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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.09.1907
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1907-09-16
- Erscheinungsdatum
- 16.09.1907
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
- LDP: Zeitungen
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selbst eine dörfliche Häuslichkeit für ihre Ferialzeit. Der Versuch ist so gut ausgefallen, daß er in Norwegen nachgeahmt wird. . . Das Prophezeien ist eine wohlfeile Sache, doch^möchte ich den Ausspruch wagen, daß aus dem Kreise dieser Studenten-Bauern sicherlich bald ein guter Bauernroman oder ein echtes Bauernstück heroorgehen wird. Das Sündenregister der Nur- und Brotschreiberei ist kaum zu überschauen. Sie hat es verschuldet, daß die Literatur, die ein Gipfelpunkt der Kultur und ein Exponent aller höheren Be strebungen sein sollte, vielfach in die Niederungen des geschäft lichen Betriebs hinabgesunken ist. Ihr verdanken wir es, wenn für Bücher eine widerliche Jnseratenreklame gemacht wird, wie für Csillagsche Haarpomade oder Kathreiners Malzkaffee; ihr verdanken wir jene Riesenschar von Schreibweibchen, die mit grauenerregender Produktivität Jahr für Jahr neuen Schund ab liefern; ihr verdanken wir, daß die wenigen guten Sachen, die auf den Büchermarkt gelangen, aus dem unermeßlichen Wust der Ramschware nur mit großer Mühe herausgefunden werden und darum viel zu wenig Leser finden. Aber es stellen sich noch schlimmere Folgen ein. Indem die Geschäftsliteratur darauf ausgehen muß, sich um jeden Preis be merkbar zu machen, bedient sie sich gefährlicher Praktiken. Alle die Exzentrizitäten und Perversitäten, von denen die Literatur durchseucht ist, sind großenteils die ausgeklügelten geschäftlichen Tricks einer Erwerbschreiberei, die um Absatz kämpft. Hier wird nicht mehr bloß der ästhetische Sinn der Nation verdorben, hier greift der Schaden auf das sozial-ethische Gebiet über und fördert jene Degenerations-Erscheinungen zutage, die jedem bekannt sind, der offnen Blicks in die Welt schaut. Ich gewärtige die Einwendung, daß es ja doch Berufsliteraten gibt, die das Bewußtsein ihrer hohen Sendung in sich tragen, und daß umgekehrt schlechte Bücher von Leuten herrühren, die die Literatur nur im Nebenamte üben. Aber dieser Einwurf widerlegt nicht. In solchen Dingen muß man sich an den Maffen- durchschnitt, an die große Zahl halten und von Einzelfällen ab- sehen. Die Beobachtung dieses Massendurchschnitts lehrt aber, daß die Berufsschreiberei mit innerer Notwendigkeit zur Entartung führt; sie entartet geradeso, wie der Parlamentarismus und das öffentliche Leben Herabkommen, wenn sie die ausschließliche Domäne der Berufspolitiker werden. Darum ist in der Literatur dem guten Dilettantentum eine ganz besonders wichtige Aufgabe Vorbehalten. Unsre Literatur von heute braucht wie ein Stück Brot die Männer und Frauen, die -es nicht nötig haben«, die in die Stickluft wieder den frischen, gesunden Hauch des tätigen Lebens bringen und denen das Schreiben kein Gewerbe, sondern die festliche und feierliche Erhöhung ihrer Muße ist. * Dt« Desinfektion von Büchern. (Vgl. Börsenblatt Nr. 197.) — In der Zeitschrift -Österreichisches Sanitätswesen veröffentlicht Glaser eine Arbeit über die Desinfektion von Büchern, in der er zusammenfassend ausführt: 1. Die obligatorische Einführung der Bücherdesinfektion ist bei allen öffentlichen und Anstaltsbibliotheken vor ihrer Wiederausleihung bezw. Wieder einreihung in die Bibliothek unbedingt geboten. Die Art der Desinfektion wäre durch Beiordnungen zu regeln. 2. In geschlossenen Anstalten (Gefängnissen, Internaten) braucht die Desinfektion der Bücher nur nach der Benutzung durch einen an einer Infektions krankheit Leidenden zu geschehen, an allen Leih- und öffentlichen Bibliotheken hat sie vor jeder Wiedereinreihung in die Bibliothek zu erfolgen, wenigstens insolange nicht durch eine geregelte Anzeigepflicht, Bekanntgabe jedes einzelnen Falles an die Biblio theken und genaue Evidentsührung daselbst eine sichere Kontrolle gewährleistet ist, daß von JnsektionSkranken oder -Verdächtigen benutzte Bücher nur in desinfiziertem Zustand an Bibliotheken abgesührt werden dürfen. 3. Eine wirksame Desinfektion der Bücher läßt sich praktisch durchführen. 4. Strömender Wasserdampf bei 100 Grad und strömender Formaldehydwasserdampf bei 80 Grad sind in ihrer Wirkung gleichmäßig geeignet, den strengsten An forderungen zu genügen und Sporen abzutöten. Ihre Verwen dung hat bei allen öffentlichen und Leihbibliotheken, die einem nicht kontrollierbaren Leserkreis unterliegen, Platz zu greifen. Bei der Wahl des strömenden Wafferdampfes als Desinfektionsmittel wären die Bücher hierzu tauglich zu machen, was insbesondre in Börsenblatt sür den Deutschen Buchhandel. 