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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.06.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-06-28
- Erscheinungsdatum
- 28.06.1907
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- Deutsch
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6560 Börsenblatt s. d. Titsch». Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. 148, 28. Juni 1S07. Oesterreich — dito aus Böhmen — Slaoen und Magyaren —Splitter und Balken aus Oesterreich — Stimmen aus Böhmen — Ungarns Gegenwart — Ungarn als Quelle der Befürchtungen und Hoffnungen für Oesterreichs Zukunft, u. a. Durch Fürst Metternichs Dekret wurden Reclam viel Schaden und große Verluste zugefügt, und jene Zeit war für ihn eine recht sorgenvolle. Er mußte nun bestrebt sein, durch Unternehmungen, deren Vertrieb ein dauernder war, dem Geschäft eine gesicherte Grundlage zu schaffen. So erschienen nun die stereotypierten Ausgaben der griechischen und lateinischen Klassiker von Koch; Mühlmanns lateinisches, Koehlers englisches Wörterbuch und das von diesem neu bearbeitete Schmidtsche französische Lexikon; ferner die Opernbibliothek (Klavierauszüge mit deutschem Text), Härtels deutsches Lieder-Lexikon, sowie als Vorläufer der billigen Klassiker-Ausgaben Shakespeares Werke, übersetzt von A. Böttger u. a., und zwar zu dem damals unerhört billigen Preis von 1Talern. 1862 erbaute Reclam ein neues Geschäftshaus Dörrien- straße 4 und zog hier ein mit der Hoffnung, daß der bis dahin beispiellose Erfolg der immer neue Auflagen nötig machenden Shakespeare-Ausgaben auch bei andern billigen Klassiker-Ausgaben sich einstellen werde. Da trat mit dem November 1867 das neue Gesetz in Kraft, das die Werke aller seit 30 Jahren und länger verstorbenen Autoren zum Gemeingut der Nation machte, und nun bereitete Reclam für diesen Termin eine Gesamtausgabe von Schillers Werken vor, denen sich später die von Lessing, Goethe, Körner, Hauff, Börne, Molidre und Byron anschlossen. Neben diesen wohlfeilen Klassiker-Ausgaben, vermehrt durch die Werke Grabbes, Heines, Herders, Kleists, Lenaus, Longfellows, Miltons, begann er gleichzeitig das Unter nehmen, das seinen Namen zu einem der geachtetsten machen und den Weltruf der Firma begründen sollte, — die Universalbibliothek. Infolge des von Anbeginn an steigenden Absatzes dieser mit dem Goetheschen Faust (seinem Lieblingswerk) begonnenen Universalbibliothek und der Klassiker war eine Vergrößerung des Geschäftshauses nötig geworden. Es wurde daher das Nachbargrundstück angekauft, und nachdem bald beide Häuser bis zum Giebel mit Vorräten von gebundenen und gehefteten Büchern gefüllt waren, so daß sich für die neu anzuschaffenden Schnellpressen kein Raum mehr fand, wurde zu einem Neu bau Kreuzstraße 7 geschritten, der 1887 bezogen wurde. Hier hat Philipp noch elf Jahre in unermüdlicher Tätig keit und emsigstem Fleiße an dem Ausbau seines Werkes, dessen Erfolge sich stetig mehrten, gearbeitet. Er lebte einzig und allein seinem Geschäft; niemals durch Amt oder Würde in die Öffentlichkeit des Berufs tretend, zeigte er sich in dieser Beschränkung als Meister. Den Segen seines Werkes für die Menschheit und den Aufschwung seines aus kleinen Anfängen entstandenen, zu einem Welthause sich entwickelnden Unternehmens hat er noch selbst erlebt, und als er am 5. Januar 1896 die Augen schloß, da schied er aus einem langen, 89jährigen, an Erfolgen reichen Leben, das köstlich gewesen ist, weil es Mühe und Arbeit gewesen ist. Er konnte beim Scheiden -Seines Wirkens ausgestreuten Samen Lieben Händen anvertraun, Die der Pflanze sorglich warten», freudig fühlend wie -Es ist so süß, so labend, Das, was uns die Väter gaben, Seinen Kindern hinzugeben Und sich selbst zu überleben.» Nach dieser Schilderung seines Lebensgangs ein Bild seines Wesens und Charakters: Anton Philipp Reclam arbeitete, längst der Schule ent- j wachsen, unablässig an seiner eigenen Bildung, liebte und pflegte Musik, sammelte in verschiedenen Zweigen der Natur wissenschaft, namentlich der Chemie und Physik, umfangreiche Kenntnisse, beschäftigte sich ernsthaft mit der Literatur unsrer Klassiker. Faust und Wallenstein waren ihm die liebsten und vertrautesten Werke unsrer beiden großen Dichter. Von seinen Freunden wurde der kenntnisreiche, jedem Fortschritt huldigende Mann scherzweise ihr Professor genannt. Pünktlich, pflichttreu, von unermüdlichem Fleiß — er schrieb bis in sein hohes Alter gelegentlich noch selbst Fak turen aus — stramm, streng gegen sich selbst, ein Feind jeder Bequemlichkeit, geduldig ausdauernd im Großen, pein lich sorgfältig und von eigener, bewundernswerter Geschick lichkeit im Kleinen, solid, sparsam, energisch, von steifem Nacken, war er voll starker Sympathie für das preußische stramme Wesen, so daß er sich vor 1866 sogar Landes verräter schelten lassen mußte, und voll begeisterter Ver ehrung für des Reiches großen Kanzler. Er war klaren Verstandes, geraden Wesens, aus hartem Holz geschnitzt, dabei weicherer Gemütsregungen nicht entbehrend, denn er half in Not gern und reichlich. Über die Bedeutung von Anton Philipp Reclams Werk, der Universalbibliothek, für die Volksbildung und Auf klärung ein Wort zu verlieren ist überflüssig; dafür spricht die beispiellose Verbreitung und der heute, vierzig Jahre nach dem Beginn — es sind mehr als 4900 Nummern erschienen — ins Ungeahnte steigende Absatz. Des Volkes Stimme, des gebildeten und bildungsdurstigen, in allen Nationen, hat sich von Anfang an begeistert dafür aus gesprochen und hat sich in ihrem Urteil nicht beirren lassen. Merkwürdigerweise war sich der Buchhandel dieser Be deutung und des ihm aus dem Unternehmen erblühenden Nutzens nicht in gleichem Maße bewußt. Das beweisen die Urteile namhafter Buchhändler über die »Aussichtslosigkeit« des Unternehmens, dem bei seinem Erscheinen von vielen ein glänzendes Fiasko und ein baldiges Ende prophezeit wurde. Aber noch mehr: es erhoben sich sogar auch feindliche Stimmen, die in der Universalbibliothek ein Mittel zum Ruin und Verderben des Buchhandels erblickten, und ihr Begründer hat sich gerade nicht großer Liebenswürdigkeit von seiten zahlreicher Kollegen zu erfreuen gehabt. Wurde er doch fast als Raubritter angesehen, weil er anfangs auf Grund seiner für die Lebensfähigkeit seines Unter nehmens notwendigen Kalkulationen mit dem Abdruck honorarfreier Autoren rechnen mußte. Hat sich auch diese Anschauung im Laufe der Zeit auf Grund der Tatsachen geändert, ist auch aus manchem Saulus ein Paulus geworden, so gibt es doch noch manchen, der sich der großen Macht des Pfennignutzens auch heute noch nicht bewußt ist. Wenn man bedenkt, wie genau Anton Philipp Reclam bei der Herstellung der Bändchen kalkulieren mußte, und daß sein Nutzen nur nach Pfennigen und Pfennigteilen berechnet werden konnte; wenn man bedenkt, daß die Summe dieser verdienten Pfennige ihren Ausdruck nicht nur in dem Weltruhm der Firma findet, sondern in sichtbarer Weise in dem Monumentalbau des Geschäftshauses mit seinem weitverzweigten Betriebe, dann begreift man erst, welchen kolossalen Nutzen das Unternehmen auch für den Buchhandel gehabt hat, der doch an diesem Gewinn in hervorragender Weise teilnahm. Seit 1863 stand Anton Philipp Reclam sein einziger Sohn Hans Heinrich, der jetzige Seniorchef des Hauses, zur Seite, der zunächst im väterlichen Hause (1856—57) die Buchdruckerei erlernte, dann als Lehrling in die I. C. Hin-
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