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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.11.1900
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- 1900-11-05
- Erscheinungsdatum
- 05.11.1900
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8542 Nichtamtlicher Teil. 257, 5. November 1S00. Regierung machen. Heine, der nicht Preuße war, und in Frank reich lebte, kommt hierbei nicht in Betracht. Am meisten hatte Laube als politisch Verdächtiger zu fürchten und beeilte sich daher, in mehreren Erklärungen seine Zugehörigkeit zum jungen Deutsch land zu bestreiten. In der Allgemeinen Zeitung vom 25. Dezember 1835 erklärte Laube u. a.: -Als ich Herrn vr. Gutzkow Beiträge zu der beabsichtigten »Deutschen Revue» zusagte, da geschah das keineswegs in der Art, daß etwaige Tendenzen des sogenannten -Jungen Deutschland-, die die bestehende Civilisation angreifen oder gar stören und bedrohen könnten, durch meine Beiträge gefördert werden sollten. Im Gegenteil erklärte ich unumwunden, wie ich mit jedwedem Ultraismus der Art nichts zu schaffen hätte und eine eigentliche solidarische Teilnahme mir nicht zupaßte. — Diese Erklärung glaubte ich schuldig zu sein, da ich mich mit jenem -Jungen Deutschland-, dem ich nicht angehöre, solidarisch betroffen sehe.- Nachdem Laube inzwischen verschiedentlich seinen Aufenthalts ort gewechselt und gelegentlich an seinen schwebenden Prozeß er innert worden war, hielt er sich seit September 1836 wieder in Berlin aus. Am 5. Dezember war die Entscheidung des Kammer gerichts gefallen, ihm jedoch erst am 25. Januar 1837 mitgeteilt worden. Tie Entscheidung ging dahin, daß er -wegen Teilnahme an der Halleschen Burschenschaft, frechen, die Erregung von Miß vergnügen und Unzufriedenheit bezweckenden Tadelns der König lich Preußischen Regierung und der Regierungen verbündeter und befreundeter Staaten und wegen Verletzung der Ehrerbietung gegen einen auswärtigen Regenten des Rechtes, die preußische Nationalkokarde zu tragen, verlustig und zu allen öffentlichen Aemtern für unfähig erklärt, außerdem aber mit sieben Jahren Festungsarrest belegt und zur Tragung der Kosten der Untersuchung verurteilt werde». Am 2. Februar 1837 richtete Laube ein Gnadengesuch an den König. Nach Begutachtung desselben durch eine Ministerial- kommission führte dieselbe aus, daß das eine Jahr wegen der -frechen Schriften- nicht herabgemindert werden könne, die sechs Jahre wegen der Angehörigkeit zur Burschenschaft aber auf sechs Monate herabgesetzt werden sollten. Dieser Vorschlag derMinisterial- kommission wurde vom König am 27. Mai bestätigt, freilich mit dem Zusatz, von den sechs Jahren sollten -vorläufig» nur sechs Monate abgesessen werden. Am 17. Juli 1837 trat Laube seine Strafe in Muskau — zuerst war vom Magistratsgefängnisse in Delitzsch die Rede gewesen — an; er hatte darum am 29. Juni gebeten. Bereits am 20. November bat er um Niederschlagung des Restes der Strafe mit der Begründung, daß ihn das Leben in Muskau in seinem Erwerbe störe, namentlich da die Geburt eines Kindes seine und die Lage seiner Frau noch erschwert habe. Dies Gesuch wurde jedoch abgewiesen. Während dieser Zeit war die Novelle -Glück- (23. Juni 1837), ebenso -Neue Reisenovellen- (8. Januar 1838) zugelassen worden. Die Fortsetzung des -Jungen Europa» dagegen, zwei Bände -Krieger-, ein Band -Bürger wurde verboten, weil sie nach einem Gutachten Johns zwar