74. Jahrgang. den unter staatlicher Aufsicht stehenden Anstalten ja einfach de kretiert werden könnte. Eine einstündige Desinfektion ist für alle Fälle ausreichend. 5. In geschloffenen Anstalten (Gefängnissen, Internaten), wo nur die Benutzer der Bibliothek mit bestimmten und immer kontrollierbaren Krankheiten in Betracht kommen, kann man sich mit einem Verfahren zufrieden geben, das nur die vegetativen Formen abtötet. Hierzu eignet sich besonders eine durch Verdunsten von Formalinlösung bei 100 Grad erzeugte heiße Formalinluft von einer relativen Feuchtigkeit von über 60 Prozent in einer vierstündigen Einwirkung. Bücher erleiden bei keiner der angeführten Methoden einen nennenswerten Schaden. Zwei «tue Werk« TizianS. — Der in Florenz lebende Berliner Kunsthistoriker Or. Georg Gronau, der Verfasser des vortrefflichen Buchs über Tizian in der Sammlung -GeisteS- helden-, berichtet in der Septembernummer -Rassegna d'Arte« über die Entdeckung zweier authentischer Werke von Tizian, die er in den Galerien von Verona und Mailand gemacht hat. Es handelt sich um das Porträt eines Mannes in Verona, das bisher mit dem Namen G. B. Moronis bezeichnet wurde, und um ein Porträt von Giacomo Medici in der Ambrosiana. Besonders das zweite Gemälde ist nach seiner Meinung, obwohl es in den Farben ein wenig gelitten hat, ganz unzweifelhaft ein hervor ragendes Werk Tizians; die Technik, die Verteilung des Lichts und verschiedene Einzelheiten, die alle in dem Porträt des FranceSco Maria, Herzogs von Urbino, in Mailand wiederkehren, beweisen diese Annahme. Gronau ist auch der Meinung, daß das Bild tatsächlich Gian Giacomo de Medici di Marignano darstellt. Die Ausführung fällt in das Jahr 1550. Die Arbeit, deren Eindruck durch Riffe etwas beeinträchtigt wird, trägt noch ganz den Stempel der Hand des Meisters und übt einen Reiz aus, wie er nur von den Werken der Großen in der Kunst ausgchen kann. Die riastistik der meistgelesenen Bücher. — Im neuesten Heft (9/10) der -Blätter für Volksbibliotheken und Lesehallen« (Leipzig, Otto Harraffowitz) veröffentlicht Herr G. Fritz die an fangs des Jahres auch im Börsenblatt (1907, Nr. 2) veröffentlichte Statistik des -Literarischen Echos- über die im Jahre 1905/06 meistgelesenen Bücher, die sich auf die eingelaufenen Berichte von 134 Leihbibliotheken und nur 10 Volksbüchereien gründet, und knüpft daran folgende beachtenswerte Bemerkungen: Dem Ergebnis des Vorjahres gegenüber ist bemerkenswert, daß die dort an erster Stelle genannten Bücher von Böhme, Tage buch einer Verlorenen, und Stilgebauer, Götz Krafft, ihren Ehren platz verloren haben, daß anderseits wertvollere Neuerscheinungen, wie z. B. Handel-Mazzetti, Jeffe und Maria, Karillon, Michael Hely, Zahn, Clari-Marie, Keller, Waldwinter, Spcck, Zwei Seelen, gar nicht oder nur selten auf der Liste Vorkommen. Es beweist dieser Umstand natürlich sehr wenig für den Anteil des größern Leserpublikums an diesen Werken, man hat danach höchstens von neuem das Recht, auf die kritiklose, un literarische Zusammensetzung und Ergänzung der Leih bibliotheken zu schließen. In öffentlichen Bibliotheken wird sich die Wahl der Bücher und die Häufigkeit ihrer Benutzung bis zu einem gewissen Grade stets nach der Anzahl der vorhandenen Exemplare richten, eine simple Erfahrung, die aber gleichwohl zu wenig berücksichtigt wird und deren Nichtbeachtung oft eine Fehler quelle sür eine wirklich wertvolle Statistik bildet. Die Bildungs bibliotheken, in denen eine sorgfältige, literarisch einwandsfreie Bücherauswahl doch wohl die Regel ist, sollten daher neben einer sorgsamen Beratung der Leser diesen Gesichtspunkt nie aus dem Auge verlieren und dem Übergewicht, das eine gewisse Art von nicht gerade minderwertiger, aber doch gleichgültiger Literatur auszuüben pflegt, dadurch zu begegnen suchen, daß die besten Werke nicht nur besonders zahlreich vorhanden, sondern vor allem dem Bibliothekar zur gegebenen Zeit stets zur Hand sind. Ich beziehe mich hier auf die Erfahrungen der Charlotten burger Volksbibliothek. Es wird dort seit längerer Zeit ein un merklicher Einfluß auf die Leser ausgeübt, indem neben geschicht lichen, geographischen und andern belehrenden Werken Schriften von Freytag, Storni, die Wiesbadener Volksbücher, die Hausbücherei der Deutschen Dichter-Gedächtnis-Stiftung usw. beständig zur freien Wahl vorliegen und entsprechend häufig benutzt werden. Daneben sind die Dichterabende, die vom Verein zur Förderung der Kunst 1193
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