Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.11.1927
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,>6 267, 17. Roocmber 1927. Redaktioneller Teil. Kleine Mitteilungen. Ausverkauf. — Die Finna D ü s s e l d o r f e r B u ch v e r s a n d Leo Scherpenbach, Düsseldorf, Schadowstraße 05, veran staltet einen Ausverkauf wegen Aufgabe ihres Sortimentsgeschäfts. Wir weisen darauf hin, daß Nachbezüge gesetzlich unzulässig sind. In den Akademischen Kursen in Düsseldorf spricht Herr Fritz Worm, Inhaber der Buchhandlung Ernst Ohle in Düsseldorf über Freiheit und Form in der Kunst (Bildende Kunst und Dichtung) an 0 Abenden vom 8. November bis 13. Dezember. Neue Wege in der russischen Kindcrliteratur. (Vortrag von vr. Jak. Meksin in der Deutschen Bücherei am 8. November.) — Der Vortrag des Leiters der Jugendschriften-Abteilung des russi schen Staatsverlags in Moskau, Or. Jak. Meksin, hatte ein über Er warten zahlreiches Publikum versammelt, in dem Buchhandel, Buch gewerbe, Lehrerschaft gleich stark vertreten waren. Zu diesem schönen äußeren Erfolge dürfte der Umstand beigetragen haben, daß das im Vortrag Gesagte durch die reichhaltige, mehr als 200 Objekte fassende Ausstellung russischer Kinderbücher in überzeugendster, an schaulichster Weise illustriert wurde. Besonders hervorzuheben ist dabei das liebenswürdige, entgegenkommende Verhalten von vr. Meksin, der die Besucher nicht nur in den ausgestellten Büchern blättern ließ, sondern auch auf jede Frage bereitwillig Auskunft gab. So gewann man ein klares Bild von den modernen Bestrebun gen auf dem Gebiete der Jugendliteratur im heutigen Rußland, und zu bedauern ist nur, daß die Ausstellung nicht wenigstens einige Tage in Leipzig bleiben konnte, sondern bereits am Tage des Vor trags wieder weggeräumt werden mußte. Der Vortrag begann mit einem Hinweis auf den außerordent lichen Aufschwung der russischen Kinderliteratur etwa von 1922 an. Bemerkenswert ist dabei vor allem, daß es zum größten Teil junge Schriftsteller und Zeichner sind, die sich heute in den Dienst der Jugendliteratur stellen. Ihre Arbeiten mögen oft dilettantisch an muten und einen wirklichen künstlerischen Stil vermissen lassen, dafür aber sind sie auch frei von jeder Routine und voll frischen, über- qucllenden Lebens. Immerhin führte der Mangel an Erfahrung und technischer Ausbildung bei diesen jungen Leuten dazu, daß die Verlagsanstalten, in erster Linie der Staatsverlag tn Moskau, ihre Mitarbeiter anleiten und anweisen mußten. In etwa aller vierzehn Tage stattfindenden Zusammenkünften werden die dem Verlag an gebotenen Werke von Schriftstellern, Zeichnern, Pädagogen, Biblio thekaren einer vielseitigen Prüfung unterzogen, wobei oft genug auch grundsätzliche Debatten ausgefochten werden. Interessanter noch sind die in einzelnen Fällen unternommenen Versuche, die für den Druck in Aussicht genommenen Werke vorher noch einem Kreis von Kindern zur Beurteilung vorzulegen, wobei es sich dann oft zeigt, daß die Stellungnahme der Kinder zu Bild und Wort die vorherige Bewertung durch Erwachsene völlig umstößt. Bezeichnend ist dabei, daß allzu absichtliche Primitivität, bewußte Nachahmungen von Kinderzeichnungen gewöhnlich schroff abgclehnt werden, ebenso wie zu weit gehende Stilisierungen, die der Natur Gewalt antun. Kinder erkennen alles Unechte, Unaufrichtige, nur Gewollte viel deutlicher als Erwachsene. Der Vortragende