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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.09.1926
- Strukturtyp
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- 1926-09-25
- Erscheinungsdatum
- 25.09.1926
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- Deutsch
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224, 25. September 1936. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. - Als Vertreter des deutschen Gesandten hatte sich Herr Generalkonsul von Bivenot eingesunden, und auch er widmete den Ankommenden freundliche Worte der Begrüßung. Den Dank namens des Börsenvereins erstattete Herr vr. Friedrich Oldcn- bourg. Im Extrazug ging es darauf nach Baden hinaus. Auch dort wieder leitete ein wohlgelungener, von echt österreichischer Herz lichkeit und Freudigkeit getragener Empfangsabend die Veranstal tungen ein. Der Bürgermeister von Baden, ein Vertreter des Landeshauptmanns und ein Vertreter des Unterrichtsministe riums begrüßten den Buchhandel. Auch der Finanzminister Koll- mann nahm noch das Wort zu längeren Ausführungen, in denen er der großen Aufgabe und Bedeutung des Buchhandels volle Würdigung zuteil werden ließ. Besonders wertvoll war dabei sein Bekenntnis, daß überall und insbesondere im Buchhandel der Individualbetrieb allen bürokratischen Unternehmungen der öffentlichen Hand immer überlegen sein werde. Namens des Bör- senvereins hatte Herr Reinhardt die Entgegnung übernommen. In gereimter Rede überbrachte danach Fräulein von Ruprecht die Willkommensgrüße der Frauen Badens. Ihr dankte Herr Hayno Focken mit einem jubelnd aufgenommenen Damentoast, nachdem zuvor noch Herr Bayer-Wien auf die Stadt Baden gesprochen und ihr für ihre Gastfreundschaft den Dank des Buchhandels über mittelt hatte. Am Sonnabend vormittag begannen nun die geschäftlichen Veranstaltungen. Nachdem der Verbandsvorsitzende Herr Schmidt- Hannover die Versammlung eröffnet hatte, erhielt als erster der Bundesminister für Handel und Verkehr vr. Schürff das Wort, der den Beratungen besten Erfolg wünschte. Im weiteren Ver lauf seiner Rede verbreitete er sich über den Beruf des Buchhänd lers und Verlegers, der mehr bedeute als die bloße Betätigung in einem Erwerbszweig. »Er ist eine kulturelle Mission«, sagte der Minister dem Bericht des Neuen Wiener Journals zufolge, »denn der Buchhändler ist gleichzeitig auch Lehrer und Erzieher des Volkes, der sich durch die Förderung der Dichter und Schriftsteller besondere Verdienste erwirbt. Schon aus diesem Grunde gebührt diesem Stande die volle Anerkennung des Staates und sein Schutz. Die österreichische Regierung ist sich dieser Aufgabe bewußt und hat auch stets auf die Wünsche der Buchhändler Rücksicht genom men. Der Grundsatz der Zollfreiheit für Bücher ist in dieser Hin sicht oberstes Gesetz, auch wenn der Staat aus diese nicht unbedeu tende Einnahmequelle verzichten muß, um sich seiner kulturellen Verpflichtungen zu entledigen. Auch im Dienste der Fremden- vcrkehrssördcrung hat sich der Buchhandel große Verdienste erwor ben, und wir sind überzeugt, daß ein Großteil der deutschen Som mergäste, die wir in Österreich begrüßen, unser Land auf den Rat seiner geistigen Berater hin aufgesucht hat, so daß man wohl sagen kann, daß der Buchhandel in der Hinsicht die Volksgemeinschaft zwischen Österreich und Deutschland fördert«. Nach diesen mit großem Beifall aufgenommenen Ausführungen begrüßte desglei chen der Vertreter des Unterrichtsministeriums die Versammlung. Der nächste Redner war der Erste Vorsteher des Börsenvereins Herr Röder. Seine Worte lauteten: Liebe und verehrte Herr«» Kollegen! Im Namen der Gäste, insbesondere für den Vorstand des Börsen vereins, dank« ich dem Verbandsvorsitzenden, Herrn Schmidt, herz lich für die freundliche Begrüßung. Bei der Herbstversammlung des Verbandes zugegen zu sein, ist sitr uns eine Selbstverständlichkeit. Dient doch diese Tagung ganz besonders zur Behandlung und Klä rung aller den Buchhandel jeweils bewegenden Fragen. Erfreulich ist der Wechsel im Tagungsort, der uns schon in di« verschiedensten Städte führte und so immer einem neuen Kreis von Berussgenossen, neben den pflichtmähig stets Beteiligten, die Teilnahme an den Be ratungen ermöglicht. So brachte uns dieses Mal die Einladung unserer österreichischen Kollegen in den Wiener Wald. Baden bei Wien ist geschichtlicher Boden. Schon den Römern waren di« heil kräftigen Schwefelquellen bekannt, die Marc Aurel als »tksrmao cetiäs« erwähnt. Noch heute führt dis erste der Quellen den Namen »Römerquclle«. Die Türkenkriege tobten mehrfach über diese Stadt hin, und Kara Mustapha vergnügte sich hier mit seinen Haremsdamcn. Zum Dank für die gastliche Aufnahme ließ er von 114S Einwohner» 848 ums Leben bringen und verwüstete die Badeanlagen derart, baß die Schlvefelwässer in die Trinkwasserbrunnen eindrangcn. Im Ver laus der Fahrhunderte weilten hier August