Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.04.1929
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1929-04-06
- Erscheinungsdatum
- 06.04.1929
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19290406
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192904062
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19290406
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1929
- Monat1929-04
- Tag1929-04-06
- Monat1929-04
- Jahr1929
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Xi 79, 6, April 1929, Redaktioneller Teil, Börsenblatt f.d.Dtschn. Buchhandel. Die eine Form der Rationalisierung und der Produktions beschränkung durch Konzernbildung und dergl. ist uns ver schlossen; bleibt also die Frage, ob und inwieweit die andere von der Industrie so vielfach mit Erfolg angewandte Methode der Standardisierung und Typisierung und damit der Verbilligung der Erzeugnisse für den schöngeistigen Verlag anwendbar und empfehlenswert ist. Dilettantische und von Sachkenntnis wenig beschwerte Kri tiker des deutschen Verlags haben schon manchmal ausgefiihrt, daß durch weitgehende Typisierung der deutschen Bücher in For mat, Papier und Ausstattung so große Summen erspart würden, daß die Preise der Bücher um ein beträchtliches gesenkt werden könnten, was wiederum der Erhöhung des Absatzes und einer da durch ermöglichten weiteren Preissenkung zugute käme. Wer nur einigermaßen mit den Verhältnissen vertraut ist, weiß, daß die durch Typisierung erreichbare Verbilligung der Druck-, Pa pier- und Einbandkosten sich nur bei mehr oder weniger gleich mäßigen großen Massenauflagen, aber niemals in irgendwie nennenswertem Maße bei den meist nur kleinen, in ihrer Höhe ganz verschiedenen Auflagen der Tausenden von Einzelerscheinun gen des schöngeistigen Verlags auswirken kann. Wenn in diesem Zusammenhang vielfach aus den unbestreit baren Erfolg der Buchgemeinschaften hingewiesen und dem Verlag empfohlen wurde, sich diese neuartige Produktions- und Vertriebsmethode ebenfalls zu eigen zu machen, so möchte ich dazu nur sagen, daß der schöngeistige Verlag in seinem eigenen Interesse die Frage wohl geprüft hat, was er von den Buchge meinschaften etwa lernen und was er von ihren Methoden über nehmen könnte. Die Antwort war und ist nicht schwer zu finden. Die Buchgemeinschaften können weder In ihrer Beschränkung auf eine verhältnismäßig kleine Zahl meist schon längst bekannter und eingeführter Bücher und Autoren noch in ihrem Verzicht auf den Zwischenhandel den schöngeistigen Verlag ersetzen, oder ihm irgendwelche Fingerzeige für eine rationellere Produktions und Vertriebsmethode geben. Es ist eben ein ander Ding, jähr lich Tausende von neuen Büchern zum Teil noch völlig unbe kannter Verfasser durch die große feinverästelte Organisation des deutschen Buchhandels an das Publikum hcranzubringen, als einige Hundert durch die jahrc- und jahrzehntelange Vorarbeit des schöngeistigen Verlags bereits eingeführte Bücher oder Autoren einem mehr oder weniger geschlossenen Kreis von Abon nenten anzubieten. Durch diese Gegenüberstellung soll den kul turellen Verdiensten der Buchgemeinschaften nicht der geringste Abtrag geschehen; ihre Möglichkeiten und ihre Ausgaben liegen neben denjenigen des schöngeistigen Verlags. Sie können diesen aber nicht ersetzen. Es ist ja sicher auch kein Zufall, daß noch kaum ein Autor von Rang ein neues Buch, von dem er sich einen größeren Erfolg versprach, zuerst in einer Buchgemein schaft erscheinen ließ. Wohl aber hat sich in letzter Zeit immer mehr die für alle Teile annehmbare Praxis herausgebildet, daß ältere gute Bücher, die zum Originalverlcgerpreis wenig mehr gekauft wurden, in einer Buchgemeinschaft oder auch in einer Billigen-Buch-Reihe noch einen oft recht schönen Nachsommer er lebten und vor der Vergessenheit bewahrt wurden. Ist sonach die Möglichkeit einer Typisierung und damit einer Verbilligung der Bücher des schöngeistigen Verlags in enge Gren zen gebannt, so bleibt noch die immer wieder aufgeworfene Frage zu erörtern, ob nicht die deutschen Verleger dem Beispiel ihrer französischen Kollegen folgen und mehr das billige geheftete Buch pflegen sollten, um aus diese Weise größere Auflagen und größere Umsätze zu erreichen. Hier stocke ich schon und überlege mir: Wo mit ist dem Autor und dem Verleger (auf den Bücherkäufer komme ich nachher noch zu sprechen) mehr gedient, mit einem größeren Umsatz oder mit einem größeren Ertrag? Oder, um konkret zu sprechen, werden von billigen gehefteten Büchern, die natürlich nur einen Bruchteil des Honorars tragen können, das heute für einen gebundenen Band in der üblichen Preislage be zahlt wird, um so viel mehr Exemplare verkauft werden, daß das Endergebnis sich günstiger stellt als heute, wo der Absatz des ge bundenen Buches noch allgemein vorherrscht? Lohnt es sich also für Autor und Verleger, das deutsche Publikum mit allen Künsten der Überredung und der Propaganda auf den Kauf gehefteter Bücher übcrzuleiten? Hält mir jemand das Interesse des Bücher- käusers entgegen, der zwar Mk. 2.