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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.08.1902
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- 1902-08-01
- Erscheinungsdatum
- 01.08.1902
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- Deutsch
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6094 Nichtamtlicher Teil. 176, 1. August 1962. Friedrich Tempsky. Wir haben in Nr 171 d. Bl den am 23. Juli in St. Wolfgaug bei Ischl erfolgten Tod unseres Kollegen Friedrich Tempsky, Prag, gemeldet und den Berufs- und Lebensgang des Verstorbenen mit knappen Worten geschildert, soweit er uns bei Empsang der Trauernachricht bekannt war. Ein sehr anschauliches Bild vom Werden und Wirken des hochbedeutcnden Mannes gewinnen wir aus dem Zeug nis eines ihm Nahestehenden, das dieser mit freundschaftlich und ehrenvoll beredtem Wort im Prager Tagblatt (Morgen- Ausgabe vom 24. Juli) nicdergelegt hat und das in seiner dankenswerten Ausführlichkeit eine ebenso erschöpfende wie anmutende und erhebende Charakteristik des Heimgegangenen giebt. Dieser Nachruf, dessen Inhalt uns zur Verfügung gestellt worden ist, lautet wie folgt: Heute kam aus St. Wolfgang die Trauernachricht, daß Friedrich Tempsky dahingeschiedeu ist. Mit Tempsky stürzt ein Stück jenes alten Prag ins Grab, das noch im Bann einer anderen politischen und nationalen Atmosphäre stand. Dis politischen Gegensätze hatten bei weitem noch nicht jene Schärfe, wie sie heute unsere Einwohnerschaft in zwei Teile scheidet. Noch spannten sich speziell in der Gelehrtenwelt wertvolle Fäden litterarischer Beziehungen zwischen Deutschen und Czechen und boten die Möglichkeit gemeinsamen geistigen Wirkens. Es klingt heute fast wie ein Märchen, wenn man erzählt, daß Palacky mit Friedrich Tempsky intim befreundet war, und daß weit über die geschäftlichen Beziehungen hinaus, wie sie sich zwischen dem Verfasser und dem Verleger anzuspinnen pflegen, Bande persönlichster Art die beiden Familien ver knüpften. Noch bis in die jüngste Zeit nahm der Dahin- geschiedenc in dieser Hinsicht eine überaus bemerkenswerte Ausnahmestellung ein: trotz seiner ausgesprochen national- deutschen Parteistellung genoß er das Vertrauen der czcchi- schcn Gelchrtenwelt im hohen Grade. Der Name Tempsky war gewissermaßen eine Friedcnsflagge, unter welcher deutsche und czechische Publikationen verträglich nebeneinander segelten. Ein Widerschein dieser in so hohem Maße konzilianten und liebenswürdigen Persönlichkeit lag schon in dem Acußeren des hochgeachteten Mannes. Alltäglich konnte man ihn in der Florcnzgasse um dieselbe Stunde, auf einen Stock gestützt, seinen kleinen Spaziergang machen sehen. In dem von weißen Locken umrahmten Gesichte lag ein überaus an heimelnder Zug von Bonhommie und Herzensgüte, und die ganze Gestalt bot sich mit ihrem etwas altväterischen Gehaben wie ein Stück aus jener alten guten Zeit, die unter dem nivel lierenden Hauche der Gegenwart längst dahingcschwundcn ist. Ost und oft blieben die Vorübergehenden stehen und sahen dem würdigen alten Herrn nach, dessen Profil und Physio gnomie so sehr von dem Typus der Uebrigen abstach. Die Herzensgüte aber, die man seinem Gesichte ablas, war in Wirklichkeit auch der Hauptcharakterzug seines ganzen Wesens: er war edel, hilfreich und gut, und seine Bereit willigkeit, zu geben und zu helfen, erlahmte nie. Aber er hatte im Gegensatz zu vielen anderen, die erst engherzig be rechnen, eine wie große Quote der Wohlthätigkeitsverpflichtung auf sic entfällt, jenen großen Zug der Generosität, der nicht kargt, nicht feilscht und nicht spart, dort, wo es gilt, auch außerhalb des unmittelbar lokalen Jnteressenkreiscs liegende Zwecke zu fördern. Unvergessen mag es ihm bleiben, daß er gelegentlich der Begründung der Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und Litteratur, die seither eine so weitverzweigte Thätigkeit