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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.05.1929
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- 1929-05-24
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- 24.05.1929
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X- 117, 24. Mai 1929. Fertige Bücher. Börsenblatt f.d.Dtschn.Buchhanüel. 4107 Wird der Arzt von morgen Tote erwecken? Blutersatz und Herzmaschine zur Erweckung des Lebens. Don Dr. Nikolas Aranyosi. In der letzten Zeit hörte man oft Berichte über neue Er folge der Medizin, die, wenn sie sich bewahrheiten, sehr bald dazu führen müßten, unseren Begriff vom Tode gründlich zu korrigieren. Es soll sich allmählich Herausstellen, daß das, was wir Tod nennen, nur das Sterben des Bewußtseins und jener Teile wäre, die seine Träger sind. Viele Körperteile jedoch und viele Gewebe sterben nicht zugleich mit dem Bewußtsein ab, sondern nacheinander und nur aus diesem Grunde, weil durch den Tod der zuerst abgestorbenen Organe im Körper Verhält nisse entstehen, die ein Weiterleben der anderen Organe un möglich machen. Das neue Gebiet der medizinischen Forschung erstreckt sich darauf, Versuche anzustellen, wie unter gewissen Umständen einzelne Organe oder Körperteile am Leben zu erhalten wären, nachdem im Körper der Tod eingetreten ist. Dieser neue Zweig der Wissenschaft, unter „Thanatologie", die Wissenschaft vom Tods registriert, nahm seine Anfänge in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als es dem Biologen Langen- dorff zum ersten Male gelang, das Herz eines toten Kanin chens für Minuten erneut zum Schlagen zu bringen. Die wissenschaftliche Welt horchte auf. Und als der amerikanische Forscher Carrel seine weltberühmten Versuche mit aus toten Tieren herausgeschnittenen Stückchen Gewebe anstellte und be wies, daß diese Gewebe, in die sogenannten Nährflüssigkeiten gelegt, sich vermehrten und an Masse Zunahmen, da wurde die Sache ernst. Unzählige Versuche folgten diesem ersten. Die Ex perimente des englischen Forschers Sherrington mit dem von dem Kopf getrennten Katzenrumpf und die Versuche dep Pros. C. Heymans, dem es zum ersten Male gelang, einen abge trennten Hundekopf noch stundenlang lebend zu erhalten, be wiesen, daß das Leben künstlich zu erhalten, keine Phantasie mehr ist. Denn das Problem, das Zentralnervensystem eines höheren Lebewesens über den Tod des Körpers hinaus weiterleben zu lassen, beschäftigt die Forschung schon über 190 Jahre. Theo retisch hielten es die Physiologen für durchaus möglich, den vom Körper abgetrennten Tierkops noch weiter künstlich am Leben zu erhalten. Für die Praxis blieben nur folgende Auf gaben: die Stelle des Blutes durch eine künstliche Nährflüssig keit zu ersetzen und an Stelle des Herzens einen Apparat zu konstruieren, der die erwähnte Nährflüssigkeit mechanisch durch die Gesäße des Kopfes führt. Mit anderen Worten: es sollte ein Herz-, ein Lungenersatz und ein Kreislauf geschaffen wer den. Die anderen Schwierigkeiten, wie z. B. den Kopf ab zutrennen und zu gleichen Zeit, bevor der Tod eintritt, den Kreislauf zu verwirklichen, waren mehr chirurgisch-technische. Eine Nährflüssigkeit, die in ihrer chemischen Zusammen setzung derjenigen des Blutes nahekommt, konnte sehr bald gefunden werden und sie erhielt unter dem Namen „physiolo- llogische Lösung" in die Medizin Einlaß. Und bald konnte nachgewiesen werden, daß isolierte, vom Organismus ab getrennte Zellen, Gewebe, ja ganze Organe, wie z. B. das Herz eines Tieres, nach der Amputierung, mit der physiologi schen Lösung durchspült, lebensfähig bleiben können. Auch andere Organe und Körperteile, wie Nieren, Leber, Drüsen mit innerer Sekretion, Ohren, Finger, ja sogar Kopshirn, vom Körper isoliert, setzen gewissermaßen ihre Funktion fort. So konnte beobachtet werden, daß dem Körper entnommene Or gans bei niedriger Temperatur tagelang aufbewahrt werden können und nach Wiederherstellung der Verhältnisse, die denen in ein?m lebenden Organismus ähnlich sind, Lebenszeichen von sich geben: das Herz schlägt, Haare an Kaninchenohren wachsen weiter, menschliche Finger bleiben wochenlang lebend und die Nägel daran nehmen in 5 Wochen um 1)-- Millimeter an Länge zu. Ja, die Versuche gingen noch weiter: Hering und Denke konnten menschlichen Leichen entnommene Herzen zum Schlagen bringen, und dem Physiologen Winterstein gelang es sogar, an einem 3 Monate alten, scheinbar toten mensch lichen Embryo zwei Stunden lang Lebenszeichen hervorzurusen. Nicht minder interessant waren die Versuche, die Pros. N. P. Krawkow im Jahre 1922 ausführte. Er experimentierte mit Kaninchenohren und bei Operationen amputierten Men- schensingern, die er in einem dicht geschlossenen Gesäß, Ex sikkator genannt, über Schwefelsäure getrocknet hatte. Die genannten Körperteile wurden allmählich hart und durchsichtig wie Pergament. Nach 2—SX Monaten wurden dieselben auf geweicht, ihre Blutgefäße mit der physiologischen Lösung durchspült und dieser Adrenalin, der Extrakt der Nebenniere und das wirksamste Belebungsmittel, beigemischt. Da vereng ten sich die Gefäße genau so, wie es bei normalen Gefäßen be obachtet wird. Augenscheinlich bewahrten die getrockneten Ohren und Finger ihre Lebensfähigkeit und unter dem Mikro skop konnte festgestellt werden, daß viele der Gewebe ihr nor males Aussehen bewahrt hatten. Aehnliche Versuche führte Dr. Morosow mit getrockneten Froschherzen aus. Ueber die Experimente der zwei russischen Gelehrten, Pros. Brjuchenenko und Tschetchulin wurde in der Presse hinreichend, wenn auch nur oberflächlich, berichtet. Fünf Jahre haben dis beiden russischen Forscher in dem „Chemisch-pharmazeutischen Jnstiiut" in Moskau ihrer wissenschaftlichen Arbeit gewidmet, um die Medizin wieder einen Schritt vorwärtszubringen. Man kann die rauhe Art der Vivisektion, mit der diese Experimente ausgefllhrt worden sind, nicht streng genug verurteilen, und wohl wird dieser Umstand nicht wenig dazu beigetragen haben, daß dieses heikle Thema und dies vielleicht interessanteste aller Experimente des letzten Jahrzehnts so vorsichtig und nicht ohne Gruseln von den feinfühligeren Berichterstattern behandelt wurde. Und doch ist es nicht abzuleugnen, daß wir hier wahren Wunderleistungen der modernen Medizin gegenllberstehen. Der Versuch der beiden Professoren bestand darin, daß sie mit Hilfe der sogenannten Herzmaschine mit elektrischem Pumpen- antriob, durch Einschaltung eines künstlichen Blutkreislaufs, wozu sie als Nährflüssigkeit Blut, mit dem Präparat Bayer 205 gesättigt, verwendeten, einen ^ben abgetrennten Hunde kopf in einigen Minuten so weit zum Leben brachten, daß all mählich, als die Wirkung der Narkose aufhörte, Zeichen des Lebens immer deutlicher wurden: die Augen öffneten sich und der Kopf reagierte auf die leisesten Berührungen. Hauchte man auf die Augenlider oder berührte man die Haare der Augenbrauen, Schnurrbart und Nase, so erfolgten Reaktionen. Kniff man ins Ohr, so wurde es mit der eigentümlichen Be wegung des lebenden Hundes zurückgezogen. Stärkere Rei zungen der Nasenschleimhaut riefen so heftige Abwehr hervor, daß man den Kops festhalten mußte. Das Maul öffnete sich weit und fletschte die Zähne, als wollte es bellen und beißen. Vor starkem Licht schlossen sich sofort die Augen. Brachte man Essig auf die Zunge, so erfolgte eine leckende Bewegung der Zunge und ein deutlicher Speichelabsluß. Manchmal wurden Tränen abgesondert, es schien, als ob der abgeschnittene Kopf weinte. Und überhaupt reagierte der Kops wie ein normales Tier. Erst als man die künstliche Zirkulation abbrach, zeigte der Kopf Merkmale der Agonie: der Mund ösfnete sich, um besser zu atmen, die Augen wurden glasig, es erfolgten keine Reaktionen mehr, der Kopf war unbeweglich. Was all diese Versuche für die praktische Medizin bedeuten, ist noch kaum abzusehen. Man hört nur von Fällen, wie im Jahre 1923, als eine kranke Frau während einer Operation einen so bedrohlichen Herzschwächezustand bekam, daß das Herz vollkommen aussetzte und die Frau zu sterben begann. Sechs Minuten lang stand das Herz vollkommen still. Erst dann wurde eine Adrenalin-Einspritzung gemacht. Nach 10 Sekun den wurde der Herzschlag wieder hörbar. Und die Frau ver ließ schließlich geheilt das Spital. Man hört, daß der franzö sische Arzt Dr. Normet ein Blutserum gesunden haben will,
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