ist das Plagiat allerdings ein förmlicher Nach druck unter erschwerenden Umständen; denn es tritt das Moment der Täuschung dazu. (Siehe meine Abhandlung in den Neuen Jahrbüchern für sächs. Strafrecht V. S. 218.) Es ist diese Art des Plagiats wohl die seltenste. Sie wird vom Gesetz ge troffen. Wir erwähnen sie hier nur der Vollständigkeit wegen und rügen, daß keine härtere Strafe demselben droht, als die dem offenen Nachdrucke sestgestellte, welche vollständig dadurch gerechtfertigt sein würde, daß zu dem Vergehen des Nachdrucks das Vergehen der Täuschung zum Zwecke unredlichen Gewinns sich gesellt. In den weitaus häufigeren Fällen wird das literarische Plagiat dadurch begangen, daß der Plagiator durch rein mecha nische Veränderungen das fremde Werk, gleichviel ob unter des Plagiators Namen oder anonym, mit dem Ansprüche auf Selb ständigkeit in die Oefsentlichkeit treten läßt*). Ob dabei nur *) Man hört oft, daß ein Urheber, dem eine oder einige einzelne Stellen seines Werkes in einem Werke eines Anderen verarbeitet be gegnen, Klage über begangenes Plagiat erhebt, wenn sein Name als der Anfang und der Schluß der einzelnen Abschnitte geändert worden, ob diese Abschnitte klein oder groß sind, ob die Ein- theilung des Stoffes abgeändert ist, daraus kommt für die Frage der Berechtigung nichts an. Das ganze Gewicht liegt auf der eigenen geistigen Thätigkeit des Bearbeiters. Sobald aber das fragliche Werk sich als eine Arbeit erweist, die durch eine nur stilistische Umgestaltung des fremden Geisteswerks dessen Aneig nung seitens des Bearbeiters bezweckt, ist es ein Plagiat. Und diese Art ist es, für welche die Gesetzgebung kein Verbot, keine entsprechende Strafe hat, weil man den Begriff der „mecha nischen Vervielfältigung" dem todten Buchstaben nach sesthält, ohne zu erkennen, daß auch die Umarbeitung eine rein mecha nische Thätigkeit sein kann, ja meistens ist. So wie man aber dem Maler und Zeichner das Recht znerkennt, eine Nachbildung und Vervielsältignng seines Kunst werkes durch Kupferstich, Steindruck rc. zu verhindern, obgleich zwischen das Original und die Vervielfältigung erst die zur Vervielfältigung erforderliche Nachbildung treten muß, welche ohne technische Fertigkeit nicht hergestellt werden kann (Reichs gesetz vom S. Januar 1876, Z. 5. Nr. 1); wie man dem Ton künstler das Recht gibt, die Arrangements, Variationen rc. aus seine Melodie, deren Anfertigung auch stets eine besondere tech nische Fertigkeit voranssetzt, als Nachdruck zu verfolgen (Reichs gesetz vom 11. Juni 1870, H. 46.) — ebenso muß das Plagiat, welches an einem Schriftwerke begangen wird, als eine strafbare Handlung betrachtet werden. Es ist ja doch ganz dasselbe, wenn eine mit den technischen Regeln der Tonkunst vertraute Person eine fremde Coinposition durch Anwendung der bekannten Gesetze des Componirens in ihren einzelnen Theilen umformt, als wenn eine mit den Gesetzen der Sprache und des Stils vertraute Person dem Inhalte eines fremden Schriftwerkes nach diesen Gesetzen, sei es theilweise, sei es durchaus, eine andere Form gibt, weil auch dies eine mechanische Fertigkeit, keine selbständige geistige Thätigkeit ist. Der Ausdruck: „Die Kunst zu schreiben" bezeugt den Unterschied, welchen man zwischen dem Schaffen und dem Einkleiden des Gedankens in Worte, zwischen der schaffenden Gestaltung des Gedankens zum Werke und der Umgestaltung eines schon gestalteten Gedankens in eine nur äußerlich verschie dene Form allgemein macht, und nöthigt zu der Folgerung, daß die Rechtsüberzeugung im Volke das schöpferische Talent des Urhebers von der Kunstfertigkeit des Stilistikers trenne. Ohne der Rede oder dem Begriffe einen Zwang anzuthun, kann man daher ausstelle», daß die Thätigkeit des Plagiators nichts weiter sei, als die Handhabung der angeeignetett Kunst zu schreiben, d. h. der besonder» Kunstfertigkeit im Stile, welche zwischen Original und wiederholte mechanische Vervielfältigung tritt, um mittelst derselben eine ohne schaffende Geistesthätigkeit veran staltete Nachbildung des Werkes hervorzubringen. Sie entbehrt aber namentlich deshalb der Wirkung, für den Stilkünstler ein Urheberrecht an dem nachgebildeten Originale zu schaffen, weil diese Kunstfertigkeit eine durch Anlernen Jedermann zugäng liche Kenntniß der Anwendbarkeit gegebener Formen der Sprache ist, welcher der schaffende Geist bedarf, um seinen Gedanken in der ihm eigenthümlichen Form zum eigenen Werke zu gestalte», in welche aber der Nachbildner ebenso gut ein fremdes Geistes werk zu übertragen vermag. Verfasser nicht angeführt ist. Das ist kein Plagiat und entzieht sich schon wegen der Gestattung der Aufnahme einzelner Stellen in selbständige neue Werke dem Urtheile des Richters, sofern es nicht theilweiser Nach druck ist.
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