Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.04.1929
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1929-04-11
- Erscheinungsdatum
- 11.04.1929
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19290411
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192904117
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19290411
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1929
- Monat1929-04
- Tag1929-04-11
- Monat1929-04
- Jahr1929
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
83, II. April ISA. Redaktioneller Teil, Börsenblatt s. d.Dtschn.Buchhandel. Anmerkungen zu Friedrich Nicolais Korrespondenzen. Mit einem Brief ans dem handschriftlichen Nachlaß. Durch Goethes scharfe Werther-Verse ist Nicolai gezeichnet wor den — nicht nur das Urteil der Zeitgenossen, sondern auch das der Nachwelt sieht ihn unter dem Aspekt dieser bissigen Satire. Gewiß war seine Ansicht besangen, sein Fassungsvermögen für die neuen Kräfte dichterischer Gestaltung beschränkt. Aber Gerechtigkeit muß dem Charakter Nicolais widerfahren. Der Grundzug seines Wesens und di« Motive all seiner Handlungen sind als außerordentlich wert voll und rein anzuerkennen. Karl Aner hat vor vielen Jahren schon das Menschliche dieser Gestalt hcrvorgehoben (Der Aufklärer Friedrich Nicolai, Gießen 1812) und damit ein Denkmal geschaffen, das manches Fehlurteil vergessen läßt. Bewundernswert bleibt, welche Arbeit Nicolai — abgesehen von allem Inhaltlichem — für die deutsche Literatur zu leisten suchte. Der Allgemeinen Deutschen Bibliothek galt seine ganze Sorge und hier hat er gewiß eine Tat vollbracht. Die Schwierigkeiten, die es zu überwinden galt, che dies Organ wurde, was cs werden sollte, sind überaus groß gewesen. Nicolai hat keine Anstrengung gescheut, die Zeitschrift zu einem über alles Geistige orientierenden Werke zu machen. »Ich armer Sünder«, so schreibt er halb ironisch, halb ver bittert an Herder, »Ich armer Sünder, der ich von Kopenhagen bis Zürich herumschreibe, um Mitarbeiter in allen Teilen der Wissen schaften zu finden, an den meisten Orten abschlägige Antwort und an vielen statt alles Beitrags nur höfliche Briefe erhalte, ich fange nun beinahe an zu verzweifeln, daß der Bibl. das Beiwort allge mein in Absicht auf die allgemeine Anzeige aller deutschen Bücher zukommen werde« (Berlin, 18. November 1768). Die Klage, überlastet zu sein von der Fülle der Geschäfte und der redaktionellen Verpflichtungen, kehrt immer wieder. »Bedenken Sie auch», heißt es ein andermal entschuldigend in einem Schreiben, »daß ich ohngesähr 180 Briefe zu entwerfen und selbst zu schreiben habe, etwa in Zeit von 14 Tagen, ohne eine Menge Handl. Briese, die ich unterschreiben und doch manches daran erinnern muß« (an Herder, LS. Juni 1773). Aber mutvoll wird diese Arbeit getragen im Bewußtsein einer notwendigen Mission. Nicolai bekennt sich in einem Bilde »als Hebamme« seines Werkes und der deutschen Litera tur — als Helfer, der daraus verzichten müsse, selbst zu schassen. Er findet Ruhe bei dem Übermaß der Ausgaben in dem Gefühle, daß seine »Bemühungen dem deutschen Vaterland nicht ganz unnütz sind« (Aus dem Josephinischen Wien. Gebiers und Nicolais Brief wechsel, Hrsg, von R. M. Werner. Berlin 1888). Die Beziehungen Nicolais zu allen Kreisen des geistigen Deutsch lands, die mithelfen sollten, einer neuen Literatur de» Weg zu bahnen, spiegeln sich wider in der Korrespondenz des Aufklärers. Die Preußische Staatsbibliothek bewahrt in über hundert Bänden den handschriftlichen Nachlaß. Hier wird unvermittelt offenbar, mit welcher Energie und mit welchem Ernst Nicolai sich seinem Lebens- Werk, der Allgemeinen Deutschen Bibliothek, widmete. Abgesehen von dieser Erkenntnis übermitteln die Handschristenbäude eine Fülle kulturhistorischen Materials und Beiträge auch zur Geschichte des Buchhandels. Eine Probe soll nachfolgend gegeben werden, als Beispiel sllr Nicolais Arbeitsweise und als Quelle zur Erkenntnis des literarischen und buchhändlerischen Lebens im XVIIl. Jahr hundert. Friedrich Nicolai beschäftigt sich immer wieder in seinen Ro manen wie in theoretischen Schriften mit dem Problem der Über setzung. Mit Skepsis trat er der sremden Literatur gegenüber, die sich gerade während seiner Zeit in Deutschland breit machte. Er iah in der Fülle französischer Romane, in der »Übcrsetzungsmanu- saktur» vieler Verleger eine Gefährdung des heimischen Schrifttums. Andererseits war es Nicolais Ziel, das Fortwirken der deutschen Literatur über die Grenzen des eigenen Sprachgebiets zu erweitern und zu verfolge». Die Würdigung des deutschen Schrifttums im Ausland mußte ein Gradmesser des Fortschritts und des Wertes der inländischen Autoren sein. Abgesehen von diesen literarischen Er wägungen ergaben sich mit dem übersetzungswesen Rechtsfragen, die geklärt werden mußten. Oftmals entstand Streit zwischen den Ver