fertige Bücher. 9889 Verlag von GiianLI L Häii-rl in Leipzig. Vorschule der KXperimentakpßvstk. Von Ad. F. Wciuhvld. 4. uerbcsserte Auflage. 10 ^ ord. Die Exemplare der neuen Auflage (4. bis 6. Tausend) von Otto Ernft's Komödie: vie SmMglreit enthalten ein Blatt mit folgendem Inhalt: ßirie Ztezenston aks Motto. Die Otto Ernst'schen Revoloermenschen der Gerechtigkeits-Komödie wollte ich lieber im Gerichtssaale als auf der Bühne sehen. Otto Ernst, Prioat-Detektiv in Milieu-Sachen, steigt immer tiefer. Erst schnupperte seine Muse, eine kleine Sensationshyäne, in der Schule nach miserablen Subjekten; jetzt läßt er seine Detektiv-Kamera in der Redaktion eines Revolverblattes einige Male einschnappen und bringt, was von Gemeinheit und Niedertracht schurkischer Seelen irgend zu erhaschen war, öffentlich zur Anzeige. Ein Dichter! Fünf Akte kleiner und großer Erpressungen mit einer sanft aufgeklebten Verlobung. Ich habe von dem Lehrerstück Otto Ernst's mich mit Widerwillen abgewendet und gestatte mir nun wieder ein Gleiches zu thun. An die ehrliche Dichtergesinnung Otto Ernst's glaube ich nicht. Ein Dichter arbeitet nicht mit rohen Uebertreibungen, wie sie gerade die Titelbilder der Schandblätter, gegen die Otto Ernst sich wendet, zu zeigen pflegen; auch nicht mit trügerischen Schlagworten, welche die Galerien stacheln sollen. So ist die in dem Stück kräftig ausgesprochene Behauptung, daß die Opfer der Revolverpresse bei der anständigen Presse nicht hinreichenden Schutz fänden, einfach erlogen. Wenn das Stück in sich wenigstens gut wäre! Vornehmer Ton gegen über solchen Machwerken wäre eitel Luxus. Herr Sudermann, der ge strenge Oberrichter, verzeihe! Schlechte, plumpe Stücke zimmern, Kalauer fabriziren, Wippchen derb kopieren, die Massen reizen, Tausende durch Spe kulation auf rohe Instinkte ins Verderben bringen und auch noch auf unsere Achtung Anspruch machen — das ist zuviel verlangt. Wenn ich fünf lange Akte mit Otto Ernst im Schmutze waten muß — er nennt das „Komödie" — so habe ich nicht den Willen und nicht die Kraft, auf der kritischen Leier, wie Sudermann das wünschte, nach süßen Tönen zu suchen. Dichterdrang und Kassadrang sind grundverschiedene Dinge, und je litterarischer sich Otto Ernst bei seinen Vorlesungen giebt, desto widerlicher wirkt das Ganze. Wie läppisch ist selbst die mit Talent durchgeführte Ltebesszene eingcführt! Ge wiß, der „Bühnenblick" Otto Ernst's ist zu loben, wenn er auch beständig nach Augenblickserfolgen schielt. Wird Otto Ernst nicht bald in einem Defraudantenstück auf der Bühne Banken reinigen? Solange Otto Ernst die Feder rührt, kann sein Flachsmann, der nun als Revolver-Journalist erschien, immer neue Masken annehmen. Das Verfahren ist ebenso billig wie einträglich. r. b. (So abgedruckt in der „Frankfurter Zeitung" vom 11. Nov. 1902.) Diese Rezension spricht mehr als alle Anpreisungen für den Wert und die innere Berechtigung der Ernstschen Komödie; sie bildet gleichzeitig eine prächtige Illustration zu den Aufsehen erregenden Artikeln Hermann Sudermanns im „Berliner Tageblatt": Die Verrohung unserer Tageskritik. Abzüge obigen „Mottos" stelle ich allen Käufern der ersten Auflage kosten los zur Verfügung. Leipzig, den 20. November 1902. L. Staackmann.