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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.08.1884
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1884-08-04
- Erscheinungsdatum
- 04.08.1884
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Theil, Erwiderung an den „alten Leihbibliothckar" und an Herrn Eduard Last. Bergt. Börsenblatt Nr. 138. 152. 162. 170. II. Die Ausführungen des Herrn Eduard Last in den beiden Aussätzen: „lieber den Einfluß der Leihbibliotheken auf den Roman absatz" in Nr. 162, und „Offener Brief an die Herren Gustav Schuhr und l>r. Oskar Welten" in Nr. 170 d. Bl. geben uns den willkommenen Anlaß, unsere Erwiderung zu Ende zu führen, deren erster Theil in Nr. 152 sich nur damit befassen konnte, unseren Standpunkt den Leihbibliothekaren gegenüber klar darzulegen, zu betonen, daß unsere Stellung keine feindselige ist, und darauf hin zuweisen, daß, insoferne auch das Leihbibliothekgeschäft krankt, vor Allem der ganz unerlaubten Billigkeit der Leihgebühren die Schuld daran beizumessen, eine Erhöhung derselben also unabweislich ist. In allen Ausführungen derHerren fiel es uns nun ganz besonders auf, daß dieselben es ängstlich vermieden, die Rechtsfrage, d. h. die Frage, ob wir mit unserer Maßregel thatsächlich nur von einem guten Rechte Gebrauch machen, zu untersuchen, welche doch in der Angelegenheit eine wesentliche, ja die allererste Rolle spielt. Der „alte Leihbibliothekar" sprach nur seinen Zweifel in Bezug daraus aus, ob sich die nichtpreußischen Leihbibliothekare durch unsere Citirung eines Paragraphen des allgemeinen (preußischen) Land- rechtes von dem Erwerb solcher Exemplare des Novellenbuches „Nicht für Kinder" abhalten lassen würden, für welche wir den Leihbibliothekvertrieb verboten haben. Dieser Zweifel nun war unbegründet, unser Verbot wurde respectirt, und zwar schon des wegen, weil ein ähnlicher Paragraph zum Schutze des Eigenthums überall in den Gesetzbüchern eingestellt ist, wir also überall klagbar werden könnten. Selbst Herr Last, dessen Lcihinstitnte in Wien sind, hat kein Exemplar des Buches begehrt, weder mit noch ohne Verbot, ein Beweis, daß er sich dem Verbot nicht fügen, andererseits aber demselben auch nicht zuwiderhandeln will. Um so befremdlicher ist es daher, daß Herr Last mit der Be hauptung, daß die Gesetze, die in der „Handels -und Gewerbe-Zeitung" angeführt wurden, für uns nicht ausreichen, geradezu zur Ucber- tretung unseres Verbotes ermuthigt. Wir erklären dagegen, daß wir diese Gesetze für genügend halten und auch „einige tausend Prozesse" nicht scheue» würden, um unser Recht geltend zu machen. Wir erklären weiter, daß wir in einem Klagefall durchaus nicht, wie irrthümlich angenommen wird, die Preisdifferenz von 2 M. einklagen, sondern daß wir es dem richterlichen Ermessen anheim stellen würden, den uns durch das Verleihen erwachsenen Schaden festzustcllen, zumal es ja in einem solchen Falle auf eine direkte Uebervortheilung abgesehen wäre, also eine strafbare Hand lung Vorlage. (? Red.) Wir wenden uns nun der Erörterung der streitigen Haupt punkte zu, vor Allem der Klage der Leihbibliothekare wegen der Ueberproduction an Büchern der erzählenden Gattung, welche das eigentliche Erwerbsgebiet der Leihbibliothekare bilden. Alle diesbezüglichen gegnerischen Ausführungen bewegen sich da in einem merkwürdigen vironlus ritiosns. Wir finden auf der einen Seite die Klage, daß so viel producirt wird, und zwar zur Geltend machung der Abwehr, höhere Ansprüche der Autoren und Verleger zu befriedigen; — auf der anderen Seite wieder ein ruhmrediges Anpreisen der Verdienste der Leihbibliotheken um die Werke junger Autoren, die „völlig unbekannt" bleiben würden, wenn der Leih bibliothekar sie nicht unter die Leute brächte; — auf der einen Seite sehen