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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.03.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-03-21
- Erscheinungsdatum
- 21.03.1907
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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3086 Börsenblatt f. d. Tisch», Buchhandel, Nichtamtlicher Teil. ^ 67, 21. März 1907. Wiener Brief. XII. (Bücherauktionen — Bibliothekarposten — Überproduktion und Überspekulation — A. L. Iellinek ff.) Bei einer Debatte über die Schwierigkeiten der Er lernung fremder Sprachen bemerkte ein Teilnehmer scherzhaft, daß die schwierigste Sprache wohl die englische sei, da Schreibart und Aussprache ganz verschieden seien; so schreibe man z. B. Dickens und spreche es Boz aus. — Auch der Wiener Dialekt, die Wiener Volkssprache gibt, zumal dem Fremden, harte Nüsse zum Knacken. Wer ein paar Tage in Wien weilt, wird das Wort »Dorotheum« hören, oder, wenn er in Studentenkreise kommt, »Tante Dorothee« — geschrieben wird es: »k. k. Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungs amt«. Die landläufige Bezeichnung verdankt das Amt der Dorotheengasse, in der es beinahe zwei Jahrhunderte lang in einem alten, finstern, winkligen Gebäude untergebracht war. An dessen Stelle erhebt sich seit einigen Jahren ein Palast mit Freitreppen und großen lichtdurchfluteten Sälen. Seit jenem Umbau hat das Dorotheum eine Reorgani sation des Betriebs und eine bedeutende Steigerung seiner Tätigkeit zu verzeichnen. Es bedeutet für Wien, was das Hotel Drouot für Paris, und nicht selten findet sich bei Ver steigerung wertvoller Gegenstände von Sammlern, Aristo kraten, Künstlern in diesen Sälen die vornehme Welt Wiens zusammen. Solche Versteigerungen von Objekten der In dustrie und der Kunst — von der bescheidensten Taschenuhr bis zum kostspieligsten Automobil, von der billigsten Litho graphie bis zum Gemälde eines berühmten Meisters — finden an allen Wochentagen statt; ein Wochenplan wird ausgegeben, der für jeden Tag etwa 4 bis 5 Versteigerungen festsetzt, und in der Regel ist der Mittwoch den Bücher auktionen Vorbehalten. Von 3 Uhr nachmittags an gelangen da stets mehrere hundert Nummern zur Versteigerung. Das von der Amtsleitung herausgegebene Wochenblatt informiert das kauflustige Publikum über die Bücher, die versteigert werden, und über den Ausrufpreis — vielmehr: es sollte informieren, ist aber leider mit völliger Außeracht lassung der bibliographischen Regeln bearbeitet. Nur in den seltensten Fällen, z. B. bei Konversationslexiken, ist das Er scheinungsjahr angegeben, Verleger und Verlagsort fehlen nahezu überall, und die Übersetzer, Bearbeiter und Heraus geber anzuführen, hält der Redakteur für gänzlich überflüssig. Es heißt z. B. einfach: »Shakespeares sämtl. dramat. Werke, 15 Bände mit Vignetten«. Will jemand wissen, von wem übersetzt, wann und wo verlegt, so mag er sich die Bände vor Beginn der Versteigerung zeigen lassen. Um 3 Uhr nachmittags ist der geräumige Saal von Kauflustigen und Schaulustigen voll, ja übervoll; der Mehrzahl nach Herrenpublikum, doch auch nicht wenige Frauen und Mädchen, die hier billig zu kaufen gedenken; ab und zu be merkt man in der Menge das sorgenvolle Gesicht eines be kannten Buchhändlers und Antiquars, und bei den wichtigen Versteigerungen sind auch die Leitungen der großen Biblio theken — Universitätsbibliothek, Stadlbibliothek rc. — vertreten. Der Bücherschätzmeister hebt nach der Reihenfolge des Verzeichnisses die einzelnen Werke oder Konvolute von Büchern, Broschüren rc. empor, und der Leiter der Ver steigerung animiert zum Kauf. Zeit zur Anfrage über Auflage und dergleichen gibt es nicht; denn kaum ist der Ausrufpreis genannt, so geht das muntre Lizitieren an. Bemerkenswert ist die Hartnäckigkeit, mit der die Frauen immer noch eine Kleinigkeit mehr bieten, um den Schatz zu erwerben, und mit vor Aufregung geröteten Wangen, stolz und glücklich, ersteht so manche einen zweifelhaft aus sehenden Band Marlitt oder Scott oder Ganghofer zu einem Preise, der dem regulären im Buchladen nicht nachsteht. Klassiker, Romane, Geschenkwerke, besonders auch Sammelwerke wie »Weltall und Menschheit« gehen, wie es im Marktbericht heißt, schlankweg ab, ja selbst alte, im Grunde genommen unbrauchbare Lexika finden ihre Käufer. Handelt es sich, was freilich nicht oft vorkommt, um eine Bibliothek aus dem Nachlaß eines ge lehrten Bücherfreundes, so sitzen in den ersten Reihen die Kenner und Sammler, und dann entbrennt oft ein heftiger Kampf um eine Rarität, bis sie dem Standhaftesten zu geschlagen wird. Ich habe mich oft gefragt, ob nicht das Dorotheum den Antiquaren empfindliche Konkurrenz bereite. Kollegen, die es wissen sollten, verneinen die Frage; das Publikum, sagen sie, habe bei diesen Versteigerungen keine Wahl und müsse kaufen, was eben vorrätig sei; der wirkliche Bücher bedarf ließe sich doch nur im Laden oder auf Grund syste matischer Kataloge und von Anzeigen in den Zeitungen decken. * » * In diesen Blättern wurde vor einiger Zeit jenen Gehilfen, die aus Mangel an Mitteln oder andrer Umstände wegen auf eine buchhändlerische Selbständigkeit verzichten müssen, der Rat erteilt, Stellungen bei der Ver waltung und Leitung öffentlicher Bibliotheken anzustreben. Wer sich für das Bibliothekswesen interessiert, weiß, daß die genossenschaftliche Bewegung in den Gewerben, die ge werkschaftliche unter den Arbeitern Antrieb zur Gründung zahlreicher Bibliotheken geworden ist. Dadurch gelangen vorerst an die Spitze solcher Bibliotheken Leute, die das Vertrauen ihrer Berufskollegen besitzen, sich in geistiger Be ziehung vielleicht auch wirklich über die Mehrzahl derselben erheben, dennoch aber jener Schulung und literarischen Kenntnisse ermangeln, die das Amt des Bücherwarts von ihnen verlangt. Einer Zeitung für Bibliothekswesen entnehme ich folgenden Auszug aus einem Katalog, der Feder eines solchen Genossenschaftsmannes entstammend, der sich plötzlich zur Würde eines Bibliothekars erhoben sah: Emil über die Erziehung. Klassiker von I. I. Rousseau. Freund Fritz. Von M. Bergmann. Skizzenbuch von W. Irving. Von I. H. Spitzer. Graf Leo Tolstoi. Erzählung von Albert. Eugen Aram. Roman von Fried. Notter. Abenteuer des Tartarin aus Tarascon. Von Ad. Gerstmann. Der abenteuerliche Simplizius. Von Felix Boberlag. Götz von Berlichingen. Dramatische Meister von Goethe. In der Abteilung: Novellen, Erzählungen und Romane: Goethes sämtliche Werke von Karl Goedeke. Es ist dem guten Mann, der mit seinem Handwerkszeug gewiß gut umzugehen versteht, nicht zu verübeln, daß er mit den Vorschriften der Bibliographie nicht vertraut ist; aber es scheint, daß sich hier den Buchhandlungsgehilfen ein Feld der Betätigung bietet, zumal sich namentlich in kleineren Orten derartige Bücherwartsiellungen bei verschiedenen Ge nossenschaften und Vereinen vereinigen ließen. * * * Wird die industrielle Hochkonjunktur noch anhalten? Diese Frage wird in jüngster Zeit in den politischen Tages blättern und kommerziellen Fachzeitungen zur Diskussion ge stellt. Die Einnahmen der Eisenbahnen steigen konsequent, die Fabriken der meisten Branchen sind mit Aufträgen über häuft, der Absatz im Inland und der Export wachsen — es müßte nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn der österreichische Buchhandel von der gesteigerten Kaufkraft des Publikums nicht Nutzen zöge. Sollte etwa der Höhe punkt bereits überschritten sein? Als die Tagesblätter im
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