Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.08.1929
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1929-08-17
- Erscheinungsdatum
- 17.08.1929
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19290817
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192908173
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19290817
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1929
- Monat1929-08
- Tag1929-08-17
- Monat1929-08
- Jahr1929
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
X- 190, 17. August 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. überreich rechtmäßigen Abdruckstoff wohlfeil darbieten. Nur die leidigem, feutllctonistffch ausgeschmücklen Gerichtsberichte scheinen, da sie wegen ihrer mehr örtlichen Bedeutung sich nicht so recht zum Stoff gedruckter »Korrespondenzen» eignen, ein beliebtes Pliindcrungsobjekt zu sein. »Die Hälfte aller Prozesse unserer Tage, in denen über Urheberrecht gestritten wird, entstehen wegen der Gerichtsberichte» (Franz Fränkel, Der Rechtsschutz des Zettungsinhalts. Marburg 1912, S. 37). Fulda tadelt nun scharf die »Lex Emminger«; er meint damit wohl das Reichsgesctz vom ll. September 1921 zur Entlastung der Ge richte. Aber was sagt er gar zu dem Erlaß des Preußischen Justizministers vom 7. September 1926 (Justiz-Min.-Bl. S. 342), der wegen der wirtschaftlichen Notlage der geistigen Arbeiter (der Plünderer?) angeordnet hat, daß die Staatsanwälte nur unter besonderen Umständen ein öffentliches Belangen aner kennen und von Amts wegen einschreiten sollen? Darin hat Fulda Recht: den einzelnen durch Nachdruck Geschädigten ist es so fast unmöglich gemacht, Schadenersatz zu erlangen, auch ist ihnen die Überwachung der verdächtigen Zei- tungsexistcnzen unmöglich; daraus verlassen sich aber Plünderer bei ihrem Treiben. Die wirksamste Abhilfe wäre vielleicht die Überwachung der Zeitungen durch eine Anstalt ähnlich denen für musikalische Aufführungsrechte. Aber ich fürchte, daß die Kosten den Ertrag übersteigen würden. Übrigens hatAlexan - der Elster schon 1916 (Gewerbl. Rechtsschutz und Urheber recht S. 81) den sehr vernünftigen Vorschlag zur Güte gemacht, den Abdruck von Zeitungsartikeln gegen ein Zweitdruckhonorar allgemein zu gestalten und erst nach dessen Borenthaltung klagbar zu werden. — übrigens ist es für die Redakteure, die doch auch ein Schriftstellerherz besitzen, oft schwierig zu entscheiden, ob sie einen geschützten oder ungeschützten Beitrag vor sich haben, und darum ist vieles auf Jrrtuni zurückzuführen, was den Betrof fenen als Fahrlässigkeit oder Vorsatz erscheinen kann. Ich habe bei diesem einzigen Punkte, worin Klagen über Nachdruck noch einigermaßen berechtigt sein mögen, etwas ver weilt, um zu zeigen, daß auch da die Dinge nicht so ganz einfach liegen. Wie aber stehl's denn im Buchhandel? Das kann jeder, der es wissen will, aus offen liegenden Quellen ganz genau erfahren. So zum Beispiel aus den »385 Gutachten- des Justizrats vr. Hillig (Leipzig 1928, Verlag des Deutschen Verlcgervereins). Von diesen 385 beziehen sich nur 20 auf un bedeutende Zweifelfragen des Nachdrucks, 6 des Abdrucks, und das sind meist Streitigkeiten zwischen Verlegern unter sich, nicht von Verlegern mit Verfassern. Im Verhältnis von Verlegern zu Verfassern beziehen sich 8 der Hilligschen Auskünfte auf Änderungen am Werk, 13 auf neue Auflagen, 14 aus Be arbeitungen und Bearbeiter, 4 auf den Bestellvertrag, 2 auf Editio princcps, 1 auf Freiexemplare, 2 auf gemeinschaftliches Urheberrecht, 7 auf Gesamtausgaben, 7 auf Herausgeber und Herausgcbcrvertrag, 29 auf Honorar einschließlich dessen Auf wertung, 5 auf Mängel des Werks, 1b auf Sammelwerke und deren Herausgeber, 3 aus Anthologien, 4 auf Urheberrcchtsver- lctzung, 4 auf Berfassernamen, 16 auf Verlagsrecht, 36 auf Ver- lagsvcrträge, 14 auf Wcttbewcrbvcrbot, 4 auf Zeitschriftenbei träge, 24 auf Zitiervorschriften. Zweierlei geht daraus hervor: daß die Sorge der Verleger um Streit Verhütung in Zweifelsfällen recht erheblich ist, während die Fälle selbst für die Verfasser (nur 29 Honorarsachcn!) durchweg keine Lebenswichtigkeiten bedeuten. Einen ähnlichen Eindruck wird jeder Unbefangene aus der Literatur und der Rechtsprechung der 28 Jahre erhalten, seit denen das Gesetz von 1901 in Krast steht. Ein jeder kann sie in jedem der vielen Kommentare nachprüfen. Die in der Litera tur erörterten Lieblingsfragen sind etwa die in Abschnitt V (Umfrage von Elster-Hoffmann-Marwitz) miterwähnten. Wo sind die gerichtlich verhandelten Fälle, die grobes, Schrift stellern oder Künstlern widerfahrenes Unrecht betreffen? Sie stehen, wenn es welche gibt, ganz vereinzelt. Wir leben in einem Zustande voller Rechts sicherheit. Darüber, daß die Schriftsteller und Künstler allein über ihr Werk und seine Wiedergaben zu verfügen