— bis Mk. 3.— für ein Buch ausgcben kann, nicht aber Mk. 6.— bis Mk. 8.—, und wird mir vielleicht auch erwidert, daß dem Autor nicht nur am Ertrag seiner Werke, sondern auch an ihrer möglichst großen Verbreitung liegt, so beantworte ich beide Einwände damit, daß ich sage: Wem Mk. 6.— bis Mk. 8.— für ein Buch zu viel sind, soll es sich aus- leihen; private, öffentliche und gewerbsmäßige Gelegenheiten dazu gibt es in ausreichendem Maß. Daß ich als Verleger dem Ausleihen von Büchern das Wort rede, mag Sie vielleicht ver wundern; ich gehe aber noch weiter und gebe dem Wunsch Aus druck, daß in Zukunft in noch viel höherem Maß als bisher Käufer und Besitzer von Büchern ihren weniger bemittelten Mit menschen die Freude machen möchten, ihnen Bücher aus ihrem Besitz zu schenken oder zu leihen, und damit das Buch seinem eigentlichen Beruf als lebendiger Träger und Vermittler geistiger und künstlerischer Werte zuzuführen. Vielleicht könnte auf diese Weise auch bei uns eine in viel breitere Kreise als bisher reichende literarische Atmosphäre geschaffen werden, die uns heute noch in so empfindlichem Maße fehlt, die aber für eine uns günstigere Zukunft die wichtigste Voraussetzung bildet. Wie Sie meinen Ausführungen entnommen haben werden, sehe ich weder eine Notwendigkeit, die französische Produktions methode zu übernehmen, noch einen Vorteil in ihrer Übernahme. Ich bin vielmehr der Ansicht, daß der Nutzeffekt von 3000 ge bundenen Büchern, die durchschnittlich dreimal verliehen werden und danach in der Regel immer noch brauchbar sind, wirtschaft lich und kulturell größer ist als der von lO 000 billigen gehefteten Büchern, die zum großen Teil zerlesen und zerfetzt ein rasches und unrühmliches Ende finden. Ich glaube aber auch gar nicht daran, daß es gelingen wird, das deutsche Publikum in seiner Mehrzahl auf den Kauf billig und schlecht ausgestatteter, gehefte ter Bücher überzuleiten. Das Publikum — wenn ich dieses wenig schöne Wort mangels eines besseren gebrauchen darf — geht seine eigenen Wege. Das Publikum ist es auch, die Empfeh lung von Mund zu Mund, und nicht die Kritik und nicht die Reklame, was den Erfolg eines Buches schafft. Diese Feststellung mag manchem etwas banal klingen; sie wird aber leider immer noch viel zu wenig beachtet und ist doch der verlegerischen Weis heit letzter Schluß. Wer sich über ihre Wahrheit hinwegsetzt und glaubt, durch übermäßiges Rühren der Reklametrommel den Erfolg eines Buches erzwingen oder ihn über sein natürliches Wachstum hinaus steigern zu können, schadet entweder sich selbst oder dem Buch und seinem Autor. Es wäre leicht, für beide Fälle zahlreiche warnende Beispiele anzuführen; jeder von Ihnen wird aber aus seiner eigenen Erfahrung und Beobachtung sowohl Verleger nennen können, die an der Mißachtung der natürlichen Gesetze der Entwicklung eines Bucherfolgcs zugrunde gegangen sind, wie auch Autoren, die durch das Übermaß der Reklame ihrer Verleger trotz teilweise ganz respektabler Werke derart an Ansehen beim Publikum verloren haben, daß sie heute kaum wieder hochzubringen sind. Wir haben hier mit einer ganz natürlichen Reaktionserschcinung zu rechnen, und das böse, aber kluge Wort Georg Hermanns »Erfolg kompromittiert- trifft aus diese Fälle in ganz besonderem Maße zu. Die Reklame, deren Ausdehnung dem schöngeistigen Verleger so oft von Autoren und andern guten Ratgebern nahegelcgt wird, ist aus verschiedenen Gründen ein nicht leicht zu handhabendes Instrument. Irgend welche Regeln dafür aufzustellen ist unmöglich. Klar sollte mir jedem sein, daß die überaus geringe Gewinnspanne am einzelnen Buch, die bei einem Roman von etwa Mk. 6.— bis Mk. 8. auch den Verkauf der ganzen Auflage vorausgesetzt — höchstens 00 bis 60 Pfg. beträgt, ebenso wie die Tatsache, daß auch im Falle des Erfolgs in der Regel immer nur ein Buch gekauft wird, während jeder andere Inserent hoffen darf, für seine Erzeugnisse durch eine Anzeige Daucrabnehmer zu finden, nur in seltenen Fällen eine kostspielige Propaganda gestattet. Diese Worte richte ich besonders auch an die hier anwesenden Herren der Presse, die sich schon manchmal und besonders auch aus An laß des Tags des Buches darüber beklagten, daß der schöngeistige Verlag sich so wenig des Instruments der Zeitungsreklame be diene und die Bemühungen der Presse um das gute Buch so un- 371
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder