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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.08.1902
- Strukturtyp
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- Band
- 1902-08-16
- Erscheinungsdatum
- 16.08.1902
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- Deutsch
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Gravur läßt sich aber nur eine bleierne Matrize machen. Diese konnte auf zwei Wegen erzielt werden: man konnte das Blei um die Type gießen oder die Gravur in das Metall pressen, einschlagen. Die erstere Manier ist an sich etwas umständlicher, aber man erhält damit eine Matrize, die an der Seite des Bildes eine glatte Oberfläche hatte und ein Justieren unnötig machte. Die zweite Manier, das Einschlagen der Gravur, ist vielleicht au sich einfacher, aber sie erfordert, obwohl das Blei ein weiches Metall ist, einen ziemlich starken Druck, und die Fläche der Matrize erfordert stets, und wäre der Eindruck auch noch so gering, eine besondere Bearbeitung, weil das zur Seite gedrückte Blei sich nicht nur in der Richtung des Drucks, sondern auch seitwärts verbreitet, so daß die Oberfläche stets ungleich wird. Diesem Nachteil gegenüber steht, daß das Eindrücken der Type das Blei fester, kompakter macht, ein nicht unwesentlicher Vorteil vor dem Gießen, und Enscheds ist der Ansicht, daß Gutenberg zur Herstellung der sechs unddreißigzeiligen Bibeltype die letztere Methode angewandt hat. Die Tiefe dieses Eindruckes von etwa zwei Millimeter bedeutete dann auch die ganze Dicke dieses »Stempels«, der aus nichts anderm bestand als aus dem kupfernen Letterchen. Um nun von diesem »Stempel« Matrizen zu bekommen, drückte man dieses Letterchen mittels eines vollkommen flachen Plättchens so tief in Blei, daß die Rückseite des Plättchens mit der Oberfläche des Bleies eine Fläche bildete. Damit wurde eine vollkommen gleiche Dicke der Matrizen erreicht. Die ganze Sache ist aber, wie er selbst zugiebt, nur eine Vermutung Enschedes, doch glaubt er, als sicher behaupten zu können, daß die Gutenbergschen Matrizen von Blei waren. Nach der Verfertigung der gravierten Ur-Typen (Stempel) und Matrizen mußte die Letter gegossen werden. So befremdend es erscheinen mag, so ist doch die Guten- bergsche Meßmethode nach Enscheds mit großer Wahrschein lichkeit festzustellen: es handelte sich beim Gießen seiner größten Lettern um die in Deutschland sogenannte Ab klatschmethode. Bei dieser wurde jede Letter in zwei Tempi gegossen. Dieser Ausdruck ist freilich für die Her stellung der Letter selbst nicht genau, denn man goß das Metall nicht in die Matrize, wie es heute geschieht, sondern schlug diese in ein durch Erhitzen weich gemachtes Blei- plättchen. Das Plättchen mit der Letter wurde sodann unter eine Gießform (bestehend aus vier Messingwänden) gebracht zum Zwecke der Befestigung an einem darin zu gießenden Stäbchen, das mit dem Plättchen die richtige Höhe der Drucklettern ausmachte. Der Hauptnachteil der Methode war der, daß beim Einschlagen der Matrize in das weiche Blei die in der Matrize befindliche Luft keinen Ausweg fand, sich oben in kleinen Bläschen sammelte und das Buchstaben bild der Letter leicht bröckelig machte. So hat Enscheds in dem Leipziger Exemplar der Gutenberg-Bibel bei einer Untersuchung der Buchstaben mit der Lupe fast keinen voll kommen gesunden gesunden. Besonders auffallend war auch der Mangel an dem Rosenthalschen lllisssls spsoisls. Von der Aufgießeform zur Herstellung der Lettern hat sich dann die Handgießform entwickelt, und diese ist als die zweite Gutenbergsche Gießmethode zu betrachten. Enscheds glaubt für die Ueberlieferung Gründe aufführen zu können, wonach Peter Schösser die stählernen Stempel zur An fertigung von Matrizen erfunden hat. Waren die Lettern der zweiundvierzigzeiligen und sechsunddreißigzeiligen Bibel auf die erste Gießmethode zurückzuführen, also mittels Messingtypen hergestellt, so waren zur Herstellung der kleinen Ablaßbrieftype von 1454 schon Stempel nötig, deren An fertigung Enscheds aber Gutenberg abspricht, einmal, weil man in dessen