berichtete weiter über die grundsätzlichen Fragen, die gegenwärtig die Verfasser und Her ausgeber von Kinderbüchern in Rußland beschäftigen. Gegen phan tastische Märchen und aller Art anthropomorphistische Neigungen (Belebung der toten Natur, Vermenschlichung der Tiere) wird heute heftig gekämpft. Doch treten auch noch zahlreiche Pädagogen für das Märchen ein, und eine große Anzahl vertritt einen mittleren Standpunkt, indem sie die klassischen Werke der Märchendichtung einem späteren Alter Vorbehalten will, wo das Kind bereits Wahr heit und Dichtung auseinanderzuhalten vermag und daher nicht mehr der Gefahr der Desorientierung ausgesctzt ist. Eine sehr große Nolle spielt im neuen Rußland das technische Kinderbuch, das seine kleinen Leser über die Entstehung der Dinge des alltäglichen Lebens, über die Verkehrsmittel, über die Errungen schaften der Technik und ihre Bedeutung im Leben des Einzelnen unterrichtet. Hier kommt alles ans die Anschaulichkeit der Darstel lung und den kindertümlichen Ton der Erzählung an. und einige von den ausgestellten Büchern beweisen, daß gerade aus diesem Ge biete in Rußland schon sehr Beachtenswertes geschaffen worden ist. Vor allem wäre hier auf die ganz ausgezeichneten Bücher von Schit- kow (»Wie ein Buch entsteht«, »Die Geschichte vom Telegramm«) hinzuweisen, denen man einen deutschen Bearbeiter von Herzen wün schen möchte. Neben diesen in erster Linie belehrenden Büchern herrschen auf dem russischen Markt durchaus Schilderungen des All tagslebens vor. Der Realismus als Wesenseigcntümlichkcit der ganzen russischen Literatur zeigt sich auch in den Kinderbüchern. Und da ist es denn wirklich auch für uns sehr lehrreich, zu sehen, wie die russischen Kinderdichter und vor allein Zeichner den gewöhn lichsten Dingen einen eigenen Reiz zu verleihen wissen, wie sie sie künstlerisch und kindcrtiimlich zugleich darstellen. Es genügt, die Titel einiger Bücher zu nennen, um die Stoffgebiete zu kennzeichnen, auf denen sie sich bewegen: »Wir in der Ferienkolonie«, »Auf Schnee schuhen«, »Die Pfadfinder sind da!«, »Wie die kleine Alla krank wurde« usw. Großstadtbilder wechseln mit Schilderungen aus dem Leben der Dorfkinder, von revolutionären Abenteuern und den Röten der Obdachlosen wird erzählt, auch an politischer Propagandalitera tur fehlt es nicht (ohne daß diese sich übrigens besonders vordrängte): »Was Lenin den Kindern zu sagen hat«, »Die Kinder-Jnternationale«, »Der erste Mai« usw. Daneben aber gibt es auch eine reiche Kinöer- literatur, die von allem Didaktischen absicht und den kleinen Leuteü nur Spaß machen will. Mit zu dem Erfreulichsten auf der Aus stellung gehörten die vielen lustigen Bücher, unter denen besonders die von K. Tschukowskij hervorzuhebcn sind, einem Schriftsteller, der vor dem Kriege zu den angesehensten Publizisten und Kritikern ge hörte und sich erst in den letzten Jahren der Kindcrdichtung zu gewandt hat. Seine Verse sind von großer Schlagkraft und Ein prägsamkeit, und zu ihnen kommen noch die köstlichen Zeichnungen des Künstlers Annenkow, die an das Beste von Wilhelm Busch, mit unter auch (wie in der Geschichte vom Krokodil) an Heinrich Kley erinnern. Als besonders erfreulich hob der Vortragende zwei Tat sachen hervor: erstens würden die alten Klassiker der Kinderliteratur neuerdings wieder in Ehren ausgenommen: Jules Verne, Dickens, Mark Twain, die deutschen Volksbücher von Till