mit vielem Geschick geschrieben, aber besonders geeignet seien, in manchen Gemütern eine düstere Stimmung hervorzurufen. Ein neues Gesuch Laubes um Haftentlassung vom 10. Juni 1838, dem ein Empfehlungsschreiben des Polizeipräsidenten Heincke bcilag, wurde durch eine Kabinettsorder vom 25. Juli 1838 als nicht zulässig erklärt, und so mußte Laube die Gesamtstrafe von einund einhalb Jahren vom 17. Juli 1837 bis 17. Januar 1839 abbüßen. Weniger gestört wurde die litterarische Thätigkeit Mündts. Das Verbot seiner Madonna und des mit Varnhagen heraus gegebenen Nachlasses von Knebel wurde bereits erwähnt. Die Erlaubnis des -Litterarischen Zodiakus- wurde erst nach wieder holten Eingaben erreicht. Auch die nur -Th. M.» gezeichneten -Charaktere und Situationen, vier Bücher Novellen, Skizzen, Wanderungen re.» wurden am 11. Oktober 1837 verboten und erst am 9. Februar 1838 freigegeben. Auch der -Delphin- und die -Spaziergänge und Weltfahrten» Mündts wollte der Censor John nicht zulassen. Im September 1837 erbat Mundt eine außer ordentliche Professur in Bonn oder Breslau, hatte aber damit vorerst kein Glück und konnte auch später nach Erreichung seines Wunsches desselben nicht froh werden. Auch Gutzkow suchte seinen Frieden mit der Regierung zu machen. Im November 1835 bat er von Karlsruhe aus um einen Paß nach Italien zu einer Erholungsreise, der ihm jedoch ver weigert wurde. Kurze Zeit darauf meldete der preußische Gesandte in Frankfurt a. Dt., daß der Senat Gutzkow das Frankfurter Bürgerrecht abgeschlagen und ihn aus Frankfurt verwiesen habe. Vorher schon war Gutzkows -Wally- verboten worden; ebenso erging es seinen Werken: -Zur Philosophie der Geschichte-, den -Soireen- und den -Beiträgen zur Geschichte der neuesten Litteratur.- Im Juli 1836 heiratete Gutzkow. Sein Roman -Seraphine- wurde 1838, das -Skizzenbuch- 1839, das Drama -König Saul- 1840 gestattet, -Die rote Mütze und die Kapuze- dagegen 1840 konfisziert. Mit der Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV. schöpften die Vertreter des -Jungen Deutschland- neue Hoffnung. Der auf ihnen lastende Druck sollte vorerst noch nicht beseitigt werden. Mundt machte von 1840—42 verschiedene erfolglose Eingaben; auch Laube wandte sich an das Ministerium. Die Aufhebung der gegen sie erlassenen Bestimmungen wurde in Erwägung gezogen. Am 28. Februar 1842 erfolgte die königliche Kabinettsorder: -Auf Ihren Bericht ermächtigte ich Sie, die gegen die Schriften des Jungen Deutschland noch bestehenden Ausnahmemaßregeln hinsichtlich aller derjenigen, jener Kategorie ungehörigen Schriftsteller auf zuheben, die, in Deutschland wohnend, persönlich das Versprechen geben würden, fortan in ihren Schriften gewissenhaft alles, was die Religion, die Staatsverfassung und das Sittengesetz beleidigt, u vermeiden. Zugleich ist denselben anzudeuten, daß gegen sie ei einem Rückfalle in ihre frühere verderbliche Richtung das bis herige Verfahren wieder und dann für immer werde zur An wendung gebracht werden.