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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.07.1930
- Strukturtyp
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- 1930-07-03
- Erscheinungsdatum
- 03.07.1930
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- Deutsch
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X 151, 3. Juli 1930. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Tageszeitungen von großer Publizität und Verbreitung völlig außer acht lasse, in denen solche Anzeigen bisher tatsächlich nicht veröffentlicht worden waren. Das Rätsel blieb einige Wochen ungelöst. Ähnliche Anzeigen erschienen in der Folgezeit weder in der Provinz, noch in der Hauptstadt. Es hatte anfangs den Anschein, als hätte jemand, von völlig unklaren Motiven geleitet, einen schlimmen Streich gespielt. Allein in einigen Wochen wurden in sämtlichen Buda pests! Zeitungen und Zeitschriften die bereits bekannten Ankün digungen veröffentlicht, was auf den Beginn eines wohldurch dachten Kriegszuges gegen den Buchhandel hindeutete. Das ver ursachte in unseren Reihen eine allgemeine Bestürzung, denn das Ziel der Aktion war unklar und ihr Motiv nicht zu ermitteln. Die Lage klärte sich erst, als den Einsendern der Kupons, die den Gratisinseraten beigefügt waren, von der Firma Gutenberg »Gratiskarten» samt Prospekt zugestellt wurden. Auf diesen Drucksachen erst teilte die Firma mit, daß sie neben den soge nannten Gratisbüchern auch Bücher in besserer Ausstattung, oder richtiger, dieselben Gratisbücher auch in besserer Ausstattung zu entsprechendem Preis liefere, wobei das Publikum bloß den Ein band zu bezahlen habe. Die Leiter der buchhändlerischen Orga nisation fühlten mehr, als daß sie wußten, daß hier der Fall einer bis in die Einzelheiten ausgearbeiteten, planmäßigen Irreführung von größtem Ausmaß vorliege, allein es blieb für uns unklar, worin eigentlich die Irreführung des Publikums bestehe und wo das Geschäft stecke. Denn so naiv war ja nie mand von uns, zu glauben, daß eine dänische Interessengruppe den Wunsch hege, das ungarische Volk mit Büchern zu beschenken. Das einzige, was wir wußten, war, daß die dänische Firma Christensen L Co. Gutenberg hinter dieser Aktion stand. Auch haben wir ermittelt, was diese Firma veranlaßt?, eine Provinzstadt sich zum Angriffspunkt zu wählen. Es ist be kannt, daß jede Zeitung im Verhältnis zu der Leserzahl einen ziffernmäßig feststellbaren Erfolg hinsichtlich der darin ver öffentlichten Ankündigung bringen muß. Die Leserzahl der Zei tung, die in Miskolc erscheint, beläuft sich auf l—M00; bei der Firma Gntenberg lief also eine gewisse Anzahl von Kupons ein. Die Anzahl der Kupons muß die Erwartungen der Firma Gutenberg erheblich überstiegen oder zumindest erreicht haben. Der in der Provinz gemachte Versuch, der Gutenberg bloß eine unbedeutende Summe kostete, diente lediglich zur Ermittelung der Aufnahmelust des ungarischen Publikums. Das günstige Er gebnis wurde nach Dänemark gemeldet. Auf die von dort ge troffene Verfügung wurde dann die Bearbeitung der Hauptstadt und des ganzen Landes in dis Wege geleitet. Die Verwirrung unter den Leitern der buchhändlerischen Organisation und km Publikum wurde noch mehr gesteigert, als durch die Firma Otthon (Heim) mit den Anzeigen der Firma Gutenberg völlig identische Gratisinscrate veröffentlicht und in diesen Dumas' Werke ebenfalls gratis angsboten wurden. Die sen Anzeigen folgte eine wahre Flut von Erklärungen in den Zeitungen seitens Gutcnberg gegen die »Otthon» und umgekehrt. Doch konnten weder die Buchhändler noch das Publikum begrei fen, warum diese beiden dänischen Unternehmungen einander in die Haare gerieten, um dem ungarischen Publikum Bücher schen ken zu können. Später stellte sich heraus, daß die »Otthon« die Gründung eines früheren Angestellten der Firma Gutcnberg war, der in voller Kenntnis des Systems versuchte, dasselbe nachzumachen. Schließlich mußte die »Otthon« wegen Kapital mangels das Feld räumen. Gutenberg blieb allein auf dem Plan. Da entschloß sich im Gefühl seiner Verantwortlichkeit der Lan desverein Ungarischer Verleger und Buchhändler zu folgendem Schritt. Eines seiner Mitglieder veröffentlichte in den Zeitungen eine Anzeige des Inhalts, es sei bereit, die sogenannten Gratis bücher von Gutenberg für P. —.75 «inzubinden, es sei also über flüssig, diese Gutenbergschen Gratisbücher bei dieser Firma ge bunden teuer anzuschasfen, da es möglich sei, die broschierten Bücher