der Starke, Peter der Große, Napoleon, Bismarck, Heilung und Kräftigung in Baden suchend. Dichter und Musiker fanden hier nicht nur Erholung, son dern auch künstlerische Inspirationen. Uhland, Lenau, Grillparzer zählen zu den Gästen. Der letzter« schus hier den Entwurf zum »Goldenen Vließ«. Mozart komponierte im Rauschen des Wiener Waldes sein »Lvs Verum«, Beethoven die unvergleichliche »IX. Sym phonie« mit dem herrlichen Schlutzchor »An die Freude». Von de» Eindrücken des Helenentals sagte Napoleon 1809 zu Berthier: »Wis sen Sie, daß Sankt Helena ausgezeichnet ist durch seine reizende Ruhe, und daß es herrlich sein müßte, an diesem Ort sein Leben zu be schließen«. Er hatte keine Ahnung, welche prophetische Bedeutung diese Bezeichnung »Sankt Helena» für ihn hatte, wenn es auch ein ganz anderes war, wo er tatsächlich sein Leben beschloß. Wie der Ort und sein Einfluß die Köpfe und Herzen der Dichter und Musiker erhellte, so möge er auch die deutschen Buchhändler erleuchten und befruchten, damit aus dieser Tagung an historischer Stätte dem deut schen Buchhandel reicher Segen sliehe. Bücher, die man verbrennen sollte. Unter dem kurzen Titel »1.6 I.ivr6 L drüler« veranstaltete die Pariser Tageszeitung »Comoeckia«, ein Blatt für Theater, Literatur und Kunst, folgende charakteristische Rundfrage: 1. Glauben Sie nicht, daß gewisse Werke für die Weiterentwicklung und den Aufschwung, sowie für das Glück der Menschheit insofern schädlich waren, als sic ein altes Ideal zerstörten oder eine neue Philosophie oder gar eine neue Religion begründeten? 2. Glauben Sie, daß literarische Werke einen Menschen zum Schlechten verführen oder ihm den Abscheu vor dem Leben einflößen können? 3. Wenn Sie alle Exemplare eines be stimmten Werkes vernichten könnten, welches wäre das zu verbrennende Buch? Es sind schon viele Antworten auf diese Rundfrage eingegangon, sie selbst ist übrigens wiederum ein Beweis dafür, welch grundlegende Änderungen sich im geistigen Frankreich von heute vollziehen. Es seien hier einige Antworten wiedergegeben, sie sind, wie diese ganze Rundfrage, von allgemeinem Interesse. Der Historiker Frantz Funck - Brentano glaubt nicht an eine derartige Wirkung literarischer Werke auf die ganze Menschheit, da gegen sei sie sicher auf das Individuum: hätte der Contrat 8oeirrl von Jean Jacques Rousseau noch seinen früheren Einfluß, so müßte er radikal vernichtet werden. Nach Saint-Georges de Bouhe- lier ist alles gut, was uns zum Leben stimuliert; der Mensch ist auf der Erde, um zu kämpfen; Shaw, Gorki, Gandhi und Tagore geben immer neuen Mut. Zu verbrennen wären die Werke der Heuchler, der Skeptiker und der falschen Propheten — zum Beispiel »Das Leben Jesu« von Ernest Renan . . . Georges Docquois glaubt nicht an eine derartig große Nolle der Literatur, immerhin »ist es leicht, zu wiederholen, daß zum Beispiel ein Buch wie Goethes Werther eine beträchtliche Zahl von Dummköpfen zum Selbstmord führte«. Fernand Aubier ist teilweise gleicher Meinung: »Die Menschheit pfeift auf die Literaten, und hätten diese selbst die Bibel geschrieben. Doch klagte ich mich mit sechzehn Jahren selbst an, von einem Buche Paul Bourgets verführt morden zu sein.« (Bourget ist bekanntlich ein sehr morali sierender Autor, im übrigen hat er sich trotz seines beträchtlichen Alters der neuen Zeit anzupassen gewußt, wie dies sein neuester Roman »1.6 Vsu86ur rnouckain« dartut.) Nach Fagus hat Rousseau nicht nur einzelne Individuen, sondern ganze Generationen korrumpiert. Urbain Gohier schreibt der Literatur eine sehr große Nolle zu. »Alles Elend der Menschheit wird geboren aus den verschiedenen Tor heiten, die von literarischen Werken hervorgebracht und verbreitet werden. Derart sind die Bürger- und Neligionskämpfe, und die inter nationalen Kriege die Erzeugnisse einer Literatur, die die Vorurteile noch nährt, die Lügen vervielfacht, den Haß schürt, den Fortschritt der Menschheit aushält und deren armseliges Glück für ein ganzes Jahr hundert in wenigen Monaten vernichtet. Alle individuellen und kol lektiven Tollheiten haben einen literarischen Ursprung; es gibt Bücher, die verheerender wirkten als die Schwarze Pest oder die Cholera. Und gegen diese Bücher gibt es kein Serum. Die Feder ist die wirklich aus rottende Waffe. Keinerlei Vernichtung eines Werkes kann da noch viel helfen, das Gift ist ja schon im Blut.« Ein ganz anderer Ton wird von d'A nselme angeschlagen: »Der gesunde Menschenverstand weiß, daß alles, was existiert, irgendeinen zureichenden Grund haben muß, denn sonst wäre es eben nicht da. Es kommt nur darauf an, diesen Grund zu finden. Friede also selbst den jammervollen Romanen und den Eintagsbttchern, deren Existenz nur dadurch gerechtfertigt ist, daß sie den Setzern und den Bibliothekaren Arbeit verschaffen. Friede selbst den unmoralischen Büchern, von denen 1163
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