Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.07.1927
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156, 7. Juli 1827. Sprechsaal. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. er seine Mitglieder ausfordert, alle Gesuche um Schenkung von Bü chern, Lehrmitteln »sw. abzulehncn, und der an die Ansucher verschickt werden kann. In bestimmte» Fälle» wird cs aber auch ratsam sein, die Betreffende» näher auszuklärcn, und so möchten wir zum Schluß zwei uns zur Verfügung gestellte Briese veröffentlichen, die uns zu diesem Zweck, wenigstens für bestimmte Fälle, besonders geeignet erscheinen. Sie lauten: Es ist ein mitheooller Weg, die Bestände etncr Schul- und Schiilcrbiicherei durch Bücherbcttel beschasfen zu wollen. Uber der Armut Ihres Dorses vergessen Sie wohl die Notlage des Buch handels. Ich will Ihnen einen Weg zeigen, den von Ihnen schon viele gingen, der Sie aber zu einer Bücherei führen wird: Gründen Sic in Ihrem Orte eine Spiclschar, bestehend aus Kindern und Ju gendlichen, mit der Sie Märchen und Sagen, Tänze und Neigen aus- siihren. Zunächst aber schreiben Sie ein kleines Heimalspiel der dortigen Gegend, in das eine lokale Sage verwoben ist. Das üben Sie mit den Kindern gut ein, und es müßte sonderbar zugehen, wenn die Bewohner Ihres Dorses und der umliegenden Orte nicht zu Ihrer Aufführung kämen und nicht gern ein kleines Eintrittsgeld bezahlten. Kosten dürfen nicht entstehen, Kostüme, Bühnenausstat tung, alles muß von den Kinder» und Jugendlichen selbst gemacht werden. Der vereinnahmte Betrag bildet den Grundstock zur Be schaffung Ihrer Schulbücherei. Hat das geklappt — und es muß klappen —, so gehen Sic aus dem bcschrittenen Wege weiter. Die Ausbildung einer solchen Spiel- und Musikschar ist nicht mühelos, aber die Freude am Gelingen entschädigt sllr Vieles, während Ihnen die Bemühungen um Biicherschenkungen nur Enttäuschungen bringen werde», weil eben niemand etwas zu verschenken hat. In Ihrem auch uns zugegangenen Nundschreiben fragen Sie bei uns mit erfrischender Offenheit an, ob wir geneigt wären, Ihre Bestrebungen durch Stiftungen von Büchern aus unserem Verlage zu unterstützen. Gestatten Sie uns eine gleich offene Antwort. Wir sind als Buchverlag ein kaufmännisches Unicrnchmen, sind also darauf angewiesen, die Bücher, die wir produzieren, auch zu verkaufen, umsomehr, als heute, was Ihnen bekannt sein dürfte, ge rade der Verlag ernster Richtung in besonderen Nöten steht. Er riskiert sein Kapital mehr als andere Geschäftszweige und begnügt sich mit dem bescheidensten Gewinn — um der Bücher willen. Das Problem, aus dem diese Krise resultiert, heißt nicht, wie man fälschlich glaubt, Überproduktion, sonder» Unterkonsumtion. Mehr denn ic hat man sich daran gewöhnt, das Buch als etwas Lebens notwendiges überhaupt nicht mehr anzusehen. Bücher leiht man sich, man läßt sie sich allenfalls schenken, oder das Übliche, man ver zichte: ganz aus sie. Wer spart heute noch und legt Psennig auf Pfennig zurück, um sich dieses ober jenes für seine Eniwicklung för derliche Werk anzuschaffen? Tagtäglich säst laufen bei uns Gesuche um Bücherstiftungen ein. Wir verstehen solche Anforderungen nicht recht. Warum soll gerade der Verleger von Bücher» in all diesen Fällen der Leidtragende sein, warum nicht die Lieferanten von Fah