- Am 14. April 1842 erklärte Mundt auf dem Berliner Polizeipräsidium, daß er fortan in seinen Schriften gewissenhaft alles vermeiden wolle, was die Religion, die Staatsverfaffung und das Sittengesetz beleidige. Daraufhin wurde er von den Ausnahmemaßregeln befreit. Auch Laube unterwarf sich, nicht so Gutzkow. Er lehnte zunächst eine Unter werfung, wie sie seine Genossen unterschrieben hatten, ab, bis er endlich nach verschiedenen Verhandlungen durch eine nicht ver öffentlichte königliche Kabinettsorder vom 17. Juli 1843 befreit wurde. Von dem jungen Deutschland war Wienbarg der einzige, der konsequent blieb. Er war ja auch der am wenigsten fruchtbare Schriftsteller darunter, der zumal in seinen späteren Jahren das politische, religiöse und sittliche Gebiet kaum mehr streifte. Nach seinem ersten Auftreten war er kaum mehr behelligt worden. Sein -Tagebuch von Helgoland- und seine Schrift -Zur neuesten Litteratur- waren freilich noch verboten worden. Seit 1840 trat er verhältnismäßig selten als Schriftsteller auf. Nachdem er von der Befreiung Mündts und Laubes aus öffentlichen Blättern Kenntnis erlangt hatte, erklärte er im Hamburger unparteiischen Correspondenten vom 13. Juli 1842, daß ihm solche Versprechungen nicht zugemutet worden seien, er sie auch nicht gegeben habe. Er wurde auch in Zukunft nicht zu Gnaden ausgenommen. Erst die Aushebung der Censur 1848 machte ihn wie die übrigen ganz frei. Kleine Mitteilungen. Post. — In Peking ist ein deutsches Postamt eingerichtet worden. Seine Thätigkeit erstreckt sich außer auf den Briefpost- und Zeitungsdienst auch auf den Postanweisungsdienst, den Aus tausch von Briefen und Kästchen mit Wertangabe, sowie auf den Austausch von Postpaketen mit oder ohne Wertangabe und mit oder ohne Nachnahme. Ueber die Taxen und Bersendungs- bedingungen erteilen die Postanstalten aus Verlangen Auskunst. Telephon. — Am Sonntag den 28. v. M. morgens ist das neue Fernsprechamt 3 in Berlin in Betrieb genommen worden, nachdem in der vorhergehenden Nacht die überaus mühselige Arbeit der Uebertragung der 7000 Anschlüsse von dem alten aus das neue Amt beendet worden war. Die National-Zcitung berichtet darüber: Das neue Amt, das sich im großen Saale der alten Loge, Oranienburger Straße 71, befindet, ist nach dem neuen System von Siemens L Halske, das auf dem Amt 6 bereits seit längerer Zeit im Betriebe ist, erbaut worden. Dieses System hat außer manchen Vorzügen für den Betrieb selbst auch den sehr schätzbaren für die Teilnehmer, daß es ein selbstthätiges Schlußzeichen besitzt. Sobald der anrusende Teilnehmer nach Beendigung des Gespräches sein Telephon angehängt hat, wird dies durch ein optisches Signal dem Amte gemeldet, und darauf wird durch die Beamtin die Ver bindung gelöst. Das frühere Abklingeln und die Rückfragen seitens des Amtes, ob das Gespräch beendet sei, fallen in Zukunft fort. Das neue Amt zeichnet sich weiter auch dadurch aus, daß es von allen Aemtern der deutschen Reichspost die größte Aufnahmefähig keit hat; es kann, wenn es voll besetzt ist, bis zu 14 000 Teil nehmer bedienen. Die -Madonna Chigi- von Botticelli. — Vor einigen Tagen wurde hier der Ausgang einer in Rom geführten Gerichts verhandlung erwähnt, in der Fürst Chigi, der Besitzer einer wertvollen Bildergalerie, nach der illsx Laeoa verurteilt wurde, den Preis für ein von ihm aus seinen Schätzen ins Ausland verkauftes Bild im Betrage von 315 000 Lire zu erstatten. Das Bild ist die sogenannte -Madonna des Hauses Chigi- von Sandro Botticelli, ein in der Kunstgeschichte wohlbekanntes Bild. In seinem kürzlich erschienenen neuen Buche -Sandro Botticelli» (London 1900, Bell) äußert sich Count Plunkett ziemlich eingehend über das Bild. Er sagt: -Vielleicht ist es dieses Bild, das am entschiedensten Sandras
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