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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.02.1923
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- 1923-02-26
- Erscheinungsdatum
- 26.02.1923
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48, 26. Februar 1923. Redaktioneller Teil. Pamphletpoesie Voltaires nähern als mit Hilfe der alten, ihren Geist vermauernden Knüttelversumdichtungen. (Voltaire, Die Jungfrau. Erste vollständig« deutsche Aus gabe, besorgt durch M.Janssenund C. More ck. Mit 21 Bildern nach Kupfern von Moreau lejeune. Berlin, Pantheon-Verlag, 1922.) Die Reproduktion der bekannten Moreauschen Buchkupfer durch die Kunstanstalt von I. B. Obernetter in München gereicht dem sauber auf einem guten Papier gedruckten Buche zu einem schönen Schmuck. Die Pucelle- Jllustratoren sind zahlreich und eine Zusammenstellung aller Pucelleäusgaben des 18. Jahrhunderts führt sehr tief in di« klandestine Literatur hinein. Trotzdem wäre sie einmal wün schenswert, freilich nur im Gefolge der noch zu leistenden kritischen französischen Ausgabe. Es ist eben das Schicksal der »unter dem Mantel«-verkauften Skandalschriften, eilig und eilfertig gedruckt und nachgedruckt zu werden, sodaß sie, die literarischen Sorgen kinder ihrer Gegenwart, sich treubleibend, zu bibliographisch m Sorgenkindern für ihre Nachwelt werden. Barere Münze war es bisweilen, eine Kamps- oder richtiger Verleumdungsschrift nicht drucken zu lassen, sie, obschon gedruckt, nicht zu veröffent lichen. Ein des Verfassers und des Abenteuers, das er mit seiner politischen Broschüre« anzettelte, wegen sehr interessantes Libell wird aus den Wiener Geheimakten erst jetzt bekannt: Beau marchais, Schmähschrift gegen Marie Antoi nette. Herausgegeben von Fritz Reinö hl. Mit einer Einleitung von Paul Wiegle r. München, Drei Masken Verlag, >922. Man wird diese Ausgabe den Beaumarchais-Originalausgaben anreihen dürfen — geschmack voll und gewissenhaft besorgt, verdient sie diesen Platz —, denn die von den Herausgebern, die die bibliographische Frage offen lassen, nicht berücksichtigte Beaumarchais-Bibliographie verzeichnet den Erstdruck nicht, und ebensowenig hat ihn der hier kompetenteste Spezialist, der ihnen ebenfalls unbekannt blieb, H. Fleischmann aufgeführt. Das legt die Vermutung nahe, daß Beaumarchais nur Wer einige Bogen seines Druckes verfügt haben wird, ein bibliographisches Rätsel, an -dem herumzuraten hier nicht der Ort ist. Fiktive Korrespondenzen gehörten zu den beliebtesten Mitteln der Libellisten des achtzehnten Jahrhunderts. Man brauchte nicht wählerisch zu sein, wenn man schon fälschte. Und der Anschein historischer Urkundentreue war auch etwas wert. Vor allen Dingen jedoch: man konnte auf breitester Front angreifen und möglichst viele Persönlichkeiten trefsen. Dann hatte man, wenn man mit Esprit und Grazie vorging, auch viel« Lacher auf seiner Seite, der aufsehenerregende Gesprächsgegen stand war da. Für die Bibliotheken wurden Libelle nicht geschrie ben. Die ansprechende Benutzung einer der berühmtesten dieser fiktiven Korrespondenzen (die übrigens schon im achtzehnten Jahrhundert mehrmals ins Deutsche übersetzt worden ist) zeigen: Die Briefe der Madame Dubarry. Herausgege ben von Victor von Koczian. Berlin, Ernst Ro- wohltVerlag, 1923. Der Herausgeber hat mit Recht ange nommen, daß die Körnchen Wahrheit, diö in den angeblichen Briefen stecken, auch in ihrer Umkleidung erhalten zu werden ver dienen, weil gerade sie den jetzt unnachahmlichen Zeitton fest- hält, und daß, unter Bewahrung der ursprünglichen Form, durch Ergänzungen und Nachträge auch die von der geschichtswissen schaftlichen Forschung inzwischen besser bestimmte historische Richtigkeit sich ihnen aneignen lasse. Derart ist ein, auch in der Ausstattung, apartes Buch entstanden, von der in Deutschland recht seltenen Sondergattung historisch-psychologischer Studien, die in freier, künstlerischer Form, also als Dichtung, den gegebenen geschichtswissenschaftlichen Stoff kritisch verwerten, die also doch wiederum nicht als Dichtung zu betrachten ist, die sich indessen auch nicht den historischen Essays zurechnen läßt, weil sie es ver meiden will, nach Anlage und Ausführung zu einem bis in alle geringfügigsten Einzelheiten belegbaren lehrhaften Vortrage zu werden. Das gefällige Bändchen, das (Die) Briefe der Marquise de Pompadour. H e ra u Lg eg e-b e n und übertragen von Max Adler. Mit einem Titel bild. Carl Meißner, Dresden, 1922, vermittelt, macht gleichfalls nicht die Ansprüche, ein historisch-kritisches Briefkorpus