legern; denn das deutsche Lfteraturrecht war kaum entwickelt und noch weniger konnte an übernationale Bindungen gedacht werden. Nicolai war der erste, der als Verleger wie als »Kunstrichter« ge schäftlich wie literarisch interessiert, hier Klarheit durch systematische Umsrage zu schassen suchte. In den Handschristenbänden ist der Brief eines Anonymus überliefert, der auf Nicolais Frage antwortet, ob Lavaters Physio gnomik in Paris übersetzt worden sei. Die Schilderungen des Schrei bers über seine Recherchen entbehren nicht der Originalität und sie lassen Züge des damaligen Literaturlebens und Übersetzungsbetriebes deutlich werden. Außerdem sind sie Beispiel sür Nicolais Bemühen, die Wirkung der deutschen Literatur im Auslände sich zu verdeut lichen: Brief an Friedrich Nicolai aus Paris anonym 8. Mai 1787. Mein Herr! Ihren Brief vom 28 Merz, worinne Sie mir folgende Frage vorlegen ist es wahr, daß bas Buch des Prediger Lavater über die Physiognomik in das Französische übersetzt worden ist und was hält man in Paris von diesem Buche und von dessen Versasser? Diesen Brief habe ich am 9. April zu erhalten die Ehre gehabt. Ich habe einige Mühe gehabt die nöthigen Datums einzusam- meln, um Ihre Frage aufzulösen: eine Mühe, die mich aber nicht gereut, wenn es darauf ankommt, einen der berühmtesten und auf geklärtesten Kunstlichter Deutschlands zu verbinden. Wenige Tage nach Erhaltung Ihres Brieses ging ich in das Palais Royal, wo die sogenannten marchanbs de nouveautö, oder Buchhändler nach der Mode ihren Sitz haben. Es fand sich aber kein Buchhändler, der von dem Buche Nachricht geben konte. Ich trug mich hieraus aus den quai des Augustins, der der Mittelpunkt der Buchhandlung in Paris ist: ich bin zum wenigsten in zwanzig Buchlaben gewesen und konte nirgends Nachricht bekommen. Der lezte Buchhändler bei dem ich nachfragte, schlug mir nach langem Besinnen vor, zu einem Buchhändler zu gehen, der die Schwcden- borgischen, S. Martinische» und andre Sachen hat, der Mnsicr Heist und dessen Wohnung er mir anzeigte. Ich mußte mir nun gefallen lassen, in einem abgelegenen, etwas schmuzigen Gäßchen mit zuge- haltener Nase von Haus zu Haus zu gehe» und endlich gar in ein fünftes Stockwerk zu kriechen, wo mir eine alte Frau, die Madame Muster, mir endlich ihrer bouquants, deutsch: Skarteken, erösncte. Hier kamen Swedenborgiana, S. Martiniana, Mesmeriana usw. hervor: aber das Buch des Herrn Lavater wollte sich noch immer nicht finden. Endlich wurde vom Boden herunter nebst mehreren alten Werken ein Quartant geschleppt, den ich sür den ersten Teil der Physiognomik des Lavater erkannte. Frau Muster sagte mir nun, sie hätte das Lavaterische Buch kommen lassen und die Absicht wäre gewesen, es zu übersetzen: sie hätte es dem Über setzer der Swedenborgtschen Schriften, die damals guten Absatz ge habt, zugeschickt; dieser habe sich nicht damit abgeben wollen und cs einem andern Übersetzer gegeben. Sie kam nun mit einer weit- läusigen Geschichte hervor, mit der ich Ihnen die Zeit nicht verderben mag und die an und für sich so verworren ist, daß Sie Mühe haben würden, daraus klug zu werden. Das Ende vom Lied soar dies: ein Theil des Lavaterschen Buchs sei übersetzt worden, die Fortfezung dieser Arbeit sei unterblieben, weil nicht ein einziges Exemplar in ganz Paris wäre abgesezt worden «') Otto Bettmann. Allerlei Kasparstücke. Eine Bibliographie des Handpuppentheaters von Dir. vr. Hugo Schmidt. Leipzig: Verlag des Bör senvereins der Deutschen Buchhändler. IS S. Mk. —.IS no. Alle Freunde des Handpuppentheaters werben dieses Hest freu- digst begrüßen. Endlich einmal ein Verzeichnis, das Ausschluß gibt über säst alles, was bisher aus dem Gebiete der Puppenspieliiteratur erschienen ist. Berücksichtigt wurden nur die Stücke sllr das Hand- puppen-(Kasperle)theater, das gerade in Familien, Vereinen und Schulen die größte Verbreitung auszuweisen hat. Das Bedürfnis nach einem solchen Verzeichnis war sehr groß, darum wird das Hest stark gelaust werden. Allerdings bleiben einige Wünsche offen, denen vom Verfasser vielleicht in der zweiten Auslage des Heftchens Rech nung getragen wird. Die Auswahl der Stücke muß kritischer ge- trossen werden, da sehr viele angeführt sind, die man überhaupt nicht spielen und gebrauchen kann. Dann wäre es notwendig, kurze Anmerkungen über die Spielbarkeit, Spieldauer, für welches Publi kum, für welche Altersstufe usw. beizusügen. Erst dann wird das Hest für alle Freunde der edlen Kunst der Kasperei (und deren gibt es nicht wenige) wertvoll und unentbehrlich werden. Aber trotz der Mängel danken wir dem Versasser für seine fleißige Arbeit, die auch im vorliegenden Gewände von großem Wert ist. Burg Hohn st ein (Sächsische Schweiz). Max Jacob. *> Nach Brunei ist die Übersetzung 1781—87 in 4 Bänden er schienen. 393
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder