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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.04.1929
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- 1929-04-06
- Erscheinungsdatum
- 06.04.1929
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- Deutsch
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79, 8. April !92S. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f.d.Dtschn. Buchhandel. zureichend unterstütze. Ich hoffe, Sie doch davon überzeugt zu haben, daß in solchen Fällen nicht ein Mangel an Verständnis oder gutem Willen vorlicgt, sondern einfach die Unmöglichkeit, im Rahmen der Kalkulation und der Ersolgsmöglichkeiten eines Buches eine brauchbare Lösung zu finden. Ich bin am Schlüsse meiner Ausführungen und kann nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß, wenn es mir nicht gelungen ist, Wege zu zeigen, die den schöngeistigen Verlag aus seiner heutigen Notlage herausführen könnten, meine Herren Korreferenten mich ergänzen und eines Besseren belehren werden. (Lebhafter Beifall.) II: vr. Juliu s B a b. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zwischen dem Mann, der Bücher schreibt, und dem, der Bücher liest, ist, vom Standpunkt der Technik aus gesehen, überhaupt nur noch ein einziger Mensch nötig: der, der das Buch druckt. Der Buchdrucker ist die eigentliche ursprüngliche Vermittlung zwischen dem Buch schreiber und dem Buchleser. Es hat sich nun aber von Anfang an herausgestellt, daß der Buchdrucker allein diesen Weg nicht zurücklegen, diesen Betrieb nicht bewältigen kann. Es ist neben dem Buchdrucker der Buchhändler aufgestiegen, und nur kurze Zeit und nie vollständig gibt es Personalunion zwischen Buch drucker und Buchhändler. Es hat sich dann weiter erwiesen, daß die Arbeitsteilung den Buchhändlerberuf weiter zerlegt hat, und wir haben den Unterschied bekommen, der sich heute in den Wor ten »Verleger« und »Sortimentsbuchhändler« ausspricht. Durch diese Komplikation, durch diese Zerlegung ist ge schehen, was überall durch Arbeitsteilung geschieht: es ist eine außerordentliche Beweglichkeit erreicht worden, es ist eine Fülle individueller Kräfte ins Spiel gekommen, und zweifellos hat diese Verteilung der Funktionen auf so viele verschiedene Agierende großen Vorteil gebracht und der geistigen Entwicklung sehr wesentlich genützt. Aber zugleich haben sich selbstverständlich im Laufe der Zeit die Nachteile herausgcstellt, die nun immer auch an einer weitgehenden Arbeitszerlegung haften. Der Weg von dem Mann, der Bücher schreibt, zu dem, der das Buch lesen soll, ist sehr kompliziert geworden. Es ist sehr schwer, ihn von einer Stelle aus überhaupt noch zu übersehen und zu dirigieren. Das Risiko der einzelnen Menschen, die auf diesem Wege tätig sind, ist ungeheuer gewachsen, es haben sich wirtschaftliche und kulturelle Schwierigkeiten aus dieser notwendigen und in vieler Beziehung segensreichen Zerlegung der Produktionskräfte ergeben. Nun herrscht in unserer ganzen Zeit die Tendenz, diesen Schwierigkeiten, die ja ganz ähnlich wie auf dem Gebiete, von dem wir hier sprechen, auf allen wirtschaftlichen Gebieten zu finden sind: diesen Schwierigkeiten einer sehr weit gegangenen Verteilung und Individualisierung dos Arbeitsprozesses durch den Versuch einer neuen Zusammenfassung zu begegnen: den Versuch zu machen, die Konsumentenkreise wieder zu organisieren und in eine unmittelbarere Beziehung zu den ursprünglichen Produzenten zu bringen, Zwischenstationen auszuschalten, das Risiko durch neue Organisationssormen herabzudrücken. Das ist, wenn man daran denkt, daß es sich um eine Einschränkung der individuellen, frei arbeitenden Faktoren auf einen handelt, zwei fellos ein Versuch, der mit den sozialisierenden Bestrebungen der Zeit zusammenhängt. Es ist eine ihrem Grundwesen nach sozia listische Tendenz, die sich hier der freien individuellen Kraftent faltung entgegenstellt. Man hat Proben gehabt, daß die Ver mittlung geistiger Güter durch solch ein neues Organisationsver- sahren möglich ist genau wie die materieller Güter. Man hat z. B. einen solchen Versuch gemacht mit dem Theaterbesuch. Es gibt die Organisationsformen der Volksbühnen, die wirtschafts technisch daraus beruhen, daß man den Eintritt ins Theater da durch verbilligen kann, daß man das Risiko ausschaltet, daß man eine Organisation schafft, die garantiert, daß alle Tage, an denen überhaupt gespielt wird, das Theater auch voll ist, daß also die Kalkulation, die nur mit der Hälfte oder einem Drittel des Hauses rechnet, wegfallen kann, und daß diese Ausschaltung des Risikos eine ungeheure Verbilligung ermöglicht. In anderer, 372 ähnlicher Weise arbeitet jetzt eine deutsche Kunstgemeinschast an dem Versuch, die Werke der bildenden Künstler unmittelbarer an das Volk heranzubringen, indem sie den Zwischenhandel aus schaltet und durch organisierte Ausstellungen der Produzenten das Publikum unmittelbar an diese Dinge heransührt. Es lag nahe, daß der Versuch gemacht wurde, in ähnlicher Weise den Buchbezug zu organisieren, und so haben sich denn im letzten Jahrzehnt in Deutschland Buchgemeinden gebildet. Hier werden die Bezieher des Buches organisiert. Sie verpflichten sich, einen bestimmten Monats- und Ouartalsbeitrag zu dieser Organisation zu zahlen und erhalten dafür zu gewissen billigen Preisen in regelmäßigen Abständen Bücher. Diese Buchgemein den sind, wenn man von einigen noch nicht ganz durchgesctzten und geklärten Formen anderer Art absicht, alle selber Verleger, und sie arbeiten nicht mit dem Buchhandel, sondern sie suchen ihre Eigenart und Stärke im unmittelbaren Verkehr mit dem Buchabnehmer. Von solchen Buchgemeinden gibt es heute in Deutschland zwei sehr große, deren Mitgliederzahlen schon weit in die Hunderttausende gehen, und etwa acht, deren Mitglieder zahlen zwischen 10 000 und 60 000 liegen. Im ganzen kann man annehmen, daß rund eine Million Menschen in Deutschland heute bereits in solchen Buchgemeinden organisiert sind. Ob das die mögliche Höchstzahl ist, was ich fast vermuten möchte, oder ob noch weitere Steigerungen möglich sind, kann man bisher nicht bestimmt sagen. Die beiden großen Organisationen und einige der ganz kleinen sind in weltanschaulichem Sinne neutral und in ihrer Produktion in keiner Weise festgclegt auf ein bestimmtes geisti ges Programm, sondern sie haben im Gegenteil die Tendenz, jede derartige Festlegung zu vermeiden. Unter den mittelgroßen, denen, die an der Spitze der zweiten Gruppe stehen, deren Mit gliederzahlen sich zwischen 30 000 und 60 000 bewegen werden, ist eine ganze Anzahl, die weltanschaulich gebunden sind. Wir haben eine solche Buchgemeinde mit ausgesprochen katholischer Tendenz, wir haben eine evangelische, wir haben zwei, die rein ausgesprochene sozialistische Tendenz tragen, und wir haben auch eine, die deutsch-völkisch gefärbt ist. Das alles gibt es also bereits. Diese Buchgemeinden liefern nun sämtlich — in verschiedener Art, aber in irgendeiner Form doch alle — außer den Büchern, die sie für den Beitrag ihren Mitgliedern zur Verfügung stellen, auch eine Zeitschrift, die ein außerordentlich wichtiges Bindeglied zwischen den Mitgliedern und vor allen Dingen zwischen der Zentrale und der Mitgliedschaft darstcllt und auf der zum großen Teil der Einfluß beruht, den die Zentrale auf ihre zum Teil viele Hunderttausende betragenden Mitglieder ausüben kann. Die erstrebte Risikoverminderung, die die Grundidee, die wirtschaststcchnische Grundidee dieses neuen Verlagsversahrens ist, ist natürlich dann am größten, ja, sie ist sogar absolut, wenn die Verlagsleitung diktiert und jedem Mitglied in jedem Quartal ein ganz bestimmtes Buch zur Verfügung stellt. In diesem Falle gibt cs eigentlich überhaupt kein Risiko, sondern ich kann 60 000 oder 200 000 Bücher drucken lassen und weiß: sic werden gegen einen bestimmten Preis abgenommen. Das scheint ein Jdeal- zustand zu sein und ist doch das Gegenteil davon. Denn sobald dieser Zwangsband rigoros durchgcführt wird, wird sofort die allerschwerste Gefahr dieses neuen Verfahrens sichtbar: die Aus schaltung der persönlichen Wahl, die Beseitigung der freien Ge schmacksbildung innerhalb des Leserkreises. Die Leiter einer solchen diktatorischen Buchgemeinde würden eine moralische Ver antwortung für das geistige Leben der ihnen angeschlossenen Mit glieder übernehmen, die eigentlich gar kein Mensch zu tragen im stande ist. Darum hat man — bei einigen Buchgemeinden von vornherein, bei anderen allmählich — dieses Zwangsprinzip jetzt überall fallen gelassen. Alle diese Buchgemeinschaften arbeiten nicht mehr mit Zwangsspenden, sondern mit freier Wahl, d. h. sie produzieren in jedem Vierteljahr eine Anzahl neuer Bände und überlassen cs ihren Mitgliedern, ans diesen Bänden oder aus dem gesamten bisher produzierten Vorrat des Verlages, der bet den größeren Organisationen schon viele hundert Bände beträgt, zu wählen, was dem einzelnen zusagt. Damit ist natürlich die wirt schaftliche Hauptlockung dieses Prinzips, die Beseitigung des Ri sikos, wieder eingeschränkt worden. Es gibt jetzt wieder ein
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