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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.01.1929
- Strukturtyp
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- 1929-01-24
- Erscheinungsdatum
- 24.01.1929
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20, 24. Januar 1929. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d Dtschn. Buchhandel. Handlung von List L Francke. Dort bot sich ihm reiche Ge legenheit zur Ausbildung, die er, unterstützt von trefflicher Ver anlagung, mit Fleiß nutzte. Sein Chef Felix List, dessen er staunliches Gedächtnis er besonders bewunderte, war ihm ein gutes Vorbild. Die glückliche Gabe eines stark ausgeprägten und systematisch geschulten Erinnerungsvermögens ist gerade bei einem Antiquariatsbuchhändler von großer Wichtigkeit. Auch die umfangreichste Kenntnis der Literatur- und Druckergeschichte, der bedeutendste Fundus an notwendigem Wissen, genügt nicht immer, wenn beispielsweise im Augenblick einer günstigen Än- kaufsmöglichkcit das Gedächtnis versagt und sich dadurch natur gemäß die Einträglichkeit des Geschäftes verschiebt. Wir wissen, daß ein gutes Gedächtnis nicht immer geistige Bedeutung vor- aussctzt. Aber ein gewisses logisches Gedächtnis, das sachliche Zusammenhänge geordnet umfaßt, läßt sich auch pflegen, und besonders ein Namen-, Orts- und Zahlengedächtnis als Aus wirkung für das Erkennen und Urteilen ist für den Antiquar fast Vorbedingung und auf psychologischem Wege durch eine in die lebende Praxis übertragene innere Aneignung auch erreich bar. Nicht weniger anspornend auf den jungen Hierfemann wirkten die zahlreichen Geschäftsbcsuche bekannter Gelehrter, Sammler, Literaturfreunde und der großen Antiquare aller Länder, die bei ihrem Aufenthalt in Leipzig selten versäumten, sich bei der Firma List L Francke einzufinden. Schon damals stand es für Hierfemann fest, sich dem Antiquariat zu widmen. Seine Sprachstudien betrieb er mit Eifer. Die schmale Börse zwang ihn zu einer soliden Lebensführung. Nach der Lehrzeit blieb er noch anderthalb Jahre als Gehilfe bei der Firma. Dann ging es zu I. Bensheimec in Mannheim. Bei ihm blieb Jung- Hiersemann anderthalb Jahre; dann lüstete es ihn nach dem Ausland. Verständliches Sehnen! Er wollte nach London, wo sich das Antiquariatswesen, unter Führung von Quaritsch und anderen, zu hoher Blüte entwickelt hatte. Aber da legte nun wieder Vater Hiersemann ein Veto ein. Der Sohn überlegte. Er hatte seinen knorrigen alten Herrn sehr lieb. Aber er selbst war doch auch noch da —, die Jugend stemmte sich gegen das Alter, und so reiste er denn ohne die Einwilligung des Vaters nach London. Er hatte es nicht zu bereuen — und der Vater endgültig auch nicht. Die viereinhalbjährige Arbeitszeit auf dem englischen Büchermarkt war für Hiersemann von entscheidender Bedeutung. Er trat zuerst bei David Nutt ein und kam dann zu Trübner L Co., bei denen er unter anderm die zweite erweiterte Auflage von Trübners (lutoloßno vk vietionaries aock Orunnnars ok tbs prinoipsi ÜÄUAnages Änä vialeots ok tbk tiVorlci bearbeitete. Vor allem aber erweiterte sich sein Gesichtskreis auf bestimmten Son- dergebictcn. Seine Vorliebe für Americana und Rossica, für die orientalische Literatur und die Kunst des Ostens stammt aus dieser Zeit. Er lernte den Wert seltener Erzeugnisse des Früh drucks erkennen und schätzen, ihre Abhängigkeit von der Ge schichte der Typographie, vom Erhaltungszustand, dem Einband, der bildlichen Ausstattung, der Herkunft, den Marginalien von berühmter Abstammung. Er bekam Einblick in das weite Gebiet der Paläographie, in die Handschriftenkunde des Mittel alters, die Miniaturmalerei, die Manuskripte des Orients, in die vielfachen Verzweigungen des Autographenwcsens, in den gerade in jener Zeit lebhaft einsetzenden Handel mit alten Kunst blättern. London beendete sozusagen seine Lehrzeit. Als Siebcnundzwanzigjähriger kehrte er nach Deutschland zurück und nahm eine Stellung in K. F. Koehlcrs Antiquarium in Leipzig an. Die Zusammenarbeit mit dem Inhaber, Herrn Hugo Koehlcr, war eine so erfreuliche, daß sie beinahe zu einer Teil haberschaft geführt hätte. Sie war schon bcsvrochen worden, doch das Gefühl, sich völlig selbständig zu machen, gab schließ lich den Ausschlag. Hiersemann wollte eine eigene Firma grün den. Mittel dazu besaß er freilich nur in bescheidenem Maße. Aber er hatte nun Grund gelegt, er hatte Selbstvertrauen und die Furchtlosigkeit eines Menschen, für den »Wind und Wettcr<- nicht störend sind. Er stand auf anderem Ackerboden als Vater, Großvater und Ahn, immerhin auch er hatte einen Pflug in der Hand, den- Pflug des Fleißes, und er wußte ihn zu führen. So reiste er denn in raschem Entschluß im Juni 1884 abermals 94 nach London, suchte die befreundeten, bekannten und wohlge sinnten Firmen auf, unternahm größere Einkäufe und grün dete mit ihnen am 3. September des gleichen Jahres sein Ge schäft in der Turnerstraße 1 zu Leipzig. Er war klug, er begann klein, doch voller Hoffnung auf die Zukunft. Das erste Gcschäftslokal bestand aus zwei keines wegs geräumigen Vordcrzimmern für das Lager und einem Hofstübchcn, in dem der Besitzer schlief. Im Vollgefühl seines Könnens ging er an den Ausbau der neuen Firma. Die beiden kleinen Lagerräume bildeten den Grundstock des späteren Welt geschäftes. Von ihnen aus Hub ein Entwicklungsgang an, der beständig aufwärts führte, wenn auch naturgemäß mit Unter brechungen, die die Veränderlichkeit der Zeit mit sich brachte, die aber Fleiß und Tüchtigkeit immer wieder überwanden. In der Stetigkeit der Entwicklung zeigte sich die ganze stolze Eigen kraft der Persönlichkeit Hiersemanns. Zuerst arbeitete er allein, nur auf sich selbst angewiesen. Aber mit dem allmählichen Wachstum des Geschäftes trat die Notwendigkeit an ihn heran, sich nach einem Mitarbeiter umzutun. Aus der einen Hilfskraft wurden in Bälde drei. Trotzdem überhastete sich Hiersemann nicht. Er stand auf festen Füßen und gewann an Boden, Schritt für Schritt, nicht in Erobcrungssprüngen, sondern in kläglicher Ruhe und mit Gewissenhaftigkeit eines Baumeisters, der da weiß, daß das Fundament fest genug ist, um darauf einen Stein nach dem anderen zu setzen und ein Gebäude zu errichten, das der Witterung zu trotzen vermag. Nun lebte er bereits aus den Ergebnissen seiner Lehrzeit. Mit einem erstaunlichen Wissen verband sich jene Gedächtniskunst, von der schon oben die Rede war und die ihn befähigte, mit raschem Zugriff auch den Augen blick wahrzunchmen, wenn er einen Erfolg voraussetzte. Man soll solche Augenblickserfolge nicht unterschätzen. Sie gehören durchaus nicht in das Gebiet waghalsiger Spekulationen, sie er geben sich im Antiquariatsgeschäft von selbst, weil hier ungleich mehr als sonst im buchhändlerischen Leben bei Angebot und Nachfrage eine oft unerwartete Plötzlichkeit des Geschehens ein- tritt. Der Bibliophile kennt derlei. Er hat Witterung und Nase wie ein Vorstehhund und die Schußfcrtigkeit des Jägers. Und der Antiquar wird häufig ein Bibliophile sein. Aber er ist zugleich Kaufmann, und als solcher kann er die Gunst eines Augenblickes nicht in die Bilanz seines Schaffens stellen. Wie jedes gediegene Geschäft baut auch das Antiquariat sich auf Gleichmäßigkeit im kaufmännischen Soll und Haben auf. Der vierzehnte Februar 1887 bedeutete einen neuen Lebens abschnitt für Hiersemann; da konnte er die erwählte Gefährtin, Fräulein Johanna Meyer aus Frankfurt a. M. zum Altar führen. Natürlich verlangte die glückliche junge Ehe auch ein behagliches Heim; das Hintcrzimmer in der Turncrstraße ge nügte nicht mehr. Zugleich aber drängte das Wachstum des Geschäftes nach größeren Räumen, und so zog man denn nach der Königstraße 2 in das Haus, das jetzt dem Verlag S. Hirzel gehört, und in dem Hiersemann neben einem umfangreichen Lager sich auch einen schönen Verkaufsraum schaffen konnte. Der Aufstieg begann. Zahlreiche Bibliotheken wurden er worben und alsbald mit großem Geschick und ausgezeichneter Kenntnis wieder verwertet. Es würde zu weit führen, an dieser Stelle die Riesenliste der Bibliotheken unter namentlicher An führung der Vorbesitzer abzudrucken. Acht Jahre prangte das Firmenschild Karl W. Hiersemann an dem Hause Königstraßc 2, dann mußte man abermals an ein größeres Heim denken. Aber man ging nicht weit, man bezog das Erdgeschoß und das erste Stockwerk im Haus gegen über Königstraße 3. Es war da immerhin schon ein anderes Bild als in der Turnerstraßc; es wuchsen die Räume, es dehnte sich das Haus. Aber es nützte alles nichts: Räume und Haus hielten dem mächtigen Anwachsen des Lagers nicht stand, Platz mangel machte sich von neuem fühlbar, und das war um so un angenehmer, als Hiersemann schon 1892 seinem Antiquariat einen Verlag angeglicdcrt hatte, der in der Hauptsache der kunst- und buchgcschichtlichcn Richtung, der Handschriftenkunde und Miniaturmalerei dienen sollte. Natürlich erweiterte auch dieses Programm sich mit den Jahren und die Vcrlagstätigkeit stieg demgemäß zusehends.
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