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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.11.1884
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1884-11-05
- Erscheinungsdatum
- 05.11.1884
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
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5178 Nichtamtlicher Theil. 258, 5. November. wie es die Sortimentsbuchhandlung thut, alle neuen Prospekte gratis, alle neuen, ihn irgendwie interessirenden Publikationen leihweise zur Ansicht schicken, wird sie ihm auch creditiren bis zum neuen Quartal, bis zum neuen Jahr? Weiter! Ein Techniker will sich über eine neue Maschine, über einen neuen Motor oder über Gott weiß was orientiren und besinnt sich zufällig, ein Buch angezeigt gesehen zu haben, in welchem er das Gesuchte gefunden hatte! Er hat aber den Titel vergessen. Er geht in die Buchhandlung und trägt dem Sorti menter seinen Wunsch vor. „Oh! das wollen Wir gleich haben", sagt der Sortimenter, schlägt ein halbes Dutzend Kataloge nach — endlich hat er's! Zufällig ist das Buch nicht am Lager, aber in 3 Tagen oder in 8 Tagen kann es der geschätzte Kunde zur Ansicht haben! Ein Schuldirektor will ein neues Lesebuch einführen und verlangt mit Recht vom Sortimenter, daß er in der Literatur soweit bewandert ist, daß er ihm eine entsprechende Auswahl vorlegen kann! Ja! wird er das vom Postsecretär auch verlangen dürfen? Oder wird der Herr Postsecretär nicht etwa gar sagen: „Empfohlen ist dieses von der Regierung" und der gehorsame Herr Direktor nimmt es — unbesehen! Man mag von einer Regierung so loyal denken wie man will, das muß man zugeben: die Versuchung zu Pressionen ist stark, wenn wir eine Postbuch handlung haben, nicht nur in Bezug auf Schulbücher, sondern überhaupt. Weiter! Der Verleger setzt jetzt seine Bücher durch den Sortimentsbuchhandel ab, und er mag mit den Leistungen des selben zufrieden sein oder nicht (in vielen Fällen ist er es nicht, weil der Sortimenter eben nicht im rechten Matze seine Pflicht thut); jedenfalls kann er denselben unter den obwaltenden Ver hältnissen nicht entbehren! Umsomehr muß er ihn stützen! Gewiß, der Sortimenter leistet nicht einmal das, was von einem tüchtigen Buchhändler geleistet werden soll. Die Gewerbefreiheit hat den Stand geschädigt, und Buchbinder, Weißwaarcnhändler und wer sonst sich mit Bücherverkaus abgibt, ist deshalb noch kein Buchhändler. Das hilft aber alles nichts, der Verleger darf den Sorti menter aus keine Weise schädigen, weil er sich sonst selbst schädigt. Die Postbuchhandlung nun würde dem Sortimenter meines Er achtens das Lebenslicht vollends ausblasen. Würde sich der kluge und rechnende Verleger nicht fragen, was setzt man an Stelle des Sortiments? Ersetzt dir die Postbuchhandlung das Sortiment? Woher hat überhaupt die Postbuchhandlung Anspruch aus den üblichen Buchhändler-Rabatt? Sie glaubt doch nicht etwa, daß man für Aufnahme und Beförderung einer Bestellung 25—50A, Rabatt gibt! Von diesem Rabatt bezahlt der Sortimenter alle Manipulationen, die dazu dienen, seinen Absatz nach Möglichkeit auszudehnen! Solange also das liebe Publicum insgesammt sich nicht selbst nach seinem literarischen Bedarf umsteht, solange muß der Mann bezahlt werden, der ihm denselben vermittelt, also der Sor timenter! Wenn also die Postbuchhandlung die gleichen Pflichten und Bemühungen wie das Sortiment übernimmt und obendrein billiger arbeiten will, so wird ihm der Verleger den Buchhändler nettopreis geben; wenn sie das aber nicht thut, so wird der Ver leger nicht einsehen können, warum er seine Geschäftscollegen, die Sortimenter, schädigen soll, und wird der Postbuchhandlung die Ordinär-Preise anrechnen. Das Thema der Postbuchhandlung ist nicht neu und das Bedauerliche an diesem Thema ist, daß man amtlicherseits zu ge wissen Schritten in