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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.11.1927
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1927-11-12
- Erscheinungsdatum
- 12.11.1927
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- Deutsch
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X? 284, 12, November 1927. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. gestaltung der Betriebsstatistik und in einer sinnvollen Zu sammenfassung der Einzelergcbnisse in den verschiedenen Betrie ben eines der Hauptmittel, eine Rationalisierung im Einzel handel überhaupt durchzusühren. Das gilt auch für den Buch handel, für den ja Rationalisierung gerade des Vertriebs eben falls dringend gefordert wird. Die Ncuproduktion im Buchhandel zeigt weiter steigende Tendenz. An erstmalig im Börsenblatt angckündigten Neuigkeiten wurden im Oktober 2026 gezählt gegen 1707 im Vor jahr. Das Mehr fällt um so schwerer ins Gewicht, als schon bisher das Ergebnis -des Vorjahres um rund 14 Tausend Titel überschritten war. Hoffentlich erweist sich der Markt für dieses Angebot genügend aufnahmefähig und auch aufnahmewillig. Führungen durch Stadt und Land als Beruf. Durch die Presse acht die Nachricht, daß in irgendeiner deutschen Stadt als neuer Frauenberuf der einer S t a d t f ü h r c r i n auf- gekliminen sei. Eine Dame habe es sich zur Aufgabe gemacht, Reise gesellschaften durchs Land zu führen, und es wird ihr nachgeriihmt, daß sie im Besitz all der Eigenschaften sei, die zur Lösung dieser Aufgabe gehöre»: eingehende Kenntnisse, Organisationstalent und Dispositionsgabe, Gewissenhaftigkeit und Gewandtheit, beste Um gangsformen und Großzügigkeit und, nicht zuletzt, Liebenswürdig keit und Aufmerksamkeit für ihre Schutzbefohlenen. Damit ist in Erfüllung gegangen, was ich vor rund 15 Jahren zum erstenmal forderte: wir brauchen Führer durch Stadt und Land im Hauptberuf: und zwar erschließe sich dieser Beruf vornehmlich gebildeten Frauen. Ihn mit Frauen besetzt zu sehen, sei aber um so willkommener, als sie keinem schon bestehenden Mauncsbcruf hier Konkurrenz machten. Es sei Aufgabe der Fraueuvereinc, hier voran- zugchcu. Daß ich nun gerade an dieser Stelle — im Börsenblatt — auf dieses Gebiet noch einmal aufmerksam mache, liegt daran, daß dieserBeruf am Buchhandel eine st a r k e und natür liche A u lehnung finde t. Zunächst und grundsätzlich ist zu sagen, daß wir weder in Stadt noch Land ein organisiertes Führertum haben. Was heute geboten wird, ist das übel beleumdete Führertum durch Kastellane, Schloß- wärter, Galeriediener, Küster usw., jeüe ganze Schicht von kleinen Schlüssclgewaltigen, die ein klapperdürres Gerippe von Tatsachen mit dem zerschlissenen lluiversalmautel von hochtönenden Redens arten zudccken; Tatsachen, die wenigstens im Augenblick au Ort und Stelle oft unentbehrlich sind, aber ohne jeden geistigen Zusammenhang herumflattern. Marcell Salzer gab diesen Typ seinerzeit in seinen Vorlesungen zum besten, und Fr. Hussong hat ihn neuerdings in der Tägl. Rundschau wieder abgemalt. Als rühmliche Ausnahme wurde mir der Küster-Führer durch den Naumburger Dom genannt: unaufdringlich und vornehm in seiner Art ist der Hausverwalter im Wittums-Palais in Weimar. Allein in Weimar auch ist der beste .Kenner der Stadtgeschichte aus Veranlassung des Verkehrsvereiüs bereit, gediegene Führungen durch die Stadt zu übernehmen. Sein Name ist im Buchhandel durch seine zahlreichen humoristischen Schrif ten bekannt: Askau Schmitt. Will man von den Ausgaben dieses neuen Berufes grundsätzlich sprechen, so muß mau ihn auf eine bestimmte Grundlage stellen, von der aus er erarbeitet werden kann. Für Städteführuugen ist dies geschichtliche, kuustgeschichtliche und volkswirtschaftliche Bildung: für das Land kommt naturwissenschaftliche und besonders geographisch- geologische Ausbildung hinzu. Aber das Wesen der Sache ist nun nicht, wissenschaftliche Spe- zialkenntuisse bis ins Äußerste zu spezialisieren und sie so vorzu- tragen: den fremden Besuchern gewissermaßen Daten auf Daten zu versetzen und sie zuletzt in der Fülle der Einzelheiten ersticken zu lassen, sodaß die einen mit ungeheurem Respekt vor dem allwissen den Führer, aber ohne jeden Dauernutzen, von dannen ziehen: die anderen mit dem Bedauern, daß ihnen aus soviel wertvollem Material nicht ein Bild größerer Zusammenhänge aufgegangen sei. Sie leisten innerlich Verzicht, sich aus die Höhe der Situation zu erheben, und verfallen einem stillen Grauen vor der Langenweile 'dieser gelehrten Eintönigkeit, die sich von Ort zu Ort wiederholt und die Reisenden zuletzt daran gewöhnt, den äußeren Vergnügungen den Vorzug zu geben. In dieser Kritik äußert sich das Bedürfnis nach der richtige n Führung. Es kommt darauf au, das Einzelne im großen Ga nz e n a u fge h e n zu lassen und in dcr Ortsfüh - rung ein Spiegelbild der allgemeinen Entwick lung z u geben. B e st e Allgemeinbildung in