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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.12.1923
- Strukturtyp
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- 1923-12-22
- Erscheinungsdatum
- 22.12.1923
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ^ 297. 22. Dezember 1923. schriften der neuen Staatssprache folgen, ist nicht stichhaltig. Nie mals haben wir oder unsere Vorfahren Milano statt Mailand oder JskanLrie statt Alexandria auf Karten gebraucht. (Anders verhält es sich natürlich mit Spezialkarten, z. B. für postalische Zwecke.) Die zweite Gruppe bilden die Ungeschickten oder Gedankenlosen. Ihre Zahl ist Legion. Hierhin gehört die Talentlosigkeit der Deut schen in der Farbengebung ethnographischer Karten. Jedes Volk, das auf sich hält, bezeichnet das eigene mit der stärksten Farbe (stark rot) und schattiert die anderen Völker mit weniger leuchtenden Farben ab. Bei uns hat man vielfach die Deutschen, einer militärischen Gewohnheit folgend, mit blau bezeichnet. Auch war grundvcrkehrt, slavische Volks- splittcr mit der Farbe großer slawischer Völker, die diese als »Teil stämme« beanspruchen, oder in einer sehr ähnlichen Farbe zu bezeich nen; Wenden und Slowaken mit der Farbe der Tschechen, Kaschubcn, Masuren und Oberschlesier mit der polnischen. Man präsumiert damit Wünsche der Gegner des eigenen Volkes unb erweckt beim flüchtigen Beschauer Eindrücke, an denen wir keinerlei Interesse haben. Einen andern Streich haben romantische Neigungen dem deut schen Volk gespielt. Nicht nur Bcrufsforscher, sondern auch Pfarrer und andere Akademiker haben mit großer Liebe das Volkstum be sonders der kleineren slawischen Stämme erforscht, gepflegt und dazu bcigetragen, die politische Entwicklung dieser Völker auch wissen schaftlich zu unterbauen. Deutsche Nomantik! Sie schuf die Literatur sprache der Wenden; sie half mit bei der Errichtung der ersten slowenischen Literatur. Sie hinderte das Aussterben des Masurischen und Litauischen in Ostpreußen. Diese Beispiele könnten beliebig ver mehrt werden. Gepaart mit einer gewissen Pedanterie hat diese Romantik noch anderes auf dem Kerbholz. So begegnen wir auf den Karten mancher Forscher heute noch in Hinterpommern am Leba- see den Slovinzen, obwohl dieser slawische Stamm längst ausgestorben ist. Dieses Mitschleppen historischer Erinnerungen ist darum ge fährlich, weil zum Beispiel die Polen — natürlich zu Unrecht — jeden vor ihren Toren wohnenden slawischen Stamm ganz naiv als polnisch betrachten und dann solche deutsche Karten als Eingeständnis, als Beweis für das Vorhandensein von Polen in Deutschland vor igen. Die Fehler, die aus der falschen Fragestellung statistischer Er hebungen und noch mehr aus der falschen Ausdeutung derselben in Karten usw. entstanden sind, sind so bekannt, daß sie bloß kurz ge streift zu werden brauchen. Gleichgesctzt werden vielfach: Abstam mung, Muttersprache, Umgangssprache, Familiensprache, Nationalität, politisches und religiöses Bekenntnis. Sie alle enthalten deutlich trennbare Begriffe. Für jeden Kenner namentlich ostdeutscher oder ungarischer Verhältnisse besagt das nichts Neues. Denn wir wissen, daß sich ein großer Teil der historisch mit uns zusammensiedelnden Slawen und Nomanen politisch zum Deutschtum bekennt, also mit uns ein Volk, eine Nationalität bildet. Das für politische Dinge stumpfe deutsche Volk hat auch in seinen wissenschaftlichen Vertretern vielfach naiv diese verschiedenen Dinge einander gleichgesctzt. So kommt es, daß fast keine der vor 1918 erschienenen Karten die Verhältnisse richtig darstellt. Es ist ein großes Verdienst des damaligen Pro fessors für Erdkunde an der Universität Breslau Geheimrat Volz, freilich erst in letzter Stunde, wichtige Arbeiten über Oberschlesien publiziert zu haben, die einen deutlichen Einblick in die Kompliziert heit der Materie und ihre wahren Verhältnisse geben. Hier ist Ge dankenlosigkeit der Hauptfehler, aus dem die übrigen folgen. Man vertiefte sich früher nicht genügend in die Probleme und leistete daher nichts Zureichendes. Die Folge war, daß unsere Gegner auch echte deutsche Karten fast aus allen Grenzgebieten gegen uns benutzen konnten. Aus das weite Gebiet der Unterlassungssünden können wir uns heute nicht einlassen. Daher zum Schluß nur noch eine Bemerkung. Gegen Fälschungen sind wir nicht gewappnet. Es gilt nur, das Gewissen der Verleger und Drucker zu schärfen und Fäl schungen rechtzeitig aufzudecken, planmäßig nach ihnen zu spüren. Unsere Forderung an die Wissenschaft geht nicht etwa dahin, von ihr unwissenschaftliche Arbeiten im politischen Interesse zu ver langen, im Gegenteil, wissenschaftliche Unantastbarkeit ist Voraus setzung für den politischen Wert einer wissenschaftlichen Schrift. Aber es ist nicht statthast, wissenschaftliche Forschungsergebnisse in unge schickter Form zu veröffentlichen. Die Wissenschaft muß sich der Trag weite jeder Veröffentlichung bewußt sein, für sie die geeignete Form finden oder — solange dies nicht gelungen ist — die Veröffentlichung