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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.02.1928
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- 1928-02-25
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- 25.02.1928
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VöMbMMmDeMiMVMmM Nr. 48 <N. 24). Leipzig, Sonnabend den 25. Februar 1928. 85. Jahrgang. ReÄMwueller TA Der Fall Lichtwer-Namler. Ei» Beitrag zur Geschichte des Autorrechts. Von Elias Erasmus. Joseph Köhler hat in seinem Werk: Urheberrecht an Schrift werken und Verlagsrecht, Stuttgart 1807, eine Übersicht über die Geschichte des geistigen Eigentums und des Autorrechts ge geben. Bon einem Schutz des Autors war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts kaum eine Spur vorhanden; nur in den Pri- vilegien-Prozessen des 18. Jahrhunderts blitzte dann und wann das Autorrecht durch. Hier soll ein Fall vorgetragen werden, der um die Mitte des 18. Jahrhunderts spielt. Und zwar nicht vor Gericht und in Prozeßsorm. Es geht dabei auch nicht um materielle Dinge, sondern, angesichts fehlender gesetzlicher Bestimmungen, in der Form eines literarischen Streits um ein ideelles, ein moralisches Recht gewissermaßen. Der Streit spiegelt klar die Rechtsver hältnisse, die damals bestanden. Rund eines Jahrhunderts der Rechtsentwicklung hat es bedurft, daß diese Zustände geändert wurden. Heute würde der Streit, wenn er in gerichtlichem Pro zeß ausgetragen würde, auch materiell zuungunsten des Verletzers des Autorrechts entschieden werden. Magnus Gottfried Lichtwer, geboren 1719, ge storben 1783, hatte nach seiner Leipziger Studentenzeit, vor seiner Seßhastwerdung, in den Jahren 1742—1745 seine Fa beln gedichtet, die im Laufe des 18. Jahrhunderts ein Mode- lieblingsbuch wurden, während das 19. Jahrhundert sie fast ganz vergessen hat bis auf die bekannte Fabel: Die Katzen und der Hausherr (»Mensch und Tiere schliefen feste, — Selbst der Haus- prophete schlief, — Als ein Schwarm geschwänzter Gäste — Von den nächsten Dächern stieg»). Schon damals war es für einen unbekannten Versemacher ohne literarische Verbindungen schwer, einen Verleger zu finden, selbst für Fabeln, die seit Lafontaine, Hagedorn, Geliert die beliebteste literarische Form des Auf klärungszeitalters waren. Nach einigen Jahren fand der Dich ter aber mit Hilfe eines Berliner Vetters einen Mann namens Wolfgang Deer in Leipzig, der die 100 Fabeln ohne Honorar, bei 30 Freiexemplaren für den Autor, ohne daß er dessen Namen erfahren hatte, verlegte. Gottsched, der in Leipziger Verleger kreisen Bescheid wußte, charakterisierte diesen Deer viele Jahre später in seiner Zeitschrift: Das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit, Lenzmond 1762, auf S. 218: »Deer war kein Buchhändler von Profession, sondern ein Bedienter des Raths allhier; den also die andern Buchhändler nur als einen Pfuscher betrachteten; der nur durch Faßmanns Gespräche im Todten- reiche zum Buchhändler geworden». Natürlich war das kein Verleger, der imstande gewesen wäre, für einen jungen Dichter bahnbrechend zu wirken. Auch sonst bereitete er seinem unbekannten Autor Kummer. Lichtwer schreibt darüber am 6. März 1747 an seinen Vetter Hecht, der ihm den Verleger vermittelt hatte, nach Berlin: »Ich muß recht unglücklich sehn, daß ich mit meinen Fabeln unter die ungewaschnen Hände des Pietisten Rüdigers gerathen bin. Es ist etwas unerhörtes — damals vielleicht mehr als jetzt —, eines Verfassers Arbeit, ohne sein Wissen und Willen, zu ändern. Ich