zu sein, und läßt es sich an ausgowählten Probestücken genügen, die die Briesschreibekunst der Marquise charakterisieren möchten, die an ihrem zierlichen Schreibtisch Kabineltpolitik trieb, wobei durchaus nicht immer nur an ihren Einfluß auf die äußere Poli tik zu denken ist. Nachhaltiger noch war ihr Einfluß auf die innere Politik, die in ihrem Frankreich auss engste mit dem Leben der »Gesellschaft« verbunden war, eine Verknüpfung, di« die sein- stilisierten mondänen Briesunterhaltungcn mit ihren Drohungen und Verlockungen in der Form von Huldigungen und Verspre chungen zu Zweckschriftsätzen werden ließ, Pietro Aretinos Episto- lographie als «inen Erpresserbriefwechsel zu bezeichnen, ist den Literaturgeschichten geläufig geworden. Mögen sie nun recht haben oder nicht, jedenfalls ist der Brief als Libell im achtzehnten Jahrhundert zu einer eigenen Kunstform entwickelt worden. Ob die echten und die erdichteten Schreiben der Marquise zu den Meisterwerken dieser Briefe mit doppeltem Boden gehören, darf dem Leser, der mit ihrer Prüfung nicht in die verschlungenen und verschwiegenen Pfade der intimen Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts eindringen will, gleichgültiger bleiben, sofern man das Beispiel derartiger Briessammlungen als das von Brief stellern anwenden will. In der Tat läßt sich aus der Brief schreibekunst, die im Frankreich des achtzehnten Jahrhunderts zum guten Ton gehörte, sehr viel lernen. Wie man ein unonge- nehmes Verlangen mit artigster Verbindlichkeit auszudrücken wußte, wie man sich auswich, wie man Widerstand leistete, wie man mit vielen Worten nichts und mit einem Worte alles sagte, kurz, wie man die Höflichkeit als einen Panzer anlegt«, der im Geschäflsleben wunderbar schützte, das ist auch in einer nüchter neren und sachlicheren Zeit brauchbar zu wissen. Die glänzende und glatte Leichtigkeit der abgestimmten Lebensformen des acht zehnten Jahrhunderts täuscht den oberflächlichen Beobachter, oer in ihnen den vollkommenen Ausdruck des Geistes dieses Jahr hunderts einer europäischen Zeitenwende erblicken will. Auch die Marquise de Pompadour ist weder das kostspieligste Jnbentarstück der kleinen königlichen Unterhaltungen, noch eine Lebedame ge wesen, die von Liebesrausch zu Liebesrausch taumelte, sondern eine kalt und klug berechnende Geschäftsfrau, die sich heute viel leicht amerikanisiert haben würde, und die in ihren Tagen mit hohen Einsätzen erfolgreich um die Macht spielte, die sich in Ver sailles gewinnen ließ. Gertrud« Aretz, Die Marquise von Pompadour. Ein Lebensbild aus dem Ro koko. Mit zehn Bild b eigaben. Dresden, Carl Meißner, >922, hat in ihrer Biographie der »offiziellen« Maitresse Ludwigs XV. mit Recht gerade diesen, den eigentlichen Charakterzug einer Frau herbortreten lassen, die mehr genannt als gekannt wird. Sie darf auch kaum eine Abenteurerin heißen, dazu ist sie zu zielbewutzt gewesen, indessen der Abenteurer gerade deshalb in der Rokokoluft so prächtig gedieh, weil man dem Augenblick huldigte, über dem man Vergangenheit und Zukunft zu vergessen liebte. Das gibt den Lebensläufen des Rokoko ihre sinnliche Unmittelbarkeit, das läßt aber auch übersehen, welche Persönlichkeiten häufig in den Männern des Tages steckten, die vom Grandseigneur bis zum Jndustrieritter sich allen Lagen mit Anstand gewachsen zeigen mußten. Die Anmut der Galanterie (im ursprünglichen Wortsinne) hatten sie stets zu -beweisen, ob sie im Boudoir oder auf dem Schafott standen, ihr Heroismus ist nach den Matzen irgendwelcher moralischen Grundsätze nicht ab zuschätzen, zu irgendeinem heldischen Ethos oder Pathos ver standen sie sich nur soweit, als das gerade in ihr Spiel Paßte. Allerdings, es gab Unterschiede, die auch hier der Kredit jchus. Der Herzog durfte es sich erlauben, alles schuldig zu bleiben, er bezahlte mit seinem Namen. Wer sich aber selbst «inen Namen nach dem Rechte des Alphabets verlieh, mußte den Taler auf den Pfennig legen, wenn auch er wer sein wolltet ob er mit Geist, ob er mit Geld zahlte, immer hatte er die hohe Summe zu zeigen. Der Herzog von Lauzun hatte einmal auch die Laune, »Memoiren« zu schreiben, deren amüsante Indiskretionen nach seinem Tode von den Bibliographen und Genealogen sehr viel gewogen'und schlietzlich doch nicht zu leicht befunden worden sind — sie sind nun in einer guten deutschen Ausgabe -bequem zugänglich: Der Günstling der Marie Antoinette. Memoiren des Herzogs von Lauzun. übertragen und heraus gegeben von Paul Ar e tz. Mit Bildbeigaben nach 2Z8
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