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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.10.1929
- Strukturtyp
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- 1929-10-03
- Erscheinungsdatum
- 03.10.1929
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- Deutsch
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^ 230, 3. Oktober 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Dtschn. Buchhandel. Das Wintersemester beginnt Ende Oktober. Das genaue Datum des Vorlesungs- und Seminarbeginnes wirb im Börsen blatt noch rechtzeitig bekanntgogeben werden. Vorlesungsver zeichnis, Studienpläne und Prüfungsordnungen können durch das Sekretariat der Handelshochschule bezogen werden. An fragen werden auch direkt vom Seminar (Leipzig C 1, Ritter- straße 1—,3) beantwortet. G. Sch. Reinhard Piper oder Zweimal Geburtstag in einem Jahr. In einem längst verschollenen »Jahrbuch für neue deutsche lyrische Wortkunst«, das Richard Scheid unter dem Titel »Avalun« in München anno 19V1 herausgegeben hat, findet man am Schlüsse einer Reihe von »freien Rhythmen« diese: Was mein Zweck ist! Von Jahr zu Jahr ein immer vollkommenerer Buchhandlungsgehilse zu werden, bann, wenn die Haare grau und die Zähne gelb geworden sind, ruhig den Tod hinzunehmen und die Seligkeit. Der Verfasser dieser etwas sarkastischen Strophe, der sich Lud wig Reinhard nannte und bereits zwei Jahre vorher als Schüler von Arno Holz ein Bändchen Gedichte »Meine Jugend« ver öffentlicht hatte, ist zwar längst über den vollkommensten Buchhand- lungsgehilsen hinausgewachsen, aber das energisch in die Höhe ge bürstete Haar denkt noch nicht an's Grauwerden. Verse jedoch hat er wohl keine mehr drucken lassen, nur zwei, drei kleine kunstgeschicht liche Monographien geschrieben. Dagegen dars »Ludwig Reinhard« in diesem Jahre zweimal Ge burtstag feiern: den 81. Oktober, an dem er vor 50 Jahren zu Penzlin im Mecklenburgischen seinen ersten Schrei getan hat, und vom Mai bis zum Herbst einen ausgedehnten Künsunbzwanzigsten: am 19. Mai 1SÜ4 ist der Verlag R. Piper L Co. in's Münchner Handelsregister eingetragen worden und ein knappes Halbjahr später lagen die ersten Bücher vor. Sie trugen als Wahrzeichen ihrer Her kunft so etwas wie einen »explodierenden Tintenklex« auf dem Titel blatt. Solcherweise erklärten boshafte Zeitgenossen das von Karl Sossel gezeichnete erste Signet Pipers, das ein Ausstrahlen nach allen Seiten versinnbildlichen sollte, ein Ausstrahlen im Suchen wie im Wirken. Später haben Paul Renner, F. H. Ehmcke und E. R. Weiß dem Verlag typographisch glücklichere Signete gezeichnet. Jener erste »Co.« des jungen Verlegers war Georg Müller, der erst vor kurzem seinen eigenen Verlag gegründet und hierzu sich Pipers Mitarbeit gesichert hatte. Da Pipers verlegerische Absichten mehr zur bildenden Kunst hinneigten, entstand wenige Monate später ein neuer Verlag, der ihm und Müller gemeinsam gehörte. Eine knappe Strecke Wegs gingen die beiden, die säst gleichen Alters und von früherer gemeinsamer Gehilfentätigkeit her befreundet waren, miteinander, dann gab Piper seine Tätigkeit bei Georg Müller aus und dieser schied aus Pipers Unternehmen aus. Neun Jahre später trat Alsred Eisenlohr, 1928 vr. Robert Freund in die Firma ein. Jeder den Verlag nicht nur materiell stärkend, sondern ihn auch mit neuen, erfolgreichen Ideen befruchtend. Das erste Unternehmen Pipers war eine von Hermann Eßlvein geschriebene Monographienrcihe »Moderne Illustratoren». Th. Th. Heine, Baluschek, Toulouse-Lautrec, Oberländer, Beardsley, Munch und andere erfuhren hier ihre erste größere Würdigung durch einen vielseitigen Kenner und seinen Psychologen. Der erste Dichter, für den Piper sich einsetztc, war Arno Holz. Er sammelte dessen verstreute Werke in seinem Verlag und brachte den »Dafnis«, der bei einem Umsang von Mg Seiten nur 1.— Mk. kostete, schnell auf das 38. Tausend. Leider war mit dem etwas schwer zu behandelnden Autor keine dauernde Verbindung möglich. Ein »Münchner Almanach«, 1905 von Karl Schloß herausgegeben, enthielt die ersten Arbeiten von Worringer, Oskar A. H. Schmitz und anderen später sehr be kannt gewordenen Autoren. Den Tribut an die damalige Mode der »Sammlungen« entrichtete der neue Verlag durch die Kleinoktav- bändchen der »Fruchtschale«, die in guter Ausstattung chinesische und griechische Lyrik, Platens Tagebücher, Schlegels Fragmente, Bhit- mans Prosaschrlsten, Chamsorts Anekdoten, Vauvenargues' Aphoris men, Heinrich Susos und Jakob Böhmes mystische Schristen und anders Dinge bot, die damals nicht gerade am Wege lagen. Das waren die Anfänge, aus denen in raschem Tempo und mit erstaun lichem Elan ein Verlagsunternehmen großen Stils sich entwickelte. Das eine Hauptgebiet von Pipers Verlegertätigkeit, die