dieser Richtung geneigt ist, ja sogar sogenannte Fühler schon ausgestreckt hat. Ich erinnere an das Reichscoursbuch und den Post-Rabattverein. Beides wurde im Börsenblatt für! den deutschen Buchhandel bereits besprochen und braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. An den Zeitungsvertrieb der Post denkt heute schon gar Niemand mehr, und doch war das der erste und kräftigste Hieb gegen das Sortiment. Gewisse Befürchtungen, daß man amtlicherseits über kurz oder lang den von Hartmann'schen Vorschlägen näher treten möchte, sind also nicht gar so ungerechtfertigt, wie Manche an nehmen; damit man aber nicht plötzlich vor einem gar nicht brauch baren Lit aoeompli steht, so sollte hier aus die Schwierigkeiten der Postbuchhandlung hingewiesen werden. Die von Hartmann'schen Vorschläge erstrecken sich auch aus einen zu gründenden literarischen Verein. Dieser Verein soll dazu dienen, der Postbuchhandlung — den Absatz zu verschaffen. Man rechnet aus, daß aus diese Weise ca. 20"/« beim Bllcher- bezug gespart werden könnten, die dem Abnehmer zukämen! Das Schlimmste daran ist, daß ein solcher Verein eigentlich gar nicht erst gegründet zu werden braucht. Er ist schon da, und wenn auch durch den oben erwähnten Postverein zunächst nur Angehörige der Post beziehen sollen, so besteht doch kein Hinderuiß, daß auch andere diesem Verein beitreten. Es muß als eine bittere Ironie des Schick sals bezeichnet werden, daß gerade einzelne Sortimentsbuchhand lungen es gewesen sind, die durch unglaubliche Rabattofferten die Existenz dieses Vereins ermöglicht haben. Dem Verleger ist schließ lich nicht einmal übel zu nehmen, wenn er größere Partien seiner Verlagsartikel zum Nettopreis an solche Vereine abgibt; chm kann es gleichgiltig sein, wem er verkauft, wenn er nur verkauft. Aber im Sortiment sollten doch derartige Unternehmungen keine Unter stützung finden! Also Herr von Hartmann weiß von diesem Verein noch nichts, oder er weiß davon und will troßdem einen neuen literarischen Verein gründen lassen. Mit diesem Verein aber gestaltet sich die Sache sehr einfach. Jedes Mitglied ist ein dem Sortiment weg genommener Kunde, und die Ausdehnung dieses Vereins wird sich ganz genau mit der Schwindsucht des Sortiments decken: man kann, wenn dieser Verein in's Leben tritt, ziemlich genau ausrechnen, wann das letzte „reine Sortiment" zu Grabe gehen wird. Was also dem Sortiment aus den von Hartmann'schen Vor schlägen erblüht, das dürfte klar sein. Ist denn aber nun das Sortiment gar so überlebt und unbrauchbar, daß man es bei Seite schieben will? Gewinnt durch den Ruin des Sortiments das Publicum, die Schriftsteller, die Literatur soviel? Wenn man etwas als überflüssig bezeichnen kann, was sich nicht selbst nützlich und praktisch gestalten kann, oder besser er setzt werden kann, so ist das Sortiment gewiß nicht leicht zu vertheidigen. Namentlich in den letzten Jahren hat es sich nach und nach immer mehr als Unmöglichkeit gezeigt, daß ein Verleger sich betreffs des Vertriebes seiner Novitäten auf das Sortiment allein verlassen könne. Oder zweifelt man hieran? Gibt es noch einen Verleger, der „zur Unterstützung des Sorti menters" nicht Reclamen, Inserate, Prospecte :c. versendet? Ich glaube nicht. Das Buch, das im Anschluß an alle übrigen Producte immer billiger producirt werden sollte, wird dadurch immer theurer. Das Sortiment läßt also seinen Bundesge nossen, den Verlag, — wenigstens in gewisser Hinsicht — im Stich! Die Manipulationen, die der Verleger zur Unterstützung der Sortimenters nöthig hat, werden von Jahr zu Jahr kost spieliger und umfassender, — ist es da zu verwundern, wenn ein mal ein Tag kommt, wo es heißt, das Sortiment ist ein über wundener Standpunkt? Wohlgemerkt: das ist nicht Schuld des Sortiments allein!
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