nen, Windjacken, Möbeln usw.? Wir sind ein wenig ausführlicher geworden, als wir die Ab sicht halten. Aber gerade Ihrer Ordensbruders-Hast gegenüber, deren Bestrebungen wir durchaus zu würdigen wissen, hielten wir eine eingehende Begründung unserer Ablehnung sür angebracht. Ver kennen Sic bitte künftig auch Ihrerseits nicht, daß der Verleger, will er weiterhin kulturellen Zielen dienen, in erster Linie in den Kreisen, die selber den Kamps um die Ideale aus ihr Panier schreiben, verständnisvolle Förderung und Hilfe erfahren muß, und die werden ihm zuteil, wenn man seine Bücher kauft. Amtliche Stellen zur Prllfung von Schriften usw. auf deren etwaige Unzüchtigkeit. Von Staatsanwalt vr. Peter, Leipzig. Als Dezernent sllr die Bekämpfung unzüchtiger Schriften ufiv. erlebe ich es des öfteren, daß Leute, die mit dem Strafrichter nicht in Berührung kommen wollen, an mich herantreten und mich bitten, ich möchte ihnen Mitteilen, ob Schriften, Abbildungen oder sonstige Darstellungen, die sie zu vertreiben beabsichtigen, nach Meinung der Staatsanwaltschaft unzüchtig sind oder nicht. Im elfteren Falle würden sie sich mit der Sache nicht abgeben. Ebenso haben mir wiederholt Personen, die wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften usw. aus K 184 Z. 1 StrGBs. angeklagt waren, erklärt, sie möchten alles vermeiden, um wieder vor Gericht gezogen zu werden. Sie seien daher bereit, sich künftig einer Zensur der Staatsanwaltschaft zu unterstellen. Ich habe mich diesen Wünschen und Anregungen gegenüber stets ablehnend verhalten müsse», denn die Erstattung von Gut achten liegt außerhalb der Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft. Letztere ist auch nicht die Zensurbehörde. Ihre Aufgabe ist vielmehr ' nur die Strasversolgung. Deshalb kann die Staatsanwaltschaft Immer erst tätig werden, wenn das Kind in den Brunnen ge sattelt, d. h. eine Straftat begangen ist. Auch an anderen behördlichen Stellen können die erwähnten Personen nicht zu dem von ihnen erstrebten Ziele gelangen. Eine Zensur läßt die Weimarer Verfassung nur in wenigen, hier nicht interessierenden Ausnahmesällcn zu, und im übrigen sehlt es bisher au amtlichen Einrichtungen, die Privatpersonen wenigstens gut achtlich ihre Meinung dahin kundtun können, ob eine Schrift usw. ihrer Ansicht nach unzüchtigen Charakter hat oder nicht. Wenn ich dies denen, die bei mir vorsprechen, eröffne, so sehe ich meist ent täuschte Gesichter. Man erklärt, es sei doch ein unbesricdigender Zu stand, wenn derjenige, der gegen das Gesetz nicht verstoßen möchte, so hilflos dastche und nirgends einen behördlichen Bescheid erhalten könne. Dies ist ohne weiteres zuzugcben. Um einen Ausweg aus diesen Schwierigkeiten zu schassen, würde es deshalb zweckmäßig sein, wenn man in ganz Deutschland nach einem einheitlichen Plane amt liche, vielleicht den Polizeibehörden angegliederte Stellen einrichtete, deren Ausgabe es wäre, Privatpersonen auf Ansuchen Gut achten darüber abzugcben, ob die von diesen vorgelcgten Schriften usw. unzüchtig sind oder nicht. Diese Stellen müßten einmal mit einem Juristen besetzt sei», damit in den Gutachten der strafrecht liche Begriff der Unzüchtigkeit richtig erfaßt wird. Im übrigen ge hörten in sie Laien mit offenem Blick hinein, Leute, die über die Zeitströmungcn unterrichict sind und vor allem einen Unterschied zu machen wissen zwischen dem, was freie natürliche Ent wicklung, und demjenigen, was nur Ausfluß einer in den gegen wärtigen Verhältnissen liegenden Sittenverwilderung ist. Auf die Mitwirkung von Schriftstellern, Künstlern und Gelehrte:: als solchen käme es in den Begutachtungsstellen weniger an, da ja die Krage der Unzüchtigkeit aus dem Durchschnittsempsinden des unverbildeten Volks heraus zu beantworten ist. Selbstverständlich werden diese Stellen stets nur Beratungs- körpcr sein können und nicht maßgebend zu entscheiden haben. Tenn die Feststellung, ob eine Schrift usw. unzüchtig ist oder nicht, ist letzten Endes immer Sache der Strafjustiz. Bei richtiger Zusammen setzung der Stellen wird man sich aber im allgemeinen auf die von den Stellen erteilten Auskünste verlassen können. Dies wikrde bedeuten, daß, selbst wenn einmal ein Gericht eine Schrift usw. im Gegensatz zur Begutachtungsstelle beanstanden sollte, demjenigen, der das Gutachten etngeholt hat, das Bewußtsein, daß die Schrift usw. dennoch unzüchtig ist, in der Regel nicht nachzuweisen sein wird. Vor einer Verurteilung aus K 184 Z. 1 StrGBs. wäre dieser daher dann geschützt; jedoch würde, was nicht verschwiegen werben soll, nicht aus der Welt geschasst sein die Möglichkeit eines sogenannten objektiven Verfahrens, das aus Unbrauchbarmachung aller im Besitz des Verfassers, Druckers, Herausgebers, Verlegers oder von Buch händlern befindlichen Stücke der Schrift usw. hinausläuft <K§ 41 s. StrGBs.j. Genau so würden die Dinge bei dem liegen, der auf Grund eines einem anderen erteilten günstigen Gutachtens eine Schrift usw. vertreibt. Demjenigen, dem die Stell« mitgeteilt hat, daß die ihr vorge legte Schrift usw. ihrer Meinung nach unzüchtig oder doch mindestens in dieser Richtung bedenklich ist, würde es natürlich unbenommen sein, sie trotzdem zu verbreiten. Kommt es aber dann zu einem Straf verfahren aus 8 184 Z. 1 StrGBs., so wird, wenn das Gericht die Schrift usw. für unzüchtig erachtet, der Umstand, daß der An geklagte in Kenntnis des Gutachtens gehandelt hat, vielfach dazu benutzt werden können, ihm das Bewußtsein der Unzüchtigkeit nach- zuweiscn. Bemerkt fei noch, daß die vorgeschlagenen Begutachtungsstcllen etwas ganz anderes sein sollen als die in Preußen durch Allge meine Ministcrialvcrsllgung vom 28. März 1924 jDcutscher Reichs- anzciger vom 26. März 1924) ins Leben gerufenen Kunstausschüsse. Diese sind nur sür die Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften da, aber nicht für Privatpersonen. Auch sind sie falsch aufge zogen, da die Feststellung, daß eine Schrift usw. ein Kunstwerk ist, nicht ausschließt, daß sie dennoch unzüchtig ist. Soweit es notwendig erscheint, könnte übrigens die Tätigkeit der Bcgutachtungsstelle» auch aus die Prüsung der Frage, ob eine Schrift usw. gotteslästerlich im Sinne von K 166 StrGBs. oder gröb lich schamvcrlctzend im Sinuc von K 184 a StrGBs. ist, erstreckt werden. Verantw Redakteur: t. V. Curt Streubcl. — Verlag: Der Börsen verein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Buchs,änblcrchaus. Druck: E. Hedrich Nachs lAbt. RamrnL Seemanns. Sämtlich in Leipzig. — Adresse .der Redaktion u. Erpcüitton: Leipzig. Gerichtsweg 26 (BuchbändlerchauSs. 840
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