haben, daß ihnen ein angemessener Anteil am Ertrage gebühre, darüber besteht nicht der mindeste Zweifel. Was rechtens ist, geht aus den Gesetzen und ihren Kommentaren klar hervor. Jeder kann es wissen; im Zweifel kann der Schriftsteller oder Künstler sich von dem Syndikus seines Verbandes oder einem Rechtsanwalt aufklären lassen. Wer das unterläßt, gewiß, der kommt ge legentlich zu Schaden, wie andere Leute auch. Denn eines können weder die geltenden Gesetze noch künftige ihnen ge währen: daß man sie als besonders schutzbsdürstig an erkennt, nur weil sie Schriftsteller oder Künstler und als solche den Lebenskämpfen weniger gewachsen seien. Man kann über die angebliche oder wirkliche Not der »Schaffenden» nicht ins Klare kommen, wenn man den Dingen nicht auf den Grund nachgeht. Marwitz (siehe unter I) hat das bereits getan, indem er daraus hinwies, daß, im Gegen satz zu früherer Zeit, jetzt der Nur-Schriftsteller die Regel sei, und daß dieser, um leben zu können, aus seinem Schaffen an Geld herausholen müsse, was nur möglich ist. Da die Schrift steller und Künstler aber zu diesem heiklen Punkte lieber einen der ihrigen werden hören wollen als einen Juristen oder einen Buchhändler, so erinnere ich an das, was der Musiker und Musikschriftsteller vr. Georg Göhler einmal (in Reclams Universum 1921, Heft 31) anläßlich der »Kulturabgabe--Pläne gesagt hat. Es ist noch heute wahr. »Zur Begründung dieser Kulturabgabe, die 10 Prozent ans den Ladenpreis aller Bücher, Musikalien und Bildreprobuktionen aus- schiagen will, wird gesagt, daß »das Reich die moralische Pflicht habe, den geistig Schassenden zu Lebzeiten eine angemessene Lebenssür- sorge angedeihen zu lassen«. »Es wird gut sein, einmal festzustellen, was denn »geistig Schas sende« sind. »Schaffende« sind eine Errungenschaft der Neuzeit, gerade wie die »Arbeiter«. Wie es früher keine Menschenklasse gab, die den Ehrennamen »Arbeiter« für sich allein in Anspruch nahm, so war niemand so anmaßend, als »Schaffender« durchs Leben gehen zu wollen. Es gab keine Berufsklasse »Schassende«. Der geistig Tätige aus den verschiedenen Lebensgebieten hatte eine» bürgerlichen Berus, der ihm seine» Lebensunterhalt gab und ihn im Daseinskämpfe als Einzclpersönlichkeit und als Glied des Volksganzen Heranreisen ließ. Sein »Schaffen» ging neben diesem Berufe her. Es ist eine neu zeitliche Irrlehre, baß ein bürgerlicher Berus die Schaffenskraft be einträchtige, die Genialität lähme. Händel war Operndirektor, Bach Kapellmeister und Organist, Goethe hat im weimarischen Staats dienste unendlich viel Arbeit auf den verschiedenste» Gebieten geleistet, Schiller hat als Universitätsprosessor gewirkt. Es darf bezweifelt werden, ob Gottfried Keller größere und bedeutendere Werke geschrie ben hätte ohne seine umfangreiche Berufstätigkeit in Zürich, ob für Schubert eine Berufstätigkeit, die ihn mit der musikalischen Praxis in engste Beziehung gebracht hätte, nicht sehr erzieherisch gewesen wäre »Man darf unbedingt sagen, baß (abgesehen vielleicht von einem oder zwei Genies, die es in jeder Kunst — kaum in jedem Jahrhundert gibt) Berufsarbeit niemals die Schöpferkraft schädigt, daß diese im Gegenteil gerade unter dem Mangel einer geordneten bürgerlichen Tätigkeit leidet und verkommt. Ich persönlich bringe die Minder wertigkeit, die das Schaffen O's und U's (Göhler nannte die Namen. N. V.) gemessen an den dichterischen Leistungen früherer Zeiten hat, auch damit in Zusammenhang, daß sie meinen, im »Schaffen« ihren Daseinszweck zu erfüllen, und daß sie infolgedessen selbst in toten Zeiten, die andere ihrem Berufe widmen, durch Produzieren ihre Im potenz beweisen »Die Zeiten der Schaffenskraft sind nur bei ganz wenigen Genies so ununterbrochen, daß diese sich wirklich darauf beschränken dürfen, schöpferisch tätig zu sein. Bei den meisten Künstlern ist es der größte Segen, wenn sie durch eine berufliche Tätigkeit daran gehindert wer ben, fortwährend zu »produzieren«, und wenn nur das wirklich ans Licht der Welt kommt, was in Zeiten starker Inspiration mit innerer Notwendigkeit zur Niederschrift zwingt, übrigens ist kein Künstler beruflich so angestrengt, daß er nicht seine Einfälle alb Skizzen sest- halten und in der Stille reisen lassen könnte, bis der rechte Zeitpunkt zur Ausführung gekommen ist. »Man muß den Mut haben, die Ansprüche der »Schassenden« aus das Recht zur Berusslosigkelt glatt abzulehnen . . . Man er ziehe auch die geistigen Arbeiter zu der Einsicht, daß keine ehrliche Arbeit schändet, daß eine geregelte Berufstätigkeit, eine bürgerliche Arbeitsleistung Im Dienste des ganzen Volkes die Grundlage der äußeren Lebenshaltung bilden muß, und räume mit der Ansicht auf, baß der »Schassende« ein besonderer Mensch sei, der bas Recht habe, 887
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder