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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.07.1846
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1846-07-31
- Erscheinungsdatum
- 31.07.1846
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- Deutsch
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824 Gegen die Uiisittlichkeit in Literatur und Buchhandel. Wir müssen, seitdem die Speculation in Literatur und Buch handel überhaupt die Zügel hat schießen lassen, täglich wahrnehmen, wie diese Speculation sich auf Alles wirst, was im Stande ist, das Publicum kaufend zu machen. Es braucht nur ein Buch Glück zu machen, so wird es sofort nicht an Hunderten von Nachahmern fehlen; es werden an allen Ecken Deutschlands ähnliche Bücher über denselben Gegen stand sogleich erscheinen und das wird fortgehen, bis die nothwendige Uebersaktigung eingetreten. Als vor 8—lOJahren die ersten Nach träge zu den Werken unserer Elassiker, zu Schiller und Goethe er schienen und besonders die ersteren großen Absatz fanden, war die Speculation bei der Hand, alles nur irgend Erdenkliche zu dergleichen Nachträgen zu Werken gekannter Meister umzuschaffen und als solche ins Publicum zu bringen- Diese sogenannte Anhängsel-Literatur währte eine geraume Zeit. Vor wenigen Jahren hatten wir, nachfolgend dem glücklichen Wurfe derSue'schenGeheimnisse, die Geheimnisse al ler Städte, Länder und Dörfer und die Speculation drückte diese Gold-Citrone bis zum letzten Tropfen aus- Man mag eine solche Speculalionswuth —> denn eine solche war es — von höherem Standpunkte aus tadeln; man mag sie erfreulich nicht finden — immer war es doch eine erlaubte Speculation, eine Speculation auf ein Genre, das wenigstens, wenn auch kraftlos, matt und seicht, doch ohne Gist war. Es war immer keine unwürdige, keine unmoralische Speculation. Da hat aber nun im laufenden Jahre ein mehr berüchtigtes als berühmtes Buch über den sauberen Gegenstand „die Prostitution" einiges Glück gemacht; es hat dieses Glückmachen nicht seinem kleinen statistischen und wissenschaftlichen Theile zu verdanken, mit welchem es so gern, dem bedeutenden Buche Parent Duchatelet's an die Seite gestellt zu werden, coquettirt: — das obige Buch ist eigent lich nur und weiter nichts als ein Wohnungsanzeiger, ein Nachweis, eine Geschichte der öffentlichen Mädchen einer Residenz und, wir müssen beifügen, nur diesem Charakter seines sauberen Inhalts verdankt es das Glück, das es gemacht hat. Ob die Speculation des Verfassers und Verlegers hierauf von Anfang an bei dem Unternehmen begründet war, wissen wir nicht, wenn schon darüber in der letzten Ostermesse nur eine Stimme war. Aber die allgemeine Speculation, wie wir sie zu Anfang des Artikels näher aus- gesührt, hat auch bereits angefangen, diesen, man verzeihe uns den Ausdruck, geilen Gegenstand in einer Weise auszubeuten, die ans Uner hörte grenzt. In einer der letzten Nrn. des Börsenbl. finden wir ein Buch angekündigt, wie es, wenn solches wirklich erscheinen sollte, je denfalls keine Literatur aufzuweisen haben wird: Eine Geschichte der einzelnen, mit den gemeinsten Schimpfnamen aufgeführten öffentlichen Dirnen. Das Buch wird auch Glück machen. Und wenn die Speculation auf dieses saubere Genre weiter gehl: nach der schamlosen Geschichte sol cher schamlosen Geschöpfe wird es an eine Beschreibung ihres schamlosen Gewerbes gehen —> und der Buchhandel sollte wirklich auch diese stin kende Citrone bis auf den letzten Tropfen auspressen helfen!? Nein, das wird er nicht und es wird nur Hinweisungen wie dieser bedürfen um Spekulationen wie den genannten den Riegel vorzuschieben. Man braucht, sich hinzu verpflichtet zu fühlen, wahrlich noch kein Tugendheld, kein Eiferer, noch weniger ein Kopfhänger zu sein; — man braucht nur mit etwas Ehrgefühl ein menschliches Herz in der Brust zu tragen und sich nur klar zu machen, daß Buchläden — keine Bordelle sind. Die englische oder französische freie Presse könnte ein Buch, wie das erwähnte, n i ch t-bringen; wir sind sicher, man würde dort Ver fasser u. Verleger solcher unzüchtigen Schriften vor die Schranken des Gerichts weisen. Und in Deutschland — was thut die Präventiv- Censur —> diese Ausgeburt unhaltbarer Inkonsequenz? > Freilich: — wenn durch den Buchhandel erst die Verbreitung von ^ 69 Schriften wie die genannten gäng und gebe wird, dürfen wn uns da wundern, daß es, wie ganz kürzlich, einem „Commissionsbüreau in Dresden" beikommt, durch den Buchhandel kleine Karten vertreiben zu lassen, auf welchen ein liöorKanon pour los konotions oonjuAsIs ange priesen wird. Das sind Unwürdigkeiten, zu welchen der Buchhandel sich nicht benutzen lassen sollte! chch- Ein Noman unter Buchhändlern. Unter dieser Ueberschrift enthält die Augsburger allgemeine Zeitung folgenden Artikel aus Leipzig vom 12. Juli: „Was unsere Literaten un terlassen, das leisten unsre Buchhändler! Wir klagen über Mangel an Romanen, und hier wird eben in der buchhändlerischen Welt einer aufge führt, der freilich nur zu eng mit den angeklagten unmoralischen Romanen der Franzosen zusammenhängt — und einem widerwärtigen Scandale ft ähnlich sieht wie ein Ei dem andern. Ich schäme mich denselben vor dem Ausland erzählen zu müssen, aber es ist gar wohl möglich, daß es für solchen undeutschen Handel am Ende keine andere Strafe gibt als die Züchtigung durch öffentlichen Bericht. Sie wissen, daß seit dem großen Aufsehen, welches die Sue'schen Romane erregt, ein neuer wilder Schößling in un fern Buchhandel gekommen ist. Ich meine nicht blos die zwanzig ueber- setzungen, welche ein garstiges Kirchthurmrennen aufführen, nein, ich meine den speciellen Contract, welchen ein deutscher Buchhändler Namens Koll- mann mit Eugene Sue selbst geschloffen hat zur Erlangung des Sue'schen Manuscriptes, ehe dasselbe in ein Feuilleton des Constitutionnel verwandelt wird. Für dies eigenthümliche Vorrecht, welches ihm eine französische Ausgabe für Deutschland gegen belgische und deutsche Nach drucker, und welches ihm den Gewinn mit der ersten deutschen Über setzung sichern soll, zahlt er dem französischen Autor eine so erhebliche Summe, wie er sie wohl sein Lebetag nicht an einen deutschen Autor ge zahlt hat, denn sein Verlag zeichnet sich aus durch die wohlfeilsten Ro mane, welche nur bei dem niedrigsten Honorarsatze das Leihbibliothekcn- geschäft suchen, und welche die deutsche Literatur noch nicht mit dem klein sten der Rede werthen Bändchen bereichert haben. Jenes „internationale Geschäft" ward mit dem „ewigen Juden" begonnen, und hierbei wollte Hr. Kollmann sein Eigenthumsrecht an Sue gerichtlich soweit verfolgen, daß er auch die Uebersetzungen, welche nach Erscheinen des französischen Originals in Deutschland ausgegeben wurden, als Nachdruck seiner Ueber- setzung unterdrückt sehen wollte. Damit wurde er natürlich vor Gericht abgewiesen. Einem öffentlich vorliegenden Originale in fremder Sprache gegenüber hat Jedermann das Recht eine eigene Uebersetzung zu veranstal ten, sobald er nur dafür sorgt, daß es auch wirklich eine eigene und nicht ein ersichtlich bloßer Abdruck der schon vorhandenen Uebersetzung ist- Lu ders ist es nun diesmal geworden mit dem neuen Roman Sue's „Martin, das Findelkind," und wie wenig Sympathie dies internationale Geschäft Hrn. Kollmanns bei uns finden mag, hier ist die ihm zugedachte Beein trächtigung so angethan, daß wir sein Recht als das eines literarischen Eigenthümers in Schutz nehmen müssen. Jener Roman „Martin" näm lich war angekündigt für den Constitutionnel zum 26. Junius, und an diesem Tage erschien auch erst der Anfang desselben- Niemand in Deutsch land außer Hrn. Kollmann konnte vor diesem Termin im Besitz des ange fangenen Buches sein, wenigstens nicht rechtlich und der höchste» Wahrschein lichkeit nach auch nicht unrechtlich. Denn seinem Contract mit Sue gemäß erhielt nur Kollmann vor Ausgabe des Constitutionel-Feuilletons mit dem Anfänge des Romans das Manuskript, und Satz und Druck dieses Feuille tons wird bekannterwcise mit Argusaugen besonders wegen der belgischen Rachdrucker bewacht. Kollmann gab sein erstes Uebersetzungsheft am 15. Junius aus, und etwa eine Woche darauf, also vor dem 26. Junius, also vor dem Erscheinen irgend eines französischen Abdrucks, erschien im Verlagscomptoir zu Grimma, der Buchhandlung des Herrn Hofrattzs
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