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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.06.1907
- Strukturtyp
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- 1907-06-28
- Erscheinungsdatum
- 28.06.1907
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- Deutsch
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148, 23. Juni 1907. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dllchn. Buchhandel. 6559 Wenn es der Raum gestattete, würde es interessant sein, noch mancherlei Fäden nachzuspüren, so denjenigen, die zu Antoine Pesne, zu Chodowiecki, zu Friedrich dem Großen, zu den Kindern der Königin Luise usw. führen, die an Kunst und Wissenschaft, an Forschung, Gottesgelahrtheit und Tapferkeit, an Musik und Gesang anknüpfen, und hieraus manchen Wesens- und Charakterzug zu erklären, auch bei Anton Philipp Reclam. Es mögen aber diese kurzen Andeutungen über seine Vorfahren genügen, von denen sein Vater Carl Heinrich (1776—1844), der Sohn des Juweliers Friedrichs des Großen, nach Leipzig kam und mit seiner, ursprünglich fran zösischer Literatur dienenden Buchhandlung die Reihe der Buchhändler unter den Reclams begann. Er ist der Be gründer dieser Buchhändler-Dynastie und der Firma C. H. Reclam sen., die er später an seinen Schwiegersohn Jul. Altendorf abtrat, und die schließlich in die Firma Philipp Reclam jun. aufging. Von seinen zwei Söhnen ist der jüngere, Carl, als namhafter Forscher, Gelehrter, Schriftsteller bekannt. Carl Heinrichs ältester Sohn ist unser Anton Philipp. Bei der Darstellung seines Lebensganges folgen wir zum Teil den Aufzeichnungen der Chronik, die er selbst noch bei Lebzeiten geprüft und als richtig anerkannt hat. Anton Philipp Reclam, am 28. Juni 1807 als der älteste Sohn des Buchhändlers Carl Heinrich Reclam in Leipzig geboren, bewahrte treue Erinnerungen an jene für Deutschland zunächst so unglückliche, dann aber durch die Erhebung gegen den korsischen Eroberer so große Zeit. Er erlebte als sechsjähriger Knabe die Völkerschlacht, er sah schaudernd, wie aus den zum Lazarett dienenden Kirchen Leichen in Massen auf Leiterwagen geladen wurden. Er sah aus der am Markt gelegenen Wohnung die Franzosen ihre Gewehre von sich werfen, als die Kosaken und Baschkiren in die Stadt sprengten, und warf letztem in Ermangelung andrer Nahrungsmittel Äpfel aus dem Fenster zu, die jene freudig ausfingen. Eine Szene war ihm be sonders in Erinnerung geblieben: Als einer der Reiter den erbettelten Apfel in seiner spitzen Mütze aufgefangen hatte, teilte er diesen mit dem gleich ihm hungernden Pferd. Hinter den Kosaken rückten andre Truppen in Leipzig ein und mit ihnen die verbündeten Monarchen. Vor dem Königshaufe stieg der Kaiser Alexander vom Pferd und forderte den König Friedrich August von Sachsen persönlich, jedoch vergeblich auf, sich nunmehr endlich den verbündeten Monarchen anzuschließen. Zwei Tage später wurde Friedrich August durch einen Wagen, in dem zwei Adjutanten ihn erwarteten, abgeholt und unter Bedeckung von 200 Reitern nach Preußen in die Gefangenschaft abgeführt. Als inte ressant mag auch erwähnt werden, daß sein Vater dem Kaiser Napoleon, als dieser den Pleißenburg-Turm bestieg, um sich von dort über die umliegenden Ortschaften zu informieren, als Dolmetscher diente. Jene ernste, kriegerische Zeit machte auf den Knaben einen unauslöschlich tiefen Eindruck. Nach Absolvierung der Schule (wo Roderich Benedix sein Mitschüler war) trat Philipp, vom Vater zum Buch händler bestimmt, 1823 als Lehrling in die Schulbuchhand lung von Friedrich Vieweg L Sohn in Braunschweig, mit deren Besitzern er durch seine Mutter, eine geborene Campe, verwandt war. Hier war er vier Jahre als Lehrling tätig, sowohl in der Buchhandlung als auch in der Buchdruckerei. Es wird für Philipp ein frohes Weihnachtsfest gewesen sein, als Friedrich Vieweg ihm am 25. Dezember 1827 folgenden Lehrbrief