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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.12.1885
- Strukturtyp
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- Band
- 1885-12-02
- Erscheinungsdatum
- 02.12.1885
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- Deutsch
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die seit 1844 erscheinende »Weser-Zeitung« und die »Bremer Ansicht anstößigen Statuetten zu entfernen. Diesem Verlangen Nachrichten« hervorragenden Verlag, dessen Besitzer Eduard I. Oelrichz (seit 1867) und Karl Eduard Schünemann (seit 1880) sind. Auch die Namen fast aller übrigen Buchhändler in Bremen haben einen mehr oder weniger berühmten Klang; nur schade, daß hier die Quellen zu spärlich fließen, um im allgemeinen viel mehr als das Gründungsjahr der betreffenden Buchhand lung augeben zu können. Es wurden gegründet: die Firma von Johannes Kühtmann L Co. 182S, die von Friedrich Kaiser 1854, W. Valett L Co. 1856. 1863 etablierten sich G. v. Halem und I. D. Noltenius. C. Ed. Müller gründete 185S seinen durch Werke aus verschiedenen Gebieten, wie Naturwissenschaft, Theologie und Belletristik, namentlich aber durch Prachtwerke ersten Ranges der Geschenklitteratur ausgezeichneten Verlag. In den letzteren glaubt man unwillkürlich den Wicderschein des soliden Reichtums der Bremer zu erblicken, die denselben nicht nur zu vermehren, sondern auch würdig anzuwenden wissen. Die mit Buchdruckerei verbundene Verlagshandlung von M. Heinsius gründete dieser 1866 in Dresden und verlegte sie 1871 nach Bremen. Er erweiterte den Verlag durch An käufe des gesamten oder teilweisen Verlags der Firma Heinrich Strack in Bremen 1873, Rob. Friese in Leipzig 1877, A. W. Kafemann in Danzig 1877 (milchwirtschaftliche Artikel), E. Kobligk inBerlin undHerm.Koelling in Wittenberg 1880, sowie durch Artikel von Herm. Gesenius in Halle, Ed. Kummer in Leipzig, Franz Riemschneidcr in Bremen und Gustav Schloeßmann in Gotha. Von vielen auf diese Art unter gleicher Ägide vereinigten Autoren seien beispielsweise nur genannt: W. Bertram, Dieffenbach, Th. v. Goltz (Landwirtschaft), Spitta (»Psalter und Harfe«), Taschenberg. Das nahe Bremerhaven wird u. a. würdig repräsentiert durch die seit 1855 im Besitz von Leopold und Wilhelm v. Vangerow, resp. deren Nachfolgern befindliche Buchhand lung (1852—55 Filiale von I. G. Heyse). Dem Verlag ge hören u. a. die weitverbreiteten Burowschen Anthologieen u. s. w., pädagogische und populäre Schriften, sowie die »Provinzial zeitung« an. (Fortsetzung folgt.) Misrellen. Verurteilung. — Über den in Nr. 276 erwähnten Fall einer Verurteilung berichten die Blätter aus Köln: »Ein inter essanter Fall kam am 24. Nov. vor dem hiesigen Schöffengerichte zur Verhandlung. Ein hiesiger Buch- und Kunsthändler war be schuldigt, in den Monaten Juli, August und September nackte weibliche Thonfiguren, welche angeblich öffentliches Ärgernis er regen konnten und erregt haben, in den Schaufenstern seines Ge schäfts ausgestellt und somit groben Unfug verübt zu haben. Die Korpora äelioti bestanden in Nachbildungen der Kunstwerke be rühmter Meister; so unter andern:: »Die drei Grazien« von Thorwaldsen, »Aphrodite,« von demselben Meister, sowie von Kunstwerken Ca novas und Dannecker s. Diese Nachbildungen sind in einer Masse (Chromopasta) hergestcllt, welche die einzelnen Figuren wärmer und lebendiger erscheinen läßt. Bei der Königlichen Polizeidircktion waren Beschwerden über die Ausstellung dieser Statuetten eingegangen; die eine war anonym, die andere mit einem Namen unterschrieben, dessen Träger nicht zu ermitteln war. Daraufhin hatte die Königliche Polizeidirektion den Buchhändler ausgefordert, die auch nach ihrer