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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.06.1885
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1885-06-29
- Erscheinungsdatum
- 29.06.1885
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- Deutsch
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unserer süddeutschen Messe, Herrn W. Meck-Konstanz, der diesmal zu erscheinen leider behindert war, wurde mit einem Hoch auf den Absender ausgenommen nnd sofort erwidert. Für zwei zündende Tasellieder hatte wieder der pseudonyme Kollege Rudols von Belzig gesorgt: sie enthielten eine humori stische Chronik der mancherlei buchhändlcrischen Begebenheiten des verflossenen Rechnungsjahres und fanden freundlichen Beifall. Viele Festgenossen saßen noch lange beim Champagner, wah rend andere sich bereits zum Festabend, der großen theatralisch deklamatorischen Abendunterhaltung im schönen Konzertsaal der Liedcrhalle, rüsteten. Um 7 Uhr abends waren aber alle wieder bei einander und die Gesellschaft von circa 700 Personen, zur schöneren Hälfte die Damen unseres Standes, bot ein sreundliches Bild der an diesem Tage sich besonders bekundenden Standeszugehörig keit dar Ein Prolog des obenerwähnten Rudolf von Belzig eröffnet- den Reigen: gesprochen wurde er von Fräulein Johanna Bach, Tochter des Herrn KollegenChr.Bach-Stuttgart, einer jugendlich- anmutigen Erscheinung, die sich im Fluge die Herzen von jung und alt eroberte. Dem Prolog folgte eine Ouvertüre, vorgetragen durch die Kapelle Wunderlich, und von neuem erhob sich der Vorhang für die unverwüstlichen »Dienstboten« von Benedix. Sie wurden durchaus von Angehörigen unseres Standes, den Damen Johanna Bach, Antonie Bonz, Elisabeth Lemppcnau, Clara Werlitz und den Herren A. Bonz, A. Dann, H. Fischer, I. Hossmann und A. Werlitz dargestellt. Jubelnder Beifall folgte dem Schluß, wieder uud wieder mußte der Vorhang sich heben, und wenn Fräu lein Bach im Prolog hatte sagen können: »Drei Wochen währte» unsre schweren Proben, wo Rüthling uns bald rechts, bald links ge schoben!« so durften jetzt aber auch alle Mitwirkenden sagen, daß sie durch lebendige Erfassung und Wiedergabe ihrer Partieen, durch muntere Laune und liebenswürdige Grazie wohlverdiente Triumphe feierten. Diesem Lustspiel folgte einige Nummern später das von Wil- helmi: »Einer muß heiraten«, besetzt mit den Damen Anna Koch und E. Lempp cnau und den Herren L. Kusi ng und R. Sprö s ser. Ein flottes Zusammenspiel und alle die zuvor an den Darstellern gerühmten Vorzüge gewannen diesem Stück, dessen eigentliche Trä gerin Fräulein Anna Koch, die liebenswürdige Tochter unseres Herrn Kollegen Albert Koch, war, den gleichen Beifall wie den »Dienstboten«. Zwischen beiden Lustspielen hatte Frau Clara Werlitz mit herrlicher glockenreiner Altstimme zwei Lieder, »Tandcradei« von Hornstein und »Kuckuck« von A. Müller, und der über achtzig Mann starke, anerkannt treffliche Chor des hiesigen Gutenberg vereins einige Lieder von Möhring und Engelsberg gesungen; jene und dieser hatten reichen, nicht enden wollenden Beifall ge sunden. Mit ihnen wechselte der bekannte schwäbische Dichter, Herr Adolf Grimminger ab, der in zweimaligem Austreten einige seiner besten mundartlichen Gedichte vortrug und beidemal auf allgemeines Verlangen noch andere zum besten,geben mußte: er ist und bleibt der vielbewnnderte Liebling seiner Landsleute. Auch die Kapelle Wunderlich hatte zwischen den Liedervor trägen nicht geseiert, und diesem allen folgte dann die mit grenzenloser Spannung erwartete große Oper »Don Juan«, das ungeheuerlichste Spektakclstück, welches wohl je erdacht wurde, aber von einer so hinreißenden Wirkung, daß sich ihm aus dem Gebiete der Opernparodie kaum etwas an die Seite stellen lassen dürste. Der Jubel, den diese Nummer begleitete, war unbeschreiblich. Vier Herren, darunter zwei vom Buchhandel, hatten die Rollen übernommen; der Treffliche (der Sohn eines bekannten Kollegen), der in urkomischem Kostüm die Rolle der Elvira mit unglaublich schöner Fistelstimmme sang, trug natürlich den Löwenanteil des Beifalls davon. Sein Vortrag der Melodieen aus dem »Bettel student« und aus Volksliedern war geradezu klassisch. — Aus Versehen ersticht der Comthur den Don Duan, und da nun die Vorstellung nicht fortgeführt werden kann, so wird von der Bühne herab verkündet, man wolle etwas anderes zu ermöglichen suchen, und sobald der Vorhang sich wieder hebt, kommt Lohengrin auf seinem Schwanenwagen zur Elsa (der Elvira des ersten Stückes!), und wieder hebt der Tingeltangel des blühendsten Blödsinns an, um sich in weiteren fünf Minuten abzuspielen. Und wenn die edle Brabanterin, als sie der Gralsritter treulos verläßt, ganz zer schmettert singt: »Mir ist manches schon passiert, aber so etwas noch nicht!« so haben gewiß alle Gäste ein Gleiches empfunden und gedacht. Hier war die Abendunterhaltung auf der höchsten Höhe, das denkbar lustigste, drolligste geboten, und eine Reaktion in der Stimmung mußte notwendig eintreten. Zwar gewannen sich der Chor des Gutenbcrgvereins mit weiteren Liedern von Jüngst und Silcher, und Herr Kollege F. Gmelin mit solchen von Hill, Neßler, Hauptmann, Liebe und Schubert, die er mit schöner Stimme und warmer Empfindung vortrug, noch reiche Beifalls bezeigungen, aber des Abends Glanz war doch dahin, und auch die lebenden Bilder nach E. Bormanns Gedicht »Der Buch handel in Kamerun« konnten mit all ihren gelungenen Effekten, der witzigen Versinnbildlichung der Dichterwerke, den komischen Auf märschen und dem famosen Schlußtableau jene Höhe derBegeisterung nicht wieder erreichen. Allen Anwesenden sprach dann der schon mehrfach genannte Kollege Petters aus der Seele, als er den Mitwirkenden dieses Abends und dem Vergnügungsausschuß für ihre Sorge und Arbeit den wohlverdienten Dank aussprach; sein Hoch schloß die offizielle Feier des Abends ab. Nicht aber den Abend selbst, da, nachdem das Programm über süns Stunden in Anspruch genommen hatte, noch mancher Seßhafte bei kühlem Sekt die Hitze der Begeisterung lang sam verdampfen ließ. Und nun kommen wir zum dritten und letzten Tage, der, wie auch die beiden andern, sich der Gunst des Himmels, des schönsten Wetters erfreute. Im schönen und kühlen Garten des Hotel Textor fand man sich am 16., nach der Abrechnung, die im allgemeinen billigen Ansprüchen genügt zu haben scheint, etwa um U11 Uhr vormittags zusammen, um die Erlebnisse des letzten Tages und des Vormittags zu be sprechen. Bei gutem Münchener Bier erhielt sich die sestfreudige Stimmung, und der Vorschlag des Herrn Petters, jenen schon im vorigen Jahre für 103 Mark versteigerten Federhalter noch einmal zu gunsten des Berliner Unterstützungsvereins deutscher Buchhänd ler und Buchhandlungs-Gehilfen zu verauktionieren, fand allge meinen Beifall. Natürlich war Herr Petters selbst der gegebene Auktionator, während die Herren Adolf Spemann und M. Levy sich freundlich zum Einsammeln der Beträge erboten. Es war eine frohe Stunde, die der Heidelberger Kollege nun den Armen und Elenden im Buchhandel widmete: sein trefflicher Humor, seine er staunliche Suade, in der er, wie sein Freund Rudolf von Belzig zu- giebt, selbst diesem noch »über« ist, sein unerschöpflicher Frohsinn, der immer neue Varianten für das alte Thema zu finden wußte, er zielten denn auch das anerkennenswerte Resultat von 1S3M. 6l Pf., die alsbald an den Kassier obigen Vereins abgeführt wurden. Gleich nach dem Mittagessen, das wenigstens im Hütel Silber noch einmal etwa fünfzehn Kollegen vereinigte, fuhren die rüstig sten der Gäste und Einheimischen mit deren Familien auf der schönen Gäu-(Panorama-)Bahn nach dem romantisch gelegenen
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