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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.01.1930
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1930-01-18
- Erscheinungsdatum
- 18.01.1930
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- Deutsch
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Op. IS, 18, Januar 1930. Redaktioneller Teil, Börsenblatt s. d.Dtschn.Buchhandcl. Dutzende von Bestellkarten in Leipzig einlaufen.« Ähnlich meint HansZuchhold: »Ob der durch solche Leseabendc des Dich ters erzielte Buchverkaus nenncnslvcrt ist, scheint mir nicht we sentlich, Der Wert der Vorleseabende ist nicht errechenbar; er ist da, sobald zwischen dem Schassenden und seinem Zuhörerkrcis die innere Verbundenheit sich einstcllt. Das suhlen beide Teile bald. Und wenn sie das nicht fühlen, ist der Abend verloren». Auch Walter Bloem erklärt: »Die Vorlesereiscn gehören zu meinen liebsten Winterfreuden , , da lerne ich die verschiedenen Stammes- und Städtctypcn des deutschen Menschen kennen, er fahre viel von seinen Nöten und Sehnsüchten und kehre nie ohne Bereicherung an meinen Schreibtisch zurück,« Und der Wiener Emil Lucka sagt: »Sie treffen einen Gegenstand, der mir am Herzen liegt; denn warum es leugnen, es macht mir das größte Vergnügen, in fremde Städte zu kommen, zu Menschen, die ich nie vorher gesehen habe, und zu ihnen sprechen zu dürfen — und anderen Tages weiter zu reisen mit dem Gefühl, eine neue Stadt kennen gelernt und Menschen gefunden zu haben, die einem oft dauernd erhalten bleiben». So wird der persönliche Gewinn, die innere Bereicherung, die der Dichter von seinen Vorlcse- reisen heimbringt, noch von vielen hoch eingeschätzt. Hier seien noch einige Äußerungen angesügt, in denen das ausgesprochen ist, was der Dichter während seiner Vorlesungen empfindet. Hermann Stehr sagt beispielsweise: »Persön lich machen mir die Vorlesungen immer ein großes Vergnügen, da ich schon nach den ersten Paar Sätzen so vollkommen in das darzustellendc Leben untcrtauche, daß ich gar nicht fühle, vor der Öffentlichkeit zu stehen,« — Und Robert Hohlbaum, auch ein Schlesier wie Hermann Stehr, nur von der österreichischen (jetzt tschechischen) Seite der Sudeten stammend, antwortet auf diese Frage: »,Das ist so lcichtlich nicht gesagt'. Das Gefühl ist gemischt. Gewöhnlich ergreift mich knapp vor Beginn der Vor lesung eine Art Platzfurcht, die mit Lampenfieber nicht das ge ringste zu tun hat. Es ist überhaupt kein Fieber, sondern eine Art Erschlaffung und widerwilligc Müdigkeit, Finde ich jedoch den Kontakt mit dem Publikum, dann schwindet dieses Gefühl sehr rasch und macht einer heiteren Stimmung Platz, Gewöhn lich, und das werden wohl die meisten tun, suche ich mir aus dem Zuschauerraum ein paar Menschen heraus, die besonders mit- gehcn und für die ich speziell lese.» — Eingehend erörtert Ernst Zahn das Thema, und wir hören von ihm, daß ihm seine Vor lesungen direkt ein Bedürfnis, ein Teil seines Schaffens geworden seien. »Abgesehen davon, daß die Persönliche Berührung mit dem Leserkreise manche wertvolle Begegnung bringt, meine Fahrten mich in Orte und Gaue führen, die ich sonst nie kcnnengclernt hätte, und diese Vorleseabende 'bestimmt eine beste, vielleicht d i e beste Werbung für unsere Bücher sind, habe ich den Eindruck, daß irgendeine Begabung, an der ich kein Verdienst habe, mich in Stand setzt, meine Werke dem Hörer so zu vermitteln, wie ich sie zu tiefst empfunden habe. So macht mich jeder dieser Abende innerlich froh, allerdings aber auch müde, wie eine lange Wanderung.» Ernst Zahn schneidet in seiner Beantwortung schon die uns Buchhändler besonders stark angehende Frage an, ob und wie weit solch ein Dichterabend eine'Werbung für das gute Buch ist. lind da meint Hermann Hesse wieder recht pessimistisch: »Ich glaube, daß Vorlesungen gewiß den Verkauf guter Bücher fördern können. Aber noch mehr trifft das auf schlechte Bücher zu, welche das Volk ja überhaupt den guten vorzieht. Und so scheint mir auch, daß unter jenen .Dichtern', welche als Geschäftsreisende für ihre Bücher Bortragsreisen unternehmen, gerade die am meisten Erfolg haben, die dem Publikum das bie ten, was ihm Spaß macht, also das Schlechte.