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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.04.1929
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- 1929-04-06
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- 06.04.1929
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stellen und allen Ansprüchen zu genügen. Aber daß jene sozialen Formen der Buchproduktion, über deren Entstehen ich einige An deutungen gemacht habe, an der Gestaltung der Zukunft im Be reich unserer literarischen Kultur einen wichtigen Anteil haben werden, das scheint mir doch in hohem Grade wahrscheinlich. (Lebhafter Beifall.) lll: vr. Alfred Döblin. Meine Damen und meine Herren! Ich habe den Autoren standpunkt in Hinsicht auf den kulturellen Verlag unserer Zeit zu vertreten. Nun, dieser Standpunkt ist bei einer Anzahl Autoren der einfachste, unschuldigste und naivste von der Welt, und es ist derselbe, der er bei Erfindung der Verlage war: Der Verlag hat meine Bücher zu drucken, zu verbreiten, und mir möglichst viel zu zahlen. (Heiterkeit.) Ein Verlag, der das tut, ist ein kultureller Verlag (erneute Heiterkeit); ein Verlag, der das nicht tut, ist kein kultureller Verlag. (Große Heiterkeit.) Denkt man nun, wie das auch Autoren tun (Heiterkeit), ge legentlich etwas nach (andauernde Heiterkeit), so wird die Sache komplizierter. Man gelangt dann zu zwei Fragen, die an den Verlag gerichtet werden, und zugleich zu zwei Aufgaben, die man dem Verlag zuschrcibcn muß — nämlich dem Verlag, der be absichtigt oder prätendiert, kulturell zu sein —, nämlich erstens: Was leistet der Verlag in Hinsicht auf Erwerb und Verbreitung guter Bücher?, und zweitens: Wie schützt er materiell und ideell den Autor? — Diese beiden Fragen werde ich durchführen. Der kulturelle Verlag hat zunächst die Aufgabe jener Appa rate in der Natur, die bei den Pflanzen etwa der Verbreitung der Keime dienen, jener bekannten Flugapparate und Fallschirme oder Insekten, die die Keime wcitertragcn. Die zweite Auf gabe des Verlags ist, den Autor zu schützen als die Produktions stätte der Werke und dafür zu sorgen, daß überhaupt Produktion stattfinden kann. Ich nehme schon hier vorweg, daß mancher Autor auch von einem Verlag verlangt, daß er ihn nicht nur materiell, sondern auch ideell schützt. In der Tat vermögen die wenigsten Autoren in einem Verlag zu gedeihen, der ihnen nicht auch im ganzen einen richtigen geistigen Rahmen gibt. Nun gebe ich die Antwort auf meine beiden Fragen in fol gender Form. Schon die beiden Vorredner, Herr vr. Kilppcr und Herr vr. Bab, haben Unterschiede gemacht zwischen den For men des kulturellen Verlags. Ich mache andere. Der alte kul turelle Verlag war der, der vom Autor ausging. Es gibt jetzt Verlagstypen — und ich behaupte: sic sind die modernsten —, die mit dem Autor leben. Die alten Verleger — sic existieren noch heute — schlossen sich mit ihrem Privatkapital an ihre Autoren an, sie propagierten sic und schützten sic. Dies war die indivi dualistische und patriarchalische Periode des Privatverlags. Der Unternehmer, der Verleger, unterhielt und unterhält persönliche Beziehungen zu seinem Autor. Es sind Bindungen von Mensch zu Mensch vorhanden. Der Verleger ist zwar Geschäftsmann, aber er hat auch eine dem Autor selbst verwandte Geistigkeit in sich. Der Autor findet bei seinem Verleger das, was ihm selbst fehlt, nämlich den Geschäftsgeist und — das Portemonnaie (Hei terkeit), und der Verleger findet im Autor das, was ihm fehlt: die produktive Geistigkeit, die er verbreiten und in Mehrwert seines Kapitals umsetzen will. Im alten Verlag war eigentlich ein einziger Mensch da, und wenn es auch öfter zwischen uns mit Krach verlief, so war es doch eine Symbiose: so wie zwischen den Keimen der Pflanzen und den Bienen. Dies, meine Damen und Herren, also ist ein frühkapitalistischcr Typ, und diese Gruppe existiert noch heute. Es ist aber begreiflich, daß sie ungeheuer zu- sammengeschmolzcn ist und voraussichtlich noch weiter zusam« menschmclzen wird, weil das Kapital dieser Verleger begrenzt ist und den eigentümlichen Schwanklingen und Krisen aus wirt schaftlichem und literarischem Markt nicht folgen kann. Nun, der Autor attestiert diesem VerlagStyP, daß er ein guter und notwendiger VerlagStyP ist. Hier sind die Berlage mit geistigen Horizonten, mit besonderen kulturellen Atmo- Phlirvn. Ich brauche Ihnen, den Kennern, keine besonderen Bes piele zu geben. Hier in diesen Verlagen sitzen auch — und das st ein Pr« vor alten anderen Typen — in Gestalt des Besitzers S74 oder seines Lektors die literarischen Pioniere, die Pfadfinder, die eigentlichen Macher unserer literarischen Werte, die wirklichen Geburtshelfer neuer literarischer Impulse. Hier ist literarischer Wagemut und wirkliche geistige Passion zu finden. Ich nenne hier nur, und fühle das als eine Ehrenpflicht, den einen großen Namen von Moritz Heimann. Der Autor also stellt zugleich die Grenze dieses Verlags fest — das ist seine begrenzte Kapitalkrast — und eine bestimmte Ge fahr dieses Typs, nämlich daß der Privatverlegcr in der Regel aus Gedeih und Verderb an seine wenigen Autoren gebunden ist und, falls der Verlag nicht sehr groß ist, mit diesen Autoren ver loren geht. Es ist nun sicher, meine Damen und meine Herren, daß dieser alte patriarchalische Typ des Privatverlages gut ist. Ja, er ist unersetzlich vom Standpunkt des Autors, und er wird bestehen bleiben, weil er so dringend notwendig ist als Pioniertypus. Das kann mich aber nicht hindern, festzustellcn, daß ein Konstruk tionsfehler dieses Typs — genauer: eine Konstruktionsschwäche dieses Typs — zutage getreten ist, und daß andere Berlagstypen entstehen mußten. Die neuen Verlagstypen wurden nicht von uns, den Autoren, geschaffen — nach unserer Seite hin lag die Schwäche des alten privatkapitalistischen Typs nicht zutage —, sondern von den Konsumenten, den Abnehmern, den Lesern. Der springende Punkt ist, mit einem Worte bezeichnet, Herr vr. Kilpper, das zu teure Buch. (Heiterkeit.) In der gestrigen Nummer der -Literarischen Welt- hat mein Vorredner, Herr vr. Gustav Kilpper, folgendes geschrieben — es ergänzt das, was Sie vorhin gesagt haben; es ist ja dasselbe —: Vielleicht — sagt Herr vr. Kilpper — ist auch der Wunsch eines Verlegers nicht allzu unbescheiden, daß der »Tag des Buches» durch geeignete Aufklärung ein wenig zur Beseitigung der törich ten Legende von den viel zu teuren Büchern beitragen möge, die in Wirklichkeit oft kaum die Hälfte von dem kosten, was die ge- lesenstcn Bücher vor 39 Jahren in doppelt so wertvollem Gelbe gekostet haben. Meine Damen und meine Herren, ich sagte schon: der Irr tum liegt hier bei Herrn vr. Kilpper. Er bezeichnet nämlich nicht und begreift nicht deutlich, was das Wort »zu teures Buch bedeutet: wogegen nämlich gemessen das Buch zu teuer ist. Seiner Konstatierung können wir ohne weiteres zustimmen. In der Tat, gemessen am Buch von 1914 — oder 1994 — oder meinet wegen 1894 — ist das heutige Buch bestimmt nicht zu teuer. Das Buch aber war damals schon zu teuer, und es ist heute doppelt und dreifach zu teuer; denn — und das hören Sie sich gut und sorgfältig an! — das Buch ist und soll sein ein Gebrauchsartikel für große und größte Massen, und zwar das lebende Buch, das Buch von uns, den lebenden Autoren, und als solches ist es unbe streitbar und leicht nachweisbar zu teuer. Ausgaben von 6 bis 8 Mark bedeuten für große Massen lesefähiger und bildungs fähiger und lesebegierigcr Menschen heute eine zu schwere Last, und das noch nicht dem Lesen erschlossene Publikum der Ange stellten und gehobenen Arbeiter mußte von vornherein jede große Ausgabe ablehnen. Auf die Erweiterung aber dieser Leser schichten kommt es uns, kommt es den Autoren an, und wir haben auch den Wunsch, daß es den kulturellen Verlagen darauf ankommt. Dieser Satz sieht aber wie nichts aus: »Das Buch des lebenden Autors ist zu teuer-, Blicken Sie sich einmal diesen bloß wirtschaftlichen Satz ein bißchen an! Hinter dieser kleinen wirtschaftlichen Notiz steckt ein ungeheures Faktum, ein schreck liches Faktum, ein Faktum, gegen das wir Autoren uns mit Händen und Füßen sträuben. Und welches ist dies Faktum? Erstens das der Abriegelung des lebendigen Geistes von den breiten Volksmaslen und zweitens das Faktum der Sterilisierung der Autoren. Ich muß Ihnen beide Punkte vorstellcn. ES gab früher in Deutschland eine mäßig große mittelstän- discho Bildungsschicht. Sic war die eigentliche Abnohmerin deS Buches. Für sie schrieben wir Autoren. Von ihr lobten die kulturellen Vorlage. Krieg und Inflation haben diese Bildungs schicht zerschlagen. Zugleich aber damit und zugleich mit dem Untergang des alten Obrigkeitsstaatos sind große Volksmasson aus der Bildfläche erschienen, und, ob durchgesührt oder nicht durch- gesührt, es ist gegenwärtig ein demokratisches Prinzip in der
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