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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1929
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- 1929-01-02
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- 02.01.1929
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iß," I, 2. Januar 1928. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Erfahrung, wo sie enden müssen. Es handelt sich hier um eine Seite, und durchaus entgegen der Meinung des Herrn von Molo nicht um die wichtigste Seite im Kampfe zwischen Kollektivismus und Jndividualismus.« Ob man diesem Urteil in allen Einzelheiten folgen will, mag dahingestellt bleiben. An sich sind diese Zusammenhänge gerade dem Buchhandel selbst ja wohlbekannt und im großen und ganzen sind sie richtig gesehen. Daraus ergibt sich aber, daß manche Schwierigkeiten auch der buchhändlcrischen Organisatio nen offensichtlich zeitbedingt sind und sich von selbst beheben dürften, wenn sich die allgemeine Lage ändert. Eine solche Änderung herbeizuführen, liegt nicht nur IM Interesse des Buch handels, sondern er kann dazu selbst auch mancherlei beitragen. So wenig er wohl die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse zu beeinflussen und zu ändern vermag, so starke Wirkungen müssen doch von einer entscheidenden Stellungnahme des Buch handels zu den Fragen der geistigen Lage der Gegenwart aus gehen. Und vielleicht findet sich für manche Aufgabe die ein fachere und bessere Lösung, wenn man nicht immer nur von den Nächstliegenden Überlieferungen ausgcht, sondern die großen Zu sammenhänge der historischen Entwicklung und der Zeitbe dingungen mit berücksichtigt. In dieser Hinsicht darf man im übrigen, wenn nicht alle Anzeichen trügen, dem beginnenden Jahre eine günstigere Prognose stellen als manchen unter seinen Borgängern. Was gelegentlich schon von Schriftstellcrseite z. B. geäußert wurde, was in mancher Stellungnahme der Regierungen wie der Parteien erkennbar ward, das läßt auch darauf schließen, daß man auch außerhalb des Buchhandels bemüht und bereit ist, die vielbesprochene Krise des Buches überwinden zu helfen. Hof fentlich erfüllen sich diese Erwartungen, und hoffentlich bringt auch in diesem Sinne das beginnende Jahr den deutschen Buch handel einen guten Schritt vorwärts. Prof. vr. Menz. Der amerikanische Neclam. Es ist selten, das; ein Verleger selbst zur Feder greift, um seinen Namen der Liste der modernen Autoren einzuverleiben, und noch seltener dürfte es Vorkommen, das; ein Verleger in solchem eige nen Buche die im Laufe seiner geschäftlichen Laufbahn gewonnenen Erfahrungen der Öffentlichkeit mitteilt. Um so größere Beachtung verdient und findet ein soeben bei dem New Jorker Verlagshaus Simon L Schuster erschienenes Buch, dessen Urheber der erfolg reichste Verleger des Landes ist, da es demselben gelungen ist, inner halb der letzten fünf Jahre Absatz für hundert Millionen Exemplare der von ihm auf den Markt gebrachten Bücher zu finden. Allerdings ist er der »Woolworth« des amerikanischen Verlagsgeschäfts, da gleich der genannten Firma, in deren in allen Teilen des Landes zu findenden Einheitspreisläden nur Artikel zum Preise von fünf und zehn Cents verkauft werden, auch der betreffende Verleger sich ans das Herausbringen von Büchlein im blauen Umschläge znm Preise von fünf und zehn Cents beschränkt. Er bildet damit tatsächlich das amerikanische Gegenstück zu der Leipziger Firma Neclam, denn gleich der bekannten Neclam-Bibliothek umfaßt auch die von der Firma E. Haldeman-Julius in Girard, Kansas, veröffentlichte Buch serie die populärsten Erscheinungen der Weltliteratur in diminutiv- billiger Ausgabe und etwa 1200 Nummern. Allerdings sind das nur die erfolgreichen Titel, denn insgesamt waren es etwa 2000 verschiedene Literatnrerzeugnisse, mit denen er einen Versuch gemacht hat, und zwar handelt er dabei nach dem Prinzip, nur solche Bücher zu führen, von denen sich mindestens im Jahr 10 000 Exem plare absetzen lassen. Daß die Methode eine erfolgreiche ist, zeigt der Titel des Buches, derselbe lautet: »The First Hundred Million«, womit der Autor sagen will, daß der vollendete Absatz der ersten hundert Millionen Exemplare seiner Büchlein ihn zur Herausgabe seines Werkes veranlaßt hat. Wie das wohl auch bei der Herausgabe der Neclam-Bibliothek der Fall war, suchte anfänglich der Verleger mit dem Angebot klassischer Literatur zu niedrigem Preise und in Taschenformat die Kauf lust des Leserpublikums zu erregen, und die ersten zwei- oder dreihundert Titel der Haldeman-Büchlein waren ausschließlich den Klassikern aller Nationen gewidmet. Für diese Wahl war auch der Umstand entscheidend, daß die betreffenden Bücher frei sind, also keinen ur heberrechtlichen Beschränkungen unterliegen. Doch mit dem sich ein stellenden Erfolge empfahl sich mehr und mehr der Plan, dem Leser publikum das zu bieten, was am meisten verlangt wird. Eine Verkaufskampagne über das ganze Land brachte dem Ver leger höchst interessante Erfahrungen, über welche er sich in seinem Buche in rückhaltloser Weise ausläßt. Ans Grund solcher Erfahrungen beantwortet der einen deutschen Namen führende Autor und Verleger die Frage, welche Lektüre von der großen Masse des amerikanischen Volkes bevorzugt wird, dahin, das; vier Literaturzweige der meisten Nachfrage be gegnen, und zwar in erster Linie Bücher physiologischen und biologi schen Inhalts (der Verfasser schließt diese Erscheinungen in den Be griff 86x oder Geschlecht ein), sodann die verwandte Liebeslite- ratur, ferner Bücher zur Selbsterziehung, und schließlich dem Froh sinn und Humor gewidmete. Danach kommen Bücher religiösen, solche philosophischen und psychologischen Inhalts, sowie schließlich die berühmtesten Erscheinungen der eigentlichen »Weltliteratur«. Wie der Verfasser weiter mitteilt, sind 79 Prozent der Leser seiner Bücher männlichen und 21 Prozent weiblichen Geschlechts. Doch hat er im letzten Jahr von zwei Büchern mit physiologischen Belehrungen für Verheiratete 112 000 Exemplare an Männer und 97 500 an Frauen verkauft. Alle Bücher dieser Abteilung, und sie umfaßt zahlreiche Titel, verkaufen sich ausgezeichnet. Von einem der Hefte: »Modern aspects os birth control« (Neuzeitliche Ideen über Geburtenkontrolle) werden jährlich gegen 75 000 Exemplare untergebracht. Das den Titel »Love letters of a Portuguese nun« (Liebesbriefe einer portugiesischen Nonne) tragende Heft verkauft sich in etwa 50 000 Exemplaren jährlich. Von Shakespeares Werken findet nicht »Hamlet« oder »Mac beth«, sondern »Nomeo und Julia« den meisten Beifall bei ameri kanischen Lesern. Von Büchern zur Selbsterziehung sind zwei mit den Titeln »How to improve your conversation« and »How to improve yonr vocabulary« (Besserung der Konversation bzw. des Wortschatzes) mit jährlichem Absatz von je 75 000 Exemplaren die bestgehenden. Selbst von einem »How to conguer stupidity« betitelten Buche, das sich an Leser mit mangelnder Intelligenz wendet, finden sich jähr lich gegen 20 000 Abnehmer. Wie der Verfasser hierzu bemerkt, wäre ein Buch mit derartigem Titel im Ladengeschäft unverkäuflich, doch da die per Post eingehenden Bestellungen in den meisten Fällen nach Nummer und nicht nach Titel erfolgen, so gewährt diese Methode schüchternen Bestellern den Vorzug der Unpersönlichkeit. Von Büchern humoristischen Inhalts wird nach solchen mit Sammlungen von Tischreden und Witzen am meisten gefragt, von letzteren scheinen die am beliebtesten zu sein, die sich ans das Eheleben beziehen, oder auf Berufe, wie Arzte, Anwälte usw., oder auch auf Nassen oder Völker, wie z. B. jüdische und irische Witze u. dgl. Von Büchern, deren Inhalt sich mit der Religion befaßt, ist der Absatz ebenfalls umfangreich, doch zumeist nach der negativen Seite hin. Wäh rend z. B. das sich »The essence of the Bible« (Der Bibel Haupt inhalt) betitelnde Buch im Jahre nur etwa 10 000. Käufer findet, sind es 61000 Leser im Jahr, die Luther Burbank's atheistisches Buch »Why I am infidel« (Warum ich ein Ungläubiger bin) kaufen. Daraus folgert der Autor und Verleger, das; großer Bedarf von Büchern für Freidenker und Skeptiker besteht, und es befinden sich daher zahlreiche derartige Werke im Katalog, von denen z. B. das den Titel »Twelve years in a monastery« (Zwölf Jahre in einem Kloster) führende Buch des früheren Mönchs Joseph Mc Cabe sich jährlich in etwa 50 000 Exemplaren verkauft. Auch von diesem Verleger wird über Mangel an Interesse für Lyrik geklagt, wobei es allerdings Ausnahmen gibt, wie das »Nu- baiyat« des persischen Dichters Omar Khayyam. Von deutscher Lite ratur findet Nietzsches Philosophie den größten und tatsächlich einen enormen Absatz. Von praktischerem Interesse, als die sich auf den Geschmack des amerikanischen Lesepnblikums beziehenden Mitteilungen sind jedoch die Angaben des Buches über die von dem Verleger befolgten Me thoden zur Steigerung der Nachfrage. Er greift nämlich in dem Falle, wo ein Buch nicht den erhofften Absatz findet, zu dem einfachen Mittel, den Titel zu ändern. Bei den Klassikern ist zwar eine solche Änderung nicht immer empfehlenswert, doch wie der Verfasser er klärt, geht ein Buch, das sich nicht mindestens zu 10 000 Exemplaren im Jahr verkauft, in das »Hospital« behufs Diagnose und Behand lung. Die erste Hilfe besteht in der Änderung des Namens, und, wie der Verfasser behauptet, ist ein guter Titel eiu genialer Einfall. Allerdings läßt sich der Herzschlag des Patienten nicht immer durch solche Behandlung belel'en, sodas; Autoren wie Herbert Spencer und Rudolf Euckcn von der Liste verschwunden sind, so auch eine Serie von Abhandlungen über Euripides, Aeschylos und Sophokles von Alexander Harvey, usw. Andernfalls hat sich die genannte Be handlung als sehr wirksam erwiesen, und während die Gedichte von Oscar Wilde unter diesem Titel nicht genügend Interesse erregten, hat es zur Belebung desselben genügt, den Titel in »Harlot's House and other poems«'(Das Haus einer Buhlerin und andere Gedichte) zu ändern. Die drei Bände Kiplingscher Gedichte werden unter den 3
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