besonderer Anwendung auf die örtlich gegebenen sehens- und bemerkenswerten Besonderheiten ist also Voraussetzung: oder anders herum: vollkommene Kenntnis der ö r t l i ch e n V e r h ä l t n i s s c a u f d c m H i n- tergrund der größeren allgemeinen Strömungen. Für den, der sich dieser Aufgabe unterziehen will, bedarf cs also eines Befähigungsnachweises. Man findet ihn herkömmlicherwcise in einem ausgiebigen akademischen Studium, dessen natürlicher Ab schluß, die Prüfung, als solcher Nachweis empfunden wird. Aber die wissenschaftlichen Kenntnisse sind doch nur die eine Seite der Sache. Sie sind Grundlage, schlechthin Voraussetzung. Aber geben sie etwa Gewähr, daß jemand sich und sein Wissen redend oder mit dem geschriebenen Wort vortrageu kann? Noch viel weniger geben sic Anleitung zum Verkehr mit einem reisenden und immer wieder anders zusammengesetzten Publikum, dessen geistige Bildung und dessen Ansprüche wechselnd sind wie die Stimmungen über Land schaft und Meer. Was kann man bei den Hörern voraussetzcn, und wie ermittelt man das? Wie nur »gebildet«, oder wie wissenschaft lich oder wie populär hat man sich zu geben? Kurz: die Methode der Führung will nach zwei Seiten hin gelernt sein: in der Dar stellung des an und für sich geläufigen Stoffes und im Um gang mit den Reisenden. Das Ganze ist zuletzt eine K u n st, und der Führende ist nicht zuletzt ein Mensch, in dessen Hand es gelegt ist, Deutschen ihr Vaterland zu zeigen und ihnen, vom Sprungbrett der Einzelheiten aus, einen Begriff von der Arbeit von Jahrtausen den zu geben, auf deren Schultern sie stehen. Mit einem anderen Wort, das diese ganze Arbeit zusammeufaßt, können wir sie auch als eine Heimatkunde bezeichnen, oder als eine H e i m a t l e h r e, wie sie ja auch in den Schulen augestrebt wird. Aber es muß hier alles fallen, was schulisch-eng ist, was sich lehrhaft gebärdet, was anmaßlich dozierend daher stelzt und dem Hörer das Gefühl gibt, doch zuletzt nur der »dumme Junge« zu sein, der nicht aufgepaßt hat und dies alles eigentlich wissen sollte. Gerade dieses Gefühl hat der Führer oder die Führcrin ihrer Schar möglichst sofort zu nehmen. Sie sollen erstaunen und ergriffen werden, sodaß Reise- und Erkenntnisfreude Hand in Hand gehen und die Welle schönen Erlebens alle hoch über Sorgen und Alltag in die Freude au der Welt im allgemeinen und am Vaterland im besonderen hinein trägt. Ich spreche über diese Dinge aus einiger Erfahrung. Die Welt des Küster-Führertums haben wir ja alle kennen gelernt, die je bis zum nächsten gotischen Tom gekommen sind. Behelfsmäßig griffen wir dann nach dem gedruckten Führer, dessen Typ das übliche Reisehand buch ist. Aber das ist nun wieder zu sehr Katalog und erschöpft sich in geistloser Aufzählung. Was »berühmt« ist, wird durch ein, zwei Sternchen hervorgehoben: die aber "sagen nicht, was hier bemerkens wert sei, geben nicht Fleisch und Blut der Erkenntnis um die Tatsache, sondern wirken sich dahin aus, daß der Reisende weiß, was er »ge sehen haben muß«. Schließlich ist das Schlüsselloch im Vatikan wich tiger als der Papst. Die entscheidende Frage nun, wie man es besser macht, die ist's, die mich seit Jahren bewegt hat. Denn cs handelt sich hier um eine öffentliche pädagogische Aufgabe, die darin besteht, d i e B i l d u n g s w e r t e zu e r s ch l i e ß e u, die offen-verborgen überall im Reich vorhanden sind. Aus diesem Streben sind daun die Lehrgänge der Deutschen Heimatschulc erwachsen. Sie sollen sehen und verstehen lernen. Wie machen wir's? Beschreiben läßt sich das nicht, cs will erlebt sein. Ich kann nur versuchen, einiges anzudeuten, um daun entsprechende Folgerun gen anzukuüpfeu. Wissenschaftlich gesprochen steht cs so: wir lassen vor den Hö rern das Bild der alten Landschaft entstehen, indem wir die Ver kehrswege und deren Aufgabe schildern. Sie verbinden Landschaften untereinander und geben das beste historische Gerippe für das Auf kommen der Orte. Haben wir erst einmal dies alte Bild, so er weitert es sich fast selbsttätig durch die wirtschaftlichen Ausgaben und deren Folgen. Mauern, steinerne Häuser, Burgen entstehen: die Kirchen übernehmen die älteren heiligen Stätten und wandeln sich in ihrer Erscheinung nach großen allgemein geltenden Perioden aber nicht ohne lokale Prägung im Einzelnen. Die Mauergiirtel fallen: Wachstum au Volk und Arbeit verwandelt das Ganze, und die moderne Stadt entsteht, die der größten Organisation bedarf, da mit ihr Leben in geordneter Bahn verläuft. Kein Lebensge biet, das sich nicht von da aus erfassen ließe! Es würde hier zu weit führen und wahrscheinlich auch auf Un gerechtigkeiten hiuauslaufen, wenn ich der vorhandenen Hilfsmittel gedenken wollte, die trotz aller Kritik im einzelnen vorhanden sind, indem ich diese nenne und jene verschweige. Jedenfalls haben Fr. Brandstetter, Habbel K Naumann, Bruckmauu u. a. vieles geleistet, 1331
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