Euleuspiegel, Münchhausen usw. Zweitens aber bekundet sich auch in der Kinder- litcratur ein immer stärkeres Hinstreben zur Volkskunst; nicht nur werden alte Volks- und Kinderlieber neu gedruckt und mit ent sprechenden Illustrationen versehen, sondern es sind auch zahlreiche neue Lieder ausgezeichnet worden, die man nun auch den Kindern nahezubrrngen sucht. Mit Nachdruck hob der Vortragende ferner hervor, daß das russische Kinderbuch in seiner künstlerischen Vollendung, wie es auf der Internationalen Buchkunst-Ausstellung schon so viel Aufsehen und Bewunderung erregt habe, keineswegs eine Schöpfung des neuen Rußland sei, sondern daß auch die neuen russischen Kinderbücher eine seit Jahrzehnten gepflegte Tradition sortsetzten. Er wies vor allem auf die um die Jahrhundertwende gegründete Künstlervcr- einigung »Mr jZkusst^va« (»Die Kunstwelt«) hin. die sich auch der künstlerischen Kultur des Kinderbuches widmete und der solche Mei ster angehörten wie Alexander Benois. I. Bilibin, Elena Polenowa. G. Narbut u. a. Diese Künstler (die ihrerseits wieder stark von deutschen Meistern wie Krcidolf, Jul. Diez, Freyhold. Hofer u. a. angeregt wurden) haben die gegenwärtige Künstlergeneratron er zogen, von ihnen haben auch die scheinbaren Autodidakten unter den Jüngsten sehr viel gelernt. Die große Zahl dieser letzteren hat zur Folge, daß sich im russischen Kinderbuch gegenwärtig die verschieden sten Kunstrichtungen und Stile austoben — Naturalismus und Im pressionismus, Expressionismus und Konstruktivismus. Ein bedeut sames Korrektiv gegen das Übermaß an künstlerischer Willkür ist die schon erwähnte Kritik der kindlichen Leser. In der Technik der Illustration herrscht die farbige Lithographie vor, wobei Künstler wie Konaschewitsch, Lebedew, Kusnetzom u. a. mit geringen Mitteln oft verblüffende Wirkungen erzielen. Neuer dings wird auch der Offsetdruck öfter angewandt, doch nur in be scheidenem Umfang, mit nicht mehr als zwei oder drei Farben. Wie mit wenigen Farben stärkste koloristische Effekte geschaffen werden können, ist mit das Reizvollste an diesen Büchern, bei denen noch eins besonders hervorgehoben werden muß — ihr billiger Preis. Mit dem Problem, wie man ein billiges Buch künstlerisch gestaltet und umgekehrt ein künstlerisches Buch billig herstcllt. beschäftigt sich der russische Verlag unausgesetzt, und vielfach ist er der Lösung dieses Problems schon sehr nahe gekommen. Von wesentlicher Bedeutung sind die hohen Auslagen der russischen Kinderbücher — die Ziffern schwanken zwischen 26 000 und 50 000. Heute sieht man schon häufig in den Händen von Arbeiter- und Bauernkindern Groschenbücher mit Abbildungen von ersten russischen Künstlern. Der Vortragende schloß mit einem Hinweis darauf, wie eng das russische Kinderbuch von jeher mit dem deutschen verbunden war, wieviel die russische Jugendliteratur der deutschen verdanke, wieviel sie von ihr gelernt habe. Wenn nun das russische Kinderbuch den deutschen Schriftstellern, Zeichnern und Verlegern künstlerische Werte zu vermitteln und Anregungen zu bieten vermöge, so solle das auf gefaßt werden als Beweis der Erkenntlichkeit für die große Be reicherung, die das russische Geistesleben von jeher durch die deutsche Kultur erfahren habe, und als Gewähr für die weitere erfolgreiche Zusammenarbeit zweier großer Völker. ' vr. Arthur Luther. 1347
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