Bil dende Kunst, war bald so weit gespannt, daß jedes neue Werk — von den ersten Büchern Meier-Graeses bis zu den zwölf Mappen der »Denkmäler des Theaters« — kaum eine Verbreiterung mehr, sondern nur eine Vertiefung bedeutete. Den Namen Wilhelm Hausenstein, Wilhelm Worringer, Max Dvorak und vor allem Julius Meier- Graefe begegnet man fortan am häufigsten in den Katalogen. Heinrich Wölfslin, A. E. Brinckmann, Carl Neumann, Ernst Buschor, Oskar Hagen, Karl Schesfler, P. F. Schmidt, Georg Dehio, Paul Fechter u. a. bearbeiteten für den Verlag gediegene Monographien. Gar manche dieser Werke gehen aus eine unmittelbare Anregung des Ver legers zurück. Das große dreibändige Werk über Hans von Marses (1LV8 Seiten und 608 Abbildungen), das der Verlag schon nach dreijährigem Bestehen ohne jede Subvention oder sonstige Garantie unternahm, darf als Zeichen verlegerischen Mutes wohl besonders gebucht werden. Auch der »Blaue Reiter« von Franz Marc und Kandinsky, der zunächst viel Kopsschütteln erregte, sprengte aus dem Piperschen Verlag hinaus in die Welt. Ein Verzeichnis aller der Künstler, denen der Verlag sich widmete, käme einer Anführung fast aller bedeutsamen Stationen der Kunstgeschichte gleich: Matthias Grünewald und Alsred Kubin, Pieter Bruegel und die japanischen Holzschnittmeister, die sranzösischen Impressionisten und die gotischen Bildhauer. Ein weites Feld wurde hier beackert und die reiche Ernte — das ist ein besonderes Verdienst des Verlages — wird nicht nur dem großen Geldsack zugänglich gemacht, sondern auch dem schmalen Beutel, der sonst vielfach aus Unzulängliches angewiesen ist. Das Bestreben des Piperschen Verlages erschöpft sich nicht damit, in um fangreichen Veröffentlichungen und hochwertigen Faksimiledrücken Spitzenleistungen zu schassen, sondern seine Arbeit wendet sich an jeden, der bereit ist zu empfangen. Darum stehen neben den kostbaren Werken zahlreiche wohlseile Ausgaben, an die nicht geringere Sorg salt gewendet ist. Trotzdem muß der beiden köstlichsten Unternehmungen noch mit einem besonderen Worte gedacht werden: Vor zwöls Jahren, in wirt schaftlich schwerer Zeit, wurde, eine Anregung Pipers ausbauend, von Julius Meier-Graefe die Maröes-Gesellschast gegründet und dem Verlag angegliedert. Sie hat seitdem 82 große Mappenwerke und 1b Bücher mit originalgraphischen Illustrationen erscheinen lassen. Künstlern wie Dürer, Rembrandt, Claude Lorrain, Cözanne, van Gogh, Renoir, Slevogt und anderen wurden eigene Mappen werke gewidmet, deren Faksimiles von den Originalen wirklich kaum noch zu unterscheiden sind. Als den interessantesten Druck möchte ich die Wiedergabe des Manuskriptes von Gauguins wundervollem Ta hiti-Buche »Noa Noa» mit den vielen Aguarellen, Holzschnitten und Zeichnungen ansprechen. Die soeben erscheinende neueste Mappe ist Renoir gewidmet. Um die bei der Herstellung der Maröcs-Mappen gewonnenen Erfahrungen weiter auszubauen und die Ergebnisse einem größeren Kreise zugänglich zu machen, wurde mit der Ausgabe von Einzel blättern nach Gemälden und Pastellen begonnen und über kurz oder lang werden die Piper-Drucke das erste Hundert erreicht haben. Ohne Rücksicht aus äußere Hemmungen wirb hier aus das einzige Ziel hingearbeitet: die möglichst getreue farbige Nachbildung des Originals. In einer Zeit, die allen überflüssigen Tand und »Schmuck« aus der Wohnung verbannt, ist es doppelt notwendig, daß die wenigen Bilder, die wir noch an unseren Wänden auszuhangen gewillt sind, das Allerletzte an Wiedergabetechnik darstellen, wenn anders uns der Erwerb von Originalen versagt ist. Ganz zu schwei gen von der Möglichkeit, die nun jeder Schule, jedem Gemeinwesen gegeben ist, mit verhältnismäßig geringen Mitteln eine künstlerisch hochwertige »Galerie« zu schassen. (Aber es scheint: es sind noch nicht allzuviele mittlere und kleinere Städte aus den Gedanken einer solchen Galerie gekommen. Der Buch- und Kunsthandel könnte hier durch entsprechende Anregung eine wichtige Ausgabe erfüllen I) Kunst- erzieherisch im höchsten Sinne ist vor allem auch bas Programm der Piper-Drucke, das dem nach Kitsch verlangendem Publikumsge schmack keinerlei Konzessionen macht, sondern nur erlesene Meister werke bringt und auch da die allbekannten Publikumslieblinge meidet. Der Bezirk der »Schönen Literatur« stand bei Piper jahrelang vorwiegend unter dem Namen Dostojewski und Christian Morgenstern: von dem Russen erschien die erste und wohl die voll ständigste deutsche Gesamtausgabe, der sich der große Nachlaß an schloß. Morgenstern, der vielfach nur als Verfasser der »Galgen- lieber« bekannt war, erwies sich durch ein Dutzend schmaler Vers- bllcher als ein ernster Dichter von hohem Rang, dem trotz der an- 1083
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