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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.04.1927
- Strukturtyp
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- 1927-04-28
- Erscheinungsdatum
- 28.04.1927
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- Deutsch
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sXr 98, 28, April 1927, Redaktioneller Teil. Da gibt es zuerst die einfache Beschränkung auf ein räumlich oder stofflich abgegrenztes Arbeitsgebiet, Das ist die selbstver ständlichste und jedem Sortiment mehr oder minder eigentümliche Form, Die Spezialisierung vorwiegend im stofflichen Gebiet bedeutet einen Schritt weiter. Die Art der Ware ist hier das Bestimmende: die Literatur-, die Buchgattung, Dem entspricht konkret ein be stimmter Kundenkreis. Diese Form ist typisch für das wissenschaft liche Fachsortiment, Eine dritte Grundform erweist sich als eine Zusammensetzung aus der vorhergehenden Form, Sie legt das Technische der Spe zialisierung aber aus dem Objekt, der Ware, in das Subjekt, ins Personal, Das bedeutet Spezialisierung des einzelnen Mitarbei ters im Sortiment aus bestimmte Stoffgebiete des Lagers, zu denen bestimmte Käuserkreise gehören. All diesen Formen ist eigentümlich, daß sie sich objektiv am Stoff, d, h,, unter dem Gesichtspunkt des Lagerausbaus, letzten Endes an der Bibliographie orientieren. Die Unterschiede sind keine wesentlichen, sondern nur formale. Eine Vierde Grundform dagegen orientiert sich am Kunden und seinen differenzierten Interessen, Die Spezialisierung wächst hier nicht von innen nach außen, sondern von außen in den Betrieb allmählich hinein. Freilich fußt auch dieser Typ auf den vorher gehenden Formen, da er notwendig ein bestimmtes Stoffgebiet ursprünglich voraussetzcn mußte. Der grundlegende Unter schied ist aber, daß es hier nicht beim formalen Begriff der Spezia lisierung bleibt. Der mechanischen Auffassung, dem Betriebstyp im statischen Sinne, steht hier die organische Auffassung, der Be triebstyp im dynamischen Sinne, gegenüber. Diese Spezialisie rung nach spezifischen Interessen kann über die Einstellung auf festgelegte Stoffgebiete und Kundenstämmc hinaus sich ausdehncn auf die Erfassung von Weltanschauung und Landschaft, von Be rufs-, Bildungs- und Lebenskreisen, Die Betrachtung ist hier an einem Punkte angelangt, wo sie zwangsläufig in einer anderen Richtung Weitergetrieben wird. Ehe wir darauf eingehen, sei zur Spezialisierung kurz noch folgen des bemerkt. Bei der skizzierten Reihenfolge handelt es sich um keine Wertstufungen, sondern lediglich um das Aufsteigen von der betriebstechnisch einfacheren zur komplizierteren Form, Letzten Endes erweist es sich, daß Spezialisierung des Sortiments gar keine neue Vertriebsform schaffen kann, sondern daß Spezialisie rung in irgendwelcher Form und Wirkung etwas dem Sortiment durchaus Eigentümliches ist, denn auf der einen Seite kann es jedes Sortiment immer nur mit einer Auswahl zu tun haben. Ein Universalsortiment gibt es nicht, weder unter dem Gesichts punkt der Lagerhaltung, noch unter dem der Stoffbehcrrschung, Wie die Beschränkung geschieht, ist eine rein betriebstechnische Frage, Andererseits ist dieser Auswahl eine natürliche Grenze gesetzt, bei deren Überschreitung das Sortiment Gefahr läuft, seine Wesenselemente aufzuheben und die ihm gestellte Aufgabe, nämlich die verantwortliche individuelle Vermittlung einer Vielheit differenzierter Objekte (Bücher) an eine Vielheit differen zierter Subjekte (Käufer), nicht mehr erfüllen zu können. Das ge schieht aber schon, wenn die Vermittlung sich nur auf wenige Bücher und ganz bestimmte Käufer beschränkt. Damit beginnt dann der Wandel in der Vertriebs- und in der Betriebsform (Reisebuchhandel, Vcrsandbuchhandel usw,), der vor allem an einer vom Sortiment völlig verschiedenen Art der Lagerhaltung und Risikoverteilung erkennbar ist, — Auf eine Reihe weiter sich er gebender Einzelfragen kann im Rohmen dieser Skizze nicht näher eingegangen werden, Kehren wir zum Problem der aus den Käuferinteressen er wachsenden Spezialisierung zurück, so erhebt sich sofort eine Frage, die ihre Bedeutung über diesen Sonderfall hinaus hat: wie kann man diese vielfältigen Interessen richtig erkennen? Die Beantwortung dieser Frage müßte die Aufgabe einer »K än fe r k u nde« sein, deren Grundlage -ein« »Käufer- t y p o I o g i e« bildet. Diese Käuferkunde als geschlossene Darstel