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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.08.1902
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- 1902-08-25
- Erscheinungsdatum
- 25.08.1902
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- Deutsch
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6646 Nichtamtlicher Teil. ^ 196, 25. August 1902. uns unbekannten Gründen nicht angewendet bat. Inzwischen ist beachtenswert, daß Schösser gerade in seinen! Psalterdruck gezeigt hat, wie hoch er es im Farbendruck gebracht, und unwillkürlich erblicke ich in dieser Thatsachc einen Fingerzeig, daß er auch im Druck der Missalen die Hand im Spiele gehabt hat. Ich habe mich seiner Zeit gern durch die Resultate der Forschungen des Herrn Wallau über die schönen Initialen des Psalters beruhigen lassen, ich hatte keine Veranlassung, die Richtigkeit seiner Meinung in Zweifel zu ziehen, daß Schösser für diesen Farbendruck eine Methode angewandt habe, die erst nach drei Jahrhunderten durch den Engländer Congreve neu wieder erfunden wurde; aber jetzt, nachdem ich die Idee des Herrn Hupp kennen gelernt habe, frage ich mich selbst: was hindert uns, anzunehmen, daß bei dem Druck der zweifarbigen Initialen des Psalters dasselbe Verfahren beobachtet ist wie bei dem einmaligen Zweifarbendruck des Missale? Daß die Methode, sorgfältig angewandt, ausgezeichnete Resultate liefert, beweisen verschiedene Stellen in dem Missale. Doch folgere ich aus dem mangelhaften doppelten Druck, daß wir es hier mit einem Versuch zu thun haben, und möchte mit Hinweis auf den ziemlich gut gelungenen Rotdruck der 8 42 sagen, daß der Druck der Missalen eine gute Ucbung für den Drucker gewesen ist, und daß dieser also vor dem Druck der 8 42 startgesunden hat. »Die Typen des Missale sind nach der Trennung Guten bergs von Fust an die Druckerei des letztgenannten über gegangen. Wenn mein Beweis in meinem -Veolmisob oväsrroslc» nicht allen Grundes ermangelt, daß mit Ausnahme der Lettern des ersten Ablaßbriefes das ganze Material der Gesellschaft in Fusts Händen verblieb, während Gutenberg seine Druckerei mit dem weiter betrieb, was ihm schon vor der Assoziation mit diesem Gelddarleiher gehörte, dann folgt daraus, daß auch die Missaltypen nach dem Auftreten von Fust angefertigt sind. -Man steht, es läßt sich historisch sehr wohl erklären, daß der Schnitt dieser Type durch Schösser bewirkt ist, bald nachdem er in Gutenbergs Dienst getreten war, daß der Guß dieser Schrift ungefähr gleichzeitig mit der Schrift der 8 42 geschehen ist, und daß die Missalen kurz vor der 8 42 gedruckt sind. Herr Hupp mußte dann auch einen bestimmten Grund angeben, um die ver schiedenen Bearbeitungen auf die allerfrüheste Druckperiode zurück zubringen. Und nun sollte dieser Beweis in der Technik des Schriftgießens gesunden werden und zwar in dem Umstande, daß die Buchstaben f und s nicht überhängend gegossen sind. Die Kunst, dies zu können, stellt zwar nicht viel vor, aber wenn sie auch noch so unbedeutend war, sie mußte doch erfunden werden, und weil nun, so sagt der Verfasser, die beiden Schriftarten der 8 42 gegossen sind, wie es sich gehört, so kann als sicher ange nommen werden, daß der Schriftgicßer der Missaltypen in einem älteren Stadium seines Berufes zu suchen ist Und weil in diesem Berufsstadium Gutenberg allein diese Kunst ausübtc, so kann auch nur ihm allein der Druck der Missalen zugeschrieben werden. -Mir scheint, dieser Beweis ist wiederum sehr schwach. Ueber- hängende Lettern sind zu allen Zeiten eine Verdrießlichkeit ge wesen, nicht weil sie etwa beschwerlich zu gießen