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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.02.1923
- Strukturtyp
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- 1923-02-26
- Erscheinungsdatum
- 26.02.1923
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vig-otlall s. b, D»«n. v»chh-»d-l. Redaktioneller Teil. X- 48, 26. Februar >923. zeitgenössischen Kupferstichen. Carl Meißner, Dresden, 1922. — Herr Casanova de Seingalt hat mit bei nahe doktrinärer Andacht den großen autopsychologischen Roman geschrieben, der unter dem Memoirentitel znm Repräsentanten der galanten Memoirenliteratur geworden ist. Diese Autobio graphie beschreibt nicht die Lebensgeschichte eines abenteuernden Mannes, wie sie wirklich gewesen ist, sondern wie er sie angesehen wissen wollte, und wie er sic am einsamen Duxer Schreibtische selbst dann und wann in ihren Rückspiegelungen für wahr ange sehen haben wird. Das teils beabsichtigte, teils nachlässige Durch einander der Casanovamemoiren ist aber am Ende doch ein ein heitliches Ganzes von stärkster innerer Geschlossenheit geworden, sie sind nicht -historisch immer treu, aber sic sind psychologisch fast immer wahr bis in die Details ihrer Miniaturen, die den fabelhasten Glücksjäger schildern, der sich von Zufall zu Zufall rettet. Eine Rokokophantasie von grandiosen Ausmessungen. Und eine Umkehrung des Robinsonadenthemas, weil Casanova dazu verurteilt bleibt, einsam sein zu müssen, da er im Gewühl der großen Welt hervorragen will. Nicht eine innere Ruhelosig keit bedingte den ständigen »Wechsel des Aufenthaltsortes», den die Abenteurer des achtzehnten Jahrhunderts bevorzugten r-nd den oft genug sehr zwingende Gründe veranlatzten, vielmehr diente ihr Wanderleben der Behauptung ihres Ansehens; sie durften nicht zu bekannt werden, mutzten Fremde von Distink tion bleiben. Gerade aus diesem Gesichtspunkte ist die Umwand lung der chronologischen Folge der Casanova-Memoiren in eine topographische Zusammenfassung, wie sie -die neue deutsche Aus gabe des Opal-Verlages vornimmt, recht interessant, sie zeigt nämlich deutlicher, als -es Casanova selbst vermuten lassen wollte, daß er durchaus nicht allzusehr »heimatberechtigt» in den euro päischen Hauptstädten gewesen ist. (Bisher erschienen in bedach ter Ausstattung: Casanovas Gefangenschaft und Flucht aus den Bleikammern (in Venedig), über tragen und he rausgegeben von Friedrich Wencker. Mit einem Titelbild. Opal-Verlag, Dresden, 1922 — eine Ausgabe, di« geschickt den Versuch macht, die beiden Fassungen dieser berühmten, von Casanova, um es gelinde zu sagen, sehr ausgeschmückten Fluchtgeschichte zu ver schmelzen —, Casanova, Abenteuer und Erlebnisse in Italien. Aus den Lebenserinnerungen zu sammen ge st e l l t und übertragen von Friedrich von Oppeln-Bronikowski. Mit 16 Abbildun gen. Carl Meißner, Dresden, 1922; Casanova, Abenteuer und Erlebnisse in Deutschland und der Schweiz. Aus denLebenserinnerungcn zu- sammengestellt und übertragen von Friedrich von Oppeln-Bronikowski. Mit 16 Abbildungen. Carl Meißner, Dresden, 1922.) Man hat sich daran ge wöhnt, unter dem Abenteurernamen in einer allzuoft äußerlich bleibenden Auffassung die verschiedenartigsten Vertreter des Glücksrittertums zusammenzufassen. Derart haben auch die Dich ter in das Bildnis mancher Abenteurer eine psychologische Ver tiefung hineingetragen, die es in Wirklichkeit nicht gehabt hat. Der genialische Casanova — dessen Persönlichkeit als neuestes der Casanovadramen Carl St e r nh e i m,Der Abenteurer. Drei Stückchen von ihm. Drei Masken Verlag, München, 1 922, auszudeuten versuchte — war himmelweit verschieden von dem plumpen und ungebildeten Cagliostro, dessen Erfolge kaum durch die Ausnutzung jener Zeitströmung sich erklä ren lassen, die ihn trug, die Vorliebe für angeblich freimaurerische Geheimgesellschasten zur Pflege der geheimen Wissenschaften. Die Berichte, die über sein Auftreten und seine Entlarvungen gegeben wurden — ein« hübsch« Zusammenstellung bietet: Der Schwarzkünstler Cagliostro. Nach zeitgenössi schen Berichten heraus gegeben von F. von Op peln-Bronikowski. Carl Meißner, Dresden, 19 2 2 —, erweisen es, daß er sich kaum den Kopf darüber zu zer brechen brauchte, ob seine alchimistischen und magischen Experi mente glückten, es genügte, daß er sie als «ine Einführung in die Gehcimlehrcn vornahm, in die er die, auf deren Kosten er lebte, nach deren Würdigkeit einznweihen behauptete. Es war das Wunder, das