znrnckstellen. Ebenso müssen wir fordern, daß politisch wissenschaft lich wichtige Themata heute den Vorrang vor solchen haben, mit deren Bearbeitung es nicht eilt. In einen Satz zusammengefaßt dürfen wir sagen: wir müssen von allen auf wissenschaftlichem Gebiet Tätigen verlangen, daß sie sich bewußt sind, welche Verantwortung in der Herstellung von Arbeiten und welche in der Unterlassung von wich tigen Arbeiten liegt. Erinnerungen aus Spanien. Niemals wird mir die Zeit aus dem Gedächtnis schwinden, als ich einst unter der Anleitung des liebenswürdigen, auch von Spaniern geschätzten Ferdinand Holm in Madrid den spanischen Buchhandel kennen lernte. Als langjähriger Geschäftsführer der lüdreria national V exlranjera in Madrid kannte er viele dortige Kollegen und war im Wesen des spanischen Buchhandels wie wenige bewandert. Merk würdige Gestalten lernte ich unter den Madrider Buchhändlern kennen, Männer, die voller Verachtung ans Bibliographie. Kataloge usw. her absahen, dafür wiesen sie auf ihren Schädel hin, der in fast allen Fällen ein ausgezeichnetes Gedächtnis barg. Gestalten wie Julian Dahün, Jose J-unqucra u. a., die am Tage, umschnurrt von großen Katzen, ihre Schätze bewachten, am Abend den Gesprächen ihrer im Geschäft zur lertulia (Gesellschaft) versammelten Kunden eifrig lauschten, ge hörten damals schon zu den seltenen Erscheinungen. Gegen 10^ Uhr kam die ausländische Post; die Tagesarbeit begann. O, ihr geschätzten Kollegen im lieben deutschen Vaterlande, wären die bei Einsichtnahme Eurer Bestellungen oft ausgesprochenen Verwünschungen in Erfüllung gegangen, ihr wäret nicht mehr lange die Zierde eures Standes geblieben! Ganz kühnen Geistern im deut schen Buchhandel mochte so etwas wie eine nach Leipziger Muster bestehende Madrider Anstalt für Buchhändler-Papiere vorschweben; es hieß häufig: Sofort eiligst, oder gar, wenn der Auftrag aus Dresden kam, »Königlicher Dienst«. Die Bibliographie lag damals in Spanien in den allerersten Windeln; die Murillosche »U'iblio- Zrakia« war wohl seit mehreren Jahren erschienen, konnte aber auf Vollständigkeit keinen Anspruch machen. Ta erschien uns denn unser Nachbar, der inmitten seiner Bücherschätzc thronende Don Victoriano Sn-arez als Netter in der Not; fast in allen Fällen konnte er helfen, hatte das Buch meistens selbst auf Lager, oder wußte, von wem es zu beziehen war. Damals, wie jetzt, stimmte die im Börsenblatt ver öffentlichte Adresse des spanischen Verlegers fast niemals, das war meist der Trucker, und man mußte sich an den Selbstverleger, an den Autor wenden. Einstmals kam eine Bestellung ans ein spanisches Exerzierreglement; wie ein von der Sehne geschnellter Pfeil sauste ich ab zum Kriegsministerium, zwei-, dreimal kam ich desselben Wegs gefahren, ich ward fast Duzfreund sämtlicher Beamten, die mich ob meines' vergeblichen Vorsprcchens bemitleideten. Endlich ertönte es von den Lippen eines Wissenden: »Sie müssen vorsprechcn, wenn es kühler geworden ist, an heißen Tagen kommt der Herr Oberst — der das Bücherlager verwaltet — nicht aufs Bureau«!! Der Verkehr des spanischen Buchhandels mit Deutschland ging bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts fast nur über Paris und war mit grasten Unkosten, Koni miss ionsgebühr usw. verbunden. Selten übernahm einer der wenigen, damals in Spanien weilenden deutschen Gelehrten die Vermittlung. Da trat nun um 1875 Ferd. Holm in die Bresche, gliederte seiner in der Hauptsache der evangelischen Mission dienenden Firma eine Ein- und Ausfuhrabteilung an. Trotzdem im Laden die Bilder der Reformatoren hingen, stellten sich Priester, Ge lehrte, Direktoren verschiedener Bibliotheken ein und wurden treue Kunden der »Ureria«. Den Wert des deutschen Buches erkannte die spanische Gelchrtcnwelt schon nm 1860. Teils in deutschen Aus gaben, teils in spanischen oder französischen Übersetzungen verdrängte es die Engländer und Amerikaner, indem es zu gleicher Zeit den in französischer und italienischer Sprache veröffentlichten Werken starken Abbruch tat. Nach Gründung des neuen Deutschen Reiches wurden die Beziehungen zwischen Deutschland und Spanien enger; beide Länder wurden häufiger besucht, das deutsche Buch begann auch jen seits der Pyrenäen stark gesucht zu werden. Vor allem kamen jedes Jahr deutsche Gelehrte ins Land, die in den Bibliotheken ar beiteten, in den Archiven von Simancas, Madrid, sowie in dem für spanische Kolonialgcschichte wichtigen ^reliivo cke las Inckias in Se villa forschten. Ich nenne hier Bochmer aus Lichtental, Baumgarten ans Straßbnrg, Manrenbrccher aus Bonn. Bei ihren Besuchen als Buchhändler zur Seite stehen und beraten durfte ich Justi aus Bonn, das Bild einer feinen deutschen Gelehrtennatnr, Hübner ans Berlin, Nnd. Beer ans Wien, Baist, damals in Erlangen, Eornu aus Prag n. a. m. Auch Hermann Bahr, dessen langer, schwarzer Bart damals noch in jugendlicher Frische prangte, erschien eines Tages im Geschäft. Seines, sagen wir Ninaldini-Aussehens halber hatte man ihn in
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