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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.06.1928
- Strukturtyp
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- 1928-06-23
- Erscheinungsdatum
- 23.06.1928
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- Deutsch
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X- 144, 23, Juni 1028, Redaktioneller Teil, und so fort mit Grazie, bis der Saal zum allgemeinen Hallo verfinstert war. Diesen Unfug versuchten wir bei allen Lehrern, Nur bei dem strengen Krebs ging's nicht. Beim Fortgehen aus dem Schulzimmer drängten wir uns gewöhnlich allesamt so stark zur Türe, daß sie nicht aufging und kein Mensch hinaus tonnte. Da entstand ein uns hochwill kommener Wirrwarr, Stühle und Tische wurden mit Radau hin- und hergeschoben, es gab einen Riesenlärm, schließlich dichte auch noch einer das Gas ab, bis uns ein heilloses Donnerwetter zur Ruhe brachte. Das war bei uns eine sehr beliebte Tollität, Na, und erinnert ihr euch noch an das Fenster, an dem im Schulzimmer unten Blanchard saß. Wißt ihr noch, wie wir auf der anderen Seite Tische und Stühle übereinander bauten, um von oben durch den Schacht Papierschnitzel auf Blanchards Kopf fallen zu lassen, »Es regnete-- — Blanchard wunderte sich und hatte keine Ahnung, daß wir die Schlingel waren, die ihn störten und sich hinter seinem Rücken scheckig lachten. Der liebe, gute Blanchard! Latein und Griechisch mochten viele Schüler nicht gern. Und wenn wir keine Lust zum Deklinieren hatten, verdufteten wir nach Gohlis zum Exerzierplatz, der uns viel öfter sah als die lateinische Unterrichtsstunde, Ja, die Soldaten hatten es uns angetan. Wir waren wie die Mädels damals. Aber man glaube nun beileibe nicht etwa, daß wir weiter nichts als Dummheiten gemacht hätten in der Lehranstalt, O nein, täglich hieß es schon um 8 Uhr früh in der Schule sein. Dann ging's bis l2 Uhr ins Geschäft, von 2—8 wiederum, also vom Achtstundentag war keine Rede, Schreiber dieses hatte bis zur Schule X Stunde Weg, sodaß spätestens X5 Uhr früh, !m Winter X8 Uhr, aufgestanden werden mußte. Wir haben viel und fleißig gearbeitet, bestimmt aber nrehr als es heute geschieht — das möge unserer modernen Jugend ins Stammbuch geschrieben sein! Und wenn dann die Entlassungsfeiern kamen, da war fest liche Hochstimmung, Noch heute weiß ich, welch tiefen Eindruck immer die Abschiedsreden des Direktors Bräutigam und die Schlußreden der Schüler, jede in einer fremden Sprache, aus uns gemacht haben. Und dann zogen wir hinaus ins Leben, in den Buch- oder Zeitschriftenhandel, um unser Lebcnswerk zu tun. Der Buch- und Sortimentshandel wollte schon damals nichts vom Zeitschriftenhandel wissen; das Gebiet war ihm zu klein und unbedeutend. Er übersah den schon damals sich an bahnenden Riesenausschwung des Zeitschristenwesens, Nur ein zelne gingen den neuen Weg, bis langsam im Berufe eine neue Sparte heranwuchs. Wir, die wir dazu gehören, haben es nie zu bereuen brauchen. Und es erscheint mir auch bei dieser Ge legenheit angebracht, einmal darauf hinzuweisen, daß schon mit Rücksicht auf die heutige Bedeutung des Zeitschriftenhandels in den Schulplan der Buchhändler-Lehr anstalt der Zeitschriftenhandel als Lehrfach ausgenommen und speziell behandelt werden sollte. Aber auch den anderen Teilen des Buchhandels: Rersebuch- handel, Bahnhofsbuchhandel, Straßenzeitschriftenhandel, Lese zirkel, die sich in den letzten Jahren zu einer beachtlichen Höhe entwickelt haben, sollte die Lehranstalt Aufmerksamkeit erweisen. Denn heute werden durch diese Kanäle ungeheure Mengen an Büchern und Zeitschriften unter das Lesepublikum gebracht, und viele Tausende von Mitarbeitern, darunter solche in hochbezahl ten Stellungen, finden hier ihr gutes Auskommen, — Aber nicht nur die Lehranstalt sollte hierfür Interesse zeigen, auch der Börsenverein sollte bei der beabsichtigten Reorganisation darauf zurückkommen und die verstreuten Schäflein sammeln und unter die Aufsicht eines »guten Hirten- stellen. Doch es liegt mir fern, in festlicher Stunde weiter abzuschweifen. Jetzt heißt es feiern in froher Gemeinschaft und reiner Wiedersehensfreude, Darum: unsere alte liebe Buchhändler-Lehranstalt, die nunmehr ,75jährige, sie möge weiter wachsen, blühen und gedeihen, Glück auf für das 180jährige Jubiläum! Dresden, RichardLeonhardt, 700 „und alte