erheblich billiger einbinden zu lassen. Das Resultat die ser Ankündigung zeigte sich darin, daß Gillenberg die Kupon einsender verständigte, die von ihr angekündigten Gratisbücher 822 seien aus schlechtem Papier gedruckt und in schlechter Ausstattung in Verkehr gebracht, auf eine Weise beschnitten, die kein Ein binden zulasse, und erklärte, sie liefere dieselben Bücher auf gutem Papier gedruckt und bereits zu billigem Preise einge bunden. Da sahen wir schon klar, daß die ganze Gratisbuch- Aktion ein Fall des Anreißertums war mit dem Zweck, das Pu blikum anzulocken, und daß es Gutenberg nicht daran gelegen war, »Gratis«bücher zu verschenken, sondern unter Ausschluß des legalen Buchhandels Bücher für Geld direkt zu verkaufen. Als die Sachlage soweit geklärt war, wendeten wir uns an die Handels- und Gewerbekammer zu Budapest und veranlaßten bei deren Jury eine Entscheidung, die erklärte, Gratisinserate seien nur statthaft, wenn sie vollkommen der Wahrheit entspre chen, d. h. die angekündigte Ware vom Ankündiger tatsächlich unentgeltlich an das Publikum abgegeben werde. Wir wendeten uns außerdem an die Polizei, indem wir die Anzeige erstatteten, es sei hier ein betrügerisches Manöver im Gange, und baten um Einleitung der Untersuchung. Gleichzeitig strengten wir einen Prozeß wegen unlauteren Wettbewerbs gegen Gutenberg an. Leider ging das Verfahren bei der Kriminalbehörde nur lang sam vorwärts; es schien, daß diese Behörde die Ergebnisse des zivilgerichtlichen Verfahrens in der Klage wegen unlauteren Wettbewerbs abzuwarten wünschte, wodurch es ermöglicht wurde, daß die Firma Gutcnberg in unserem Lande zu unermeß lichem Schaden des Buchhandels und Schriftstellertums jahre lang ungestört ihre Geschäfte sortsetzen konnte. Vor der Schilderung des Ausganges des unsererseits ange strengten Prozesses werde ich den deutschen Kollegen die Art und Weise darlcgen, wie wir das Wesen des Systems der Firma Gutenberg entdeckten und in der Praxis bestätigt fanden. Die Hauptaufgabe, deren Lösung uns einstweilen unmöglich schien, bestand in der Ermittelung der Geschäftsmethode, die solche enormen Gewinne abwirft, um ein fremdes Unternehmen zu veranlassen, beim Tragen von erheblichen Organisations kosten, unermeßlichen Porto- und Annoncenspesen in einem fremden Lande Bücher in fremder, im vorliegenden Falle in ungarischer Sprache in großen Quantitäten herzustellen und zu vertreiben, einzig und allein, wie sie selbst behauptet, »um die ungarische Kultur zu verbreiten« und die ungarische Mittelklasse mit ihren Veröffentlichungen zu beglücken. Die Tatsache eines beispiellosen Reklamemanövers mit dem einzigen Ziele, gebun dene Bücher verkaufen zu wollen, lag klar zutage. Doch fehlte uns die Einsicht in die Technik, den Mechanismus und die Griffe dieses Geschäftes. Ich muß gestehen, es war sehr ent mutigend für uns, die wir all dies bereits klar einsahen und die Verpflichtung fühlten, im Interesse des Buchhandels und Schrift stellertums (waren doch sämtliche Gratisbücher der Firma Guten berg Übersetzungen von fremden, honorarfreien Werken) gegen diese Aktion energisch einzuschreiten, daß das deutsche Reichs gericht die in Deutschland veröffentlichten ähnlichen Gratis inserate dieser Firma nicht für eine Verletzung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb erklärt hatte. Dies war nämlich bis vor kurzem die Situation, denn das Reichsgericht hat erst kürz lich, als bereits unsere Klage vor unserem obersten Gerichtshöfe (Kgl. Kurie) verhandelt wurde, seinen Standpunkt geändert und aus Anlaß der Schiller-Gedächtnis-Ausgabe dem Unfug der Firma Gutenberg auch in Deutschland ein Ende bereitet. Da haben wir uns zu einem entscheidenden Schritte ent schlossen, der endlich, von vollem Erfolge begleitet, das ganze Gutenbergsche Manöver bloßgestellt und uns in den Stand ge setzt hat, nunmehr in voller Kenntnis des ganzen Mechanismus an die endgültige Liquidierung der Angelegenheit gehen und die Gratisinserate aus der Welt schaffen zu können. Der Landesverein Ungarischer Verleger und Buchhändler betraute mit der Führung des Gesamtverfahrens den in urheber rechtlichen Fragen im ganzen Lande anerkannten Budapestcr Rechtsanwalt, Herrn vr. Emil Szalai. Die von ihm ent wickelte Tätigkeit ist ein glänzender Beweis nicht allein seiner Fachkenntnissc, sondern auch seiner Fähigkeit, rein intuitiv, auf Grund theoretischer Erwägungen einen praktischen Vorgang bis
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