Alter — über sechzig Jahre*) — die Stempel- chneiderei nicht mehr erlernen könne, dann aber auch, weil nicht anzunehmen sei, daß Gutenberg sich mit der Her- tellung der Stempel für die Ablaßbriefe und gleichzeitig mit dem Druck der Bibel befaßt habe. Von den Ablaß briefen von 1454 liegen bekanntlich zwei verschiedene Drucke vor. Die Zeit, die Schöffer nötig hatte, um die zweite Ablaßbrieftype zu schneiden, nachdem, wie Enscheds annimmt, bei der Trennung Gutenberg die erste mitgenommen hatte, veranschlagt er auf vier Monate und erklärt die Kürze der Zeit noch mit der Fertigkeit, die Schöffer im Schneiden hatte. Das Justieren der Matrizen und das Gießen nahm je einen Monat Zeit in Anspruch, so daß — als Zeitpunkt der Trennung angenommen, daß die Ablaßbriefe Ende 1454 gedruckt worden sind — der Juli herauskäme. Wenn das richtig wäre, so hätte Gutenberg zur Errichtung einer neuen Druckerei so viel Zeit nötig gehabt, daß er im November mit den mittels der mitgenommenen Leiter gedruckten Ablaßbriefen auf den Markt kommen konnte. Worin bestand nun das Verdienst Gutenbergs um die Erfindung der Buchdruckerkunst nach Enscheds? Er hat sich die Letter, mit der er druckte, selbst anfertigen müssen; er hat Lettern gegossen. Aber hat er den Gedanken dazu aus sich selbst gehabt, oder hat er ihn von anderwärts bekommen? Nach der Kölner Chronik von 1499 ist das letztere der Fall, ist er durch die in Holland gedruckten Donate auf den Ge danken gekommen, und Gutenberg erscheint lediglich als Ver besserer der Kunst. Auf diesem Standpunkte steht auch Enschedö. Er nimmt die eigentliche Erfindung der Kunst, mit beweglichen Lettern Bücher zu drucken, für seine Lands leute in Anspruch und glaubt, wie schon gesagt, in zwei alten holländischen Drucken die Reste der ältesten gedruckten Bücher zu haben. Er erzählt darüber folgendes: »Mein Großvater, Johannes Enscheds, entdeckte 1751 hinter einem geschriebenen Brevier aus dem fünfzehnten Jahrhundert ein auf schlechtes Schafspergament mit losen beweglichen Typen gedrucktes Gebetbuch, das von ihm für einen Erstling der Buchdruckerkunst gehalten wurde. Diesen Gebeten geht das Alphabet vorauf, weshalb er dem Buche die Bezeichnung Abecedarium gab, damit zu erkennen gebend, daß es mehr zu Lern- als zu Gebetbuchzwecken be stimmt war. Als Vorläufer der niederländischen Erfindung der Buchdruckerkunst war ihm das Druckwerk lieb, und es nahm den vornehmsten Platz in seiner Bibliothek ein, weil er in ihm den Beweis zu finden glaubte, daß der Verfertiger eine Kunst unbeholfen ausgeübt hat, die später durch Guten berg und vor allem durch Schöffer wesentlich verbessert werden sollte. 1867, als die Bücherei von Joh. Enscheds unter den Hammer kam, wurde das Werkchen von der Teyler - Bibliothek angekauft und der Stadt Haarlem zum Geschenk angeboten, die ihm alsdann einen Platz im Museum einräumte. Dieses Druckwerk ist für die Geschichte der Er findung der Buchdruckerkunst von großer Bedeutung.**) *) Enschede kommt zu diesem Alter aus der Erwägung, daß Gutenberg als das jüngste von drei Kindern aus der zweiten Ehe seines Vaters, die schon 1386 geschlossen worden war, nicht erst 1400 geboren worden sei, sondern damals vermutlich schon sieben bis acht Jahre gezählt habe. Die Thatsache (auf die sich die An nahme des Jahres 1400 als des ungefähren Geburtsjahres stützt), daß seine Mutter im Jahre 1430 für ihn einen Vertrag mit der Stadt Mainz wegen einer Leibrente schließt, woraus man gefolgert hat, daß er damals noch minderjährig gewesen sei, erklärt Enscheds mit der Abwesenheit Gutenbergs aus Mainz; er habe erst zwei Monate nach Abschluß jenes Vertrages vom Erzbischof die Erlaubnis bekommen, nach seiner Vaterstadt zurückzukehren. **) Van der Linde zählt das Abecedarium in seiner -Geschichte der Erfindung der Buchdruckerkunst« unter die holländischen Drucke, von denen er sagt: -Soviel steht immerhin fest, daß vom Stand punkte der wissenschaftlichen Bibliographie aus kein undatierter niederländischer Druck älter ist als 1470.« (I. 299.)
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