entfaltete, der erste war, der reichliche Barmittel zur Verfügung stellte und durch diese seine thatbcrcite Munificenz die Expedition des Arabien forschers Eduard Glaser ermöglichte. So half er die wissen schaftliche Thätigkeit dieser Gesellschaft sozusagen inaugurieren und blieb, treu dieser seiner Erstlingsgabe, ihr stets ein Förderer und Spender. Aber nicht nur in der Sphäre, die ihm durch seine litterarischen Beziehungen näher gerückt war, sondern auch viel weiter hinaus bethätigte er seine Hochherzigkeit. Er ge hörte zu den freigebigen Spendern aller deutschen Vereine und hatte namentlich ein warmes Herz für die Verpflichtungen, die den Deutschen in Böhmen aus der nationalen Bedrängnis der Stammesbrüder an der Sprachengrenze erstehen; so schenkte er speziell für Trebnitz, das Schmerzenskind der Deutschen in Böhmen, alljährlich große Beträge und gehörte besonders zu denen, die die dortige »Germania- begründen halfen. Auch sonst hatte er für alle die nationalen Kontri butionen, die das Vereinsleben zeitigt, immer offene Hand. Er selbst blieb der geräuschvollen Oeffentlichkeit — soweit sie das gesellige Vereinslebcn betrifft — fern; in seinem Hause fühlte er sich am heimischesten, dort pulsierte ein Leben voll erfreulicher Gemütlichkeit, und die vielfachen Beziehungen, die sich aus dem Verkehr mit den litterarischen Persönlichkeiten, mit den Verfassern der bei ihm erschienenen Werke ergaben, führten dem Hause eine Fülle hochgeistiger Anregungen zu, an denen ein auserwählter Kreis ständiger Prager Gäste teilnehmen durste. Carl Friedrich Rudolph Tempsky wurde im Jahre 1821, am 18. Februar in Prag geboren. Sein Vater war der Besitzer der I. G. Calve'schen Buchhandlung Friedrich Tempsky. Ec verlor seinen Vater bald nach seiner Geburt. Die Mutter übersiedclte nach Stuttgart, wo ihr Vater, der bekannte Volksschriftsteller Christian Carl Andro wohnte. Dort besuchte er das Gymnasium und kam dann in die eben begründete Erziehungsanstalt Stetten bei Stuttgart. Nach dem Tode ihres Vaters zog sich die Mutter nach Wien zurück, wo der Sohn sie 1834 besuchte. Da es aber damals nicht erlaubt war, Kinder im Auslande erziehen zu lassen, so durfte der junge Mann nicht mehr nach Stetten zurück gehen. Er wählte daher die Wiener Technik zu seinem weiteren Studienort, oblag kommerziellen Wissenschaften und hörte auch Botanik bei Jacquin. Am 1. November 1836 trat er in den Verlag C. Gerold ein. Herr Gerold, der ein Freund von Tempskys Vater war, faßte das Chefverhältnis sehr milde auf und gestattete dem jungen Manne, zur Vervollkommnung seiner Kennt nisse nach Brüssel und Frankfurt am Main zu gehen. Einige Reisen nach London, Paris und der Schweiz erweiterten seinen Gesichtskreis gewichtig. Neunzehn Jahre alt, kam er 1840 nach Prag und war bis Ende dieses Jahres in der Buchhandlung Borrosch und Andre be schäftigt. 1841 übernahm er die Leitung der Calvc'schen Buchhandlung, 1846 ging sic in sein Eigentum über. In jener Zeit erwarb er sich durch den Verlag der medizinischen Werke von v. Kiwisch und der Balling'schen Gäruugschemie große Verdienste Nach der Aushebung der Censur im Jahre 1848, als gleichzeitig die Reorganisation des Schulwesens eintrat, überreichte Tempsky im Namen des Buchhändlergremiums ein Memorandum, in dem die Notwendigkeit der Aushebung des Monopols des Schul- büchervcrlages und die freie Konkurrenz der Buchhändler erörtert wurde. Damals begann er denn auch mit dem Verlage von jenen ausgezeichneten Schulbüchern, die in un zähligen Auflagen und Uebcrsetzungen bald eine geradezu umfassende Geltung in der pädagogischen Welt erlangten. So erschienen in seinem Verlage die vortreffliche Griechische Schulgrammatik von Georg Curtius, die nachher in der Bearbeitung des gegenwärtigen Unterrichtsministers vr. von Härtel dem neuesten Stande der griechischen Sprach-
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