Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.10.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-10-09
- Erscheinungsdatum
- 09.10.1909
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19091009
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190910099
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19091009
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1909
- Monat1909-10
- Tag1909-10-09
- Monat1909-10
- Jahr1909
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
11858 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtliche Teil. 23S. S. Oktober 1S0S. wir nicht einige Stunden der Fröhlichkeit widmen? Wir nordischen Männer sind doch als ernst und gesetzt sattsam bekannt. Ich habe sogar schon gehört, daß wir unter Um ständen auch unangenehm sein könnten. Das halte ich aber sür üble und neidische Nachrede, der leider auch der Fried fertigste ausgesetzt ist. Hamburg, S. Oktober 1SVS. Justus Pape. Die Miniaturenausstellung in der K. Hof- und Staatsbibliothek in München. Aus Anlaß des 9. Internationalen kunsthistorischen Kongresses hat die Münchener Hof- und Staatsbibliothek, die bekanntlich die größte und bedeutendste Handschriftensammlung ganz Deutsch lands birgt, eine Ausstellung von Werken der Miniaturmalerei veranstaltet und damit einen fesselnden und überaus lehrreichen Überblick über die Geschichte der Buchkunst vom Zeitalter der Karolinger bis zum sechzehnten Jahrhundert gegeben. Die Aus stellung imponiert von vornherein durch den hohen Wert und die Seltsamkeit des Gebotenen, ferner durch die Art des übersicht lichen Arrangements. Das Kostbare und Interessante ist nicht durch Mittelmäßiges und minder Bedeutsames beeinträchtigt. Es sind nur die entwicklungsgeschichtlich und stilistisch wichtigsten Werke aufgelegt. Dadurch kommt der Charakter und die Qualität des einzelnen voll zur Geltung, und manche Schönheit tritt in überraschender Weise zutage. In der Ausstellung finden wir neben dem 6ockex rrurou-, der Wessobrunner Handschrift, dem Evangeliar Ottos III., dem Gebet buch Kaiser Maximilians I. und anderen berühmten Miniaturen auch eine Anzahl Bücher profaner Natur, wie sie im dreizehnten und vierzehnten Jahrhundert geschrieben und gelesen wurden, voran die berühmten Benediktbeurer Vagantenlieder, dann Parsifal, Tristan und Isolde, die Weltchronik des Rudolf von Ems. Zumeist aber findet man da gemalte Handschriften reli giösen Inhalts, Evangeliare, Gebet-, Psalm- und Meßbücher und liturgische Bücher. Das Glanzstück der Ausstellung ist wohl das unter dem Namen »6oäox 3ureu8« als »die reichste Bilderhandschrift der karolingischen Zeit« weltberühmte Evangeliar von St. Emmeran, dessen Entstehen unmittelbar mit dem Namen eines Sprossen der karolingischen Dynastie verknüpft ist. Es wurde im Jahre 870 für Karl den Kahlen angefertigt und später durch Kaiser Arnulf dem Stifte St. Emmeran in Regensburg geschenkt. Künstlerisch ist dies frühe Dokument von erlesenem Reiz. Die Schrift ist durch weg in goldenen Buchstaben gehalten, die Initial- und Rand malerei ist reich und überaus zierlich. Außer den Schrift seiten enthält das Buch mehrere Vollbilder und ganze Zierseiten, die im Ornament den Anschluß an römisch - alt christliche Vorbilder verraten. Teppichartig verwachsen die einzelnen Schmuckformen zu einem organischen Ganzen, gehen auf in der dekorativen Einheit des Flächenbildes. Mehr kultur historisch als buchkünstlerisch interessant ist ein anderes französisches Werk aus dem frühen Mittelalter: das um die Wende des neunten und zehnten Jahrhunderts von einem Künstler der Reimser Schule gemalte sogenannte »Pürtener Mirakelbuch« Es gelangte im zehnten Jahrhundert nach Pürten bei Krainburg am Inn und wurde dort seit dem sechzehnten Jahrhundert für wunder tätig gehalten. Epileptiker, Melancholiker und Wahnsinnige fanden angeblich Heilung, wenn sie vier Nächte nacheinander je auf einem Evangelistenbild der Handschrift lagen. Das Buch hat darunter stark gelitten. Durch Feinheit der Ausführung und Delikatesse der Farbengebung zeichnen sich die französischen Miniaturen des fünfzehnten Jahrhunderts aus. Da ist zunächst als Hauptrepräsentant dieser Gruppe das 1458 geschriebene und von Jean Foucquet mit Miniaturen ausgestattete Boccaccio-Buch über die Schicksale berühmter Männer zu erwähnen, dessen be deutende künstlerische Höhe und feine Farbigkeit seltene Genüsse bieten. Das kostbare Dokument, das zu den Hauptwerken der franzö sischen Miniaturmalerei zählt, birgtOI Bilder und einen ausgedehnten Initial- und Rahmenschmuck. Von den zahlreichen Invi68 ä'keuios, die ausgestellt sind, fesseln einzelne durch die außergewöhnliche Feinheit und Zierlichkeit des Nahmenwerks, so