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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.09.1926
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- 1926-09-20
- Erscheinungsdatum
- 20.09.1926
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- Deutsch
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KLs Lude Lepiemder ein mit 6o?ror:. ^ ^ 219, 20, September 1926. Fertig« Bücher. ««rlnül-I, I. d. «tschn. B»chhmbkl.8S3V Hinter der Front* Je mehr Georg und Lawrentjeff sich der Feuerlinie näherten, um so dichter wurde der entsetzliche Zug. Die Klagen und Schreie übertönten den lärm des Motors. Von hinten kamen neue Wagen mit Generalstabsofsizieren jeden Grades, die fast alle von Freunden begleitet waren. Und diese beiden Ströme — die verwundeten Mannschaften und die in ihrem Vergnügen ge störten Führer — kreuzten sich brutal, ein Gemisch von Qual, von Genußsucht und von Sterben. — Halt! ries Dolin wie ein Besessener. Mil einem Tonfall, der keine Widerrede duldete, sagte er zu lawrentjeff: — Genug! Wir kehren um! — Nehmen wir doch wenigstens einige von diesen Unglück lichen mit uns, schlug Peter vor. , — Wie du willst, aber schnell. Dem Journalisten fielen zwei Verwundete ins Auge, die an einer Böschung lehnten. Der eine, mit ausgeriffenem Unterleib, hatte kaum mehr die Kraft zu stöhnen. Der andere, der leicht verwundet war, wachte bei seinem Gefährten mit einem Blick »oller Mitleid. — Steigt ein, sagte lawrentjeff. Der Chauffeur hob den liegenden Soldaten neben sich. — Um die Herren nicht zu beschmutzen, erklärte er. Der andere Verwundete setzte sich in den Wagen; das Auto fuhr nach PleSkau zurück. Georg sagte nichts, denn er fühlte, daß er heulen würde wie ein geprügelter Hund, wenn er den Mund auftäte. Bei lawrentjeff hingegen war der Forschungstrieb zu lebhaft, um den Ekel und die seelische Qual nicht zu beherrschen. — Hast du Schmerzen? fragte er den Soldaten. — Es ist nichts, Barin, antwortete der Mann beinahe fröh lich, ich bin daran gewöhnt. Es ist schon das dritte Mal. Mein armer landemann ist zu bedauern. Ohne Sie wäre er nie bis zum Hospital gekommen. — Ist cs weit? — In Dünaburg, sag« man. — Ist die Schlacht heiß gewesen? — Ich habe nichts gesehen. Ich wurde getroffen, wie ich aus dem Laufgraben herauskam. Er redete ohne Schüchternheit, in der singenden Art der Kleinrussen. Sein Gesicht zeigte die lebhafte und fröhliche In telligenz des Südländers. — Es ist immer dasselbe, sagte er. Sie schießen viel mit Kanonen. Wir antworten kaum. Dann erfahren sie auch alles. Vorher standen wir bei Rowno. Eines Tages zeigen sie aus dem Laufgraben uns gegenüber eine große Inschrift, auf Russische Ich verstehe zu lesen. Ich gucke hin und sehe: „Ihr werdet mor gen in die Gegend von PleSkau «erlegt werden." Und richtig, wir wurden verlegt. Sie erfahren alles. Was soll man da tun? Er schwieg einen Augenblick und sagte darauf leiser: — Cs scheint, daß man es ihnen von oben mitteilt. * Aus: Joseph Kessel und Helene IsrvolSk», Die blinden Herrscher, ein Roman um Masputin. Verlag Juli»« Hosfmaiw, Stuttgart. Preis kartoniert M 4.80, in Leinen M S.50 — Woher weißt du das? — Alle Welt spricht davon. Die Kaiserin, die deutsch ist, verrät uns. Sie führt ein schlechtes leben, sagt man. Sie lebt mit einem Muschik, Grischka Raspitin oder Rasputin. Ist das wahr, Barin? lawrentjeff fühlte sich versucht, zu lügen, begriff aber, daß es überflüssig gewesen wäre und antwortete nichts. — Weißt du, was man bei uns im Regiment singt? fragte der Soldat mit einem verschmitzten lächeln: Der Zar ist bei lidori'), Die Zarin bei Grigori. — Schweige! rief Dolin in einem hysterischen Kramps. Ich werde dich erschießen lasten. Nach einem langen Schweigen sagte er leise, mit weißen Lippen: — Ich werde dir nichts Böses antun. Aber du darfst dich über unseren Zaren nicht lustig machen. Er allein kan» un» retten. Als lawrentjeff und Dolin vom Lazarett zurückkehrten, war ihr Zug schon unter Dampf. — Morgen ist große Sitzung in der Duma, sagte Iwan Barneff. Man ruft uns all- eilig zurück. Die Delegierten fahren mit uns und wir nehmen ein halbes Dutzend Offiziere mit, die Urlaub haben und aus diese Weise schneller nach Petro grad kommen. Die zwei Freunde suchten ihr Abteil auf. Sie waren allein, denn die Journalisten ließen sich von den Delegierten mit Schnaps bewirten, lawrentjeff rauchte ohne auszusetzen. Seine Stimme drang zu Georg wie aus einer Wolke und von sehr ferne: — Niemand von uns liebt Rußland. Für den Soldaten be deutet der Name nichts. Für dich ist es die Armee und der Adel. Für mich seine Schriftsteller, seine Kultur, meine leben»- gewohnheiten. Aber der lebendige Block aus Fleisch und Blut und liebe, der, so heißt es, das Vaterland ist, den kennen wir nicht. Während einiger Minuten gab eS für sie keine anderen Ge räusche als das Rütteln des Zuges. Ein undeutliches Stimmen gewirr riß sie aus ihrer Starrheit. Sie unterschieden di« Stimme von Orlenko und eine andere, unbekannte. Sie ginge» ihnen entgegen. Im Abteil der Delegierten tanzten die leeren Flaschen auf dem zitternden Boden. Mehrere Offiziere standen da und ballten die Fäuste. Und ein Hauptmann der Linie, klein von Wuchs, braun, die breite Brust mit Orden bedeckt, hielt Orlenko an der Gurgel. Seine Kameraden folgten seinen Bewegungen mit ge hässiger Freude. Er schrie: — Hörst du, Hund! Wenn du noch ein einziges Wort von Vaterlandsliebe sagst, wenn du cs noch wagst, uns Vor lesungen zu Hallen, so schieße ich dich nieder. Verdiene Geld so viel du willst, mäste dich dick, aber rede nicht. Wir sind be schissen, hörst du, Kanaille, total beschissen, und daran seid ihr alle schuld! Dolin legte die Hand schwer auf Lawrcntjeffs Schulter und lachte höhnisch auf: — Nun, Peter, bist du zufrieden? Da hast du sie ja, di« Revolution. Der Journalist schwieg. Georg heftete einen schweren Blick auf ihn und sagte leis«: - - Du fürchtest dich, wie? *) Abkürzung für Iliodor (den Mönch). D. kl. INS»
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