seine Anhänger suchten. Blättert man in dem » 24» Büchlein: W u n d « r m e n s ch e n. Geheimnisvoll« Ge stalten aus alter und n -e n -e r Zeit von Tony Nel len. Mit 11 A b b i l d u n g e n. F r a n ck h' s ch e Verlags- h a n d i un g, S t u t t g a r t, 1 922, das in volkstümlicher Form, anfklär-end vom naturwissenschaftlichen Standpunkt her, bekann teste Zanberergest-alten alter und neuer Zeit sich zu-m Reigen schließen läßt, so liegt die Versuchung nahe, ihre Erscheinungen als die von Spekulanten aus den Aberglauben kurzerhand abzn- tun. lind die exakten Methoden moderner Naturwissenschaft, wenn sie auf solche Zaubereien angewendet werden, bieten brauch bare Mittel genug, nicht sie als solche abzuiun, Wohl aber das jeweilige Versagen der angeblichen geheimnisvollen Gewalten festzustellen — Beispiele dieser naturwissenschaftlich nüchternen Tatsachenbetrachtung bietet di« kleine Schrift über Prophe zei c n u nd H e l l s e h e n. Von vr. Albert Mol.!. Mit 15 Abbildungen. Franckh'sche Verlagshand lung, Stuttgart, 1922. Dessenungeachtet läßt sich der »Aberglaube- durch eine rationalistische »Aufklärung- nicht be zwingen. In ihm walten Kräfte der Menschen- und Volksseele, deren Erkundung noch im weiten Felde liegt. Von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart reicht ihre Wirkung. In einer präch tigen Untersuchung: Antiker Aberglaube in moder nen Ausstrahlungen. Von vr. Eduard Stemp- linger. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig, 1922, läßt sich lehrreich das Problem der Verbin dung von Magie und Mystik studieren, das in seinen höheren Regionen nicht zum wenigsten darauf beruht, -daß von jeher die Denkwissenschaften ein« Ergänzung in den Gcsühlswissenschaften suchten. Von dieser Problemstellung her wird auch die Psycho logie des Abenteurertums erklärlicher; belrmßt und unbe wußt den Einfluß seiner Persönlichkeit einsetzend, ge winnt der Tatmensch, der Willensmensch auf dem ihm günstigen Boden die Macht über den Einzelnen und über die Massen. Nicht das abenteuerliche Lebensschicksal macht den Abenteurer, nicht daß er sich über die Schranken der Gesell schaft und ihrer Gewohnheiten hinwegsetzt, sondern die Dämonie seines Wesens. Deshalb wird, wer die Geschichte des Abenteurers schreibt, ihn nicht in den Formen armseliger Betrüger aufzu spüren haben, sondern in den Gewaltigen, di« an ihre Persön lichkeit glaubten. Der Abstand zwischen Casanova und Napo leon ist weniger groß als der zwischen Casanova und Cagliostro. Allerdings nur, wenn die historische Analyse zur psychologischen Shnthese ausreift, ohne sich dabei doch in leeren Annahmen als vermeintlichen Resultaten zu verlieren, läßt sich ein der Wirklich keit angenähertes, wissenschaftlich zu ^gründendes Bild von Men schen zeichnen, deren Lebensgcschicht« durch die Buntheit und Ungewöhnlichkeit ihres Verlaufes deren Charakter verschleiert. Als das Muster einer eindringenden Forschung solcherart ist: Die Familie Borgia. Alexander VI. Caesar. Lukrezia. Von G. Portigliotti. Mit 14 Abbil dungen. Julius Hoffman n, Stuttgart, 1922, zu rühmen. Der Verfasser dieses die Biographie der Borgia neu orientierenden Buches, ein italienischer Irrenarzt, ist nicht von der vorgefaßten Meinung eines Herrenmenschentyps der Renais sance ausgegangen. Die Ergebnisse seiner Qnellcnuntersuchungen.' die er in anregungsreicher Form den Leser mitfinden läßt, führen allerdings ebensoweit weg von einer Ehrenrettung der Borgia- familie wie von einer willkürlichen Ausdehnung des Persönlich keitsbegriffes, wohl aber zu einer Erklärung des unheimlichen Waltens der Borgia, die, emporgetragen von ihrer seelischen Ver anlagung, Verbrechen auf Verbrechen häuften, um ein Ziel zu erreichen, das unter den italienischen politischen Machtkämpfen des achtzehnten Jahrhunderts Wohl das höchste war, das sich erträumen ließ. Auch das Diabolische liebte man im Pariser Rokoko, wo man oft und gern den Teufel zu zitieren unternahm, verzierlicht. Und wenn einmal der Teufel wirklich kam, wußte er sich zu benehmen. Die gsüts conteurs, die ihre Berschen drechsel ten, wagten gewiß alles, sie wagten es jedoch mit einem unnach ahmlichen Anstande. Die erotischen Situationen, die sie enthüll ten -und gleichzeitig verschleierten, waren ausgedacht, jedoch mit einer psychologischen Subtilität ansgedacht, die uns iimncr wie der entzückt. Man darf ihr« Kleinigkeiten nicht mit harten Hän-
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