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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.10.1928
- Strukturtyp
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- 1928-10-04
- Erscheinungsdatum
- 04.10.1928
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- Deutsch
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232, 4. Oktober 1928, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. gingen von Zeit zu Zeit abends den Kanal entlang nach Nymphen- burg und tranken unter den Kastanien des »Kontrollors« ein fried liches Glas Bier. Die Verlagsbüros wurden ja schon um 6 Uhr geschlossen und das kam uns nach der Berliner Sortimentcrzeit geradezu paradiesisch vor. Müller war als Hilfskraft in der Redak tion der »Kunst für Alle« beschäftigt, ich dagegen bloß Expedient und so blickte ich mit Neid auf seine so viel »geistigere« Tätigkeit. Bei unseren Unterhaltungen stellten wir fest, das; wir nun beide mit kärglichem Urlaub jahrelang angeschirrt gewesen seien und daß es nun eigentlich an der Zeit sei, sich auch einmal was zu gönnen. Wir kündigten unsere Posten und reisten Ende Oktober 1902 zusammen über Straßburg nach Paris. Das Straßburger Münster war natür lich ein großes Erlebnis. In Paris mieteten wir uns auf dem linken Seine-Ufer in der Nue Jacob in einem möblierten Hause ein. Ich im sechsten, er — denn sein Geldbeutel war der stattlichere — im vierten Stock. Wir hatten wunderschönes sonniges Herbstwetter. Die Kastanien blühten zum zweitenmal. Der Louvre, nur wenige Schritte von unserer Wohnung entfernt, auf dem anderen Ufer, wurde genau studiert. Der Katalog wurde allmählich schwarz von Rand bemerkungen. Natürlich blieb auch keines der anderen Museen un besucht. Nach Versailles, zu den Königsgräbern von St. Denis, auf die Terrasse von Saint Germain wurden Ausflüge gemacht. Gingen wir in das Theätre Franyais, z. B. in den »Malade imaginaire«, so lasen wir vorher das Stück mit verteilten Rollen, um nur ja kein Wort der Aufführung zu verlieren. Als es kälter wurde, muhte denn geheizt werden. Wir fürchteten aber, wenn wir einfach dem Hauswirt Auftrag geben zum Heizen, so würde das unerschwinglich teuer. So schleppten wir denn unter unseren Havelocks (damals trug man noch welche) große Bnchenklobcn ins Haus und freuten uns, wenn wir un gesehen die Treppe hinanfgekommen waren. Sie knallten lustig im offenen Kamin. Sechs Wochen lang gingen wir Tag für Tag zusammen aus. Bald hatten wir bei den Antiquaren und bei den Büchertrödlern an der Seine in Stößen Lithos von Daumier, Radierungen von Goya, japa nische Holzschnitte usw. entdeckt. Die Daumiers kosteten 15 Cts., die Goyas und die Japaner (alte Drucke) einen Frc. das Stück. Es war stillschweigende Übereinkunft, daß keiner allein zu diesen Quellen gehen dürfe und daß jeder nur genau so viel Blätter kaufen dürfe wie der andere. Als aber Hokusais Hundert Ansichten des Fusiyama nur einmal vorhanden waren, wäre es beinahe zu einer Tragödie gekommen. Aber da ich die drei gelben Hefte entdeckt und auch sofort als das berühmte Werk erkannt hatte, mußte Müller schließlich nach geben. Denn das Werk zu halbieren, wäre doch zu barbarisch gewesen. Ich konnte nicht so lange Ferien machen wie Müller. Durch seine Empfehlung kam ich kurz vor Weihnachten in meine letzte Sorti menterstellung nach Dresden. Dort sah ich endgültig ein, daß ich mich zum Sortimenter nicht eigne. Ich wollte das Publikum nicht nur einfach »bedienen«, sondern nebenher auch »erziehen«. Aber das ging nicht. Auch verfügte ich nicht über den unerschöpflichen Vorrat von höflichen Redewendungen und Ergebenheitsbezeugungen, der von mir erwartet wurde. So war ich denn froh, als Georg Müller im Oktober 1903 in München seinen Verlag gründete und mich fragte, ob ich zu ihm kommen wolle. Er hatte den Verlag Georg Heinrich Meyer mit den Autoren Rudolf Huch, Adolf Pichler, Wilhelm Fischer in Graz, Wilhelm Weigand u. a. erworben. Die neugegründeten Süd deutschen Monatshefte, deren Mitherausgeber Weigand war, erschienen in seinem Kommissionsverlag. Sie waren damals noch eine rein belletristische Zeitschrift. Der Verlag bestand aus zwei Zimmern in der Königstraße. Man sah von ihnen auf die grünen Wipfel des Englischen Gartens. Das Personal zählte drei Mann. Die Süddeut schen Monatshefte waren mir zugeteilt. Als ich zu Müller ging, hatte ich aber schon eigene feste Verlags pläne — den Dafnis und Traumulus von Arno Holz, die Modernen Illustratoren, das Buddho-Werk Karl Eugen Neumanns — und ich schlug Müller alsbald vor, neben dem seinen mit mir zusammen noch einen gemeinsamen Verlag zu gründen. Eine charakteristische Eigen schaft Müllers war seine große Bereitwilligkeit, auf Vorschläge ein- zugehen. Durch sie erklärt sich auch zu einem gewissen Teil die spätere enorme Ausdehnung seines Verlags. So war er auch in diesem Falle ohne viel Umstände mit der gemeinsamen Firma einverstanden und im Mai 1904 gingen wir zusammen zum Justizpalast, um den Verlag N. Piper L Co. ins Handelsregister eintragen zu lassen. Es war vereinbart worden, daß Müller für die gemeinsame Firma persönlich nicht tätig zu sein brauche, für die mechanischen Arbeiten aber sein Personal zur Verfügung stelle. Mit dem Anwachsen beider Verlage — besonders dem sehr schnellen des Müllerschen — mußten sich aus diesem Nebeneinander aber doch allerlei Schwierigkeiten ergeben und so trennten wir uns nach etwa zwei Jahren in Güte. Natürlich sahen wir uns nun seltener, doch verfolgte ich die weitere Tätigkeit Georg 1092 Müllers mit lebhaftem Interesse. Müller entfaltete eine einzig artige Arbeitskraft. Er war mit Expansionsdrang geladen. Die meisten Leser des Börsenblattes entsinnen sich wohl noch der Zeit, wo fast jede Nummer eine Anzeige seines Verlages brachte. Gesamt- Ausgabe nach Gesamt-Ausgabe wurde begonnen, er schien die ganze Weltliteratur noch einmal verlegen zu wollen. Er setzte ein Heer von Angestellten, Herausgebern, Druckern, Buchbindern, Buchhändlern, Käufern und Lesern in Bewegung. Alles Entscheidende betrieb er selbst. Da er im Verlag auch immer wohnte, blieb er morgens bis abends von Briefen, Manuskripten, Kalkulationen, Rechnungen, Büchern umringt, kaum daß er sich für ein paar Minuten an den Eßtisch setzte. Tage lang kam er nicht aus dem Hause. Wenn sich die Neuigkeiten so drängten, daß das Personal nicht mitkam, so machte es ihm nichts ans, nachts auch noch Fakturen auszuschreiben. Es war nicht immer ganz leicht mit ihm auszukommen. Unter der scheinbaren Sanftheit ver barg sich eine große Reizbarkeit. Es konnte zu heftigen Explosionen kommen. Er konnte sich dann so erregen, daß er die Gelbsucht be kam und ein paar Tage im Bett liegen mußte. Trotz des Riesen betriebes, in dem er steckte, hatte ich eigentlich immer den Eindruck, er sei ein einsamer Mann. Nach seinem Tode gab mir ein Autor seines Verlages einen langen Brief von ihm zu lesen, in dem er sich leidenschaftlich beklagte, daß er nur Schmeichler um sich habe, aber keinen Freund. Auch ihn versetzte der Kriegsausbruch zunächst in eine schwierige Lage. Aber dann kamen die Zeiten, in denen das abgesperrte Deutschland mehr Bücher kaufte als je vorher. Die riesigen Bestände seines Verlages lichteten sich überraschend. Seine enorme Produktion war über Nacht glänzend gerechtfertigt. Da starb er. Es war am 29. Dezember 1917, an seinem vierzigsten Geburtstag. Er hatte sich an seinem kleinen, eben noch scharlachkranken Töchterchen angesteckt, das er allzu sorglos zu sich ins Bett genommen hatte. Ich sah ihn aufgebahrt. Sein Gesicht zeigte im Tode einen stolzen, verschlossenen Ausdruck, der sich mir unwillkürlich in die Worte formte: »Ihr könnt machen, was ihr wollt. Ich sage nichts mehr«. Die Maschine im Büro. Von Kadach. Welch ungeheure Rolle die Technik heute im modernen Büro spielt, zeigte die Internationale VI. Büro-Ausstellung, die Mitte September in Berlin stattfand (s. a. Nr. 212, S. 1010). Fast alle Büroarbeiten, die irgendwie mechanischer Natur sind, können heute durch Maschinen ausgeführt werden. Ist man doch bestrebt, in mög lichst kurzer Zeit einen bestimmten Endzweck zu erreichen, und so die Büroarbeit produktiver als bisher zu gestalten. Auch im Buch handel beginnt jetzt die Büromaschine ihren Einzug zu halten. Unsere Aufgabe soll es daher sein, einige Maschinen und Systeme zu besprechen, die auch für den buchhändlerischen Betrieb in Frage kommen können. Von der Schreibmaschinentechnik kann man wohl ruhig behaup ten, daß sie sich voll und ganz durchgesetzt hat. In welchem Betrieb wird wohl heute noch Korrespondenz mit der Hand erledigt? Die einzelnen Systeme sind alle bekannt. Es erübrigt sich daher, näher auf sie einzugehen. Die lautlos schreibende Maschine — der Wunsch aller Schreiberinnen — wird jetzt bereits gebaut, ist leider aber für einen Mittelbetrieb wegen ihres hohen Preises unerschwinglich. Außerordentlich zahlreiche Systeme wollen uns die Vervielfältigung eines Briefes erleichtern und ihm das Aussehen eines mit der Schreibmaschine geschriebenen Briefes geben. Jeder Werbebrief sinkt zum Schemabrief herab, wenn er mangelhaft vervielfältigt ist. Die Wachsmatrize ist überlebt. Wohl sieht man hie und da noch Briefe, die mit einem Wachsmatrizenapparat vervielfältigt wurden. Unbeachtet legt man sie beiseite. Heute kann man nur noch Typen- druckcr verwenden, wenn man erreichen will, daß der Werbebrief gelesen wird. Von den bewährtesten Vervielfältigungsmaschinen seien der M u l t i g r a p h - A p p a r a t und der Dapag-Appa- rat genannt. Beide Maschinen, die für Hand- und Motorbetrieb eingerichtet sind, schaffen in der Stunde 3000 Briefe, die von einem getippten Briefe nicht ohne weiteres zu unterscheiden sind. Der Noto-Schnelldrucker der Roto- und Debego-Werke in Kö nigslutter, der Mimeograph der Nuiy Maschinen G. m. b. H. in Hannover kommen nur für größere Verlagsbetriebe in Betracht. Für die Werbcabteilung des Sortiments eignen sich u. a. der Freho-Handtypcndrucker und der O r m i g - N e d r u m - V (Ormig-Berlin). Wenn Adressen mehrfach im Laufe der Zeit gebraucht werben, so ist die Anschaffung einer Adressiermaschine nicht zu umgehen. Auch hier ist die Auswahl groß. Am bekanntesten ist hier die
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