ausstellte: Meinem jungen Freunde und Vetter Herrn Philipp Reclam. Um Dir, mein lieber Philipp, ein Zeichen meiner Zufrieden heit und meines Wohlwollens zu geben, gereicht es mir zu einer besonderen Freude, Deine Lehrzeit von heute an für be endiget zu erklären. Meine und der Meinen herzliche Wünsche begleiten Dich auch auf diesem neuen Abschnitte Deines Lebens. Dies wird beglückt und jenes fest begründet seyn, wenn Fleiß und Ordnung im Geschäft und ein bescheidenes, sittlich gutes Betragen auch ferner Dein Bestreben bleiben. Friedrich Vieweg. Nach Leipzig zurückgekehrt, streckte ihm sein Vater ein Kapital von 3000 Talern vor, das er ihm zu verzinsen hatte, und dafür erwarb er am 1. April 1828 das mit einer Leihbibliothek verbundene »Literarische Museum«, Verlags buchhandlung, Lesebibliothek und Journalistikum, das sich in der Grimmaischen Straße gegenüber dem Naschmarkt befand. Da das Museum der Sammelpunkt der Gelehrten und Literaten wurde, verdankte der damals 22jährige Buch händler dem Verkehr mit ihnen viel Anregung. Bald regte sich die Lust zum Verlegen in ihm, und mit den ersten ersparten 30 Talern erwarb er das erste Manuskript, eine Übersetzung aus dem Französischen, dem bald andre Verlags werke folgten, unter anderen: Julius Mosen, Novellen; Heinrich der Finkler; Gedichte; Heinrich Laubes historisch politische Skizzen »Das neue Jahrhundert«. Im Jahre 1837 verkaufte er das »Literarische Museum« wieder, um sich ganz dem Verlag zu widmen; er firmierte jetzt »Philipp Reclam jun.«. Am 9. April desselben Jahres hatte er sich mit Susanne Auguste Baumann aus Horgen am Züricher See verheiratet, die ihm am 18. Mai 1840 einen Sohn, Hans Heinrich, schenkte. 1839 erwarb er, von Freunden unterstützt, die gut eingerichtete Haacksche Buchdruckerei, eine Akzidenzdruckerei, in der er zunächst für fremde Auftraggeber druckte. Schlechte Erfahrungen und größere Verluste ließen ihn daran denken, sich von fremden Aufträgen zu emanzipieren und einen eignen Verlag zu schaffen. Die Druckerei befand sich Königs straße 4, im Gartengebäude. Jetzt beginnt die eigentliche Verlagstätigkeit Philipp Reclams. Es entstehen die Bibel- Ausgaben, das Schmidtsche französische Handwörterbuch, sowie »Das singende Deutschland«, Unternehmungen, die sehr gut einschlugen. Der Gedanke zum »Singenden Deutschland«, wurde bei einem Spaziergang im Rosental gefaßt. Es seien aus dieser Zeit noch erwähnt: Brennglas, Eckensteher, Miß Pardoe, Ungarn und seine Bewohner. In den nächsten Jahren von 1842—49 erschienen neben »Oettingers Charivari« von demselben Verfasser: Helene, Ein Fehdebrief an die Gesellschaft, — Joujoux, — Narrenalmanach, — Potsdam und Sanssouci, — Spontini. Eine kleine Bro schüre: »Mola Lontez« erzielte großen Erfolg. Vor allen Dingen fallen aber in diese Zeit die zahlreichen Schriften politischen Inhalts, die nach der Revolution von 1848 zu dem famosen Metternichschen Dekret Veranlassung gaben, durch das die Reclamschen und Otto Wigandschen Publi kationen den österreichischen Buchhändlern verboten wurden. Da diese Schriften zum Teil Titel führen, die auf die gegenwärtigen Zustände im Nachbarreich zu passen scheinen, seien hier einige erwähnt: Böhmens Provinzial - Zustände auf dem Schachbrett der Oeffentlichkeit — Böhmens Zukunft und Oestreichs Politik — Chownitz, Moderne Wiener Perspektiven — Oesterreichische Daguerreotypien — 2 Fragen aus Böhmen — 4 Fragen eines Oestreichers — Groß-Hoffinger, Fürst Metternich und das Oest- reichische Staatssystem — Wiener Kanzlei-Zustände — Metternich — Politische Nesselblätter — Nesselhtebe von Nante II — Oestreichs Gegenwart — Oestreich und das konstitutionelle Prinzip — Oesterreich und Rußland — Oesterreich und seine Staatsmänner — Portfolio eines Oesterreichers — Das Prager Theater bei Fackel- Beleuchtung — Revue oesterreichischer Zustände — Schattenrisse aus
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