sind (die Her stellung liegt so auf der Hand, daß dabei kaum vou einer Er findung gesprochen werden kann), sondern weil sie während des Drückens so leicht abbrechen. Sie sind eine Plage für den Drucker, die immer auf daS Haupt des Schriftgießers herauskommt, und deshalb versteht es sich von selbst, daß letzterer stets darauf be dacht ist, die Lettern so wenig wie möglich überhängend zu machen. Der Schnitt der Lettern kann dem Nicht-Ucberhängcn wesentlich in die Hand arbeiten. Und was sehen wir nun bei den Missaltypen? Daß der Fuß des f und s sehr stark nach rechts entwickelt ist, so daß das notwendige Ueberhängen auf ein Minimum zurückgebracht ist. Und das Minimum hat der Gießer der Missaltypcn ver wahrlost, ich möchte fast behaupten, mit Absicht, zu gunsten der Stärke des Buchstabens. Ich kann nicht kontrollieren, wie die Schriftarten gegossen sind, die zum Psalterdruck gedient haben. Es wird der Mühe wert sein, dies einmal zu untersuchen, denn man wird dann sicher wahrnehmcn, daß der mit dem Ueberhängen er zielte vermehrte Effekt kein besonders großer ist. Mich wenigstens hindert in dem Missale der Fehler, wenn man dem Uebel diesen Namen geben will, nicht. Gehe ich also von der Vor stellung aus, daß hier der Schriftgicßer mit Absicht gehandelt hat, so werde ich darin noch durch einen Blick auf die Reproduktion selbst bestärkt. Denn es will mir so scheinen, daß das lose s, das eine andere Form hat als das mit einem zweiten Buchstaben verbundene f, von dem Graveur absichtlich mit einem kleinen nach rechts umbiegenden Fähnchen versehen ist, um dem Ueberhängen zu entgehen. Auch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß die losen s's abgefeilt sind, wie das sicher mit dem doppelten ss geschehen ist. Dasselbe ist der Fall mit dem losen f, dessen oberer Teil ebenso weit nach rechts gekehrt ist wie der mittlere Teil. -Aber wenn man hier durchaus einen Gicßfehler sehen will, dann verweise ich darauf, daß Gutenberg Schüler hatte, und daß meiner Ansicht nach dis Schrift von Schösser gegossen wurde, der damals selbst noch einer der Schüler war. iöiese Erklärung ist doch naheliegender und einfacher, als in dem Nichtüberhängen den Grund zu sehen, weshalb die Lettern aus Gutenbergs frühester Druckperiode datieren. -Die Beweisführungen der hitzigen Gutenberger lassen übrigens an Richtigkeit noch mehr zu wünschen übrig. Ich habe schon in meinem -toobvisob ouclsrsoslc« ausgcsührt, daß die uns zu Gebote stehenden Entscheidungen stets in einer von vornherein bestimmten Richtung ausgelcgt werden. Auch Herr Hupp liefert hierfür wieder ein schönes Beispiel. Die Verehrer Gutenberg's sehen in ihrem Erfinder einen Heiligen, der nicht nur mit einem ungewöhnlich scharfen Verstände begabt war, sondern auch mit einem unglaublich entwickelten Kunstgefühl. Eine 836, ein Türkenkalender, ein 27 zeitiger Donatus können nicht von ihm herrühren, ein flüchtiger Blick auf diese verrät es sofort, daß hier ein minder Begabter thätig gewesen ist. Aber ein Werk, wie die 842, das war ganz im Sinne Gutenbergs ausgcsührt. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll, den schönen Schnitt der Type oder die außer ordentliche Regelmäßigkeit, die bei dem Satze stattgefunden hat. Man sehe nur das Ende der Zeilen an, alle ganz gleich. Kein Punkt, kein Nbbrcchungszeichcn, kein Komma, kein einziger Buch stabe, der nicht die Linie berührte, die man mit dem Lineal die ganze Kolumne herunter ziehen kann. Gutenbergs Meisterschaft im Setzen lernt der Anhänger Gutenbergs aus 842, und weil nun bewiesen ist, daß er ein solcher Meister-Setzer war, so ist natür lich 842 unter seiner Leitung zu stände gekommen. Bei dein Druck des Missale aber vermissen wir die große Regelmäßigkeit, weshalb unter anderen! De. Schwencke Gutenbergs Mitwirkung dabei in Frage stellt. Und was antwortet Herr Hupp daraus? Gutenberg, sagt er, war ein Künstler, er fühlte, daß jede Schrift ihre besonderen, eigenartigen Anforderungen stellt. Mußte 6 42, wenn er damit den beabsichtigten, ehrfurchterweckenden Eindruck erreichen wollte, eine vollkommene Regelmäßigkeit der Zeilen zeigen, so kam bei dem Missale, wozu eine größere Schrift benutzt war, ein ganz anderes Schönheitsgcsetz zur Anwendung. Hier hätte eine strenge Regel mäßigkeit nur geschadet, ja, Herr Hupp läßt sich in seinem En thusiasmus zu der paradoxen Behauptung verleiten, daß in der Unregelmäßigkeit die größte Regelmäßigkeit enthalten sei. Das habe nur Gutenberg begriffen. Und nach ihm keiner. Denn bis zum heutigen Tage ist es in jeder Setzerei eine unerbittliche Vor schrift, daß in jedem Druckwerk, einerlei welche Größe oder wel chen Charakter die Schrift hat, alle Zeilen gleichmäßig lang sein müssen. -Indessen hat diese Sache keine Wichtigkeit, da sie weder für noch gegen Gutenberg spricht. Herr Hupp betont selbst, daß mehrere Setzer und Drucker an dem Werke gearbeitet hätten, und aus der Zurichtung des Satzes gehe hervor, daß in der betreffenden Druckerei ein ziemlich liberaler Geist geherrscht habe. Während der eine Setzer viel Ligaturen benutzte, machte ein anderer wenig Gebrauch von den Abkürzungen, und ich glaube nicht, daß dem Chef viel daran gelegen war, ob ein Punkt, Komma oder ein Vcrbindungs- zeichen innerhalb oder außerhalb der Kolumnenlinic stand. Weder beim Setzen noch beim Drucken hat der Arbeiter viel Sorgfalt ent wickelt; diese Thatsache ist doch gewiß auffallend, wenn man die Herstellung der Missalen dem Drucker der 8 42 zuschreibt. Ich habe den Eindruck gewonnen, und dies in meinem -toobvisob ovcigrroslc- ausführlich dargelegt, daß bei Gutenberg ein Gefühl für Regelmäßigkeit und Ordnung nicht zu finden ist, während dies Schösser gerade in hohem Maße besaß. Und wenn wir nun die Besorgung der 8 42, wie ich es gethan habe, haupt sächlich Letzterem zuschreiben, dann ist es in jeder Hinsicht erklär lich, daß Gutenberg die Aufsicht bei dem Druck der Missalen übernommen hatte. Und das würde er dann mit einem un- geschultcn Personal unternommen haben, das später unter besserer Leitung die Bibel druckte. So läßt es sich erklären, daß das Missale in der Offizin von Gutenberg zustande gekommen ist, geraume Zeit nachdem er sich mit Fust assoziiert hatte. Unan nehmbar dagegen ist, daß er, wie Hupp cs will, das gethan haben soll, um Fust zu zeigen, daß seine Erfindung des Schriftgießens praktisch ausführbar war, und nur auf Kapital wartete, um ein gewinnbringender Betrieb zu werden. Denn in dem Falle würde er doch wohl in jeder Beziehung das Beste zu leisten sich bemüht haben. Gutenberg würde doch schwerlich für diese Probe ein so umfangreiches Buch, wie das Missale ausgewählt haben, von dem notabene gleichzeitig eine gekürzte Ausgabe erschien. Und würde er dann nicht dafür gesorgt haben, daß das Druckwerk, auch was den Text und Inhalt betrifft, in jeder Hinsicht tadellos war? Nach Aussage des Herrn Misset, eines Kenners von Missalen, wimmelt das Buch von Fehlern und Jrrtümern, und es ist wirk lich undenkbar, daß Gutcnberg, der damit beweisen wollte, daß seine Kunst ein Industriezweig werden könnte, das mit einem Buche versucht haben sollte, das (II, 53) -in Bezug auf Inkorrekt heit eine wirkliche Kuriosität» ist.
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