wir den Hinweis darauf, daß so viele gediegene ältere Literatur vorliegt, welche das Publicum lesen — würde, wenn nicht so viele Novitäten erschienen, — und auf der anderen Seite doch wieder den Jammer über das Publicum, welchem man „nicht genug" des Neuen, des Sensationellen bieten könne. Das Ende aber ist eine scharfe Mahnung an die deutschen Autoren, sich doch mit den Zeitungshonoraren zu begnügen und nicht noch den sehr überflüssigen Ehrgeiz zu haben, daß ihre Feuilletons, Skizzen, Novellen oder schlechten Romane auch in Buchform erscheinen. Und zu dieser Mahnung wieder stehen im grellsten Gegensätze die Contracte großer Leihbibliotheken mit hervorragenden belle tristischen Verlagsfirmen, welche diesen einen bestimmten Absatz ihrer Vcrlagsartikel sichern und so das Erscheinen zahlreicher Novitäten fördern oder ganz ermöglichen. „Das ist das Chaos!" wird der Nichteingeweihte rufen; in der That aber paßt hier besser das Goethe'sche Wort aus dem „Zauberlehrling": „Die ich rief, die Geister, werd' ich nun nicht los!" Ja,wiedemZauberlehrlingmitderWasserfluth,so gehtesdenLeih- bibliothekaren mit der Bücherfluth. Denn die Leihbibliotheken waren es, die mit ihrem immer gesteigerten Novitätenbedars die Bücherproduction ermuthigten und förderten; sie waren es, welche jener bedenklichen Literaturgattung Existenzmöglichkeit, Existenz berechtigung schufen, für welche ein neues Wort in der deutschen Sprache gebildet werden mußte, das schöne Wort: „Leihbiblio- thekensutter"! Leihbibliothekenfutter aber hieß jene Masse mittelmäßiger und untergeordneter Erzählungsliteratur, welche von literarischen Handwerkern zur Befriedigung des Leihbibliotheken bedarfes geschaffen ward, ohne daß man an ihre anderweitige buch händlerische Verwerthung gedacht hätte. Dieses Leihbibliothekenfutter nun existirt heute noch, und es wird in noch größerem Maße producirt als früher. Dazu kommt aber nun auch ein großer Theil aller übrigen Erzählungsliteratur, auch der besseren, welche nur noch auf den Absatz an die Leih bibliotheken speculirt und damit alle ihre Kosten deckt. Denn je mehr die Leihbibliotheken bieten, desto mehr gewöhnt sich das Publicum die Hast des Lesens an und das Bücherkaufen ab. Gefördert aber wird diese Bücherproduction noch durch die immer geringeren Preise von Satz, Druck und Papier, gefördert wird sie noch durch die Zeitungen, welche gleichfalls starken belletristischen Bedarf haben, die ersten Honorare zahlen und so dem Autor ermöglichen, auf ein Berlegerhonorar zu verzichten, oder gar — die Herstellungskosten des „Buches" mitzutragen. „Der Leihbibliothekar kauft's doch!" lautet da die Parole, und so sehen wir in der That das heutige Verlagsgeschäft in er zählender Literatur zu neun Zehnteln ausschließlich auf den Leih bibliothekabsatz basirt. Wir sehen, daß die Leihbibliotheken, welche heute die Ueberproduction beklagen und sich durch dieselbe in ihrer Existenz bedroht fühlen, diese Ueberproduction zu Wege gebracht haben, indem sie der schlechten Production seiner Zeit Thür und Thor öffneten. Und nun suchen die Leihbibliothekare, dem Zauberlehrling gleich, das bannende Wort, ohne es zu finden; das Wasser schlägt ihnen schon über dem Kopf zusammen, und wenn nicht bald der „Meister" kommt, so gehen sie wirklich in dem Schwalle unter. Sie aber sind nicht allein die Geschädigten. Geschädigt sind in hohem Grade durch diese Massenproduction auch die besseren und die guten Schriftsteller, am meisten geschädigt aber sind die auf strebenden vornehmeren jüngeren Autoren, deren Werke infolge dessen vielfach unbeachtet in der Masse untergehen. Denn — und das soll hier noch betont werden — immer mehr hört der Leih bibliothekar auf, Förderer des jungen Talentes zu sein. Er hat so
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