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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.01.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1930-01-18
- Erscheinungsdatum
- 18.01.1930
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- Deutsch
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>: In, !. Januar I Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatt f. d.Dtschn.Buchhandel. 409 in Linern 78pa1tiA6N I?6uiÜ6tc>n „Ois jVlukker öines Aroken iVlann««" am 29. Oeremsiei- in äer MVLKI r>^L58L,WIKN unä am ^.üanuar iin HKIVl8VU6LU kNLIVWLNLI^I'1' erlieren und Gewinnen. An-die-Wclt-Verlieren. Dies ist das Schicksal der Mutter des großen Mannes. Es tritt bezwingend aus einem jüngst veröffentlichten Buch her vor, das dem Herkömmlichen ausweichend reine, schöneWege gehl: seit langem hat nichts Gedrucktes mich so angezogen, wie diese im Rowohlt-Verlage erschienenen Briefe berühmter Deutscher an ihre Mütter, und mit Recht wirft der Heraus geber Paul Elbogen in einem Vorwort die Frage auf, woran cs liege, daß eine so wichtige Sammlung den Deutschen bis her fehlte und erst jetzt hat zustandegebracht werden können? Doch diese Frage ist eine Zcitfrage, nicht die unwesentlichste: es ist die Frage, wie diese Zeit sich zu den Mütern stellt. Wer hieran Vorbeigehen wollte, ginge an der Antwort vor bei. Eine Mutterschaftskrisc hat die Zeit erfaßt; täglich ver ringert sich die Zahl der Mütter. Der Mütter im Körper sinn, das lehrt die Statistik. Der Mütter im Existenzsinn, das lehrt das Leben. Ja, eine Flucht vor der Mütterlichkeit hat angehoben, es ist nicht anders. » Dieser psychologische Augen blick ist nahe, dieZeichen dafür mehren sich, Anzeichen desUber- druffes. Des Überdrusses vordenen, die lieberschlank alsMütter sein wollen; des Überdrusses vor den Krämpfen der Unnatur. Warum die Denkwürdigkeitensammler cs bisher unterließen, unserer Epoche Sohnesbriefe an Mütter zuzumuten? Die Krise der Mütterlichkeit war daran schuld. Und Sehnsucht nach Mütterlichkeit, neu erwachende, immer ungestümere Sehnsucht ist der tiefere Grund, der es heute ermöglicht, in einem dem Neuesten wachsam zugewendcten Berliner Verlagshaus ein Buch des heiligen Gefühles zu edieren. Luther beginnt das Buch, Rathenau endet es, zwischen An fang und Ende versammeln steh die Größten der Nation, nennen sich beim Namen. Nicht bei dem Namen, den die Nation verehrt: bei ihrem wahreren, dem wahrsten. Alle, die uns hier vor Augen treten, schreiben ja an ihre Mütter; so vergessen sie, was sie sind, und erinnern sich, wer sie waren: Kinder. So bitten sie um Rat. So wollen sie Verzeihung. So geben sie Trost. Da wendet sich an Justine Salome, geborne Fellner, ihr Sohn Lesstng. Sie, die Mutter, fand, daß der Sohn Anlaß zur Sorge gebe: Schauspieler waren sein Umgang, Schauspiele sein Geschäft! Allein Lesstng, weit davon entfernt, die Sorgen einer Mutter gering zu achten, gibt Antwort, indem er sich verantwortet: „Ich weiß nicht", schreibt er, „was mich damals vor eine Torheit überfiel, daß ich auf dm Entschluß kam, selbst Comödien zu machen. Ich wagte es, und als sie aufgesührt wurden, wollte man mich versichern, daß ich nicht unglücklich darinne wäre. Man darf mich nur in einer Sache loben, wenn man haben will, daß ich sic mit mehreren: Ernste treiben soll..." Ünter hinreißen der Bescheidenheit verbirgt diese Verantwortung eine Bitte: Lobe mich, Mutter! heißt die Bitte, Deines Lobes vor allem bedarf ich.. . . Wie wahr dies ist! Und wie es ein dauernd wiederkehrendes Sehnsuchtsmoliv aller Berühmten vibrieren macht! Man werde anerkannt, wo immer; von denen, die einen kennen, wünscht man anerkannt zu sein, von den Näch sten, die das Gesicht, nicht nur von denen, die die Maske sehen! Sie bitten, die großen Söhne, sie öffnen ihr Visier, da steht man das Kindergestcht. Da schüttet Wieland sein von unglücklicher Liebe übervolles Herz der Mutter aus. Doch für das Leid, das dem soeben gekrönten Joses II. die Feder führte, als er an Maria Theresia schrieb, war schwerer Rat zu schaffen: „Meine Lage, liebste Mutter, ist sehr ge zwungen. Das Herz voller Leid, muß ich aussehen, als wäre ich entzückt von einer Würde, von der ich nur die Last, aber keine Annehmlichkeit kenne... Entheben Eure Majestät Ihren Sohn, einen jungen Menschen ohne Erfahrung, von der grausamen Last der Stelle eines Corregenten." Und: „Die Dinge halb zu tun, das ist nicht meine Sache; es ist volle Glaubensfreiheit nötig..hier spricht das Kind, doch auch der Herrscher, der Suchende, doch auch der Charakter, der seine konstitutionelle Überzeugung fand. Ganz absoluter Monarch dagegen, ganz seiner Herrschaft sicher, ist Goethe, wenn er der Mama Anweisung erteilt, wie sie sich bei seinem und des Herzogs Logierbesuch in Frankfurt zu verhalten hat. Aber es finden sich Briefe in dem Buch, die eine andere, noch kindlichere Seite des an die Ncutter schreibenden Sohnes enthüllen: die Schönfärberei des Trübens, Beweis, wie präch tig weit man es gebracht hat. „Wir stehen uns jetzt doch auf etwas über 1000 Gulden Reichsgeld, diese nehme ich ein, ohne etwas dafür zu tun, und 1400 Gulden, die ich noch außerdem brauche, habe ich noch alle Jahre durch meine Bücher verdient.. . Ich stehe sehr gut beim Herzog..." schreibt Schiller an seine Mutter, leugnet das Bittre, malt das Rauhe glatt, das Demütigende erträglich. „Indessen habe ich doch eine eigne warme Stube; Holz wurde heut gekauft; das Essen laß ich mir regelmäßig bringen .. ." meldet Mörike der Mutter, das kleine schmückende „regel mäßig", das die Notdurft zmn Behagen fälscht, ist eine fromme Lüge, die nur ein zärtliches Kind so wahrhaft auf die Lippen bringt. Und hört den Unglücklichsten unter den Verkannten, Hugo Wolf, der Mutter seine triste Lage schildern: „Ach, ich könnte vor Freude gleich weinen über alle Aussichten. Meine Kompositionen werden noch in diesem Monat erscheinen und - diesen Trost kann ich Ihnen geben - gut kritisiert werden." In diesen wenigen, erschütternd er logenen Zeilen liegt jenes Dritte, daß die Mütterbriefe großer Männer kennzeichnet: neben den Bitten und Schön färbereien die Verscheuchung der mütterlichen Zweifel: der Zweifel an dem Talent. Gute Kritik! Sie stellen sie in Aus sicht, sie senden das gedruckte Blättchen ein. Siehst Du, Mutter, hier schreibt Herr ZL. von mir, ich sei ein Dichter, ich sei ein Komponist. Nun hast !L)u es Schwarz auf Weiß. Nun mußt Du es glauben! - Sie haben es geglaubt, die Empfängerinnen dieser unmaskierten Briefe, wie gern! km»«'!' llOWOIIlllk VLIII.ÜO - IILKIAIX w 50
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