wurde nicht nachgekommen, und so ließ die oberste Polizeibehörde nach nochmaliger Aufforderung die betreffenden Gegenstände durch einen Beamten aus den Schaukästen entfernen. Inzwischen waren in der »Kölnischen Volkszeitung« zwei Artikel erschienen, in welchen behauptet wurde, in dem betreffenden Geschäft seien die gemeinsten und obscönsten Figuren ausgestellt. Der Königliche Polizeipräsident sagte, als Zeuge vernommen, aus, daß er auf der Straße vor dem Laden Bemerkungen gehört habe, aus welchen hervorging, daß das Schamgefühl der Betreffenden durch die ausgestellten Bilder verletzt sei; ferner erklärte auch der frühere Bezirkskommissar als Zeuge, daß sich viele Leute über die ausgestellten Figuren beschwert hätten. Zuerst hatte sich die Polizeidirektion an die Staatsanwalt schaft gewandt, war aber von dieser, sowie von der Oberstaats- anwaltschast abschlägig beschicken und auf den Rechtsweg ver wiesen worden. Es wurde nun gegen den Buchhändler ein Strafantrag wegen Anstiftung von grobem Unfug gestellt, her vorgerufen durch die Ausstellung unsittlicher, das Schamgefühl verletzender Figuren. Der Vertreter des Staatsanwalts be gründete die Klage in folgender Weise. Der Laden befinde sich an einer der belebtesten Straßen, in unmittelbarer Nähe von zwei stark besuchten Schulen. Die Schüler würden durch Be schauen der Figuren geistig und moralisch verdorben; auch wende sich der die Straße passierende moralische Mensch mit Abscheu von den Fenstern weg. Das Strafgesetzbuch fasse die Erregung öffentlichen Ärgernisses als groben Unfug auf, und er beantrage gegen den Beschuldigten eine Geldstrafe von 50 Mk. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Eilender, führte verschie dene Äußerungen größerer Buchhandlungen aus allen Teilen der Monarchie an. welche unbeanstandet diese Nachbildungen von Thorwaldsen und anderen Künstlern ausgestellt haben und ver kaufen. Ferner, behauptete er, sei es doch zuerst Sache der Jugend- bilduer und Seelsorger, falls sür die Jugend etwas gegen die Sitte und den Anstand Verstoßendes an den Figuren auszusetzen sei, aus die Entfernung der letzteren zu dringen; aber dies sei von keiner Seite geschehen. Eine hiesige Zeitung habe in zwei Artikeln sich in gröbsten Beleidigungen gegen den Beschuldigten ergangen; es sei gegen das Blatt bereits wegen Beleidigung rechtzeitig ein Strafantrag gestellt. Von zwei Staatsbehörden sei die Klage schon zurückgewiesen und nichts Anstößiges bezw. Straffälliges ge funden worden. An der Hand verschiedener Beispiele wies der Redner nach, daß im Kunstmuseum, in Kunstgallerieeu, an öffent lichen Denkmälern, an Kirchen, Brunnen und anderen Kunstwerken durch Darstellungen nackter Figuren weit mehr geleistet werde, was wohl geeignet sei, die Schamhaftigkeit zu verletzen und öffentliches Ärgernis zu geben. Die Urteile dreier bedeutender Ästhetiker, des Professor Bischer, des Herrn Lübke und des Professors v. Lützow, legte nun der Vertheidiger vor. Alle drei sprechen sich dahin aus, daß in den betr. Nachbildungen durchaus nichts Sitten widriges enthalten, und daß diese echten Kunstwerke nicht mit frivolen, lüsternen Darstellungen zu vergleichen seien. Sollte eine Freisprechung nicht erfolgen, so beantrage der Verteidiger das Gutachten dreier Sachverständigen, des Bildhauers Werres, des Baurats Pflaume und des Professor Mohr. Das Gericht verurteilte nach kurzer Beratung den Beschuldig ten zu einer Geldstrafe von 50 Mk. Als strafverschärfend wirkte der Umstand, daß die Ausstellung an einer der belebtesten Straßen und in der Nähe der erwähnten Schulen stattgefunden habe. Der Verteidiger hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.«
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