glaube, daß dieser Schimpf Niemanden wider fahren ist, seit die Welt steht. Wer auch nur der unerwünschte Nachrichter gewesen, der meine Fabeln durch sein ungeschliffenes Messer in einen so erbarmungswürdigen Stand gesetzt, der muß von Gott und aller Vernunft entfernt gewesen seyn, daß er sich unterstehen dürfen, ohne des Schriftstellers Urlaub seine elenden Grillen fremder Arbeit anzuhängcn und zu glauben, daß der Autor solches leiden würde. Ich müßte der verächtlichste Mensch unter der Sonne setzn, wenn ich es erduldete. Eine Peitsche ist nicht genug, die Thorheit des dummen Correctoris zu züchtigen. Ich bitte Sic, allerliebster Herr Vetter! lassen Sie sich doch den Augenblick die annoch rückständigen Fabeln zurückgcben, ehe sie unter der Hand dieses vermaledeiten Berse-Henkers ein gleiches Schicksal wie ihre Brüder haben. Sollte ich meine Fabeln, wenn ich sie wieder geheilct, einmal herausgebeu, so werde ich auch in einer besonderen Vorrede über dies unverantwortliche Beginnen eines psäsfischen Buchführers und des viehischen Correctoris (ich kann vor Grimm nicht schlimm genug mich ausdrückcn) vor den Ohren der ganzen gelehrten Welt beschweren. Ich kann vor Arger nichts hinzusetzen, erwarte also mit nächstem die rück ständigen Fabeln und beharre mit geziemender Hochachtung» uss. Der Ton zeigt, daß Lichtwer kein Mann war, der in puncto Autorrecht mit sich spaßen läßt. Der scharfe Protest scheint auch geholfen zu haben, was bet sonst fehlendem Material aus der Tatsache geschlossen werden darf, daß Lichtwer den Text der Erstausgabe, die 1748 ohne seinen Namen erschienen war, in der zweiten Auflage von 1758, die seinen Namen trug, nur un wesentlich verändert hat. Nachdem die Ausgabe von 1748, hauptsächlich wohl durch die Unzulänglichkeit des Verlegers, zunächst ganz im Dunkeln geblieben war, gebührt Gottsched das Verdienst, sie 1751 ge wissermaßen entdeckt und im Weinmondstück des Neuesten aus der anmuthigen Gelehrsamkeit ihren Siegeslauf eingeleitet zu haben. Er schrieb mit ausmunternder Herzlichkeit an Lichtwer, Pries seine Verdienste, forderte ihn auf, den betretenen Weg weiter zu verfolgen, und bat ihn um Einsendung neuer Arbeiten für das Neueste aus der anmuthigen Gelehrsamkeit. Die Mahnung hat aber keine neuen Fabeln gezeitigt, son dern nur 8 »Oden und Lieder», die der Autor in die zweite Ausgabe seines Buchs als Anhang aufnahm. Diese erschien unter voller Nennung seines Namens 1758 in Berlin bei Gott lieb August Lange: »Vier Bücher Äsopischer Fabeln von M. G. Lichtwern, König!. Preußischen Regierungs-Rath im Fürsten thum Halberstadt, des Stiftes S. S. Bonif. et Maur. daselbst, wie auch zu Wurzen Canonico». Bei dieser zweiten Auflage der Fabeln war die öffentliche Kritik schneller bei der Hand. Gottsched vor allem empfahl sic, und die Göttingischen Anzeigen von Gelehrten Sachen widmeten in Band I des Jahrgangs 1758 der Besprechung eine halbe Seite (304). Ramler in seiner: »Einleitung in die Schönen Wissenschaften», nach dem Französischen des Herrn Batteux, 1758, sprach sich bei Gelegenheit des Abdrucks einiger Fabeln Lichtwers sehr lobend aus, und Moses Mendelssohn schloß sich seinem Freunde Ramler an in einer Besprechung, die er in der Biblio thek der schönen Wissenschaften und freyen Künste (Leipzig, Dyck) im I. Stück des 3. Bandes 1758 auf Seite 57 bis 72 unter der Chiffre E veröffentlichte. Die öffentliche Anteilnahme an Licht wers Fabeln war also jetzt sehr rege geworden. Der Dichter 205
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