liebe Schatten steigen auf.. Der Aufforderung der Schriftleitung des Börsenblattes, mich anläßlich der 7bjährigen Jubelfeier der Deutschen Buch händler-Lehranstalt zu äußern, entspreche ich als ungefähr gleich altriger gern. Werden dabei doch alte Erinnerungen an die Jahre des Werdens und Wachsens in mir wach, die trotz aller jugendlichen Kämpfe und Nöte — oder gerade deshalb? — zu den schönsten des Lebens gehören. Dem « ,,, wird hiermit das Zeugnis der Reife zur eigenen Fortbildung im Beruf erteilt«. So ungefähr lautete wohl die Bescheinigung, die nach beendeter Schulzeit bei ange messenen Leistungen der junge Buchhändler zu meiner Zeit, das sind jetzt etwa 6V Jahre her, von der Leipziger Buchhändler- Lehranstalt ausgehändigt wurde. Klar und deutlich scheint mir damit der Zweck dieser Schule ausgesprochen zu sein. Daß die rein praktische Ausbildung, die dem jungen Handelsbeslissencn während der Lehrjahre bestenfalls zuteil werden konnte, nicht genügte, hatten schon einige Jahrzehnte vor der Gründung der Buchhändlerschule da und dort, in Gotha, Leipzig usw, die Kauf leute eingesehen, dies auch für den Buchhandel erkannt und Mittel und Wege für die Ausführung des Gedankens gesunden zu haben, wird den Vätern der Schule stets als hohes Verdienst angerechnet werden müssen. Über das Wie der Ausführung wird sich dabei immer streiten lassen. Ich habe es niemals als einen Fehler erachten können, daß der Plan zu meiner Zeit ziem lich breit angelegt war. Bei der Eigenart des buchhändlerischeu Berufs erscheint mir das geboten. Bin ich recht unterrichtet, so zog man später den Kreis der Unterrichtsfächer enger. Sicher lich nur, weil die Zeit, die das Geschäft dem Lehrling für seine theoretische Ausbildung zur Verfügung stellen kann, doch immer bloß eine beschränkte sein wird. Die Erfolge der Schule? Wenn diese nicht allerlei Perthes, Meyer oder Brockhaus herangebildet hat, liegt es an ihr? Nein! Die ganz großen werden immer geboren und wie Raffael der große Maler geworden wäre, auch wenn er keine Hände gehabt hätte, so hätte dieser und jener er folgreiche Schüler der Buchhändler-Lehranstalt wohl auch ohne sie seinen Weg gemacht. Daß sie ihm aber das Vorwärtskommcn sehr wesentlich erleichterte, das wird kaum einer von ihnen be streiten, Nicht nur diese, sondern auch jene, denen es nicht ver gönnt war, Führer zu werden. Was fängt der Offizier an, wenn ec nicht über tüchtig durchgebildete Mannschaften verfügt? Sie alle werden, ja müssen deshalb der Anstalt wie ich immer dankbar gedenken. Der Anstalt im allgemeinen und diesem und jenem der Lehrer wohl noch im besondern. Wir wissen es doch, zu allen Zeiten waren auch den Lehrern die Kräfte verschieden zugeteilt, die Fähigkeit, das ihnen übertragene Lehrfach anziehend zu gestalten und, was ebenso wichtig ist, das Geschick, die Eigen art der Schülerschaft richtig zu erkennen und diese dement sprechend zu behandeln, Meister darin war zu meiner Zeit, schon oft ist ihm dies Lob gesungen worden, der Direktor der Anstalt, vr, Bräutigam, Immer klar, bestimmt, dabei an feuernd, begeisternd, bisweilen streng, aber wo es angebracht erschien, wieder voll Nachsicht und Milde gegen Unbotmäßigkeit, wenn er deren Grundlage erkannt hatte. Habe das an mir selbst einmal erfahren. Lange Zeit sah ich meinen ihm gegen über bei einer Gelegenheit gezeigten Widerspruch als eine Selbst verständlichkeit, sein Einschreiten als ein mir widerfahrenes Un recht, sein schließliches Nachgeben als eine Niederlage für ihn an. Später, reifer geworden, gelangte ich aber doch zu der Er kenntnis, daß wir beide, er und ich, jeder in seiner Weise aus sich heraus, richtig gehandelt hatten, er aber doch der rechte Pädagog war, indem er dem jugendlichen Eigensinn Zugeständ nisse zu machen vermochte. Und habe es ihm von Herzen ge dankt, Ich berühre dies hier bloß, weil mir mit das Wichtigste bei Schulen dieser Art die Eintracht zwischen Lehrer- und Schülerschaft erscheint. Sehr schwere Ausgaben sind der ersteren damit gestellt. Schon die große Verschiedenartigkeit in der Vor bildung der Schüler bringt solche mit sich, noch mehr vielleicht die nach den eigentlichen Schuljahren oft genug zutage tretende Lernmüdigkeit, die Abneigung gegen jede Art von Schuldrill, das Verlangen, endlich einmal in Sturm und Drang den Stun-
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