namentlich ein lateinisches Gebetbuch mit Kalendarium aus dem Ende des fünf zehnten Jahrhunderts, einst dem Enkel Jacques Coeurs, des be rühmten Finanzministers Karls VII., gehörig. Außerdem sind von den französischen Büchern bemerkenswert eine Heiligenlegende mit 225 farbenprächtigen Bildern und reicher Initial- und Rand verzierung und das Buch mit den Weissagungen der zehn Sibyllen, an dem wir vor allem die saubere Farbengebung bewundern. Durch vorzügliche Exemplare ist die italienische Buchmalerei vertreten. Da ist ein Evangeliar mit Miniaturen im römischen Charakter, die als italienische Originale des sechsten Jahrhunderts oder Kopien nach Vorbildern dieses Jahrhunderts gelten. Die Schrift, ein Erzeugnis der karolingischen Palastschule aus der zweiten Hälfte des achten Jahrhunderts, prangt in Gold- und Silberbuchstaben auf purpurgetränktem Pergament. Das elfte Jahrhundert ist vertreten durch die von Kaiser Heinrich IV. dem Kloster Hirsau geschenkte lateinische Bibel. Das hohe künstlerische Niveau der italienischen Buchmalerei offenbart sich aber in erster Linie in der dreibändigen Liviusausgabe und den prachtvollen Bänden, die der Ungarkönig Matthias Corvinus durch italienische Meister für sich schreiben und illuminieren ließ. Vollendetes Stil gefühl. ausgebildete Technik, reicher Formen- und Farbensinn geben diesen Erzeugnissen der Renaissance das Gepräge. Sie sind von einer Freudigkeit und einem Geschmack, die auch ver wöhnte Augen in Entzücken zu versetzen vermögen. Die Livius- bände wurden 1465—1472 für Johannes Vitez, Kardinal-Erz bischof von Gran, gefertigt, wanderten später aus der Salzburger Hofbibliothek in die Pariser Nationalbibliothek und gelangten 1815 nach München. Zu erwähnen bleibt noch das von einem unbekannten italienischen Meister illuminierte Gebetbuch Albrechts V., dessen kostbarer von Hans Lencker aus Nürnberg angefertigter Zu der Familie des berühmten Ureviariuw 6riw3.nL gehören zwei Gebetbücher mit Kalendarien aus dem sechzehnten Jahr hundert, die in ihrem entzückenden realistischen Stil sich als Er zeugnisse der vlämischen Malschule dokumentieren. Den größten Raum beansprucht in der Ausstellung natur gemäß die deutsche Miniaturenmalerei, deren früheste Entwicklung in zwei wichtigen Dokumenten aus dem neunten und zehnten Jahrhundert, der Wessobrunner Handschrift und dem Evangeliar Otto III. markant zutage tritt. Die rohen und unbeholfenen aber nichtsdestoweniger lebendigen Federzeichnungen zu dem berühmten althochdeutschen Literaturdenkmal, dem sogenannten »Wessobrunner Gebet«, verraten auf den ersten Blick, daß sie ohne jede Rücksicht auf Vorbilder, nur aus dem Drange zu gestalten, einen bestimmten Vorstellungs- und Empfindungsinhalt auszudrücken, entstanden sind. Dagegen äußern sich die Nachwirkungen fremder Muster unverkennbar in dem in der Reichenauer Malschule entstandenen prächtigen Evangeliar Kaiser Ottos III., das mit 35 Vollbildern sowie mit Zierseiten reich geschmückt ist. Die in der Ausstellung aufgeschlagenen Seiten enthalten das Widmungsbild. Es zeigt den jugendlichen Kaiser umgeben von je zwei Vertretern des geist lichen und weltlichen Standes, während vier Frauen — Sclavinia, Germania, Gallia und Roma — tributbringend auf ihn zu schreiten. Hier kreuzen sich mit der karolingischen Tradition neuerdings altchristliche Einflüsse, begünstigt durch den universalen Charakter des ottonischen Zeitalters, der im besonderen auch in der engeren Verbindung Deutschlands mit Italien zum Ausdruck gelangt. Eine starke örtliche Tradition offenbart sich in dem koloristisch interessanten Psalter des Grafen Eberhard von Murach, des Stifters von Kloster Geisenfeld, aus dem elften Jahrhundert, dagegen ist vom Geiste des karolingisch-ottonischen Kunststils ganz erfüllt das schöne Evangeliar des Abtes Ellinger von Tegernsee (1018 —1026 u. 1032—1041), dessen Bildschmuck in einer endlosen Reihe von Kopien auf der Ausstellung wiederkehrt. Durch auffallend kräftige Zeichnung ragt eine im zwölften Jahrhundert im Schwäbischen entstandene Handschrift hervor. Ein Glanzstück des dreizehnten Jahrhunderts ist das mit kolorierten Federzeichnungen aus gestattete Matutinalbuch Konrads von Scheyern, das der Ver herrlichung Mariens gewidmet ist. Unter den Illustrationen ragen hervor das groß empfundene apokalyptische Weib und die fünf undzwanzig Bilder, die in einem liebenswürdigen und naiven Erzählerton die Faustlegende des Mittelalters, die Geschichte vom Leben und Sterben des Zauberers Theophilus erläutern. Hier tritt uns ein Künstler entgegen, der an Phantasie, Größe und gestaltender Kraft alle Zeitgenossen übertrifft und auf dem Gebiete
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder