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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.12.1928
- Strukturtyp
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- 1928-12-11
- Erscheinungsdatum
- 11.12.1928
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- Deutsch
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^ 287, 11. Dezember 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Urhebcrrcchtsschutz an Drucktypen. Die interessante Frage, ob und wieweit eine »Schrift» (im Sinne der Drucktypen-Gattung) kunstgewerblichen Schutz genietzt, ist Gegenstand eines Urteils des Österreichischen Obersten Ge richtshofes gewesen, und obwohl es sich also um eine höchstrichter liche österreichische Entscheidung handelt, möchte ich diese hier doch nicht unerwähnt lassen, da sie die Leser des Börsenblattes Interessiert und die urheberrechtlichen Grundsätze in Deutschland und Österreich in dieser Hinsicht nicht wesentlich verschieden sind. Die Leitsätze, die Rechtsanwalt vr. Paul Abel (Wien) aus dem höchstinstanzlichen Urteil in der Zeitschrift »Gewerblicher Rechts schutz und Urheberrecht« (1928 S. 740) mitteilt und bespricht, können wie folgt zusammengefaßt werden: Für den urheber rechtlichen Schutz eines Erzeugnisses des Kunstgewerbes ist Vor aussetzung nicht die Wirkung auf den Beschauer, sondern der innere künstlerische Gehalt, gleichgültig ob dieser der hohen oder der angewandten Kunst angehört und gleichgültig ob der ästhe tische oder der Gebrauchswert überwiegt, wenn nur unabhängig vom Gebrauchszweck ein künstlerisch-persönlicher Formgedanke darin verwirklicht ist. Dieser Formgedanke kann auch in der Linienführung liegen und es kann neben dem Musterschutz Nr- heberrechtsschutz für das Erzeugnis angebracht sein. So sind also auch Schrifttypen künstlerischer Gestaltung fähig, sofern sie individuelle Formgebung und einheitliche rhythmische Durch bildung zeigen. Das Urteil, das die »Koch-Antiqua«, »Koch- Antiqua-Kursiv« und »Grobe Koch-Antiqua« betraf und diesen Schriften grundsätzlich die Eignung, urheberrechtlich geschützt zu sein, zusprach, nahm mehrfach Bezug auf das deutsche Reichs gerichts-Urteil vom 10. Juni 1911 in RGZ. 78, 339 ff., das seinerzeit der »Schulfraktur« den urheberrechtlichen Kunstschutz abgesprochen hat. Die Abgrenzung zwischen urheberrechtlich schutzfähigen und nur musterschutzfähigen Drucktypen ist also schwierig und für jeden einzelnen Fall besonders zu prüfen. Aber ich möchte in diesem Zusammenhang doch auch hier die Frage aufwerfen, ob nicht für solche Gegenstände rein kommerzieller Benutzung des Kunstgewcrbes äs lege kersncka der Musterschutz überhaupt genügen würde (vgl. meinen Aussatz »Musterschutz statt Urheberrecht» in Nr. 24 der Jur. Rundschau vom 1b. Dezember 1928). Literatur und Buchhandel in Frankreich. Wer das geistig etwas schlaff gewordene, ja fast verschlampte Vorkriegs-Frankreich kannte, dem wird der in vieler Hinsicht ein fach phantastische Aufschwung des französischen Buchgewerbes nach dem Kriege recht rätselhaft sein. Gewiß, es sind hierüber bei uns schon viele Artikel geschrieben worden, aber so sehr sie auch die obige Tatsache ins richtige Licht zu stellen pflegen, so wenig vermögen sie es, diese Tatsache zu erklären. In solchen Fällen verläßt man sich wohl am besten auf denjenigen, der mitten drin ist und der sich auskennt; kommt noch dazu, daß dieser Kenner ein so glän zender Schilderer, ein so nüchtern beurteilender und dennoch als Idealist handelnder Mensch wie etwa der bekannte und so erfolg reiche Pariser Verleger Bernard Grasset ist, so kann man sich vielfach freuen. Herr Grasset also veröffentlicht soeben in der zweitgrößten Zei tung Frankreichs, im »Journal«, eine lange Artikelserie mit dem Titel »La Chose litteraire«. Allein schon der Umstand, daß diese Artikel meist als Leitartikel in dem Blatt mit seiner Millionen auflage erscheinen, ist kennzeichnend. Was Herr Grasset da schreibt, gibt dem Fqchmann und Literaturfreund überhaupt Aufschluß über eine außerordentliche Fülle von Fragen, Tatsachen und Imponde rabilien, die insgesamt nicht nur das literarisch-geistige Frankreich von heute ausmachen, sondern es auch erklären. Herr Grasset spricht davon, warum der französische Verleger auch der »Anwalt der Mittelmäßigen« zu sein hat; er plaudert über Schriftsteller und »Büchermacher«: er weist nach, worauf der heutige französische Ver lag und dessen Glück beruhen: er erklärt die so offenkundige Tat sache, daß heute in Frankreich weit mehr gelesen wird als vor dem Kriege, und er spricht von dem Anteil, den der französische Verlag an dieser Entwicklung hat; er schildert seine eigene Tätigkeit als Verleger und Lektor zugleich: er beleuchtet das Verhältnis zwischen Verlag und Presse; er deckt die geistig-seelische Unter lage der ebenfalls so mächtig aufgeblühten Bibliophilie auf; er de finiert den »Verleger-Geist« — kurz und gut, er schreibt so ziem lich über alles, was wesentlich ist. Und hierbei trifft er fast immer den Nagel auf den Kopf. Hie? sollen nur wenige Hauptpunkte dieser Artikelserie wieder gegeben werden, aber nicht ohne darauf hinzuweisen, daß hier ein Mann spricht, dem es, um etwas prosaisch zu reden, glänzend geht, der aus voll beladenen, reichlichsten Schüsseln schöpfen kann. Aber dies Glück kam gewiß nicht unverdient, im ganzen literarischen Frank reich ist Herr Grasset als Entdecker großer Talente und als An reger und Treibender wohlbekannt. Schließlich sei noch um Ent schuldigung dafür gebeten, daß bei den nachstehenden Auszügen die direkte Rede verwendet wird — sie allein vermag dem Temperament des Franzosen gerecht zu werden. — » Ob ich alle mir angebotenen Manuskripte lese? Die Sache ist folgende: Meist bringt der Schriftsteller selbst sein Manuskript, es ist eben besser, sich gleich an Gott, als an seine Heiligen zu wenden. Und da ich ein unverbesserlicher Idealist bin, der immer auf ein neues Meisterwerk wartet, lese ich auch die erste Seite. Ist es Schund, so zurück an den Verbrecher; glaube ich, ein wertvolles Werk vor mir zu haben, dann wandert es nach Hause zu beschau licher Lektüre; ist es mittelmäßig, so bekommen es meine Lektoren. Denn ich bin mir bald der Tatsache bewußt geworden, daß ein Ver leger, der nur jene Werke veröffentlichen würde, die er selbst bewun dert, sich nicht halten könnte. Ein solcher Verleger hätte sofort alle mittelmäßigen Talente unserer literarischen Republik gegen sich, all die, die die Meinung machen. Und so überlasse ich die Entschei dung über solche Werke meinen Lektoren, sie sind ernst^ gewissen haft und voller Nachsicht, sie kennen die Welt, wie sie nun einmal ist, sie wissen, was sie braucht. . . Schriftsteller und »Büchermacher«. Ein guter Schriftsteller klagte unlängst der »Soci6t6 des Gens de Lettres« die große materielle Not seiner Kameraden und ver langte energische Gegenmittel. Die »SociötS des Gens de Lettres« hat rund 3700 Mitglieder und rühmt sich, alle französischen Schrift steller zu umfassen. Ich zweifle nicht daran. Jeder, der zwei Bücher veröffentlicht hat, kann Mitglied werden, jeder kann auch zwei Bücher machen oder sie sich machen lassen, und gestützt auf diese beiden Bücher verlangt er nun, von seiner Feder leben zu können! Die Literatur ist aber ein persönliches Risiko, und die besten Schriftsteller haben immer das Gleiche gesagt — sie bedeutet Isolierung. »Man muß die schönen Künste entmutigen«, sagte einst Renan, und niemals war ein Rat für unsere Zeiten notwendiger als dieser. Glückliche Schriftsteller. Niemals aber ging es unfern Autoren so gut wie heute. Das mißverstandene und verkannte Genie ist eine Legende geworden. Unser ganzer zeitgenössischer Verlag beruht darauf, Talente zu ent decken, und wer würde auf dem großen Markt aller Werte, Paris, sich nicht gerne an diesem Glücksspiel versuchen? »Entdecken, zum Aufsprießen bringen, das Ereignis schaffen« — diese Worte kennzeich nen unsere Epoche. Und eine solche Mentalität ist den Schriftstellern äußerst günstig, derart, daß der noch unbekannte Autor mit seinem ersten Werk schon die Unterstützung eines »Salons« findet. Dieser Salon sorgt alsdann für den notwendigen Betrieb, der junge Mann wird sofort auf Aktien gesetzt, er wird kapitalisiert, das große Spiel wird versucht. Und dies Spiel besteht beute darin, daß man dem Ver leger nicht einmal mehr Zeit läßt, sich zu besinnen, sondern daß man ihn mit dem schnelleren Zugreifen der Konkurrenz bedroht. Da es sich hierbei oft noch um große Vorschüsse handelt, die mit einem Buch gar nicht wieder hereingebracht werden können, so wird auch kein Vertrag für dies eine Buch, sondern für die gesamte Produktion des Autors abgeschlossen, für alle Werke, die er in den nächsten drei, fünf oder zehn Jahren schreibt. Nur große Auflagen können diese Vor schüsse nach und nach wieder einbringen, große Auflagen und Vor schüsse zusammen zeitigten aber unsere heutige Buchrcklame, diese Propaganda in größtem Maßstabe. Die Mode des Geistigen. Alles, was die Elemente einer geschickten Reklame ausmachte, also die Umstände, unter denen ein Werk geschrieben wurde, das Leben des Verfassers usm., all dies ist weit wichtiger als das Werk selbst. Jeder kann fernerhin ein Buch lieben; aber nur wenigen ist es gegeben, z. B. zu wissen, daß der Autor gerade und ganz im Ge heimen mit der Mine. X. in Saint-Germain lebt, und hierauf kommt es an, auf solches Wissen. Heute sind »literarische Dinge« Mode bei der großen Masse, sie wird heute am meisten befolgt, sie ist ja auch die billigste, für ein paar Franken kann es sich in unfern Tagen jeder leisten, »auf dem Laufenden« zu sein. Womit aber diese Mode erklären? Womit die in die Hunderttausende gehenden 1347
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