lung und diese Typologieals erschöpfende Materialsammlung haben wir aber noch nicht. Was wir im Buchhandel selbst besitzen, das sind die verstreuten und uneinheitlichen Erfahrungen der isolier ten Praxis, die sich nur selten einmal verdichten und konkret zu sammenballen, und die Ergebnisse einiger Umfragen und Unter suchungen über das Verhältnis zwischen Buch und Mensch in irgendwelcher Beziehung, Günstiger liegen die Verhältnisse auf den Grenzgebieten. Hier ist es besonders die Volksbüchereiavbeit, die sich — dem Buchhandel weit voraus — unschätzbares Bcobach- tungsmaterial für eine »Leser- und Bücherkunde- erarbeitet hat. Aber auch auf den Gebieten der Erziehungs- und Literaturwissen schaften, der Soziologie und Psychologie liegen für unsere Zwecke wertvolle Arbeiten vor. Die Käuferkunde des Buchhandels ist eine systematische Dar stellung der geistigen, kulturellen und wirtschaftlichen Struktur der bereits vorhandenen und noch in Frage kommenden Käuserkreise. Methodische Grundlage dafür bildet die Aufstellung einer Käufer und Kundentypologie, d, h, die auf dem Wege der Analyse ge wonnene Erkenntnis vom typischen Verhalten der einzelnen Be darfsträger auf geistigem und wirtschaftlichem Gebiete. Das zunehmende Interesse an der Erkenntnis des Typischen ist ein charakteristisches Zeichen der Gegenwart. Es entspringt dem natürlichen Bedürfnis,, die verwirrende Mannigfaltigkeit der Erscheinungen auf gewisse Grundsormcn zurückzuführcn, das Ge meinsame gleichartiger und gleichzeitiger Lcbcnsäußerungcn zu erfassen. Im Grunde ist es nichts anderes als der alte sokra- tische Satz, daß die-Erkenntnis von Dingen auf dem Wissen von dem -ihnen zugehörigen Allgemeinen beruht. Das Allgemeine aber ist das mehrmalig als identisch Gegebene, — In den Geistcs- wifsenschaften begegnet man, um nur einige Beispiele zu nennen, der Typenpsychologie bei Spranger, den Personenwerttypen bei Schelcr, den Weltanschauungstypcn bei Trendelcnburg, Dilthcy und Jaspers und der Forderung nach einer Generationentypcn- forschung bei Petersen*). Nach der historischen Seite würde ein wesentlicher Teil der uns interessierenden Fragen in der von Schücking**) angeregten und formulierten Geschichte und Soziologie der Geschmacksbildung ersaßt werden, (Was wurde zu einer bestimmten Zeit in den verschiedenen Teilen des Volkes gelesen und warum wurde es gelesen?) Die schwerste Frage des buchhändlerischen Marktes: was ist überhaupt geistiger Bedarf, unter welchen Bedingungen entsteht er und wie wird er befriedigt, ist ohne eine Typologie der Be darfsträger schwer zu beantworten. Der konkrete Mensch gehört ja nur selten einem einzigen Interessengebiete an. Vielmehr er zeugt das Zusammentreffen von Faktoren wie Geschlecht und Alter, Beruf und Kaufkraft, Intelligenz, Bildung und Charakter ein Produkt, das dadurch noch komplizierter wird, daß der Mensch eben nicht nur ein Einzelwesen, sondern auch eine soziologische Erscheinung ist, d, h, einem »Milieu« angehört, in Volk und Land schaft, Gesellschaft und Generation verwurzelt ist. Dies zeigt zur Genüge, daß Typologie und Käuferkunde niemals starrer Schema tismus und Formelkram sein können. Im tieferen Eindringen in die Wirklichkeit machen sie die Zusammenhänge lebendig und »er mitteln durch das Gegenständlichmachen der Komplexe Anschauung und Orientierung, Diesem Thema war ein wesentlicher Teilcher letzten Semester arbeit gewidmet, Untersuchungen an den Ergebnissen von Um fragen und Preisausschreiben im Buchhandel und statistischen Aus wertungen aus den Grenzgebieten dienten als Grundlage, Die interessanten Resultate eines an sechstausend Akademiker gesandten ausführlichen Fragebogens werden zu gelegener Zeit veröffentlicht werden. Eine gemeinsame Sitzung mit den wissenschaftlichen Mit arbeitern der Zentralstelle für volkstümliches Büchereiwesen zu Leipzig ergab wertvolle Klarstellungen über das grundsätzlich Ver schiedene der beiderseitigen Arbeiten, Es ist erfreulich, daß das Interesse an den Vorlesungen und an der Arbeit des Seminars sich in einer von Semester zu Seme ster steigenden Besucherzahl ausdrückt, die nicht nur aus Ange- *> Pcterfen, I,, Die Wcscnsbestimmung d, deutschen Romantik, Lpz, ISA, **) Schlickt ng, L,, Literaturgeschichte u, GeschmackLgcfchichte, 1St3 (Germ.-rom. Monatsschrift. Bd. 5); —Die Soziologie d. literar. Ge- schmacksbildnng. München 1923, «SS
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