« Hier möchte ich Hermann Hesse entgegnen, daß Verfasser literarisch wertloser oder »schlechter« Bücher für uns selbstver ständlich ausscheiden. So weit ich das Gebiet, mit dem ich mich seit vielen Jahren beschäftige, übersehen kann, werden nicht die Modeautoren minderwertiger Werke zu Vortragsreisen einge- ladcn, sondern gerade die Träger der klangvollsten Namen, Die Veranstalter von Dichterabenden werden sich ebenso wie das Bortragsamt des Börscnvcreins bemühen, vom Guten das Beste 82 zu bieten und »Schlechtes» von vornherein auszuschalten. Frei lich wird ein volkstümlicher Dichter mit großem Leserkreise auch als Vorleser ein größeres Publikum haben als der nur einem kleinen Kreise literarischer Feinschmecker bekannte. Jedenfalls konnte die Frage, ob die Vorlesung eines Dichters aus seinen eigenen Werken Werbekraft für das gute Buch hat, fast durch weg bejaht werden. KarlSöhle kann auf die Frage »nur mit einem überzeugten Ja antworten. Ich habe mit Vorleseabenden meiner Dichtungen nur gute Erfahrungen gemacht, sie sind mei ner Überzeugung nach eine starke Werbung für das gute Buch.« Auch Eberhard König bestätigt das: »Mit meinen Vor lesungsabenden, die mir einen vollwertigen Ersatz bedeuten für die sich mir versagende sogenannte .große' Presse, mache ich an dauernd nur die allerbesten Erfahrungen: ich werde aus schnellste und eindringlichste Weise bekannt und gelesen ... So sind mir selbst Vorlesungen anderer sehr erwünscht und gaben mir oft Anlaß, einem Dichter näher zu treten. Auch, ihn zu meiden.» Eberhard König trifft schon das Richtige, wenn er sagt, daß eine Vorlesung Anlaß gibt, dem Dichter näher zu treten, »Die Frau» — meint Roda Roda — »kommt kaum je in die Buchhandlung mit dem unverrückbaren Vorsatz, ein bestimmtes Buch zu kaufen; viel öfter verlangt sie schlechtweg 'etwas zum Lesen', Dann wird sie aus zehn Büchern, die man ihr vorlegt, jenes wählen, dessen Verfasser sie — von einer Vorlesung her — persönlich kennt». Derselben Ansicht ist auch Walther Ha - rich : »Wenn durch eine solche Vorlesung auch nicht das Inter esse für das einzelne Buch gehoben wird, so doch sicher für den Dichter als Persönlichkeit. Und das wird seine Rückwirkung für das Buch haben.« — Darin sehe ich den großen Wert eines Dich- tcrabends, daß der Autor in Person dem Hörer gegenübcrtritt; und je stärker der Eindruck seiner Persönlichkeit, desto stärker und nachhaltiger der Eindruck und — der Erfolg, Das sage ich trotz Ludwig Fuldas skeptischer Einstellung: »Obwohl ich bei zahllosen Vorlesungen aus eigenen Werken stets ein dank bares, verständnisvolles und beifallsfreudiges Auditorium ge funden habe, ist der Wsatz meiner Bücher dadurch niemals in nennenswertem Grade gestiegen.« Die gegenteilige Beobachtung haben andere Autoren ge macht, von 'denen ich einige hier anführe, Karl Ettlingcr schreibt: »Sicherlich bedeuten solche Abende eine erfolgreich« Werbung für die Werke des Vortragenden, Es werden nicht nur im Anschluß an den Abend stets eine Anzahl Bücher verkauft (besonders wenn der Verfasser seinen Namen in die verkauften Bücher schreibt, — und weshalb sollte er seinen Mitmenschen nicht diese harmlose Freude bereiten?), sondern die Besucher eines Vortragsabends haben auch für künftige Werke des Dich ters ein lebhaftes Interesse, da sic ihn persönlich gesehen und gehört haben. Ihr Interesse ist .plastischer' geworden». Auch Paul Keller bestätigt das: »Die Wirkung eines Autoren abends auf den Buchabsatz des betreffenden Ortes ist natürlich sehr gut; cs ist ja lebensvollste Reklame, Die Leute kaufen Bü cher, schon um eventuell ein Autogramm erhaschen zu können. In Wien dauert bei mir 'der Andrang mit Büchern nach dem Vortrag so lange, bis die Urania-Direktion droht, das Licht aus zudrehen, Das war nicht einmal, das war dutzendmal so. In einer böhmischen Stadt fragte mich ein Buchhändler, ob er mir .einige' Bücher zum Signieren ins Hotel schicken dürfe. Am nächsten Morgen übergab mir der Hotelportier ein umfangreiches Paket, In Summa 150 Bücher, 150 mal hintereinander seinen Namen schreiben zu müssen, ist keine geistvolle Beschäftigung; aber wenn man kein ungefälliger Mensch ist, tut man es«, — Mit Nachdruck betont Hans Christoph Kaergel: -Aus meinen zahlreichen Vortragsabenden, die ich überall geben durfte, habe ich das eins lernen können, daß es keine, aber auch wirklich keine stärkere und eindrucksvollere Werbung für das Buch gibt als die persönliche Vorlesung. Mit einem Male waren dann die Vorurteile aus der Welt geschafft, die gewöhnlich aus irgendwelchen literarischen Festlegungen kommen. Das Buch, das entweder als zu schwer oder zu unwirklich galt, war Plötzlich Leben geworden und vor den Zuhörern erstand eine Wirklichkeit. Meine Bücher, die sich an sich schwer verkaufen, fanden aber an
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